Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160301/16/Kof/He

Linz, 05.04.2005

 VwSen-160301/16/Kof/He Linz, am 5. April 2005

DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn JM vertreten durch
Herrn Rechtsanwalt Dr. GL gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19.1.2005, VerkR96-1646-2004, wegen Übertretungen des § 4 StVO nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 29.3.2005 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird hinsichtlich Punkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (§ 4 Abs.1 lit.c StVO 1960) stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

    Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.
     
    Rechtsgrundlagen:
    § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

  2. Die Berufung wird hinsichtlich Punkt 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (§ 4 Abs.5 StVO 1960) betreffend den Schuldspruch als unbegründet abgewiesen.

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern stattgegeben, als die

Geldstrafe auf 145 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden

herabgesetzt wird.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu

bemessenen Geldstrafe.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat

keinen Verfahrenskostenbeitrag zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG.

§§ 64 und 65 VStG.

Der Berufungswerber hat somit zu entrichten:

- Geldstrafe...............................................................................................145,00 Euro

- Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz........................................................14,50 Euro

159,50 Euro

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt 48 Stunden.

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis wie folgt erlassen:

"Sie haben am 22.02.2004 um 19.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen WL-....... im Gemeindegebiet von M. auf der U.straße gelenkt, wobei

  1. Sie es nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, bei dem Ihr Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, unterließen an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, da Sie es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht haben, Ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen und

  2. Sie es unterließen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

  1. § 4 Abs1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960

  2. § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960

Daher wird über Sie folgende Strafe verhängt

  1. 220 Euro gem. § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960; Ersatzfreiheitsstrafe:96 Stunden

  2. 190 Euro gem. § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960; Ersatzfreiheitsstrafe: 144 Stunden

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu entrichten: 41 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/......) beträgt daher 451 Euro."

Der Bw hat gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 3.2.2005 eingebracht.

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

Am 29.3.2005 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie die Zeugin,
Frau A.P. (= Zulassungsbesitzerin des vom Bw beschädigten Kfz) anwesend waren.

Aus dieser mündlichen Verhandlung ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Bw lenkte am 22.2.2004, 19.45 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw in M., U.straße beim dazugehörigen Parkplatz Nr. 2.

Dabei stieß er mit der rechten hinteren Rückseite gegen die rechte hintere Seite (Stoßstange) eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw.

Die Zulassungsbesitzerin dieses Pkw, Frau A.P. stand unmittelbar neben ihrem Kfz und hat diesen Anstoß (Verkehrsunfall) persönlich wahrgenommen.

Der Bw - welcher diesen Anstoß offenkundig nicht wahrgenommen hatte - wollte wegfahren.

Frau A.P. lief ihm jedoch nach und klopfte an die Scheibe des Pkw des Bw. Daraufhin hielt dieser an und stieg - ebenso wie seine Beifahrerin - aus seinem Pkw aus.

Der Bw besichtigte daraufhin alleine - unter Verwendung einer Taschenlampe - den Pkw der Frau A.P., konnte jedoch - nach eigenen Angaben - einen Schaden nicht erkennen.

Frau A.P. ging - was sie auch dem Bw zuvor mitgeteilt hatte - währenddessen in ihr Haus um ihrerseits eine Taschenlampe zu holen.

Als Frau A.P. wieder zu ihrem Pkw kam, war der Bw bereits weggefahren.

Von der Beifahrerin des Bw - es handelt sich dabei um eine Nachbarin der Frau A.P - erfuhr die Zeugin den Namen des Bw.

Frau A.P. fuhr - nachdem der Bw sich nicht mehr am Unfallort befunden hat - zum Gendarmerieposten M., wo sie - dies war ca. 30 Minuten nach dem Anstoß/Verkehrsunfall - gemeinsam mit einem Gendarmeriebeamten den Schaden besichtigte bzw. feststellte.

Im vorliegenden Fall sind nachstehende Tatsachen entscheidungsrelevant:

Diese Tatsache hat der Bw in keinem Stadium des Verfahrens bestritten!

Aufgrund dieser Tatsachen steht fest, dass der Bw bei diesem Anstoß am Pkw der Frau A.P. einen Sachschaden verursacht hat, welcher - bei gehöriger Aufmerksamkeit - erkennbar war; ca. 30 Minuten nach diesem Vorfall hat die Zeugin A.P. gemeinsam mit einem Gendarmeriebeamten diesen Schaden festgestellt!

Die Schadenshöhe hat - wie dargelegt - ca. 615 Euro betragen.

Die vom Bw bzw. dessen Rechtsvertreter gestellten Beweisanträge (Sachverständigengutachten sowie Einvernahme der amtshandelnden Gendarmeriebeamten ) sind daher entbehrlich und werden abgewiesen.

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Nach der Rechtsprechung des VwGH besteht die in § 4 Abs.1 lit.c StVO ausgesprochenen Verpflichtung nur dann, wenn es bei einem Verkehrsunfall überhaupt zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat. Dies ist immer dann der Fall, wenn es sich um einen Unfall handelt, bezüglich dessen eine Verständigungspflicht iSd § 4 Abs.2 StVO besteht; darüber hinaus aber auch, wenn ein am Unfall Beteiligter die Intervention eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt oder wenn ein am Unfallort etwa zufällig anwesendes Sicherheitsorgan aus eigenem Antrieb eine Tatbestandsaufnahme vornimmt oder deren Vornahme veranlasst. Im Übrigen kann eine Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, nicht angenommen werden;

VwGH vom 29.5.2001, 99/03/0373 mit Vorjudikatur.

Im vorliegenden Fall - Verkehrsunfall mit geringem Sachschaden - wäre eine Aufnahme des Sachverhaltes durch Gendarmeriebeamte nicht erforderlich gewesen.

Der Berufung wegen der Übertretung nach § 4 Abs.1 lit.c StVO war daher stattzugeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis in diesem Punkt aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO ist in formalrechtlicher Hinsicht festzustellen:

Die belangte Behörde hat ursprünglich mit Strafverfügung vom 10.3.2004,
VerkR96-1646-2004 über den Bw wegen der Verwaltungsübertretungen nach
§ 4 Abs.1 lit.c StVO sowie § 4 Abs.5 StVO Geldstrafen verhängt.

Die belangte Behörde hat irrtümlicher Weise über den Bw wegen desselben Vorfalles mit Strafverfügung vom 6.4.2004, VerkR96-1329-1-2004 wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO eine Geldstrafe verhängt.

Aufgrund der vom Bw gegen die oa Strafverfügungen eingebrachten Einsprüche wurde das Verfahren VerkR96-1329-1-2004 eingestellt.

Das Verfahren VerkR96-1646-2004 wurde nicht eingestellt und konnte daher weitergeführt werden.

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben
gem. § 4 Abs.5 StVO alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Eine Übertretung nach § 4 Abs.5 StVO kann auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden. Zur Verwirklichung dieses Tatbestandes genügt es bereits, wenn dem Betreffenden bei gehöriger Aufmerksamkeit objektive Umstände zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte;

VwGH vom 26.9.1990, 90/02/0039 mit Vorjudikatur.

Im vorliegenden Fall war/wäre der Sachschaden sofort erkennbar (gewesen), da die Zeugin Frau A.P. (= Zulassungsbesitzerin des beschädigten Kfz) sowie ein Gendarmeriebeamter des Gendarmeriepostens M ca. 30 Minuten nach dem Anstoß/Verkehrsunfall diesen Schaden besichtigt und festgestellt haben..

Es wäre daher auch dem Bw - bei der nach der Judikatur des VwGH geforderten "gehörigen Aufmerksamkeit" - möglich gewesen, diesen Sachschaden zu erkennen.

Für den Bw hat bzw. hätte jedenfalls die Verpflichtung bestanden, entweder

Da der Bw dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat er eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO begangen.

Die Berufung war daher hinsichtlich des Schuldspruchs als unbegründet abzuweisen.

Betreffend die Strafbemessung wird grundsätzlich auf die Begründung im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen; ein derartiger Verweis ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zulässig -

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I., 2. Auflage, E48, E58 und E60 zu § 60 AVG (Seite 1049ff) zitierten VwGH-Entscheidungen.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 29.5.2001, 99/03/0373 bei einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO eine Geldstrafe von umgerechnet
145 Euro als rechtmäßig bestätigt bzw. die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Für den UVS ist es daher gerechtfertigt und vertretbar, im gegenständlichen Fall die Geldstrafe auf 145 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden, herab- bzw. festzusetzen.

Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu festgesetzten Geldstrafe (= 14,50 Euro). Für das Verfahren vor dem UVS hat der Bw keinen Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Kofler

Beschlagwortung:

§ 4 Abs.1 lit.c StVO, § 4 Abs.5 StVO

Beachte: 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 11.08.2005, Zl.: 2005/02/0130-7


 

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