Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160505/6/Kof/He

Linz, 19.05.2005

 

 

 VwSen-160505/6/Kof/He Linz, am 19. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn MM, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt DDr. HE gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29.3.2005, VerkR96-5608-2002, wegen Übertretungen der StVO und des KFG, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2005 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

  1. Betreffend Punkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird die
  2. Berufung abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt,

    wobei der Spruch wie folgt zu ergänzen ist:

    "Die Ladung ragte teilweise über die Rungen hinaus und war nicht durch

    Gurt o.ä. gesichert."

    Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat

    20% der verhängten Geldstrafe zu bezahlen.

     

    Rechtsgrundlagen:

    § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG

    § 64 Abs.1 und 2 VStG

     

  3. Betreffend die Punkte 2., 3. und 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird der Berufung stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach
    § 45 Abs.1 Z1 bzw. Z2 VStG eingestellt.

 

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu entrichten:

283,40 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt......................................................................4 Tage

 

 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis wie folgt erlassen:

"Anlässlich einer am 23.05.2002, um 06.00 Uhr, im Gemeindegebiet L., Ortsgebiet F. auf der B... aus Richtung B. kommend in Fahrtrichtung S. nächst Strkm..... durchgeführten Kontrolle des Lastkraftwagens (hzG. von über 3,5 t), Kz.: SL-....... samt Anhängerwagen Kz.: S-....., wurde festgestellt, dass Sie als Fahrer

  1. die Ladung am Fahrzeug nicht so verwahrt haben, dass sein sicherer Betrieb nicht beeinträchtigt, niemand gefährdet, behindert oder belästigt und die Straße weder beschädigt noch verunreinigt wird;
  2. sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt haben, dass durch die Beladung die Summe der hzG des Kraftfahrzeuges samt Anhänger nicht überschritten wird, zumal die Summe der hzG. 38.000 kg (Toleranz 40.000 kg) beträgt, die Summe der Gesamtgewichte laut Wiegeprotokoll jedoch 42.220 kg betrug und somit die Summe der hzG um 2.220 kg überschritten wurde;
  3. die erlaubte Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw. zweimal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten überschritten haben, zumal am 21.5.2002 die max. mögliche Lenkzeit deutlich überschritten wurde;
  4. die Zeitgruppen nicht mit der Hand eingetragen haben und daher nicht in der Lage waren, am 23.5.2002 in der Zeit von 00.00 Uhr - ca. 02.50 Uhr das im Fahrzeug eingebaute Gerät zu betätigen (kein Ruhezeitnachweis).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

  1. § 61 Abs.1 erster Satz StVO 1960
  2. § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967
  3. Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 iVm § 134 Abs.1a KFG 1967
  4. Art.15 Abs.2 lit.a EG-VO 3821/85 iVm § 134 Abs.1a KFG 1967

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1. 218 Euro

4 Tage

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

2. 218 Euro

4 Tage

§ 134 Abs.1 KFG 1967

3. 72 Euro

36 Stunden

§ 134 Abs.1 KFG 1967

4. 72 Euro

36 Stunden

§ 134 Abs.1 KFG 1967

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

  1. 21,80 Euro 2. 21,80 Euro 3. 7,20 Euro 4. 7,20 Euro

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

(je ein Tag Arrest wird gleich 15 Euro angerechnet).

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/.......) beträgt daher 638,00 Euro."

 

 

Gegen dieses Straferkenntnis - zugestellt am 5.4.2005 - hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 19.4.2005 eingebracht.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Am 19. Mai 2005 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bw teilgenommen hat.

 

Zu den Einwendungen und Vorbringen des Bw ist im Einzelnen auszuführen:

 

Zu Punkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnis,

Verwaltungsübertretung nach § 61 Abs.1 erster Satz StVO (Tatzeit: 23.5.2002):

 

Die belangte Behörde hat

"mit dem Ersuchen, Herrn Rechtsanwalt Dr.....(= Rechtsvertreter des Bw) beim

do Amte Akteneinsicht zu gewähren, sowie diesen mittels beigelegtem Formular

zu Abgabe einer Stellungnahme binnen drei Wochen aufzufordern und ihm eine

Durchschrift dieses Formulars auszuhändigen."

Der Rechtsvertreter des Bw hat am 8.11.2002 in den gegenständlichen

Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und eine Fotokopie angefertigt.

 

Eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG stellt insbesondere dar:

sie dazu die in Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren, 6. Auflage, Seite 1460f
(zu § 32 VStG) zitierten zahlreichen VwGH-Erkenntnisse.

 

Dem Rechtsvertreter des Bw wurde innerhalb der in § 31 Abs.2 iVm § 32 Abs.2 VStG enthaltenen sechsmonatigen Frist für die Verfolgungsverjährung insbesondere die Anzeige des Gendarmeriepostens M. zur Kenntnis gebracht , welche die "Tatbeschreibung: Die Ladung ragte teilweise über die Rungen hinaus und war nicht durch Gurt oä gesichert, siehe Fotobeilage" beinhaltet.

 

Die Frist für die Verfolgungsverjährung wurde dadurch gewahrt!

 

Den im Verfahrensakt enthaltenen - bereits der Anzeige beigelegten - Lichtbildern ist zu entnehmen, dass die Ladung (Baumstämme) tatsächlich teilweise über die Rungen hinausragte und nicht durch Gurte oä gesichert war.

 

Für die Strafbarkeit eines Verhaltens nach § 61 Abs.1 StVO ist eine konkrete Gefährdung nicht erforderlich, vielmehr genügt eine abstrakte Gefährdung, welche dann vorliegt, wenn mit einer bestimmten Art von Verhalten nach der Erfahrung eine Gefahr typisch verbunden ist, ohne dass im einzelnen Fall untersucht werden muss, ob eine solche Gefahr in concreto gegeben ist;

VwGH vom 11.10.1973, Gz. 0814/73.

 

Die Übertretung des § 61 Abs.1 erster Satz StVO besteht darin, dass die Ladung eben nicht in entsprechender Art verwahrt wird;

VwGH vom 13.2.1979, GZ: 1583/77 mit Vorjudikatur.

 

Der verkehrstechnische Amtsachverständige, Herr Ing. J.L. hat mit Gutachten vom 23.2.2004 und Ergänzungsgutachten vom 5.5.2004 u.a. Nachstehendes ausgeführt:

 

"Bei einer Notbremsung, einem Auffahrunfall und ähnlichen verkehrsbedingten Verzögerungen besteht bei der angeführten Lagerung von Baumstücken die Gefahr, dass diese vorne hinausrutschen. Lediglich durch das Gewicht des Ladegutes werden die erforderlichen Reibwerte nicht erreicht.

Aufgrund des teilweise Hinausragens über die Rungen besteht ferner die Gefahr, dass Ladungsteile bei Kurvenfahrten und dgl. vom Fahrzeug fallen können. Auch können zB durch Unebenheiten auf der Fahrbahn im Bereich von Kurven die Baumstücke mit den kleineren Durchmessern sich lösen."

"Hinsichtlich der Ladungssicherung mit Zurrbändern usw. wird festgestellt, dass diese unbedingt erforderlich sind. Gerade durch Niederzurren werden Reibwerte vergrößert und so eine sichere Beförderung gewährleistet."

 

Baumstämme / Baumstücke, welche über die Rungen hinausragen und nicht durch Gurte o.ä. niedergezurrt sind, stellen eine gravierende Gefahr für die Verkehrssicherheit dar, insbesondere da diese z.B. bei einer Notbremsung, Befahren stärkerer Kurven, Unebenheiten der Fahrbahn sich lösen und auf die Fahrbahn oder auch auf ein anderes Fahrzeug fallen könnten.

 

 

Dies entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und bedarf keiner besonderen Sachkenntnis, sodass für eine derartige Feststellung das Gutachten eines (verkehrs-)technischen (Amts-)Sachverständigen nicht erforderlich ist bzw. wäre.

 

Dadurch, dass die Baumstämme/Baumstücke - wie aus den im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Lichtbildern ersichtlich ist -

hat der Bw als Lenker des gegenständlichen Kraftwagenzuges

iSd § 61 Abs.1 erster Satz StVO "die Ladung am Fahrzeug nicht so verwahrt, dass niemand gefährdet wird".

 

Die Berufung war daher hinsichtlich des Schuldspruchs - nach Maßgabe der vorgenommenen Ergänzung - als unbegründet abzuweisen.

 

Betreffend die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wird auf die - vom Bw nicht bestrittenen - Ausführungen im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen.

Die abstrakte Gefahr bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist als hoch zu bezeichnen.

 

Beim Bw sind mehrere Verwaltungsvorstrafen wegen Übertretungen des KFG vorgemerkt, sodass weder erschwerende, noch mildernde Umstände vorliegen.

 

Aufgrund der hohen abstrakten Gefahr ist die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe von 218 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage, nicht als überhöht anzusehen, sodass die Berufung auch hinsichtlich der verhängten Geldstrafe als unbegründet abzuweisen war.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz 10 % und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Strafe.

 

Zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses,

Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG:

Das Gesamtgewicht des Kraftwagenzuges hat 42.220 kg betragen.

Gemäß § 4 Abs.7a KFG idF 22. KFG-Novelle, BGBl. I/60/2003 - welche am 13.8.2003 in Kraft getreten ist - darf bei in einem EU-Mitgliedstaat zugelassenen Kraftwagen mit Anhänger die Summe der Gesamtgewichte beim Transport von Rundholz .......... 44.000 kg nicht überschreiten.

 

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz (im gegenständlichen Fall: 5. April 2005) geltende Recht für den Bw günstiger wäre.

 

 

Auf der Grundlage des § 4 Abs.7a KFG idF 22. KFG-Novelle ist bei Kraftwagen mit Anhängern ein Holztransport mit einem Gesamtgewicht von 42.220 kg nicht (mehr) strafbar!

 

Es war daher der Berufung stattzugeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen. Der Bw hat keine Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Zu Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses,

Verwaltungsübertretung nach Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85:

Nach dieser Rechtsvorschrift darf die Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit (= "Tageslenkzeit") 9 Stunden nicht überschreiten.

Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

 

Dem im Verfahrensakt enthaltenen Schaublatt ist zu entnehmen, dass der Bw von ca. 03.15 Uhr bis ca. 17.45 Uhr (= 14,5 Stunden) diesen Lkw gelenkt und folgende Ruhezeiten eingehalten hat:

ab ca. 05.00 Uhr; ab ca. 05.45 Uhr; ab ca. 07.00 Uhr; ab ca. 11.15 Uhr und ab ca. 16.15 Uhr: jeweils ca. 0,5 bis 0,75 Stunden; ab ca. 13.00 Uhr: ca.1,0 Stunde.

 

Somit kann nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden, ob der Bw die max. erlaubte Tageslenkzeit von 10 Stunden tatsächlich überschritten hat.

 

Gemäß dem Grundsatz "in dubio pro reo" war daher der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Der Bw hat keine Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Zu Punkt 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses,

Verwaltungsübertretung nach Art. 15 Abs.2 EG-VO 3821/85:

 

Der Bw weist in der Berufung zutreffend darauf hin, dass die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter einlegen.

 

Der Bw bringt - was nicht widerlegt werden kann - vor, dass er das Fahrzeug am 23.5.2005 (richtig wohl: 23.5.2002) erst um ca. 02.50 Uhr übernommen hat.

 

Eine Übertretung des Art.15 der EG-VO 3821 liegt daher aufgrund des eindeutigen Wortlautes dieser Rechtsvorschrift nicht vor.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach
§ 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen. Der Bw hat keine Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

 

Zu Punkte 1. bis 4.:

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Mag. Kofler

 

 

Beschlagwortung:

§ 61 Abs.1 erster Satz StVO - Ladungssicherung

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