Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160641/3/Kei/Ps

Linz, 07.03.2006

 

 

 

VwSen-160641/3/Kei/Ps Linz, am 7. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der A W, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 31. Mai 2005, Zl. VerkR96-126-2005, zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.
  2. Statt "Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt" wird gesetzt "Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt" und

    statt "sind Ersatzfreiheitsstrafen" wird gesetzt "ist Ersatzfreiheitsstrafe".

     

    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

     

  3. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 14,40 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie lenkten am 15.12.2004, um 16.05 Uhr, den PKW mit dem Kennzeichen, im Gemeindegebiet Lengau, Ortschaft Heiligenstatt, auf der B 147, bei Str.km 7.045 und haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 27 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs. 2 StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Euro 72,--

Gemäß:

§ 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960

falls diese uneinbringlich sind Ersatzfreiheitsstrafen von

36 Stunden

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

Euro 7,20

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich Euro 15,-- angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) beträgt daher: Euro 79,20".

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Die Berufungswerberin (Bw) brachte in der ausführlichen Berufung im Wesentlichen vor:

Sie erachte sich im einfachgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, dass sie nicht wegen der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO bestraft wird, weiters in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs.1 EMRK, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art. 7 Abs.1 B-VG und Art. 2 StGG, auf ein Rechtsmittel im Strafverfahren an ein Tribunal nach Art. 2 des 7. ZP zur EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Unverletzlichkeit des Eigentums und es verstoße die über die Bw verhängte Bestrafung gegen das Rechtsstaatsprinzip sowie gegen den Anklagegrundsatz nach Art. 90 Abs.2 B-VG und gegen die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs.2 EMRK.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in die Verwaltungsakte der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn Zl. VerkR96-126-2005 vom 16. Juni 2005 und Zl. VerkR96-126-2005 vom 22. Juni 2005 Einsicht genommen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nach Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Der objektive Tatbestand der der Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden der Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld der Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

Die Gestaltung des letzten Satzes der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen der Bundesverfassung und nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf das in dieser Bestimmung normierte rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft (iSd § 103 Abs.2 KFG 1967) nachkommen zu können glaubt. Sehr wohl hob der Verfassungsgerichtshof auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gemäß Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hervor (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985, VfGH vom 29.9.1988, Zl. G72/88 u.a. Erkenntnisse).

Hingewiesen wird darauf, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Grundsatz "nemo tenetur" als unvereinbar hervorhob, wenn ein Gesetz die Partei zwingt, etwa ein allefalls den Gegenstand einer Beschlagnahme bildendes Beweismittel zu schaffen, welches im Verfahren gegen die Partei selbst verwendet werden kann. Dies - so der Verfassungsgerichtshof - würde im Ergebnis einer unfreiwilligen Selbstbeschuldigung gleichkommen. Laut Verfassungsgerichtshof gilt für den Anklageprozess, dass der Beschuldigte nicht Objekt des Verfahrens sondern Subjekt, also Prozesspartei, ist. Dem Anklageprinzip würde es demnach widersprechen, den Beschuldigten durch Zwang zu einem Geständnis der strafbaren Handlung zu veranlassen. Dies sei mit der Parteistellung des Beschuldigten unvereinbar. Aus den dargelegten Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass etwa eine Regelung des Finanzstrafgesetzes über die Beschlagnahme im Ergebnis dem aus Art. 90 Abs.2 B-VG abzuleitenden Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung widersprach (VfSlg. 10291 mit Hinweis auf VfSlg. 5235/1966). Nach bisher ständiger Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofes liegt aber der Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG 1967 in der jederzeitigen Feststellungsmöglichkeit eines KFZ-Lenkers (siehe z.B. VwGH vom 29.9.1993, Zl. 93/02/0191).

 

Zur Strafbemessung:

Es liegen mehrere die Person der Bw betreffende Vormerkungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen sind und die noch nicht getilgt sind und die nicht einschlägig sind, vor. Dies hat zur Konsequenz, dass nicht der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung wird wegen der durch die potentielle Gefährdung von Menschen beeinträchtigten Verkehrssicherheit als beträchtlich qualifiziert.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Höhe der durch die belangte Behörde verhängten Strafe ist insgesamt - auch unter Berücksichtigung der in der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw - angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Keinberger

 

 

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