Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161110/2/Ki/Da

Linz, 02.05.2006

 

 

 

VwSen-161110/2/Ki/Da Linz, am 2. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der N S, K, R, vom 20.1.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.12.2005, VerkR96-625-2004, betreffend Übertretungen des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

 

I.

1. Bezüglich Faktum 1 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

 

2. Bezüglich Faktum 2 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.

1. Bezüglich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

2. Bezüglich Faktum 2 hat die Berufungswerberin zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 7,20 Euro, d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 23.12.2005, VerkR96-625-2004, die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe am 21.1.2004 im Zeitraum von 16.20 bis 16.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen SD- im Ortsgebiet Kopfing/I. auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt Kopfing abgestellt, wobei

  1. sie als Lenker des Fahrzeuges mehr Rauch, üblen Geruch und unnötige Luftverunreinigung verursacht habe, als bei sachgemäßem Betrieb notwendig gewesen sei, da sie den Motor des KFZ 10 Minuten am Stand laufen gelassen habe und
  2. das Fahrzeug abgestellt habe, ohne das Fahrzeug so abzusichern, dass dieses von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden konnte, da das Fahrzeug unversperrt und der Zündschlüssel angesteckt gewesen sei.

Sie habe dadurch

  1. § 102 Abs.4 KFG 1967 und
  2. § 102 Abs.6 KFG 1967 verletzt.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurden jeweils Geldstrafen in Höhe von 36 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von 12 Stunden verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 7,20 Euro (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 20.1.2005 Berufung. In der Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass die Batterie ihres Fahrzeuges entladen gewesen sei und sie kurz bevor sie zum Sparmarkt Kopfing fuhr Starthilfe bekommen habe. Da sie die Befürchtung gehabt habe, dass der Motor ihres Fahrzeuges wieder nicht anspringen würde wenn sie ihn abstelle, habe sie ihn im Stand laufen lassen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 in der zur Tatzeit geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer u.a. diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 102 Abs.4 KFG 1967 darf der Lenker mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug und einem mit diesem gezogenen Anhänger nicht ungebührlichen Lärm, ferner nicht mehr Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigung verursachen, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist. Beim Anhalten in einem Tunnel ist der Fahrzeugmotor, sofern mit diesem nicht auch andere Maschinen betrieben werden, unverzüglich abzustellen. "Warmlaufen lassen" des Motors stellt jedenfalls eine vermeidbare Luftverunreinigung dar.

 

Gemäß 102 Abs.6 KFG 1967 hat der Lenker, soweit oder solange er sich von seinem Kraftfahrzeug entfernt, dass er es nicht überwachen kann, den Fahrzeugmotor, sofern mit diesem nicht auch andere Maschinen betrieben werden, abzustellen und dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden kann.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des vormaligen Gendarmeriepostens Münzkirchen vom 29.1.2004 zu Grunde, der zur Last gelegte Sachverhalt wird von der Berufungswerberin nicht bestritten. Sie rechtfertigt sich damit, dass sie kurz zuvor wegen Entladung der Fahrzeugbatterie Starthilfe erhalten hat und sie die Befürchtung gehabt habe, dass der Motor ihres Fahrzeuges wieder nicht anspringen würde. Diese Rechtfertigung ist nicht geeignet, die Berufungswerberin zu entlasten, zumal von einem ordnungsgemäß handelnden Kraftfahrzeuglenker erwartet werden muss, dass das von ihm gelenkte bzw. in Betrieb genommene Kraftfahrzeug im Gesamten so ausgerüstet ist, dass ein ordnungsgemäßes und gesetzeskonformes Funktionieren des Fahrzeuges gewährleistet ist. Im konkreten Falle hätte sie (bzw. der Zulassungsbesitzer) dafür Sorge tragen müssen, dass die Batterie in einem derart ordnungsgemäßen Zustand ist, dass ein derartiger Vorfall von vornherein nicht in Frage kommen kann.

 

Demnach hat die Berufungswerberin schuldhaft gegen die maßgebliche Bestimmung des KFG 1967 verstoßen, indem sie das spruchgegenständliche Kraftfahrzeug am Parkplatz vor dem Sparmarkt Kopfing abgestellt hat und sie dabei den Motor laufen ließ bzw. das Fahrzeug nicht entsprechend abgesichert hat.

 

Dennoch konnte der Berufung im vorliegenden Falle teilweise Folge gegeben werden.

 

Gemäß Art.4 Abs.1 7. ZP zur MRK, darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren des selben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden. Diese Bestimmung steht in der österreichischen Rechtsordnung im Verfassungsrang.

 

Im gegenständlichen Falle nimmt die Bezirkshauptmannschaft Schärding offensichtlich ein Zusammentreffen von strafbaren Handlungen iSd § 22 VStG in der Weise an, dass die der Berufungswerberin zur Last gelegte Tat unter mehrere nicht einander ausschließende Strafdrohungen fällt, sodass zwei Strafen nebeneinander verhängt worden sind.

 

Sowohl die Bestimmung des § 102 Abs.4 KFG 1967 als auch jene des § 102 Abs.6 KFG 1967 verlangen vom Lenker eines Kraftfahrzeuges inhaltlich, dass unter den dort festgelegten Voraussetzungen der Motor des Kraftfahrzeuges abzustellen ist, wobei aus der Sicht des § 22 VStG durchaus sowohl eine Bestrafung nach der einen als auch nach der anderen Bestimmung abgeleitet werden könnte. Andererseits ist dieser Auffassung aber entgegen zu halten, dass eine "doppelte Bestrafung" der oben angeführten Verfassungsbestimmung des Art.4 des 7. ZP zur MRK widersprechen könnte.

 

In verfassungskonformer Auslegung der relevanten Gesetzesbestimmungen erachtet daher der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die Bestimmung des § 102 Abs.6 KFG 1967 eine lex specialis zur Bestimmung des § 102 Abs.4 KFG 1967 dahingehend darstellt, dass erstere Bestimmung dann zur Anwendung gelangt, wenn ein Lenker eines Kraftfahrzeuges dieses abstellt und er sich anschließend vom Kraftfahrzeug entfernt, während § 102 Abs.4 KFG 1967 allgemein dann Anwendung findet, wenn der Lenker im oder zumindest im räumlichen Nahbereich des Kraftfahrzeuges sich befindet.

 

Ausgehend von dieser verfassungsgemäßen Interpretation war daher im vorliegenden Falle zwecks Vermeidung einer unzulässigen Doppelbestrafung der Berufung hinsichtlich Faktum 1 des Straferkenntnisses Folge zu geben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Hinsichtlich Faktum 2 ist der Schuldspruch zu Recht erfolgt.

 

Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass unter Berücksichtigung des zur Tatzeit geltenden Strafrahmens (Geldstrafe bis zu 2.180 Euro) ohnehin lediglich die Ordnungswidrigkeit der Verwaltungsübertretung geahndet wurde, weshalb eine Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe trotz der von der Berufungswerberin geschilderten Einkommens- und Vermögenssituation nicht vertretbar ist, dies auch aus general- und spezialpräventiven Überlegungen.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

Beschlagwortung:

§ 102 Abs.6 KFG - lix specialis zu § 102 Abs.4 KFG - ansonsten unzul. Doppelbestrafung.

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