Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400511/4/Gf/Km

Linz, 21.07.1998

VwSen-400511/4/Gf/Km Linz, am 21. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des S M, vertreten durch RA Mag. Dr. H B, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Unter einem wird festgestellt, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraus- setzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundespolizeidirektion Linz) Kosten in Höhe von 3.365 S zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: § 67c Abs. 4 AVG; § 73 Abs. 4 FrG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger kosovoalbanischer Volkszugehörigkeit, ist am 21. Juni 1998 von Ungarn aus kommend ohne gültige Reisedokumente und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist.

1.2. Am 22. Juni 1998 hat der Beschwerdeführer einen Asylantrag eingebracht; dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. Juli 1998, Zl. 9804283-BAL, als unzulässig zurückgewiesen und die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. Juli 1998, Zl. 204007/0-III/09/98, als unbegründet abgewiesen, weil Ungarn entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers als "sicherer Drittstaat" iSd § 4 AsylG anzusehen sei.

1.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Juli 1998, Zl. Fr-97409, wurde über den Beschwerdeführer zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung bzw. der Zurückschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen.

1.4. Gegen seine (weitere) Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 3. Juni 1998 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte und auf § 72 des Fremdengesetzes 1997, BGBl.Nr. I 75/1997 (im folgenden: FrG), gestützte Beschwerde.

2.1. Im oben unter 1.3. angeführten Schubhaftbescheid (und in ihrer Gegenschrift) führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der Rechtsmittelwerber weder über ein Reisedokument noch über eine Aufenthaltsberechtigung verfüge und als mittellos sowie als unsteten Aufenthalts anzusehen sei; daher bestehe die Gefahr, daß er sich dem Zugriff der Behörde entziehen und so die beabsichtigten fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen, insbesondere seine Abschiebung, verhindern könnte, wenn die Schubhaft aufgehoben wird.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß für den Fall seiner Entlassung aus der Schubhaft eine entsprechende Verpflichtungserklärung eines seiner in Österreich ansässigen Verwandten vorliege. Außerdem habe die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht einmal erwogen - geschweige denn entsprechend begründet -, ob gelindere Mittel iSd § 66 FrG nicht in gleicher Weise geeignet seien, den angestrebten Zweck zu erfüllen. Schließlich habe der Bundesminister für Inneres (im folgenden: BMfI) am 9. Juli 1998 öffentlich erklärt, daß Kosovo-Albaner nicht mehr nach Ungarn zurückgeschoben werden.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BPD Linz zu Zl. Fr-97409; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im übrigen gemäß § 73 Abs. 2 Z. 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 72 Abs. 1 FrG hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Nach § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. zu dem Zweck in Schubhaft angehalten werden, um die Zurückschiebung zu sichern, wobei die Behörde gemäß § 69 Abs. 1 FrG generell verpflichtet ist, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Nach § 66 FrG hat (arg. Art. 5 Abs. 2 PersFrSchG) die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, daß deren Zweck auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen und sich jeden zweiten Tag bei der dem Fremden bekanntgegebenen Sicherheitsdienstelle zu melden.

4.2.1. Im gegenständlichen Fall liegen offenkundig - da der Beschwerdeführer bereits am Tag nach seiner unter Umgehung der Grenzkontrolle erfolgten Einreise, nämlich bei der Stellung seines Asylantrages, betreten wurde - die Voraussetzungen für eine Zurückweisung gemäß § 55 Abs. 1 FrG vor, die im Falle seiner Weigerung, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, zwangsweise durch Inschubhaftnahme vollstreckt werden kann (vgl. § 61 Abs. 1 FrG).

4.2.2. Gleichzeitig ist auch die Prognose, daß sich der Rechtsmittelwerber im nunmehrigen Bewußtsein um die ihm infolge der rechtskräftigen Ablehnung seines Asylantrages zwangsweise drohenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen (vgl. die niederschriftliche Bekanntgabe am 2. Juli 1998, Zl. Fr-97409, S. 2) diesen - würde er in die Freiheit entlassen - durch Untertauchen in der Anonymität zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen könnte, nicht von der Hand zu weisen, sodaß seine bisherige und weitere Anhaltung in Schubhaft im Lichte des § 61 Abs. 1 FrG als unbedenklich und damit rechtmäßig erscheint.

4.3.1. Daran vermag auch sein Vorbringen, daß ihm seitens eines Verwandten Unterkunft und Verpflegung gewährt würden und damit ein i.S.d. § 66 FrG gelinderes Mittel als die Schubhaft angewendet werden könnte, nichts zu ändern.

Wenngleich nämlich § 66 Abs. 1 FrG - wie schon aus dem Wort "insbesondere" hervorgeht - keine taxative Aufzählung dieser Alternativen zur Schubhaft enthält und damit eine Unterkunft in privaten Räumen grundsätzlich auch als ein in diesem Sinne taugliches Mittel in Betracht kommt, kann dies jedoch stets nur dann gelten, wenn auf diese Weise ein adäquater behördlicher Zugriff auf die Person des Fremden gewährleistet ist.

Dies trifft im Falle einer Privatunterkunft jedoch nur dann zu, wenn dem Fremden ein einer behördlichen Zuweisung vergleichbarer, d.h. letztendlich klagbarer Rechtsanspruch auf deren Inanspruchnahme zukommt, um so insgesamt zu erreichen, daß die verbindliche Gewährung lebensnotwendiger Versorgungsleistungen einen gleichsam unwiderstehlichen Anreiz dafür bietet, diese Unterkunft auch tatsächlich zu nützen und damit andererseits für die Fremdenbehörde jederzeit ohne größere Schwierigkeiten greifbar zu sein.

Einen Nachweis dafür, daß es sich bei der Verpflichtungserklärung seines Verwandten um mehr als eine bloß unverbindliche Absichtserklärung - anders kann weder die Mitteilung an die belangte Behörde noch die entsprechende Behauptung in der vorliegenden Beschwerde gewertet werden - handelt, hat der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall jedoch (zumindest bislang) nicht erbracht.

4.3.2. Schließlich führt auch sein Einwand, daß der BMfI öffentlich erklärt habe, daß Kosovo-Albaner nicht mehr nach Ungarn zurückgeschoben werden, bei der konkret vorliegenden Fallkonstellation zu keinem für ihn günstigeren Ergebnis: Selbst wenn man nämlich die rechtliche Verbindlichkeit dieser Erklärung vom 9. Juli 1998 - etwa im Wege eines Erlasses - als zutreffend unterstellt, erfaßt diese inhaltlich dennoch nur solche Asylwerber, die aus jenen Gebieten im Kosovo stammen, wo es tatsächlich Kriegshandlungen gibt (vgl. z.B. Die Presse v. 10. Juli 1998). Daß derartiges für den Rechtsmittelwerber zutrifft, hat dieser nicht einmal behauptet, geschweige denn entsprechend belegt, im Gegenteil: Grund für die Flucht aus seinem Heimatstaat war nicht etwa die Furcht vor unmenschlicher Behandlung, Strafe oder Todesstrafe bzw. einer Bedrohung seines Lebens oder seiner Freiheit iSd § 57 Abs. 1 und 2 FrG, sondern lediglich der Erhalt eines Einberufungsbefehles zum Militär (vgl. die Niederschrift des Bundesasylamtes vom 27. Juni 1998, S 2).

4.4. Aus allen diesen Erwägungen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 67c Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig festzustellen, daß gegenwärtig die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorliegen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG i.V.m. § 1 Z. 1 der Aufwandsersatzverordnung-UVS, BGBl.Nr. 855/1995, dazu zu verpflichten, dem Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) Kosten in Höhe von 3.365 S (Vorlageaufwand: 565 S; Schriftsatzaufwand: 2.800 S) zu ersetzen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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