Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210025/2/Ga/La

Linz, 16.06.1993

VwSen - 210025/2/Ga/La Linz, am 16. Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des K, gegen die wegen Übertretung von Luftreinhaltevorschriften erlassene Ermahnung der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. Juli 1992, Zl. UR96/14/5-1991/Ell/M, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem eingangs bezeichneten Bescheid den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung schuldig gesprochen, weil er am 12. August 1991 auf seinem näher bezeichneten, landwirtschaftlich genutzten Grundstück in der Gemeinde Eferding größere Mengen verfaulter Zichoriewurzeln ausgebreitet, eingeackert und am 14. August 1991 mit Kalk überstreut habe; durch diese, nicht der herkömmlichen ortsüblichen land- und forstwirtschaftlichen Produktionsweise entsprechende Tätigkeit habe er üble Gerüche, die geeignet waren, das Wohlbefinden von Menschen zu beeinträchtigen, in erheblichem Ausmaß verursacht; deswegen wurde über ihn wegen Verletzung des § 4 Abs.3 der O.ö. Luftreinhalteverordnung (iVm §§ 2, 3, 5 und 8 des O.ö. Luftreinhaltegesetzes) in Anwendung des § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit dem Vorwurf inhaltlicher Rechtswidrigkeit der Ermahnung bei der Strafbehörde mit Schriftsatz eingebrachte Berufung.

2. Die Ermahnungsbehörde hat - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Verfahrensakt zu Zl. UR96/14/6-1991, über die - zulässige - Berufung erwogen:

3.1. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

3.2. Gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache, auf deren Entscheidung der unabhängige Verwaltungssenat dabei beschränkt ist, ergibt sich zu allererst aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf des bekämpften Bescheides. Dessen zwingenden Inhalt regelt - hier insoweit sinngemäß anzuwenden - § 44a VStG; die Ziffer 1 verlangt den Vorwurf der als erwiesen angenommenen Tat, die hinsichtlich des Täters und der Tatumstände (= alle wesentlichen Sachverhaltselemente) so genau umschrieben sein muß, daß zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und zum anderen die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

3.3. Diesen von der höchstgerichtlichen Judikatur entwickelten (zB. VwGH v. 10.6.1992, 92/04/0055), hier beachtlichen Bestimmtheitsanforderungen ist auch die ein Verwaltungsstrafverfahren mit persönlichem Tatvorwurf einleitende Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG, u.zw. in grundsätzlich gleicher Qualität, unterworfen. Es muß der Beschuldigte schon von Anfang an in die Lage versetzt sein, im ordentlichen Strafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf widerlegen zu können und in der Folge rechtlich davor geschützt zu sein, wegen desselben Verhaltens nochmals verfolgt zu werden. Eine diesen Merkmalen genügende (erste) Verfolgungshandlung muß gemäß § 31 Abs.1 VStG binnen der Verjährungsfrist von der Behörde vorgenommen worden sein. Anders: Eine Verfolgungshandlung unterbricht demgemäß nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung, hier: der Ermahnung zugrundeliegenden, wesentlichen Sachverhaltselemente bezogen hat. Die Verfolgung ist daher unzulässig, wenn außerhalb der Verjährungsfrist noch weitere wesentliche Sachverhaltselemente zum Tatbild hinzugekommen sind (zB. VwGH v. 21.10.1981, 2231/80).

3.4. Die im vorliegenden Fall für den Tatvorwurf maßgebliche Verbotsnorm ist der § 4 Abs.3 der (seit 1. Jänner 1989 im Rang eines Bundesgesetzes stehenden) O.ö. Luftreinhalteverordnung. Danach sind die Lagerung, das Ausbreiten, Ausstreuen und etc. von Stoffen, die üble Gerüche oder sonstige Luftverunreinigungen im erheblichen Ausmaß verursachen, im Freien auf Plätzen, die hiefür nicht nach besonderen gesetzlichen Vorschriften behördlich genehmigt sind, jedenfalls dann verboten, wenn - gemäß § 4 Abs.5 der zit. Vorschrift - die Lagerung, das Ausbreiten, Ausstreuen und etc. nicht als Maßnahme im Rahmen der herkömmlichen ortsüblichen land- und forstwirtschaftlichen Produktion gewertet werden können. § 8 Abs.1 lit.a des (gleichfalls als Bundesgesetz weitergeltenden) O.ö. Luftreinhaltegesetzes erklärt ein Zuwiderhandeln gegen die vorhin dargelegte Verbotsnorm als Verwaltungsübertretung.

3.5. Vor dem Hintergrund dieses hier anzuwendenden materiellen Rechts entspricht dem anzulegenden Konkretisierungsmaßstab (Punkt 3.2.) die als erste Verfolgungshandlung ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. Dezember 1991 nicht. Wesentliche Sachverhaltselemente nämlich, die hier für die tatbildliche Unterordnung des angelasteten Verhaltens unverzichtbar sind, fehlen diesem Hoheitsakt. Vor allem ist der Vorwurf der Verursachung des üblen Geruchs nicht enthalten; die Erwähnung einer "unüblichen Luftverunreinigung" allein verfehlt das hier fragliche Tatbild des § 4 Abs.3 (erste Alternative) der O.ö. Luftreineinhalteverordnung. Auch darüber, durch welche Tätigkeit die angelastete Beeinträchtigung herbeigeführt worden sein soll, läßt die Verfolgungshandlung den Berufungswerber im Unklaren (durch das Ausbreiten?, das Einackern?, durch das Überstreuen mit Kalk?). Und schließlich kommt es nicht darauf an, daß die Tätigkeit (lediglich) "geeignet war", die Beeinträchtigung von Menschen herbeizuführen, sondern - als hier wesentliches, vorzuwerfendes Sachverhaltsmerkmal - darauf, daß die ausgebreiteten Stoffe, eben die "verfaulten" (besser wohl: verfaulenden) Zichoriewurzeln, üble Gerüche aktuell emittiert haben.

Eine Verfolgungshandlung mit dieser Unbestimmtheit konnte im vorliegenden Fall die Verfolgungsverjährung nicht unterbrechen. Eine andere Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist hat die belangte Behörde nicht vorgenommen.

4. Zusammenfassend war aus diesem Grund der Ermahnungsbescheid, obgleich sein Schuldspruch deutlich bestimmter formuliert ist als der Tatvorwurf der Verfolgungshandlung vom 23. Dezember 1991, aufzuheben, weil er wegen Verjährung nicht mehr hätte erlassen werden dürfen. Gleichzeitig war die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Bei diesem Ergebnis war auf die Begründung der Berufung inhaltlich nicht mehr einzugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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