Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210047/5/Ga/La

Linz, 03.02.1994

VwSen-210047/5/Ga/La Linz, am 3. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des K U in S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 23. November 1992, Zl. Bau5-5156/1991, wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung - O.ö. BauO, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Der Bürgermeister der Stadt Steyr (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Übertretung des § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO schuldig erkannt und über ihn deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) kostenpflichtig verhängt; der Schuldspruch des Straferkenntnisses lautet:

"Sie haben es als Bauherr zu vertreten, daß, wie bei einer Erhebung durch einen Beamten des Baurechtsamtes des Magistrates der Stadt Steyr am 24. Juli 1991 auf der Liegenschaft in S, festgestellt wurde, die baubewilligungspflichtigen Maßnahmen weiter durchgeführt wurden, obwohl Sie mit Bescheid des Magistrates der Stadt Steyr (Baurechtsamt) vom 17. Juni 1991 aufgefordert wurden, den Bau einzustellen." 1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung beim unabhängigen Verwaltungssenat mündlich eingebrachte Berufung. Näher führt der Berufungswerber aus, daß er zu der inkriminierten "Maßnahme" von einem Magistratsorgan im Interesse der Ortsbildgestaltung aufgefordert worden sei; er sehe nicht ein, warum er bestraft werde, wenn er das Ortsbild ohne staatliche Zuschüsse verschönere.

2. Schon aus der Einsicht in den zugleich mit der Berufung und einer Gegenäußerung vorgelegten Strafakt zu Zl.

Bau5-5156/1991 war ersichtlich, daß das Straferkenntnis gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Dies aus folgenden Gründen:

3.1. Zwar erliegt der Berufungswerber einer Fehlsicht der staatlichen Baurechtsordnung, wenn er meint, daß die im öffentlichen Interesse vom Landesgesetzgeber angeordnete, grundsätzliche Bewilligungspflichtigkeit von Bauvorhaben für ihn als Bauherrn schon dadurch disponibel würde, daß seine Bauführung tatsächlich oder vermeintlich - bezuschußt oder ohne staatliche Zuschüsse - der Verschönerung des Ortsbildes diene. Vielmehr hätte ihn die ihm als Bauherrn obliegende und zumutbare Informationspflicht über die maßgeblichen Bauvorschriften rechtzeitig vor Baubeginn erkennen lassen müssen, daß der Landesgesetzgeber auch für ihn verbindlich jene Fälle geregelt hat, in denen Bauvorhaben ausnahmsweise von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind, und daß ein Ausnahmetatbestand, wie er dem Berufungswerber vorschwebt, der O.ö. Bauordnung fremd ist.

Der in diesem Punkt die Rechtsordnung grundlegend mißverstehende Einwand des Berufungswerbers für sich allein wäre nicht geeignet gewesen, seinem Rechtsmittel zum Erfolg zu verhelfen.

3.2. Im Ergebnis jedoch ist die Berufung erfolgreich, weil der Schuldspruch des Straferkenntnisses an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit dadurch leidet, daß er die aus § 44a Z1 VStG erfließenden (und vom Verwaltungsgerichtshof seit verst.Sen. Erk. VwSlg. 11466 A/1984 und VwSlg.

11894 A/1985 ständig judizierten) Bestimmtheitsanforderungen - irreparabel - nicht erfüllt und darüber hinaus das Straferkenntnis auch aus dem Blickwinkel des § 44a Z2 VStG verfehlt ist.

3.3. Nicht der § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO nämlich ist hier die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift, sondern § 68 Abs.1 lit.e, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer als Bauherr (oder Bauführer) nach einer Untersagung gemäß § 56 Abs.3 O.ö. BauO ohne Behebung des Mangels die Bauausführung fortsetzt.

Ein Anwendungsfall dieser Bestimmung liegt hier vor. So beruft sich der Schuldspruch des Straferkenntnisses ausdrücklich auf den von der zuständigen Baubehörde im Grunde des § 56 Abs.3 O.ö. BauO erlassenen, den Berufungswerber verpflichtenden Baueinstellungsbescheid vom 17. Juni 1991, der dadurch zu einem wesentlichen Tatbestandsmerkmal für das Straferkenntnis bzw. zu der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift geworden ist.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Schuldspruchs liegt zunächst darin, daß schon gänzlich unbestimmt ist, welche "baubewilligungspflichtigen Maßnahmen" er als Kern der Tatanlastung eigentlich im Auge hat, und schließlich darin, daß auch der zum wesentlichen Tatbestandsmerkmal erhobene (rechtskräftig gewordene) Baueinstellungsbescheid vom 17.

Juni 1991 für sich, gleichfalls infolge gravierender Unbestimmtheit, inhaltlich rechtswidrig ist. Dem Spruch dieses Baueinstellungsbescheides kann nämlich nicht im geringsten entnommen werden, warum die Bauausführung beim Bauvorhaben in der W überhaupt untersagt werden mußte: Die Baubehörde hat es unterlassen, in eindeutiger Weise darzutun, welche(s) der für die Erlassung des Untersagungsbefehls wesentlichen Tatbestandselemente des § 56 Abs.3 O.ö. BauO sie als erfüllt angenommen hatte. Dabei hat sie weiters übersehen, daß § 56 Abs.3 O.ö. BauO keineswegs eine Baueinstellung ohne jede zeitliche Begrenzung ermöglicht, sondern ausschließlich (nur) "bis zur Behebung des Mangels". Der Mangel wiederum ergibt sich aus den Untersagungstatbeständen, woraus neuerlich erhellt, daß zwingend auszusprechen gewesen wäre, welcher festgestellte Mangel - als maßgebender Sachverhalt - zur zwingenden Erlassung des Einstellungsbefehls geführt hatte.

3.4. Zusammenfassend steht aus all diesen Gründen fest, daß die Bestrafung des Berufungswerbers auf einen derart wesentlich unbestimmt gebliebenen Schuldspruch nicht gestützt werden darf; schon deswegen war das Straferkenntnis im Grunde des § 44a Z1 VStG aufzuheben. Auf die weiteren Mängel des Straferkenntnisses hinsichtlich der Spruchelemente gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG braucht näher nicht mehr eingegangen werden.

Da diese Unbestimmtheit das Strafverfahren von Anfang an belastet hat, ist auch die Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG nie unterbrochen worden. Deshalb war gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hält jedoch abschließend fest, daß nicht nur der Normteil, sondern auch der Begründungsteil des Straferkenntnisses mit Rechtswidrigkeit belastet ist. Die Anforderungen, denen eine Begründung genügen muß, regelt zwingend § 60 AVG (iVm § 24 VStG). Auch die Strafbemessung gemäß § 19 VStG unterliegt unverzichtbar der Begründungspflicht. Die hier vorliegende formelhafte Scheinbegründung verfehlt insgesamt dieses Programm des Verfahrensgesetzgebers klar.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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