Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210077/11/Lg/Bk

Linz, 28.02.1994

VwSen-210077/11/Lg/Bk Linz, am 28. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung der C S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. B, Dr. B und Dr. L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. Mai 1993, Zl. 501/N-44/91a-Str., mit dem über die Berufungswerberin Geldstrafen von zwei mal je 3.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen von zwei mal je 3 Tagen wegen Übertretungen der O.ö. Bauordnung, LGBl.Nr. 35/1976 idgF verhängt wurden, nach der am 2. Februar 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das Straferkenntnis der belangten Behörde aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde und des Verfahrens vor dem unanbhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Im in der Präambel zitierten Straferkenntnis wird der Berufungswerberin vorgeworfen, daß sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der "N A Schmuck & Geschmeide Ges.m.b.H." mit Sitz in L, und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche zu vertreten habe, daß von der "N A Schmuck & Geschmeide Ges.m.b.H.", welche Eigentümerin des Objektes R und Verpflichtete iSd § 60 Abs.2 O.ö. BauO. ist, in der Zeit vom 8.2.1991 bis 23.9.1991 folgende mit Bescheid vom 7.1.1991, Zl. 501/Si-N, vorgeschriebenen Sicherungsmaßnahmen nicht erfüllt wurden:

1) Die Türen, die auf die hofseitigen Balkone führen, sind versperrt zu halten und durch geeignete Maßnahmen so abzusichern, daß ein unbeabsichtigtes Öffnen derselben nicht möglich ist. Weiters ist ein Anschlag anzubringen, aus welchem ein Benützungsverbot für die gegenständlichen Balkone hervorgeht.

2) Der Hof ist bis zu einem Abstand von fünf Metern von der gegenständlichen Hausmauer durch Abschrankung so abzusichern, daß ein Betreten dieses Bereiches nicht möglich ist.

Die Berufungswerberin habe hiedurch Verwaltungsübertretungen gemäß § 68 Abs.1 lit.i O.ö. BauO. begangen, weshalb über sie gemäß § 68 Abs.2 O.ö. BauO. unter Anwendung des § 22 VStG die genannten Strafen verhängt worden seien.

1.2. Begründend führt das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis zunächst an, daß im Bescheid vom 7.1.1991 allfälligen Berufungen gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Einer Berufung gegen diesen Bescheid habe der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz (Bescheid vom 12.3.1991, Zl. 500/Si-N) keine Folge gegeben und ebenso nicht die o.ö. Landesregierung (Bescheid vom 5.9.1991, Zl. BauR 010618/1-1991/See/Bi) einer Vorstellung gegen diesen Bescheid.

Die belangte Behörde begründet den von ihr im verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis als erwiesen angenommenen Sachverhalt mit Feststellungen des bautechnischen Amtssachverständigen vom 8.2.1991 und vom 23.9.1991. Die globale Bestreitung dieser Ermittlungsergebnisse durch die Berufungswerberin habe keine weitere Ermittlungspflicht der belangten Behörde ausgelöst.

2. Die Berufung wendet dagegen ein, daß mit dem verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis lediglich aufgrund der Aktenlage bzw ohne Einvernahme des Organes, welches die angeblichen Sicherungsmängel festgestellt hat, entschieden wurde und ferner, daß von den punktuellen Kontrollen am 8.2.1991 und am 23.9.1991 nicht auf eine Tatbestandsverwirklichung in der Zeit vom 8.2.1991 bis zum 23.9.1991 geschlossen werden könne. Die Mangelhaftigkeit der Beweisaufnahme und die Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung könne nicht durch die von der belangten Behörde behauptete "Mitwirkungspflicht" der Partei "saniert" werden.

3. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter der Berufungswerberin ergänzend vor, daß die Berufungswerberin alles ihr Zumutbare getan habe, um den Auflagen nachzukommen. Sie habe die Balkontüren versperrt gehalten und die vorgeschriebenen Anhänge angebracht. Dem Erfordernis der Abschrankung, die ein Betreten des Gefährdungsbereiches verhindern sollte, sei dadurch Rechnung getragen worden, daß auf einem Maschendrahtzaun rotweiße Plastikstreifen angebracht sind und der einzige Zugang zu diesem Bereich versperrt gehalten wurde.

4. Der im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge sagte aus:

Am 8. Februar 1991 sei die Abschrankung im Hof nicht vorhanden gewesen. Das Fehlen der Anschläge sei vom Hof aus zu sehen gewesen. Die Balkontüren seien nicht vom Hausinneren aus besichtigt worden, mit Ausnahme der Balkontür einer bewohnten Wohnung. In der Wohnung sei festzustellen gewesen, daß die Balkontür unversperrt und mit einem normalen Türdrücker versehen war und daß der Aushang fehlte.

Am 23. September 1991 sei die Abschrankung ebenfalls nicht vorhanden gewesen. Von der Hofseite aus sei ersichtlich gewesen, daß die Anschläge fehlten. Das Versperrthalten der Balkontüren sei von außen nicht überprüfbar gewesen. An eine Besichtigung der Balkontüre in der besagten Wohnung an diesem Tag konnte sich der Zeuge nicht mehr mit Sicherheit erinnern.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

5.1. Das Fehlen der auflagenkonformen Absicherung der Balkone (Balkontüren) konnte nicht erwiesen werden, da der Zeuge die Balkontüren bei beiden Wahrnehmungen nur von der Hofseite aus sah, von dort aus aber, wie der Zeuge selbst einräumte, die Versperrung bzw die Sicherung gegen unbeabsichtigtes Öffnen nicht zu beurteilen ist. Dasselbe gilt nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenats für den Aushang der Anschläge, da nicht davon ausgegangen werden kann, daß in der Auflage die Anbringung auf solche Weise vorgeschrieben ist, daß die Anschläge auch vom Hof aus sichtbar sein müssen.

Eine Ausnahme bildet die Besichtigung der Balkontüre in der Wohnung der Frau P am 8. Februar 1991. Die diesbezügliche Aussage des Zeugen, daß diese Balkontüre über kein Schloß verfügt habe, mit einem normalen Türdrücker versehen gewesen sei und ein Aushang gefehlt habe, ist an sich glaubwürdig und wird auch von der Berufungswerberin nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Diese Tatsache kann jedoch schon deshalb nicht berücksichtigt werden, da es sich dabei um eine zeitlich punktuelle Feststellung eines deliktischen Verhaltens handelt, das jedoch gemäß § 31 Abs.3 VStG als verjährt betrachtet werden muß.

5.2. Hinsichtlich der Abschrankung ist zunächst zu klären, ob die von der Berufungswerberin als gesetzt behauptete Maßnahme, nämlich die Unzugänglichmachung des umzäunten Gefährdungsbereichs durch Verschließen des einzigen Zugangs in Verbindung mit der Anbringung gestreifter Plastikstreifen, wie sie an Baustellen verwendet werden, an einem Zaun an der für die Abschrankung vorgesehenen Stelle, der Auflage entspricht. Mag auch der Begriff der "Abschrankung" zunächst an Vorkehrungen wie auf in Höhe von etwa einem Meter auf Stützen angebrachte, querliegende Bretter denken lassen, so erscheint es doch nicht ausgeschlossen, Einrichtungen von gleicher Sichtbarkeit und Festigkeit, die bei Hinzukommenden dieselben Assoziationen wecken, unter diesen Begriff zu subsumieren. Dies trifft auf die Anbringung baustellenüblicher Plastikbänder auf einem stehenden Maschendrahtzaun zu. Vom Zweck der Vorschrift (nämlich ein Betreten des Gefahrenbereichs zu verhindern) her betrachtet, ist diese Maßnahme sogar ungleich effizienter als ein querliegendes Brett, welches naturgemäß, je nach Höhe der Anbringung und Größe der hinzutretenden Person, ein Darübersteigen oder Untendurchschlüpfen gar nicht verhindern kann. Wegen der Baustellenüblichkeit der Verwendung solcher Plastikbänder entfalten diese dieselbe Signalwirkung wie ähnlich gefärbte Bretter. Dies scheint, wie der Hinweis des Vertreters der belangten Behörde auf einen Aktenvermerk in einem Administrativverfahren zeigt, behördlicherseits ähnlich gesehen zu werden.

Wenn der Zeuge aussagt, bei seinen Wahrnehmungen keine Reste von Plastikstreifen bemerkt zu haben, so schließt dies - in Anbetracht der mittlerweile verstrichenen Zeit und in Verbindung mit einem denkbaren psychologischen Einfluß eines bestimmten Vorverständnisses des Begriffs der Abschrankung nicht mit der nötigen Sicherheit aus, daß solche Plastikstreifen dennoch vorhanden waren.

5.3. In Anbetracht dieser Beweisergebnisse war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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