Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210159/4/Lg/Bk

Linz, 28.04.1995

VwSen-210159/4/Lg/Bk Linz, am 28. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Dkfm. R M , Geschäftsführer der A Gesellschaft mbH, W , F , vertreten durch Dr. M J A , Mag. Dr. J S , Dr. E , Rechsanwälte, W , P , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. März 1994, Zl.

502-32/Kn/We/148/92c, wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung, LGBl.Nr. 35/1976, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Die Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 4.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der A GmbH mit dem Sitz in W , F , zu verantworten habe, daß von der A GmbH zumindest im Zeitraum vom 1.5.1991 bis 22.12.1992 der mit rechtskräftigem Bescheid des Magistrates Linz, Baurechtsamt, vom 28.5.1990, GZ 501/Gr-88/90, erteilten Auflage, daß - falls eine auf diese Bauplatzbewilligung abgestellte Baubewilligung erwirkt wird - vom Bewilligungsinhaber die mit diesem Bescheid genehmigten Gutbestandsveränderungen innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Beginn der Bauausführung zur Gänze und in einem grundbücherlich durchzuführen sind, keine Folge geleistet worden sei, indem trotz der Tatsache, daß bis zum 31.10.1990 das mit - auf diesem Bauplatzbewilligungsbescheid ausgestelltem Baubewilligungsbescheid vom 4.7.1990, GZ 501/W-72/90, bewilligte Bauvorhaben ausgeführt worden war, im obgenannten Zeitraum (1.5.1991 - 22.12.1992) aber die mit dem Bescheid vom 28.5.1990 (Bauplatzbewilligung) genehmigten Gutbestandsveränderungen nicht grundbücherlich durchgeführt worden seien.

Begründend verweist das angefochtene Straferkenntnis ua. auf die Rechtfertigung durch Frau Dr. W im Zusammenhang mit der Ladung des anderen handelsrechtlichen Geschäftsführers, des Herrn Dr. S , im erstbehördlichen Verfahren. Frau Dr. W habe darauf verwiesen "daß am 2.10.1990 ein Grundbuchsgesuch gestellt worden sei, das jedoch mit Beschluß vom 23.10.1990 mit der Begründung abgewiesen worden sei, daß der Bauplatzbewilligungsbescheid der Stadt Linz für eine grundbücherliche Durchführung nicht ausreichend sei. In der Folge sei zwischen der Stadt Linz und der A ein Rückstellungsvertrag abgeschlossen, beim Finanzamt angezeigt und der Ausländergrundverkehrskommission der o.ö.

Landesregierung vorgelegt worden. Der Vertrag sei nach Auskunft der o.ö. Landesregierung angeblich Ende April 1991 an die Firma A retourniert worden, sei jedoch nicht auffindbar. In der Folge seien mehrere Versuche unternommen worden, eine Kopie dieses Vertrages zum Original erklären zu lassen, doch sei dies unmöglich, da im Grundbuch nur Verträge mit Originalunterschriften akzeptiert würden. Die Firma A werde mit der Stadt Linz in Kontakt treten, um einen neuen Rückstellungsvertrag abzuschließen. Nach dem Dafürhalten der Firma A sei dazu auch eine neue Vermessung erforderlich." Demgegenüber verweist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses darauf, daß der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei. Insbesondere sei vom Beschuldigten die nichterfolgte Durchführung der Gutbestandsveränderungen nicht bestritten worden. Den Schuldentlastungsbeweis iSd § 5 Abs.1 VStG habe der Berufungswerber mit der Rechtfertigung, der Rückstellungsvertrag zwischen der Stadt Linz und der Firma A sei bei der Firma A nicht auffindbar, nicht zu erbringen vermocht. Dies weise vielmehr auf eine Fahrlässigkeit des Beschuldigten hin. Dieser habe sich offenbar um die Angelegenheit nicht weiter gekümmert, da seit dem Verschwinden des Rückstellungsvertrages im April 1991 bis Ende 1992 er schon längst versuchen hätte können, einen neuen Rückstellungsvertrag abzuschließen. Angemerkt werde, daß eine Verbücherung bis dato nicht erfolgt sei.

Frau Dr. Wolf sei erst im Februar 1993, offensichtlich unter dem Eindruck des eingeleiteten Strafverfahrens, an das Liegenschaftsamt des Magistrates hinsichtlich eines neuerlichen Rückstellungsvertrages herangetreten.

2. In der Berufung wird dagegen ua ausgeführt:

Die A habe am 2.10.1990 ein Grundbuchsgesuch gestellt, welches jedoch mit Beschluß vom 23.10.1990 mit der Begründung abgewiesen worden sei, daß der Bauplatzbewilligungsbescheid der Stadt Linz für eine grundbücherliche Durchführung nicht ausreichend ist. Die rechtzeitige Erfüllung der erteilten Auflage hänge nicht vom Ermessen des Einschreiters ab, sondern von der Handlung eines Dritten, des Grundbuchsführers, auf die der Einschreiter keinen Einfluß nehmen könne.

Die erteilte Auflage könne nur so verstanden werden, daß die A alles in ihrer Macht Stehende tun müsse, um die grundbücherliche Durchführung zu bewirken, daß sie aber nicht verpflichtet werden kann (so wie es der Wortlaut der Auflage nahezulegen scheint) die grundbücherliche Durchführung "selbst vorzunehmen".

Im gegenständlichen Fall habe die A sehrwohl die ihr erteilte Auflage, soweit es ihr selbst möglich war, erfüllt. Darüber hinaus sei die Erfüllung der Auflage "als solche" rechtlich unmöglich und somit die Auflage "an sich" rechtswidrig. Dies ergebe sich schon daraus, daß nach der Abweisung des Grundbuchgesuches ein Rückstellungsvertrag abgeschlossen werden mußte. Da die Auflage jedoch davon ausgeht, daß die Gutbestandsveränderung aufgrund des erfolgten Bauplatzbewilligungsbescheides durchzuführen ist und nicht aufgrund des Rückstellungsvertrages, kann die in der Folge eingetretene Verzögerung nicht unter den von der belangten Behörde angenommenen Tatbestand subsumiert werden.

3. Da schon aus dem Akt ersichtlich ist, daß das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben ist und überdies nur Rechtsfragen entscheidungserheblich sind, entfällt die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im gegenständlichen Fall ist vom unabhängigen Verwaltungssenat, ebenso wie von der Erstbehörde, die O.ö.

BauO. LGBl.Nr. 35/1976 anzuwenden.

Gemäß § 68 Abs.1 lit.h O.ö. BauO. 1976 beging eine Verwaltungsübertretung, wer bei Ausübung eines ihm in Durchführung dieses Gesetzes erteilten Rechtes die im Bewilligungsbescheid festgelegten Bedingungen oder Auflagen nicht bescheidgemäß erfüllt.

Gemäß § 68 Abs.1 lit.i O.ö. BauO. 1976 beging eine Verwaltungsübertretung, wer baubehördliche Anordnungen nicht bescheidgemäß erfüllt.

Im gegenständlichen Fall wurden - durch Ankreuzen auf einem Formular - im Rahmen des Bauplatzbewilligungsbescheides folgende Auflagen erteilt:

a) "Falls eine auf diese Bauplatzbewilligung abgestellte Baubewilligung erwirkt wird, sind vom Bewilligungsinhaber die mit diesem Bescheid genehmigten Gutbestandsveränderungen innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Beginn der Bauausführung zur Gänze und in einem grundbücherlich durchzuführen." Als "Bewilligte Änderungen (Abschreibung, Zuschreibung, Teilung oder Versagung von Grundstücken bzw.

Grundstücksteilen)" scheinen im gegenständlichen Bauplatzbewilligungsbescheid auf: "Teilung des Grdst.Nr.

1073/2 (6058 m2) in sich (6052 m2) und die Tf.1 (6 m2); Abschreibung der Tf.1 von der EZ 446 und Zuschreibung derselben zur EZ 405 bie glzt. Vereinigung mit dem Grdst.

Nr. 620/9 (insgesamt 994 m2). Als bewilligter Bauplatz ist angegeben: "Grdst(e).Nr.: 620/9; Größe: 994 m2".

b) "Gemäß § 6 Abs.3 leg.cit. ist vom Bewilligungsinhaber glzt. mit der grundbücherlichen Durchführung dieser Bewilligung die Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft und der Daten des Bewilligungsbescheides zu beantragen." c) "Bis spätestens zwei Wochen nach grundbücherlicher Durchführung dieser Bauplatzbewilligung hat der Bewilligungsinhaber der Baubehörde die Erfüllung der erteilten Auflagen durch Vorlage eines Gerichtsbeschlusses nachzuweisen." 4.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Berufungswerber ein Verstoß gegen die erstgenannte Auflage vorgeworfen. Diese Auflage steht - wie Nebenbestimmungen überhaupt - unter Gesetzesvorbehalt. Bei gebundenen Entscheidungen - so auch hier - ist eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage erforderlich (vgl. Antoniolli - Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1986, S 510). Nach Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, 1987, S 273, genügt es auch, daß eine Nebenbestimmung mit dem Sinn der zu treffenden Hauptentscheidung in untrennbarer Weise verbunden ist.

Die gegenständliche Auflage nennt selbst keine gesetzliche Grundlage. Eine solche ist auch nicht ersichtlich:

Die Bestimmungen des § 4 O.ö. BauO. 1976 ("Bauplatzbewilligung") können dafür nicht herangezogen werden. Insbesondere ist festzuhalten, daß die Ermächtigung zur Auflagenerteilung in § 4 Abs.2 leg.cit. [wonach "die Bauplatzbewilligung... auch unter ... Auflagen erteilt werden (kann), die der Sicherung der im Abs.1 angeführten Interessen dienen"] für die gegenständliche Auflage nicht herangezogen werden kann, da ein ausreichend enger Zusammenhang zwischen den in Abs.1 angeführten "Interessen der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs und der Wahrung eines ungestörten Orts- und Landschaftsbildes" einerseits und der gegenständlichen Auflage als Mittel andererseits nicht zu erkennen ist.

Auch die Ermächtigungen der Abs. 5 und 7 des § 4 "tragen" die gegenständliche Auflage nicht, da diese Bestimmungen Spezialfälle betreffen und die dort vorgesehenen Auflagen als strafbewehrte Gebotsnormen - jeweils speziell und ausreichend genau umschreiben, vorzuwerfen wären.

Auch die Bestimmungen des § 6 O.ö. BauO. 1976 enthielten keine geeignete gesetzliche Grundlage für die gegenständliche Auflage. § 6 O.ö. BauO. 1976 regelte die Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft von Grundstücken im Grundbuch und unterschied danach, ob es sich um eine Bauplatzbewilligung mit oder um eine Bauplatzbewilligung ohne gleichzeitige Änderung von Grundstücksgrenzen (Teilung) handelt. Im erstgenannten Fall war die Baubehörde zur Anzeige beim zuständigen Grundbuch verhalten (§ 6 Abs.2 leg.cit.), im zweitgenannten Fall war der Antragstellung zur Beantragung der Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft im Grundbuch verpflichtet (§ 6 Abs.3 leg.cit.). Für den zweitgenannten Fall war folgendes Durchsetzungsverfahren vorgesehen: Auf Verlangen der Baubehörde hatte der Antragsteller die Ersichtlichmachung durch Vorlage eines Gerichtsbeschlusses nachzuweisen. Unterblieb die Ersichtlichmachung im Zuge der grundbücherlichen Durchführung der Teilung, so hatte die Baubehörde den Grundeigentümer erforderlichenfalls mit Bescheid zur Ersichtlichmachung im Grundbuch zu veranlassen (§ 6 Abs.3 leg.cit). Damit soll nach dem AB (zitiert nach Neuhofer-Sapp, O.ö. Baurecht, 3.

Auflage, 1991, S 76) sichergestellt werden, daß "die Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft im Grundbuch wirklich erfolgt (und nicht nur die Teilung grundbücherlich durchgeführt wird)".

Auch die Bestimmungen über die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken (§ 7 O.ö. BauO. 1976) enthielten keine die gegenständliche Auflagen deckende Ermächtigung:

Änderungen (Abschreibungen und Zuschreibungen von Grundstücken oder Grundstücksteilen vom oder zum Grundbestand einer Grundbuchseinlage, Teilung oder Vereinigung von Grundstücken im Gutsbestand einer Grundbuchseinlage) von (im Grundbuch ersichtlich gemachten) Bauplätzen und von bebauten Grundstücken bedurften einer baubehördlichen Bewilligung (§ 7 Abs.1 leg.cit.), ohne die - von gewissen Ausnahmen abgesehen - eine grundbücherliche Durchführung unzulässig war (Abs.5), widrigenfalls eine Löschung der Änderung auf Antrag der Baubehörde durchzuführen war (Abs.6). § 7 leg.cit. sah die baubehördliche Bewilligung als rechtliche Voraussetzung der grundbücherlichen Durchführung der betreffenden Änderung vor, enthielt jedoch keine Vorschrift über eine Verpflichtung der Partei zur Initiierung der gegenständlichen Grundbuchsvorgänge.

Die O.ö. BauO. LGBl.Nr. 66/1994 behält dieses System bei.

Die Pflicht zur Beantragung der Ersichtlichmachung des Erlöschens von Bauplatzbewilligungen wurde in eine die Baubehörde treffende Anzeigepflicht umgewandelt (vgl.

nunmehr § 8 Abs.4 O.ö. BauO. 1994 anstelle von § 6 Abs.4 O.ö. BauO. 1976). Daß der Gesetzgeber benachbarte Bestimmungen unberührt ließ, zeigt, daß er das System der hier interessierenden Bestimmungen offenbar nicht als unzweckmäßig empfunden hat; schon aus diesem Blickwinkel kann kein legitimes Motiv für die Schaffung von Pflichten der Partei durch Auflagen praeter legem unterstellt werden.

Die Zusammenschau der genannten Bestimmungen macht deutlich, daß die O.ö. BauO. 1976 dem Interesse der Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft von Grundstücken im Grundbuch in erster Linie dadurch Rechnung getragen hat, daß sie Anzeigepflichten der Baubehörde installierte und sich im übrigen auf die im eigenen Interesse der Partei gelegene Initiierung der entsprechenden grundbücherlichen Vorgänge durch die Partei selbst verließ. Insoweit die Partei - als Antragsteller der Bauplatzbewilligung - in Pflicht genommen wurde, setzte eine Bestrafung einen Verstoß gegen einen Bescheid gemäß § 6 Abs.3 O.ö. BauO. 1976 voraus. Ein solcher Bescheid hatte seinerseits eine bestimmte zeitliche Abfolge zur Voraussetzung, nämlich daß sich nach einem grundbücherlich bereits durchgeführten Teilungsverfahren herausstellte, daß die Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft unterblieben ist. Die Einhaltung der Anordnung war durch einen anderen Straftatbestand (§ 68 Abs.1 lit.i O.ö. BauO. 1976) sanktioniert.

Ein gesetzlicher Zwang zur Initiierung eines grundbücherlichen Zu- und Abschreibungsverfahrens durch die Partei war gesetzlich nicht vorgesehen. Mögen auch einzelne rechtspolitische Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte für eine dahingehende strafbewehrte Pflicht ins Treffen geführt werden können, eine "Lücke" liegt dennoch nicht vor; der AB und die Behandlung der gegenständlichen Frage durch die O.ö.

BauO. 1994 lassen im Gegenteil erkennen, daß vom Gesetzgeber ein geschlossenes System von Pflichtenarten und Pflichtenträgern bewußt geschaffen und beibehalten wurde.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der gegenständlichen Auflage nicht nur eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage fehlt, sondern daß diese Auflage darüber hinaus gegen ein erkennbares System der O.ö. BauO. verstößt.

4.3. Die rechtsstaatlichen Bedenken gegen eine solche Auflage fallen umso mehr ins Gewicht, als es sich bei dieser praeter legem von der Verwaltung geschaffenen Pflicht um eine Gebotsnorm handelt, die im Zusammenhalt mit der Blankettnorm des § 68 Abs.1 lit.h O.ö. BauO. 1976 als materieller Straftatbestand wirkt. Es liegt somit ein gesetzlich nicht gedeckter, erst durch die Verwaltungsbehörde geschaffener Straftatbestand vor.

Abgesehen davon, daß die Verwaltungsbehörde durch formularmäßige Verbreitung der von ihr geschaffenen Gebotsnorm dieser quasi generellen Charakter verleiht und sohin in gesteigertem Maße gesetzgeberische Befugnisse in Anspruch nimmt, kommt - die rechtsstaatliche Bedenklichkeit nochmals verschärfend - hinzu, daß die verunglückte Formulierung der Gebotsnorm nicht einmal einen bestimmten Gebotsinhalt klar erkennen läßt. Wozu der Bewilligungswerber genauerhin verpflichtet ist bzw unter welchen Voraussetzungen er für das Mißlingen der grundbücherlichen Durchführung strafrechtlich einzustehen hat, ist ein - nicht auf die Schuldebene abzudrängendes - Problem des Straftatbestandes, das sich in Anbetracht der Komplexität des Zusammenspiels von Bau- und Grundbuchsrecht nachdrücklich stellt.

In Anbetracht dieser Umstände und der im gegenständlichen Fall ohnehin gebotenen Lösung, ist der unabhängige Verwaltungssenat nicht gehalten, der gesetzlosen Auflage im Interpretationsweg klarere Konturen zu geben.

4.4. Zwar ist nicht zu verkennen, daß die gegenständliche Anordnung als Teil eines Bescheides rechtskräftig geworden ist und rechtskräftige Auflagen grundsätzlich normative Wirkung entfalten, dh, daß solche Auflagen grundsätzlich auch dann nicht zu ignorieren sind, wenn gegen ihre Rechtmäßigkeit Bedenken bestehen. Hinzuweisen ist allerdings auf die Auffassung, daß bei "in abstracto" unzulässigen Auflagen eine Bestrafung im Falle des Ungehorsams trotz Rechtskraft der Auflage unzulässig ist (vgl. Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S 273 mwN). Im gegenständlichen Fall kommt zur "abstrakten Unzulässigkeit" der Auflage folgendes hinzu:

Die gegenständliche Auflage, wonach die Gutbestandsveränderungen vom Bewilligungswerber zur Gänze und in einem durchzuführen sind, befiehlt der Partei eine Handlung, die sie nicht selbst vornehmen kann: Die grundbücherliche Durchführung der Gutbestandsveränderungen stellt eine staatliche Kompetenz dar und obliegt als solche dem zuständigen Grundbuchsgericht (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere etwa die Bestimmungen des § 118 Abs.4 JN, der §§ 3 Abs.2, 75, 11 und 74 Abs.2 und § 95 GBG; beachte auch die ausdrückliche Verwendung des Wortes "Durchführung" in § 74 Abs.2 GBG).

Schon unter diesem Aspekt stellt die gegenständliche Auflage keine geeignete Grundlage für eine Strafnorm dar. Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß im vorliegenden Zusammenhang mangels eines materiellen Straftatbestandes kein strafbares Verhalten gesetzt wurde.

Demgegenüber versagt auch das Argument, der Betroffene hätte es in der Hand gehabt, die Auflage zu bekämpfen. Dieses Argument erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat im vorliegenden Zusammenhang umso weniger überzeugend, als die Kreation eines - noch dazu nicht ausreichend bestimmten unklaren - Straftatbestandes im Verwaltungsweg den Bürger trifft, der es - froh über die Gewährung des ihm rechtlich Zustehenden - übersehen hat, rechtzeitig für die Beseitigung einer rechtswidrigen Nebenbestimmung zu sorgen. Dieses "Versäumnis" dem Bürger zum "Verhängnis" werden zu lassen, wäre in der gegenständlichen Konstellation angesichts der Komplexität der rechtlichen Implikationen der für eine solche Bekämpfung erforderlichen Überlegungen und Folgenabschätzungen wenig fair. Bei lebensnaher Betrachtung erscheint der Normadressat durch diese Zumutung im Regelfall weit überfordert.

5. Die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tat bildet daher keine Verwaltungsübertretung. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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