Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400690/4/Gf/Sta

Linz, 10.07.2004

VwSen-400690/4/Gf/Sta Linz, am 10. Juli 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des E E, vertreten durch RA Dr. W, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers als rechtswidrig erklärt.

  2. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes - Außenstelle St. Georgen i.A. vom 2. Juli 2004, Zl. 0412546, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, nachdem ein entsprechendes Asylverfahren bereits im Jahr 2003 durch (Ablehnungs-)Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes rechtskräftig erledigt worden war.

1.2. Darauf hin wurde über den Rechtsmittelwerber mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 2. Juli 2004, Zl. Sich40-1627-2004, zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Salzburg sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass er sich dadurch dem fremdenpolizeilichen Zugriff entzogen habe, dass er seine letzte Meldeadresse mit unbekanntem Aufenthalt verlassen habe. In der Folge sei ihm zwar eine Unterkunft in der Auffangstelle Thalham/St. Georgen zugewiesen und diese von ihm auch seit dem 29. Juni 2004 in Anspruch genommen worden, doch verfüge er nicht über einen polizeilich gemeldeten Wohnsitz. Außerdem sei er völlig mittellos, nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und nach eigenen Angaben ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen illegal ins Bundesgebiet eingereist.

2.1. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 8. Juli 2004 per Telefax beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen vor, dass er in Österreich Verwandte (eine Tante) und Freunde habe, die ihn nach Kräften unterstützen würden. Außerdem hätte die Schubhaftverhängung im gegenständlichen Fall nicht auf § 34b des Asylgesetzes gegründet werden dürfen, weil er nicht im Inland eine Serie von Asylanträgen gestellt habe, sondern zwischenzeitlich freiwillig in seinen Heimatstaat zurückgekehrt und erst dann einen neuerlichen Antrag eingebracht habe. Daher erweise sich auch die Zurückweisung seines nunmehrigen Asylantrages als rechtswidrig.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG), hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bzw. die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf eine Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich diesem Verfahren entziehen werden.

Daraus folgt umgekehrt, dass ein Fremder, der sich - wie hier der Beschwerdeführer - nicht rechtmäßig in Österreich aufhält, auch dann in Schubhaft genommen werden kann, wenn es für die Behörde als plausibel erscheint, dass dieser - im Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen - versuchen könnte, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen oder dieses zumindest zu erschweren, und darüber hinaus die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) nicht vorliegen.

3.1.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass sich der Rechtsmittelwerber - nachdem seine Asylanträge rechtskräftig abgewiesen bzw. zuletzt wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden; an diese Entscheidungen ist der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 38 i.V.m. § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG gebunden - unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Dazu kommt, dass er bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen in den Asylverfahren wiederholt angegeben hat, aus wirtschaftlichen Gründen nicht freiwillig in seinen Heimatstaat zurückkehren zu wollen.

Auf Grund dieser Umstände war aber die Prognose der belangten Behörde, dass sich der Rechtsmittelwerber im nunmehrigen Wissen um die in Vollstreckung der Ausweisung drohende Abschiebung dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versuchen oder dieses zumindest erschweren könnte, jedenfalls nicht unvertretbar.

3.1.3. Andererseits ergibt sich aber sowohl aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt als auch aus der Begründung des Schubhaftbescheides (s.o., 1.2.), dass dem Beschwerdeführer eine Unterkunft in der Auffangstelle Thalham/St. Georgen zugewiesen und diese von ihm bis zu seiner Inschubhaftnahme auch tatsächlich in Anspruch genommen wurde.

In Verbindung mit dem Umstand, dass er von seiner Tante und Freunden finanziell unterstützt wird, liegt darin aber grundsätzlich die Möglichkeit der Anwendung eines gelinderen Mittels i.S.d. § 66 FrG, das die Verhängung der Schubhaft ausschließt.

Indem es die belangte Behörde zunächst gänzlich unterlassen hat zu prüfen, ob der Rechtsmittelwerber seiner erkennungsdienstlichen Behandlung - als unabdingbarer Voraussetzung der Anordnung gelinderer Mittel - zustimmt, und auch in der Folge diese Alternative in keiner Weise in Erwägung gezogen hat, erweist sich die Schubhaftverhängung, soweit sie auf § 61 FrG gestützt wurde, als rechtswidrig.

3.2.1. Im Besonderen kann die Fremdenpolizeibehörde gemäß § 34b Abs. 1 Z. 3 des Asylgesetzes, BGBl. Nr. I 76/1997, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 101/2003 (im Folgenden: AsylG), u.a. auch dann die Schubhaft verhängen, wenn der Fremde nach einer rechtskräftigen negativen Entscheidung einen neuerlichen Asylantrag (Folgeantrag) stellt oder einbringt.

Da nach § 34b Abs. 2 AsylG auf Asylwerber, über die die Schubhaft verhängt worden ist, "das Fremdengesetz insgesamt Anwendung" findet, ist § 72 Abs. 1 FrG somit rechtsschutzkonform dahin auszulegen, dass der Fremde eine Schubhaftbeschwerde nicht bloß dann an den Unabhängigen Verwaltungssenat richten kann, wenn er auf Grund des FrG, sondern auch dann, wenn er auf Grund des AsylG in Schubhaft gehalten wird.

In diesem Sinne ist damit umgekehrt aber immer auch zu prüfen, ob die belangte Behörde die Verhängung der Schubhaft nicht zulässigerweise auf § 34b Abs. 1 Z. 3 FrG stützen konnte.

3.2.2. Dies trifft nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates im gegenständlichen Fall jedoch deshalb nicht zu, weil diese Bestimmung zwar prima vista einen rein formalen Haftgrund - nämlich: bloßes Vorliegen eines neuerlichen Asylantrages nach rechtskräftiger negativer Entscheidung (hier: durch den Verwaltungsgerichtshof; s.o., 1.1.) - zu positivieren scheint, durch die in § 34b Abs. 2 AsylG angeordnete Maßgeblichkeit des gesamten FrG aber auch insoweit das Verhältnismäßigkeitsprinzip des § 66 FrG wiederum zum Tragen kommt.

Diesbezüglich wurde aber bereits zuvor darauf hingewiesen (s.o., 3.1.3.), dass sich die vorliegende Schubhaftverhängung als rechtswidrig erweist - zumindest so lange, bis die belangte Behörde stichhältige Argumente für die Nichtanwendbarkeit gelinderer Maßnahmen beizubringen vermag; der bloße Umstand des Nichtvorliegens einer polizeilichen Meldung reicht hiefür jedoch offenkundig nicht hin.

3.3. Der gegenständlichen Beschwerde war daher nach § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers als rechtswidrig zu erklären.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 UVS-AufwandsersatzVO Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Gebühren: 13,00 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 31.08.2006, Zl.: 2004/21/0227-5

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