Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210392/8/Lg/Ni

Linz, 02.05.2003

  
VwSen-210392/8/Lg/Ni
Linz, am 2. Mai 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 12. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des S P, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Dezember 2002, Zl. 330148491, wegen Übertretungen der Oö. BauO 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als im Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses die Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Stunden herabgesetzt wird und im Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses die Geldstrafe auf 80 Euro (bei gleichbleibender Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von einer Stunde) herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 100 Euro (Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses) bzw. auf 8 Euro (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses).

 

 

Rechtsgrundlage:

 

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG in Verbindung mit den unten in der Begründung erwähnten, im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zitierten Bestimmungen der Oö. BauO bzw. des dort genannten Bescheides des Magistrates Linz.

 

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen in Höhe von 1.450 Euro bzw. von 100 Euro und Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von 14 Stunden bzw. von einer Stunde verhängt, weil er

 

  1. als Bauherr in der Zeit von 1.10.2001 bis 21.10.2001 auf dem Grundstück P, von dem mit Bescheid des Magistrates Linz vom 22.8.2001, GZ 501/S010060d, genehmigten Bauvorhaben (Neubau eines Wohnhauses mit Doppelgarage) in bewilligungspflichtiger Weise abgewichen sei, da im Kellergeschoß des Gebäudes ein gemäß § 24 Abs.1 Z1 Oö. BauO 1994 genehmigungspflichtiger Zubau errichtet wurde. Der Keller sei im Südostbereich um ca. 6,9 m verlängert und ca. 5,0 m verbreitert worden. Für diesen Zubau sei keine rechtskräftige Baubewilligung vorgelegen;
  2.  

  3. als Bauherr in der Zeit von 10.9.2001 bis 17.9.2001 bei dem mit Bescheid des Magistrates Linz vom 22.8.2001, GZ 501/S010060d, genehmigten Bauvorhaben (Neubau eines Wohnhauses mit Doppelgarage) auf dem Grundstück P, folgende unter Punkt 2 des o.a. Bescheides vorgeschriebene Auflage nicht eingehalten habe: "Spätestens 14 Tage vor Beginn der Bauausführung ist ein gesetzlich befugter Bauführer für das Kellergeschoß sowie für die Garage namhaft zu machen, der den genehmigten Bauplan beim Magistrat Linz - Bauamt zu unterfertigen hat...". Der o.a. Auflagenpunkt sei nicht eingehalten worden, da kein Bauführer für das Kellergeschoß und die Garage namhaft gemacht worden sei, obwohl am 1.10.2001 mit der Bauausführung begonnen worden sei.

 

Der Bw habe dadurch (1.) § 57 Abs.1 Z2 iVm § 39 Abs.2 iVm § 24 Abs.1 Z1 Oö. BauO 1994 bzw. (2.) § 57 Abs.1 Z10 Oö. BauO 1994 iVm mit Auflagenpunkt 2 des Bescheides des Magistrates Linz vom 22.8.2001, GZ 501/S010060d verletzt und sei gemäß § 57 Abs.2 Oö. BauO 1994 in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

 

In der Begründung wird ausgeführt, dass von einem bautechnischen Amtssachverständigen im Zuge einer Baukontrolle am 2.11.2001 festgestellt worden sei, dass die Baumaßnahmen des mit Bescheid vom 22.8.2001 bewilligten Wohnhauses mit Doppelgarage mit Ausnahme der Realisierung des Dachstuhles über der Garage im Rohbau abgeschlossen gewesen sei. Für das Kellergeschoß sowie für die Garage sei kein Bauführer namhaft gemacht worden. Weiters sei festgestellt worden, dass der Keller im Südostbereich auf eine Länge von ca. 6,9 m und eine Breite von ca. 5,0 m ohne Bewilligung vergrößert worden sei. Das Kellergeschoß überrage die innere Baufluchtlinie um ca. 3,0 m.

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert habe der Bw am 10.1.2001 im Wesentlichen vorgebracht, er habe sich vor Baubeginn beim Bauführer, der Firma W, erkundigt, ob noch irgendwelche Erledigungen bei der Baubehörde zu machen seien. Er habe die Auskunft erhalten, dass die Behördenwege von der Firma W erledigt würden. Er habe dann konkret nicht mehr nachgefragt, ob die Pläne schon unterzeichnet worden seien. Während der Errichtung des Rohbaues habe die Firma W den Vorschlag gemacht, die Terrasse auch zu unterkellern, da dies keine größeren Kosten verursachen würde. Der Bw sei damit einverstanden gewesen. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass für den Kellerzubau eine baubehördliche Genehmigung erforderlich sei. Da ihm die Firma W mitgeteilt habe, dass er sich um keine Behördenwege kümmern müsse, habe er angenommen, dass alle nötigen Schritte von der Firma W gesetzt würden. Die Firma W habe ihn auch nicht aufmerksam gemacht, dass für den Zubau eine baubehördliche Genehmigung erforderlich sei. In der Zwischenzeit sei auch eine Änderungsgenehmigung beim Bauamt beantragt worden.

 

Der im Spruch dargestellte Sachverhalt sei aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahren erwiesen. Ein Schuldentlastungsbeweis iSd § 5 Abs.1 VStG sei nicht erbracht worden. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 22.12.1992, Zl. 91/04/019) wird ausgeführt, dass die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist und selbst guter Glaube den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht darstellt, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Fall des Zweifels bei der Behörde anzufragen.

 

Anlässlich der Bemessung der Strafhöhe wird festgestellt, dass weder strafmildernde noch straferschwerende Gründe hervorgekommen seien. Das angefochtene Straferkenntnis geht entsprechend den Angaben des Bw von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.600 Euro und der Sorgepflicht für ein Kind aus.

 

 

  1. In der Berufung wird vorgebracht, dass einem Bauführer gemäß § 40 Oö. BauO 1994 eine besondere Qualifikation zukomme, da dieser gemäß Abs.3 dieser Bestimmung für die bewilligungsgemäße Ausführung des Bauvorhabens zu sorgen habe. Im gegenständlichen Fall sei der Bauführer Baumeister im Sinn des § 99 GewO gewesen; gemäß Abs.1 Z6 dieser Bestimmung sei der Baumeister im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung sogar zur Vertretung seines Auftraggebers vor Behörden berechtigt. Nach der genannten Gesetzesstelle sei die Befugnis des Baumeisters eine sehr umfassende und berechtige diesen nicht nur zur Ausführung zur Planung, Berechnung und Leitung eines Bauwerks. Wenn sich der Bw bei einer solchermaßen qualifizierten Stelle erkundigt habe, liege kein Zweifelsfall vor, der eine weitere Erkundigungspflicht bei der Behörde auslösen könne. Es mangle daher am Verschulden des Bw.

 

Wolle man dies verneinen, so sei jedenfalls § 21 VStG anzuwenden. Dann wäre das Verschulden des Bw jedenfalls geringfügig. Die Übertretung habe keine Folgen nach sich gezogen, weil die Planabweichung mittlerweile rechtskräftig baubewilligt sei. Es sei nicht einmal eine Ermahnung erforderlich, weil der Beschuldigte von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art nicht abgehalten werden müsse, zumal man ein Haus im Leben nur einmal baue.

 

Hilfsweise werde § 20 VStG angezogen. Es lägen keine Erschwerungsgründe vor. An Milderungsgründen sei gegeben: Unbescholtenheit, Rechtsirrtum, Fehlen eines Schadens und das Geständnis.

 

Unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Bw wären die aus dem Grundbuchsausdruck hervorgehende Darlehensverbindlichkeiten von etwa 200.000 Euro zu berücksichtigen gewesen, Rückzahlungsraten seien aus den beiliegenden Bankauszügen ersichtlich. Die Behörde hätte daher die Mindeststrafe um die Hälfte unterschreiten müssen.

 

Zum Vorwurf der nicht rechtzeitigen Namhaftmachung des Bauführers gelte sinngemäß das Gleiche.

 

Es werde daher der Antrag gestellt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, hilfsweise gemäß § 21 Abs.1 VStG vorzugehen bzw. hilfsweise die Strafe auf die Hälfte der Mindeststrafe zu mindern.

 

 

  1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Bw die Situation wie folgt dar:
  2.  

    Das Ehepaar P habe von der Firma H ein Fertigteilhaus gekauft und (samt Unterkellerung) eingereicht. Mit der Unterkellerung sei die Firma W als Bauführer beauftragt worden. Die Firma W habe es übernommen, sich selbst im Sinne der unter Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Auflage des ebenfalls dort zitierten Baubewilligungsbescheides als Bauführer für den Keller namhaft zu machen. Auf diese Zusage habe sich der Bw verlassen.

     

    Seitens der Firma W sei der Vorschlag zur Kellererweiterung im Sinne des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Straferkenntnisses gemacht worden. Auf ausdrückliches Fragen nach der "Notwendigkeit behördlicher Schritte", habe die Firma W zugesichert, sämtliche Behördenwege zu übernehmen. Jedenfalls habe der Bw die Zusicherung der Firma W, sich um alle Behördengänge zu kümmern, so verstanden, dass diese Zusicherung nicht nur die Erfüllung der erwähnten Auflage sondern auch die Kellererweiterung umfasst. Das Vertrauen des Bw habe sich daher auf die Zusicherung in diesem weiten Verständnis erstreckt. Eine Unrechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise oder die Notwendigkeit zusätzlich die Behörde zu kontaktieren sei dem Bw nicht zu Bewusstsein gekommen, zumal schon nach dem konsentierten Projekt für die Kellererweiterung verwendbare Teile vorhanden gewesen seien.

     

     

  3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Die Tatvorwürfe beider Spruchpunkte des angefochtenen Straferkenntnisses sind in objektiver Hinsicht unbestritten. Strittig ist lediglich das Verschulden des Bw. Bei der Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, dass zur Strafbarkeit Fahrlässigkeit genügt und Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs.1 VStG).

 

Hinsichtlich der Auflagenerfüllung (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses) hat sich der Bw auf die auftragsgemäße Erledigung durch die Firma W verlassen. Dies allein vermag den Bw jedoch nicht zu entschuldigen. Vielmehr wäre es dem Bw oblegen, die (zeitgerechte) Erfüllung dieser Auflage zu kontrollieren. Dass der Bw dies getan hätte, wurde nicht einmal behauptet. Der Bw ist somit vom Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht entlastet.

 

Was die Konsenslosigkeit der Planabweichung betrifft (Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses) trifft den Bw derselbe Vorwurf: Es wäre ihm oblegen, vom Bauführer hinsichtlich der tatsächlichen Vornahme der "notwendigen behördlichen Schritte" vor Baubeginn Rechenschaft einzufordern. Dass der Bw mit der (eventuellen) Notwendigkeit "solcher Schritte" rechnete, ergibt sich zunächst schon aus der Logik seines eigenen Arguments: Sein Vertrauen in die Vornahme der "Schritte" setzt ein Fürmöglichhalten von deren Notwendigkeit voraus. Dass der Bw mit der "Notwendigkeit behördlicher Schritte" rechnete, ergibt sich auch daraus, dass er sich, nach eigener Angabe, beim Bauführer ausdrücklich danach erkundigte (und überdies darauf keine negative Antwort erhielt sondern nur die Zusicherung, dass sich der Bauführer darum "kümmern" werde). Diese Erkundigung beim Bauführer lag um so näher, als die Verfahrensfreiheit der Durchführbarkeit eines Projekts der gegebenen Dimension auch einem "baurechtliche Laien" zumal dann als lebensfremd erscheinen muss, wenn er bereits Partei in einem baurechtlichen Verfahren war. Dass es der Bw unterließ, sich über die rechtlichen Voraussetzungen ausreichend genau ins Bild zu setzen und deren tatsächliche Erfüllung zu kontrollieren, ist sorgfaltswidrig. Die bloße Zusicherung, dass ein anderer die eigenen baurechtlichen Pflichten erfüllen werde, vermag den Bw vom Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht zu entlasten.

 

Nicht entschuldigt wird der Bw auch dadurch, dass ihm die Genehmigungspflicht des Projekts nicht bekannt war. Als Bauherrn wäre es ihm oblegen, sich vor der Auftragsvergabe bei der Behörde entsprechend zu informieren. Eine solche Informationseinholung unterließ der Bw. Er kann sich nicht einmal auf eine (falsche) Auskunft des Bauführers berufen, da dieser nur zusagte, sich "um die Behördenwege zu kümmern", nicht jedoch die Auskunft erteilte, dass keine Behördenwege erforderlich seien oder gar etwa, dass das Projekt nicht genehmigungspflichtig sei. Die Zusage eines anderen, "sich um die Behördenwege zu kümmern", ersetzt die Erfüllung der Informationspflicht nicht, auch dann nicht, wenn der andere über die Qualifikation eines Baumeisters verfügt, der zusätzlich in die Pflichtenstellung eines Bauführers nach der Oö. BauO einrückt. Keineswegs kommt das (nach der Argumentation des Bw offenbar gegebene) Schweigen des solcherart beauftragten Bauführers einer behördlichen Rechtsauskunft gleich.

 

Die Taten sind daher dem Bw auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Zur Strafbemessung ist zu bemerken, dass es vertretbar erscheint, im Hinblick auf die Unbescholtenheit des Bw, sein Geständnis hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Tatsachen und sein doch (ansatzweise) gegebenes Bemühen um rechtstreues Verhalten im Zusammenhang mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses § 20 VStG anzuwenden und unter Berücksichtigung des (insbesondere durch den Umfang des Projekts und das öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Bauverfahrens bestimmen) Unrechts- und Schuldgehalts (Fahrlässigkeit) der Tat sowie der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nochmals dargelegten finanziellen Verhältnisse des Bw innerhalb des so gewonnenen Strafrahmens die Geldstrafe (und die Ersatzfreiheitsstrafe) spruchgemäß herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG in Betracht käme. Aus denselben Erwägungen erscheint es zulässig, auch die im Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängten Strafen herabzusetzen. Die Herabsetzung der Strafen erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

 

 
 

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