Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220195/5/Kl/Rd

Linz, 06.07.1993

VwSen - 220195/5/Kl/Rd Linz, am 6. Juli 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Karl M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26. März 1992, Ge-96/146/1991-1/Gru, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Bauarbeitenschutzverordnung bzw. dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten vor der Strafbehörde einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 1.000 S, ds 20% der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26. März 1992, Ge-96/146/1991-1/Gru, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs.1 Bauarbeitenschutzverordnung bzw. § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz (kurz: ASchG) verhängt, weil er als Bevollmächtigter im Sinn des § 31 Abs.2 des ASchG der Gebrüder Lang & Co Baugesellschaft mbH & Co KG, mit dem Sitz in St. Martin/i.M. am 29. Juli 1991 auf der Baustelle Neue Heimat, K, mit dem Herstellen eines Kaminkranzes im Firstbereich beschäftigt hat. Die Arbeiten wurden ohne Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanhalten, bei einer Firsthöhe von ca. 9m, einer Traufenhöhe von ca. 5m und einer Dachneigung von ca. 35ï... durchgeführt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher das Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Mangelhaftigkeit des Verfahrens angefochten wird. Im wesentlichen wurde aber vorgebracht, daß beim gegenständlichen Bauvorhaben die Arbeiten an sich bereits abgeschlossen waren und die Schutzvorrichtungen bereits abgetragen wurden. Der zuständige Polier F, der schon über 20 Jahre im Unternehmen tätig ist und für die Einhaltung der Schutzbestimmungen Sorge trägt, hat die Weisung erteilt, unter Verwendung eines Feuerwehrgurts und einer Sicherungsleine das Entfernen der Schalung vorzunehmen. Es sei nicht geprüft worden, ob entsprechende Weisungen seitens des Berufungswerbers erteilt wurden bzw. ob sich der Berufungswerber auf die Verläßlichkeit des Poliers hätte verlassen dürfen. Schon allein aufgrund der Größe und des Umfanges einer Baustelle sei der Berufungswerber nicht in der Lage gewesen, alle Arbeitnehmer gleichzeitig zu beobachten. Es wurde daher die Behebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Äußerung abgegeben. Da im wesentlichen nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung in der Berufung behauptet wird und der die Tat betreffende Sachverhalt im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht angefochten wurde, und in der Berufung ausdrücklich eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht verlangt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Da der den vorgeworfenen Tatbestand bildende Sachverhalt vom Berufungswerber in keinster Weise bestritten wurde, wurde der von der belangten Behörde zugrundegelegte Sachverhalt auch dieser Entscheidung zugrundegelegt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im Verfahren erster Instanz bzw. auf den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen.

5. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 43 Abs.1 der Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 10.11.1954, BGBl.Nr. 267, über Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben und Bauhilfsarbeiten (im folgenden kurz BAV genannt), dürfen Arbeiten auf Dächern, wie Dachdecker-, Spengler-, Bauglaser- oder Anstreicherarbeiten sowie Arbeiten an Blitzschutzanlagen erst nach Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanzuhalten geeignet sind, begonnen werden.

Gemäß § 33 Abs.1 Z12 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ASchG), ist die obgenannte Verordnung im bisherigen Umfang als Bundesgesetz in Geltung und gelten bei Zuwiderhandlung die Bestimmungen des § 31 sinngemäß (Abs.7 leg.cit.).

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p ASchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen, oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

5.2. Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes war der objektive Tatbestand sonach einwandfrei erfüllt, nämlich, daß zum Tatzeitpunkt der Arbeitnehmer Gerhard H an der Baustelle Neue Heimat, K ohne Sicherheitsmaßnahmen bei einer Firsthöhe von ca. 9m, einer Traufenhöhe von ca. 5m und einer Dachneigung von ca. 35ï..., ohne gegen ein Abstürzen gesichert zu sein, mit dem Herstellen eines Kaminkranzes im Firstbereich beschäftigt war.

5.3. Zur Verantwortlichkeit wurde bereits im Verfahren vor der belangten Behörde ausgeführt, daß der Berufungswerber als Bevollmächtigter des Arbeitgebers verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei, zumal sein Einverständnis vorlag und er auch die erforderliche Anordnungs- und Entscheidungsbefugnis besaß. Dies wurde vom Berufungswerber auch im gegenständlichen Verfahren nicht bestritten bzw. fußt auch auf seinen eigenen Angaben.

5.4. Wenn der Berufungswerber aber sein Verschulden bestreitet, so genügt gemäß § 5 Abs.1 VStG als Verschulden fahrlässiges Verhalten, wobei bei Ungehorsamsdelikten, zu welchen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber aber nicht gelungen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann nämlich ein nach § 5 Abs.1 VStG dem Beschuldigten obliegender Entlastungsbeweis nicht allein durch den Nachweis erbracht werden, daß die den Beschuldigten betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen ist. Kann nämlich der Berufungswerber bei zunehmendem Betriebsumfang naturgemäß persönlich nicht mehr sämtlichen Überwachungsaufgaben nachkommen, so hat er doch seine eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken und das mangelnde Verschulden dadurch nachzuweisen, daß er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Es bedarf daher des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle Vorsorge getroffen worden ist. Hat der Berufungswerber nicht einmal Behauptungen darüber aufgestellt, er sei seiner Pflicht zur Überwachung nachgekommen - dies trifft auch im gegenständlichen Fall zu, indem der Berufungswerber lediglich die Eignung und Obsorge des Poliers hervorstreicht und eine Kontrolle des Poliers seinerseits nicht einmal behauptet -, so ist ihm damit auch der ihm obliegende Entlastungsbeweis nach § 5 Abs.1 2. Satz VStG mißlungen (vgl. VwGH vom 30.3.1982, 81/11/0080).

Dies trifft auch umsomehr zu, als der Berufungswerber nicht einmal stichprobenartige Kontrollen als Bevollmächtigter gegenüber den Polieren behauptet, wobei aber zu beachten ist, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stichprobenartige Kontrollen zu einer Entlastung ebenfalls nicht ausreichen.

Im übrigen hätte der Berufungswerber weiters initiativ alles vorbringen müssen, was sonst seiner Entlastung dienlich ist, wie zB die Anführung aller konkreten Maßnahmen, die die Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen bzw. der Arbeitnehmerschutzbestimmungen garantieren sollen, sodaß die Arbeitnehmer keinen Anreiz zu einem Zuwiderhandeln haben. Auch solche konkreten Maßnahmen wurden vom Berufungswerber nicht genannt.

Auf das weitere Vorbringen, daß der Arbeitnehmer durch den Polier zur Verwendung von Sicherheitsleinen bzw. Feuerwehrgurten angehalten wurde, mag den Berufungswerber nicht zu entlasten, da gerade die von ihm nicht eingewendete Kontrolle dazu dienen sollte, daß die Weisungen auch eingehalten werden. Auch sollen die bereits genannten Maßnahmen, wie zB Androhung von personalrechtlichen Konsequenzen bzw. sogar die Durchführung von personellen Konsequenzen, dazu dienen, um die Weisungen zu sichern. Auch solche Konsequenzen zur Sicherung der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften wurden nicht genannt.

Im Grunde dieses Ergebnisses ist daher dem Berufungswerber ein Entlastungsnachweis nicht gelungen, weshalb - wie die belangte Behörde bereits zu Recht erkannte - von einem schuldhaften, zumindest fahrlässigen Verhalten des Berufungswerbers auszugehen war.

5.5. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1). Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (Abs.2).

Da gerade die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel haben, sind entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, da hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat war daher die verhängte Geldstrafe jedenfalls gerechtfertigt. Auch hat die belangte Behörde die übrigen Strafbemessungsgründe in Betracht gezogen und ihrer Entscheidung zugrundegelegt. Es wurden auch in der Berufung keine mildernden bzw. geänderten Umstände vorgebracht.

Es war daher die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers entsprechend festgelegt.

Wie bereits die belangte Behörde ausführte, ist die verhängte Geldstrafe als nicht überhöht zu werten, insbesondere da eine gesetzliche Höchststrafe bis zu 50.000 S vorgesehen ist. Im übrigen war die verhängte Geldstrafe auch aus general- bzw. spezialpräventiven Gründen erforderlich.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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