Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220314/2/Kl/Shn

Linz, 30.12.1993

VwSen-220314/2/Kl/Shn Linz, am 30.Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des P S , vertreten durch Herrn Mag. C S , p.A. F GesmbH, W , D , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25. September 1992, MA2-Ge-2534-1992 Scho, wegen Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 45 Abs.1 Z3 und 44a Z1 VStG; zu II: § 66 VStG Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25.9.1992, Zl. MA2-Ge-2534-1992 Scho, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von insgesamt 5.500 S, Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt zwei Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 des Arbeitszeitgesetzes in neun Fällen verhängt, weil er "als Verantwortlicher iSd § 9 VStG für die Bereiche Lager und Fuhrpark der F dafür zuständig ist, daß, wie aufgrund einer Überprüfung der Arbeitsaufzeichnungen der Fa. F Gesellschaft AG, W , G , durch das Arbeitsinspektorat Wels festgestellt wurde, im Dezember 1991, die in der beigefügten Aufstellung angeführten Arbeitnehmer zu ungesetzlichen Arbeitsleistungen iSd Arbeitszeitgesetzes herangezogen wurden". Weiters wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 550 S eingehoben. Dem Straferkenntnis ist die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk vom 4. März 1992, Zl.2095/10-19/92, angeheftet.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, welche das Straferkenntnis zur Gänze anficht und dazu im wesentlichen ausführt, daß eine Rechtswidrigkeit darin bestehe, daß der Berufungswerber nicht von der "F -Gruppe" als Verantwortlicher iSd § 9 VStG für die Bereiche Lager und Fuhrpark seit 1.1.1989 bestellt wurde.

Auch sei eine Firma "F AG, W , G " nicht existent. Weiters sei der Spruch, daß im Dezember 1991 verschiedene Arbeitnehmer zu ungesetzlichen Arbeitsleistungen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes herangezogen wurden, unbestimmt. Eine Verbesserung könne auch damit nicht erfolgen, daß eine Aufstellung mit den genauen Tatzeitpunkten und den verschiedenen Arbeitnehmern beigefügt wird. Im übrigen wird bestritten, daß eine Aufstellung dem Straferkenntnis beilag und daß eine solche Aufstellung dem Berufungswerber zugekommen sei. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Bürgermeister (Magistrat) der Stadt Wels als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und zur Berufung einen Aktenvermerk vom 16. Oktober 1992 verfaßt. Darin wurde im wesentlichen darauf hingewiesen, daß die Anzeige des Arbeitsinspektorates dem Berufungswerber bzw seinem Vertreter im Wege der Akteneinsicht über die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn zur Kenntnis gelangt sei und der Beschuldigte die Verantwortlichkeit bis zum Zeitpunkt der Berufungseinbringung nie in Frage gestellt habe. Die Aufstellung war dem ergangenen Straferkenntnis beigefügt. Die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers gehe aus dem Bestellungsschreiben vom 1.1.1989 hervor. Auf ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 11. Mai 1992, Zl.X-8937-1992, werde verwiesen.

4. Der Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Da schon aus der Aktenlage in Zusammenhalt mit den Berufungsausführungen ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 28 Abs.1 des Arbeitszeitgesetzes, BGBl.Nr.461/1969 idgF, sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwider handeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 9 leg.cit. darf abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen die Arbeitszeit 10 Stunden täglich nicht überschritten und die sich aus § 3 ergebende Wochenarbeitszeit um nicht mehr als 10 Stunden wöchentlich überschritten werden.

Gemäß § 44 a Z1 VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Es sind daher in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Im übrigen muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

5.2. Diesen Konkretisierungsanforderungen in bezug auf die vorgeworfene Verwaltungsübertretung entspricht dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unter mehreren Aspekten nicht.

Unbeschadet dem Erfordernis, daß das Straferkenntnis bzw der Spruch des Straferkenntnisses sämtliche Tatbestandsmerkmale des Vorwurfes zu enthalten hat, ist jedenfalls nicht ausreichend, daß lediglich eine Anzeige dem Straferkenntnis beigelegt wird, ohne auf die konkreten Stellen der Anzeige, die Inhalt des Straferkenntnisses sein sollen, hinzuweisen.

Im übrigen verweist der Spruch lediglich hinsichtlich der in der Aufstellung angeführten Arbeitnehmer auf diese Aufstellung bzw Anzeige, weshalb dem konkreten Tatvorwurf und dem Spruch des Straferkenntnisses nicht zu entnehmen ist, daß die tägliche Arbeitszeit von höchstens 10 Stunden überschritten wurde, und zwar unter Einbeziehung der Bestimmungen des § 7 und § 8 Arbeitszeitgesetz.

Dazu ist auch noch zu bemerken, daß aus dem Straferkenntnis (Zustellverfügung) nicht ersichtlich ist, daß auch tatsächlich eine Aufstellung bzw Anzeige angeschlossen wurde.

Es kann daher der Behauptung des Berufungswerbers, er habe diese Aufstellung (und sohin den konkreten Tatvorwurf) nicht erhalten, nicht entgegengetreten werden.

Auch hat aus dem Tatvorwurf im Spruch die Verantwortlichkeit des Beschuldigten in eindeutiger Weise hervorzugehen. Diesem Erfordernis wird ebenfalls nicht entsprochen, da § 9 VStG einige Alternativen der Verantwortlichkeit enthält, wie zB als nach außen Vertretungsbefugter, als verantwortlicher Beauftragter usw. Wenn dieser Umstand im Hinblick auf den gesamten Akteninhalt (Bestellungsurkunde vom 1.1.1989) auch im allgemeinen von der Berufungsbehörde berichtigt werden könnte, so kann im gegenständlichen Fall eine solche Berichtigung nicht stattfinden, da es eine F -Gruppe (siehe Vorwurf) nicht gibt und die gegenständliche Bestellungsurkunde von der F GesmbH bzw dessen nach außen Vertretungsbefugten unterzeichnet wurde. Im übrigen ergibt sich aber aus dem Akteninhalt und dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn, daß das Lager und der Fuhrpark in W nunmehr nicht von der F GesmbH, sondern von der F AG betrieben wird. Betreiber, Arbeitgeber und Besteller nach § 9 VStG kann sohin nur die F AG sein. Auch diesbezüglich ist der Tatvorwurf bzw schon die Bestellungsurkunde mangelhaft.

Weiters geht aus dem Spruch des Straferkenntnisses kein Tatort hervor, zumal Arbeitsaufzeichnungen der Firma F Gesellschaft AG, W , G , keinen Rückschluß auf den Tatort zulassen. Es kann nämlich von der Anschrift der Firma F nicht geschlossen werden, wo die Aufzeichnungen stattfanden, und wo auch tatsächlich die Arbeitszeit überschritten wurde. Im übrigen existiert eine "F Gesellschaft AG, W , G " nicht.

Auch diesbezüglich hätte es genauerer Ermittlungen der belangten Behörde bedurft.

5.3. Da auch die entsprechenden Verfolgungshandlungen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10.3.1991) diesen Konkretisierungsanforderungen bzw der Anführung aller relevanter Tatbestandselemente nicht entspricht, war aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5.4. Es wird die belangte Behörde weiters auch darauf hingewiesen, daß jedem Tatvorwurf und jeder Tat auch ein Unrechtsgehalt zuzuschreiben und daher eine gesonderte Strafe zu verhängen ist. Dies hat auch zur Folge, daß für jede verhängte Geldstrafe auch eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist, wobei jeweils gemäß § 16 Abs.2 VStG vorzugehen ist (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 784, E 4).

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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