Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420246/14/WEI/Bk

Linz, 12.04.1999

VwSen-420246/14/WEI/Bk Linz, am 12. April 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des R betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Festnahme und Anhaltung durch Gendarmerieorgane auf Grund eines Festnahmeauftrages der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. Oktober 1998 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen, soweit sie den Festnahmeauftrag der belangten Behörde vom 14. Oktober 1998 direkt bekämpft. Im übrigen wird der Beschwerde Folge gegeben, die auf diesem Festnahmeauftrag beruhende Festnahme durch Gendarmerieorgane am 15. Oktober 1998 und die nachfolgende Anhaltung bis 16. Oktober 1998, 08.00 Uhr, für rechtswidrig erklärt.

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe des Betrages von S 8.760,-- (darin enthalten S 360,-- Bundesstempel) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen: Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67 Abs 1 Z 2 AVG 1991; §§ 67c und 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 474/1995.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schriftsatz vom 17. November 1998, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 20. November 1998, hat der Beschwerdeführer (Bf) eine Beschwerde wegen Festnahme am 15. Oktober 1998 und Anhaltung bis 16. Oktober 1998, 08.00 Uhr, durch Beamte des Gendarmeriepostens S auf Grund eines Festnahmeauftrags der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht. In tatsächlicher Hinsicht brachte der Bf vor, daß er am 30. Juni 1998 illegal eingereist sei. Die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf habe ein bis 29. Juni 2003 befristetes Aufenthaltsverbot vom 30. Juni 1998 zu 11-F/98 erlassen. Den Asylantrag des Bf habe das Bundesasylamt mit Bescheid vom 30. Juli 1998, Zl. 98 04.5965 BAI, nicht zurück-, sondern abgewiesen und festgestellt, daß seine Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung in die Bundesrepublik Jugoslawien unzulässig sei. Eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 26. September 1998 sei dem Bf in der Folge erteilt worden. Eine Verlängerung sei trotz Antragstellung nicht erfolgt.

Am 29. September 1998 habe die belangte Behörde im Wege der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich bei den slowakischen Behörden wegen Rückübernahme angefragt und die Landesdirektion der Polizei in Bratislava habe mit Telefax vom 6. Oktober 1998 zu KRP-79-52/HCP-98-03 die Übernahme bestätigt. Die belangte Behörde habe daraufhin am 14. Oktober 1998 dem Gendarmeriepostenkommando St. Georgen im Attergau einen Festnahmeauftrag zu Sich40-30527-1998 per Telefax übermittelt. Der Bf sei in der Folge am 15. Oktober 1998 festgenommen, am Gendarmerieposten angehalten und am nächsten Tag gegen 08.00 Uhr auf Weisung der belangten Behörde wieder enthaftet worden. Die Beschwerde wegen Verletzung seiner Rechte gemäß § 57 FrG und § 8 AsylG und seines verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit sei daher rechtzeitig.

1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die Beschwerde aus, daß der Festnahmeauftrag ebenso wie die darauf basierende Verhaftung und Inhaftierung eine Maßnahme verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sei. Die Verhaftung habe der Ab- bzw Zurückschiebung in die Slowakei gedient. Diese Maßnahme beginne dort, wo sich der tatsächliche Aufenthaltsort des Fremden befindet und er aufgegriffen wird. Die schon als Teil der Ab- bzw Zurückschiebung zu wertende Verhaftung sei rechtswidrig gewesen, weil eine Ab- bzw Zurückschiebung in die Slowakei überhaupt nicht stattfinden hätte dürfen. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich aus einer Zusammenschau der Bestimmungen des FrG und des AsylG 1997.

Da das Bundesasylamt feststellte, daß eine Zurückschiebung oder Abschiebung in die jugoslawische Föderation unzulässig ist, habe der Bf Rechtsanspruch auf eine befristete Aufenthaltsgenehmigung gemäß §15 Abs 1 AsylG. Obwohl eine solche für die Zeit vom 14. bis 16. Oktober 1998 nicht vorlag, ergebe sich die Unzulässigkeit einer Ab- oder Zurückschiebung auch in jeden anderen Staat als Jugoslawien aus rechtlichen Überlegungen, insbesondere den Verfahrensvorschriften nach dem AsylG.

Die Entscheidung nach § 8 AsylG sei nur bei Abweisung des Asylantrages nach § 7 AsylG zu treffen, was voraussetze, daß die Asylbehörde vorher bei Zulässigkeitsprüfung nach §§ 4 und 5 AsylG zum Schluß kam, daß der Bf weder über einen sicheren Drittstaat, noch über einen Vertragsstaat des Dubliner Übereinkommens eingereist ist. In diesen Fällen wäre der Asylantrag zurückzuweisen gewesen und hätte keine Entscheidung nach § 8 AsylG ergehen dürfen, weil der sichere Drittstaat oder der "Dublinstaat" für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig wäre. Die Vorfragenprüfung iSd §§ 4 und 5 AsylG wäre insoweit negativ gewesen, als eine Einreise über einen sicheren Drittstaat nicht stattfand. Ansonsten wäre zurückzuweisen gewesen. Durch die Sachentscheidung nach § 8 AsylG müsse nicht notwendig geschlossen werden, daß die Asylbehörde den Fluchtweg nicht nachvollziehen habe können. Ein nachvollziehbarer Fluchtweg könnte auch über unsichere Drittstaaten geführt haben. Die Slowakei gelte nach der Rechtsprechung des UBAS nicht als sicherer Drittstaat.

Mit der Feststellung gemäß § 8 AsylG wäre zugleich festgestellt worden, daß die Einreise nicht über einen sicheren Drittstaat erfolgte. Dies habe zur Konsequenz, daß auch in einen anderen Staat als den Herkunftsstaat eine Zurückschiebung, Zurückweisung oder Abschiebung nicht erfolgen dürfe. Aus der Zusammenschau von FrG und AsylG sei davon auszugehen, daß ab dem Vorliegen einer Entscheidung iSd § 8 AsylG den Fremdenbehörden keinerlei Entscheidungskompetenz über eine Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung zukomme. Die Maßnahmen der belangten Behörde wären daher rechtswidrig gewesen und verletzten den Bf in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit.

Mit dieser Rechtsansicht harmoniere die Verpflichtung zur Ausstellung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 15 Abs 1 AsylG, die bei noch zulässiger Abschiebung oder Zurückschiebung in einen anderen Staat nicht notwendig wäre. Die Asylbehörde habe von Amts wegen vorzugehen. Aus der Tatsache, daß die Asylbehörde eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung faktisch verweigert hat, dürfe nicht geschlossen werden, daß die Fremdenbehörden Handlungsspielraum zur Abschiebung oder Zurückschiebung hätten. Die Unzulässigkeit der Abschiebung ergebe sich - wie dargelegt worden sei - nicht erst aus einer Aufenthaltsberechtigung nach § 15 Abs 1 AsylG. Dieser stelle nur eine Ergänzung dar, weil dem Fremden, der weder in den Herkunftsstaat, noch in einen anderen Staat abgeschoben werden darf, ein legaler Aufenthalt und keine illegale Duldung gewährt werden solle.

Der Bf beantragt daher die kostenpflichtige Rechtswidrigerklärung des Festnahmeauftrags und der darauf beruhenden Anhaltung bis 16. Oktober 1998, 08.00 Uhr. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Maßnahmenbeschwerdeverfahren, nicht aber auf Parteiengehör hat der Bf verzichtet.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat eine Ablichtung der eingebrachten Beschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen übermittelt, ihre bezughabenden Verwaltungsakten vorzulegen und eine Gegenschrift zu erstatten. Die belangte Behörde hat die betreffenden Verwaltungsakten am 7. Jänner 1999 vorgelegt und die Gegenschrift vom 28. Dezember 1998 erstattet. Die belangte Behörde schildert den wesentlichen Inhalt des vorgelegten Fremdenaktes. Danach ergibt sich der folgende unstrittige S a c h v e r h a l t :

2.1. Der Bf gelangte in der Nacht vom 29. auf 30. Juni 1998 mit einer Gruppe illegaler Grenzgänger, die mit einem Schlauchboot über den Grenzfluß March gebracht wurden, im Gemeindegebiet Angern, Bezirk Gänserndorf, nach Österreich, wo sie am 30. Juni 1998 gegen 01.50 Uhr von der Gendarmerie festgenommen wurden. Noch mit Bescheid vom 30. Juni 1998, Zl. 11-F/98, erließ die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf gegen den Bf ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot auf der Grundlage des § 36 Abs 1 und 2 Z 7 (fehlender Besitz der Mittel zum Unterhalt) FrG 1997. Der Bf brachte einen Asylantrag ein, kam zunächst ins Flüchtlingslager Traiskirchen und in der Folge im Wege des Spitzenausgleichs nach G. Der Antrag wurde vom Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, mit Bescheid vom 30. Juli 1998, Zl. 98 04-596-BAI gemäß § 7 AsylG abgewiesen, aber gemäß § 8 AsylG festgestellt, daß eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die jugoslawische Föderation unzulässig ist. Eine befristete Aufenthaltsbewilligung bis 26. September 1998 wurde dem Bf mit Bescheid vom 27. August 1998 erteilt. Der Asylbescheid erwuchs mangels eines Rechtsmittels in Rechtskraft. Der Bf kam dann in die Flüchtlingsbetreuung Thalham im Bezirk Vöcklabruck. Mit Schreiben vom 26. August 1998, Zl. 1.313.183-III/14/98, teilte das BMI der belangten Behörde mit, daß die Leistungen der Bundesbetreuung für den Bf mit Wirksamkeit vom 23. September 1998 eingestellt werden. Mit diesem Datum war der Bf per Adresse A, gemeldet.

Die belangte Behörde versuchte dann im Hinblick auf das vorliegende rechtskräftige Aufenthaltsverbot die Rückübernahme des Bf durch die slowakischen Behörden im Wege der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich zu erwirken. Mit Telefaxschreiben vom 9. Oktober 1998, Zl. Fr-3077/98, übermittelte diese Behörde eine Note der zuständigen slowakischen Behörde vom 6. Oktober 1998 samt Übersetzung. Darin antwortete Mj. R, der Direktor der Abteilung Grenz- und Fremdenpolizei der Landesdirektion der Polizei in B, der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich nach der übermittelten Übersetzung, daß "wir vorerst mit der protokolarischen Übernahme an dem von ihnen angebotenen Termin am 16.10.1998 um 10.00 Uhr am Grenzübergang Petrzalka-Berg einverstanden sind.

Bestandteil der Übernahme dieser Person (gemeint Bf) wird die vorherige Vernehmung im Beisein eines Dolmetschers über den Aufenthalt der Person in der slowakischen Republik sein." 2.2. Daraufhin erging der Festnahmeauftrag der belangten Behörde vom 14. Oktober 1998, Zl. Sich 40-30527-1998, an den Gendarmerieposten St. Georgen im Attergau mit dem Zweck, den Bf am 16. Oktober 1998 um 10.00 Uhr in die Slowakei zurückzustellen. Den Gendarmeriebeamten wurde aufgetragen über die erfolgte Rückstellung anher Bericht zu erstatten.

Gegen 15.30 Uhr verständigte der Gendarmerieposten die belangte Behörde von der Festnahme des Bf. Kurz darauf meldete sich Frau K von der Caritas S und protestierte gegen die Festnahme unter Hinweis auf Bescheide des Bundesasylamtes. Daraufhin führte der Sachbearbeiter der belangten Behörde ein Telefonat mit Dr. W vom Bundesasylamt, Außenstelle I, der ihm mitteilte, daß die befristete Aufenthaltsberechtigung mit 26. September 1998 abgelaufen ist und der Bf keine besitzt. Außerdem gab er bekannt, daß vor etwa 10 Minuten per Telefax ein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eingelangt wäre. Die Frage des Sachbearbeiters der belangten Behörde, ob die Möglichkeit der Rückstellung in die Slowakei bestünde, wurde bejaht. Daraufhin bestätigte der Sachbearbeiter die Festnahme und Rückstellung gegenüber dem Gendarmerieposten St. Georgen im Attergau (vgl Aktenvermerk vom 15.10.1998). Dennoch wurde der Bf am nächsten Tag nicht in die Slowakei zurückgestellt (abgeschoben), sondern über Weisung des Bezirkshauptmannes gegen 08.00 Uhr auf freien Fuß gesetzt und einer Mitarbeiterin der Caritas St. Georgen im Attergau übergeben.

2.3. Mit Eingabe vom 3. November 1998 teilte der Rechtsvertreter des Bf der belangten Behörde seinen Standpunkt mit und ersuchte um Akteneinsicht im Rechtshilfeweg, die ihm in der Folge bei der Bundespolizeidirektion Linz gewährt wurde. Am 4. Dezember 1998 übermittelte er den Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, vom 3. Dezember 1998, Zl. 98 04.596-BAI, mit dem dem Bf gemäß § 15 Abs 1 iVm § 15 Abs 3 AsylG 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 28. Februar 1999 erteilt worden ist.

Die belangte Behörde erklärt in ihrer Gegenschrift abschließend, daß sie im Hinblick auf die geltenden Asylbestimmungen der Slowakei und die geübte Rückschiebepraxis von der Zulässigkeit der Durchsetzung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes durch Rücküberstellung in die Slowakische Republik, einem sicheren Drittland, ausgeht. Somit seien auch die als Sicherungsmaßnahme vorausgehende Festnahme am 15. Oktober 1998 und die Anhaltung bis zum 16. Oktober 1998, 08.00 Uhr, zulässig gewesen.

2.4. In der Äußerung vom 20. Jänner 1999 durch den Rechtsfreund des Bf zur Gegenschrift der belangten Behörde wird dem dort referierten Sachverhalt nicht entgegengetreten. Zu der vom Bundesasylamt erteilten weiteren befristeten Aufenthaltsberechtigung wird ergänzend vorgebracht, daß der Rechtsfreund des Bf beim Leiter des Bundesasylamtes Mag. W die Erledigung des Verlängerungsantrages urgierte. Der Entscheidung vom 3. Dezember 1998 durch die Außenstelle Innsbruck liege offensichtlich eine Weisung des Leiters des Bundesasylamtes zugrunde, woraus zu schließen sei, daß sich dieser der Beschwerdeansicht, wonach eine Aufenthaltsberechtigung nach § 15 Abs 1 und 3 AsylG von Amts wegen zu erteilen sei, angeschlossen habe. Die von der belangten Behörde dargestellte Rechtsansicht der Außenstelle Innsbruck stehe damit nicht im Einklang.

Ergänzend zum Beschwerdevorbringen wird weiters auf die jüngst ergangene Entscheidung eines Senats des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 22. Dezember 1998, Zl. 206.792/0-II/04/98, verwiesen, nach der die Slowakei nicht als sicherer Drittstaat anzusehen sei, da nicht sichergestellt sei, daß im Wege der Kettenabschiebung eine Rückstellung in den Heimatstaat erfolgt. Die bekämpfte Maßnahme sei daher schon deshalb unzulässig gewesen.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat vom Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) zur wesentlichen Frage, ob die Slowakei als sicherer Drittstaat angesehen werden kann, Ablichtungen der einschlägigen Berufungsentscheidung vom 22. Dezember 1998, Zl. 206.792/0-II/04/98, und eines UNHCR-Positionspapiers aus Jänner 1999, das auf Anfrage des UBAS übermittelt wurde, erhalten. Jüngere Erkenntnisquellen standen auch dem UBAS nicht zur Verfügung. Mit Schreiben vom 24. Februar 1999 hat der Oö. Verwaltungssenat die genannten Unterlagen der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht und ihr eine Stellungnahme freigestellt. Sie übermittelte eine Kopie des Erlasses des BMI vom 28. Oktober 1998, Zl. 31.220/29-III/16/98, zur Vorgangsweise bei unzulässigen Asylanträgen gemäß §§ 4 und 5 AsylG 1997 und zur Vollziehung der Rückübernahmeabkommen. Unter Punkt A 1. des Erlasses werden die Nachbarländer Österreichs - darunter auch die Slowakei - erwähnt, die nicht EU-Staaten sind, mit denen Österreich Rückübernahmeabkommen geschlossen hat. Diese Drittstaaten werden im Erlaß grundsätzlich als sichere Drittstaaten iSd § 4 Abs 1 AsylG 1997 angesehen. Eine Begründung für diese Ausgangsposition wird aber nicht gegeben.

3.2. Zur Frage der Drittstaatssicherheit ergibt sich aus den vom UBAS beigeschafften Unterlagen ergänzend:

3.2.1. Im Berufungsbescheid vom 22. Dezember 1998, Zl. 206.792/0-II/04/98, verweist ein gemäß § 38 Abs 7 AsylG 1997 iVm § 7 Abs 1 Z 2 UBASG gebildeter Senat des UBAS zunächst darauf, daß die Drittstaatssicherheit iSd § 4 Abs 2 AsylG 1997 darauf abstellt, ob der Drittstaat dem Fremden Schutz vor Abschiebung - auch im Wege über andere Staaten - in den Herkunftsstaat und damit Schutz vor "Kettenabschiebung" gewährt. Der § 15 Abs 2 des slowakischen Fremdengesetzes vom 5. April 1995, Nr. 73/1995, verbietet nur die direkte Verbringung eines Fremden in einen Staat, in dem er Gefahr liefe, mit dem Tode bestraft oder gefoltert zu werden. Das fehlende einfachgesetzliche Verbot der Kettenabschiebung hat der UBAS in der vorangegangenen Senatsentscheidung vom 2. Dezember 1998, Zl. 205.574/0-VIII/22/98, im Hinblick auf Art 11 der slowakischen Verfassung, der Abkommen über Menschenrechte und Grundfreiheiten Vorrang vor den Gesetzen einräumt, durch Art 3 EMRK - die Slowakei ist Vertragspartei der EMRK - auf slowakischer Verfassungsebene für gegeben erachtet.

Diese Ansicht hat der UBAS in der nunmehrigen Senatsentscheidung vom 22. Dezember 1998 mit ausführlicher Begründung abgelehnt. Zunächst belegt diese Entscheidung mit Judikatur des EGMR, daß Art 3 EMRK über seinen Wortlaut hinaus auch ein Verbot des Refoulements enthält. Unter sorgfältiger Auswertung von Literatur und Judikatur zeigt die Senatsentscheidung auf, daß die zu Art 3 EMRK vor den Straßburger Instanzen entschiedenen Fälle immer nur das direkte Refoulement betrafen. Zur Frage der Kettenabschiebung wurde von den Straßburger Organen bisher nie Stellung genommen. Auch unter Berücksichtigung der Judikatur der Ausschüsse zu Art 7 des Internationalen Pakts über Bürgerliche und Politische Rechte der Vereinten Nationen (IPBPR bzw CCPR) und zu Art 3 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (FK bzw CAT) konnte der Senat des UBAS nicht erkennen, daß sich aus einer dieser Konventionsstellen derzeit zweifelsfrei eine Verpflichtung eines Vertragsstaates ergäbe, nicht nur ein direktes, sondern auch ein indirektes Refoulement zu unterlassen. Selbst das direkte Refoulementverbot sei eine erst junge Einschränkung der staatlichen Souveränität und könne nach dem allgemeinen völkerrechtlichen Grundsatz, daß Souveränitätsbeschränkungen im Zweifel nicht zu vermuten sind, nicht erweitert werden. Der Senat führt fort, daß für den Nachweis einer völkerrechtlichen Verpflichtung durch extensive Ableitung aus einem Vertragstext Einzelmeinungen nicht genügen, sondern daß eine einhellige und ständige Judikatur der international berufenen Rechtsprechungseinrichtungen vorliegen müsse. Deshalb seien derzeit keine genügend sicheren Anhaltspunkte dafür zu erkennen, daß die slowakische Rechtsordnung ein Verbot der Kettenabschiebung im Wege des Art 11 der slowakischen Verfassung enthalte.

3.2.2. Der aktuelle Standpunkt des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge, Regionalbüro in Wien, zur Situation in der Slowakei ergibt sich aus einem am 22. Jänner 1999 per Telefax dem UBAS übermittelten UNHCR-Positionspapier betreffend den Schutz vor Refoulement in der Slowakischen Republik aus Jänner 1999. In diesem Papier wird die slowakische Rechtslage nach dem Asylgesetz (Gesetz Nr. 283/1995) und dem Fremdengesetz (Gesetz Nr. 73/1995) näher dargestellt. Wird einem Fremden kein Asyl gewährt, so hat nach § 17 Abs 2 slowak. Asylgesetz die zuständige polizeiliche Behörde über seinen weiteren Aufenthaltsstatus zu entscheiden. Dies geschieht nach dem slowak. Fremdengesetz. Das Refoulementverbot nach § 15 slowak. Fremdengesetz umfasse nicht den Schutz vor der Gefahr, im Herkunftsland oder Drittstaat grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt zu sein. Über eine Berufung gegen eine Abschiebung aus den in § 15 Abs 2 slowak. Fremdengesetz aufgezählten Gründen entscheidet der Leiter der Fremdenpolizei. Wird der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt, so kann der Fremde Beschwerde beim Verfassungsgericht mit der Begründung einbringen, daß eine Abschiebung seine Rechte gemäß Art 16 Abs 2 der slowakischen Verfassung verletzte. Nach diesem Artikel darf niemand gefoltert oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. UNHCR Bratislava ist nur ein Fall eines kambodschanischen Staatsangehörigen bekannt, dem das Verfassungsgericht die aufschiebende Wirkung seiner auf § 15 Fremdengesetz gestützten Berufung zuerkannte. Gegen die Entscheidung im fremdenpolizeilichen Berufungsverfahren, das parallel weitergeführt wird, kann Beschwerde beim Obersten Gerichtshof eingebracht werden. Zu diesen Verfahren fehlt bislang jegliche Rechtsprechung. Nach Meinung des UNHCR kann nicht beurteilt werden, ob und über welche Fragen des Refoulements die slowakischen Höchstgerichte entschieden hätten. Der Kambodschaner habe noch vor den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes und des Verfassungsgerichtes die Slowakei verlassen, weshalb über den Ausgang nichts gesagt werden könne.

Das Positionspapier des UNHCR resümiert im Punkt 8.: "Zieht man in Betracht, daß die Fremdenpolizei ausschließlich zu prüfen hat, ob der abzuschiebenden Person im Herkunftsland oder Drittstaat die Todesstrafe oder Folter droht, und nicht notwendigerweise, ob sie grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen wäre, sowie daß für diese Prüfung kein spezielles Verfahren eingerichtet ist, kann daraus geschlossen werden, daß das vorhandene Verfahren nicht ausreicht, um die von der Slowakischen Republik mit der Ratifizierung der oben genannten internationalen Verträge (Anm.: oben genannt werden: EMRK, CAT und IPBR) eingegangenen Verpflichtungen in gutem Glauben zu erfüllen." Als Beleg für diese Einschätzung wird das deutsche Bundesverfassungsgericht (vgl Urteil vom 14.5.1996, BvR 1938/93 u.a., veröffentlicht in EuGRZ 1996, 237 ff, 249) zur Drittstaatssicherheit zitiert:

"Jedoch sind die Parteien eines völkerrechtlichen Vertrages generell verpflichtet, nach Treu und Glauben (good faith) an der Erreichung der Ziele des Vertrages mitzuwirken. Sie dürfen sich deshalb nicht durch das Unterlassen eines Verfahrens zur Prüfung der Flüchtlingseigenschaft den Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention faktisch entziehen, zumal nur durch ein in irgendeiner Weise formalisiertes Verfahren festgestellt werden kann, ob eine Abschiebung das Refoulement-Verbot des Art. 33 GFK berührt ... ." Im Punkt 9. merkt das Büro des UNHCR noch an, daß die fremdenpolizeilichen Behörden der Slowakei weder die formale Qualifikation besitzen, noch über geeignete Informationen verfügen, um feststellen zu können, ob einer abzuschiebenden Person im Herkunftsland oder Drittstaat Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht.

Im Punkt 10. des Positionspapiers wird festgehalten, daß sich nach Ansicht des UNHCR eine Analyse in bezug auf Kettenabschiebungen aus der Slowakischen Republik erübrigt, da bereits die menschenrechtlichen Bestimmungen zum Schutz vor (bedenklichen) Abschiebungen nicht hinreichend implementiert seien.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl ua VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Abschiebung im § 36 FrG 1992, die als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen sei (idS ferner VwGH 27.1.1995, 94/02/0334; VwGH 24.2.1995, 94/02/0410; VwGH 8.9.1995, 95/02/0197; VwGH 17.11.1995, 95/02/0217), als Einheit aufzufassen, die auf den Endzweck gerichtet ist, den Fremden zum Verlassen des Bundesgebietes zu veranlassen, gleichgültig wo sich Einzelelemente ereignen. Diese gehen alle auf den Willen der die Abschiebung veranlassenden Fremdenpolizeibehörde zurück. Zur Prüfung der Rechtmäßigkeit ist daher nur jener unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen örtlichen Wirkungskreis die Abschiebung beginnt (vgl VwGH 23.9.1994, 94/02/0139). Nach diesem Erkenntnis beginnt das Verhalten zur Ausreise am tatsächlichen Aufenthaltsort des Fremden, wo auch der behördliche Zwang einsetze und sich bis zum Passieren einer Grenzkontrollstelle fortsetze. Auch in früheren, noch zum alten § 13 Fremdenpolizeigesetz ergangenen Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof zum Umfang der Abschiebung ausgesprochen, daß diese sowohl die Überstellung zum Flughafen als auch die Abbeförderung per Flugzeug umfasse (vgl VwGH 11.11.1993, 93/18/0456; VwGH 22.4.1994, 94/02/0009).

Ein Festnahmeauftrag kann gemäß § 62 Abs 2 FrG 1997 (BGBl I Nr. 75/1997, geändert mit BGBl I Nr. 86/1998; früher § 42 Abs 2 FrG 1992) von der Fremdenbehörde auch dann erlassen werden, wenn der Fremde seiner Verpflichtung zur Ausreise (Klammerzitat: §§ 33 Abs 3, 40 Abs 1 und 2 sowie § 20 Abs 2 des Asylgesetzes 1997) nicht nachgekommen ist. Gemäß § 62 Abs 3 FrG 1997 ergeht ein Festnahmeauftrag in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt. Der Festnahmeauftrag ist ein Haftbefehl, der von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vollstreckt wird. Er gilt nach den Materialien - zum Unterschied von einem bloßen Vorführbefehl für einen bestimmten Termin - solange bis der Betroffene festgenommen wird (vgl RV FrG 1992, 692 BlgNR 18. GP, 50 zum gleichlautenden § 42 FrG 1992).

Gemäß § 63 Abs 1 Z 1 FrG 1997 sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Festnahme eines Fremden ermächtigt, gegen den ein Festnahmeauftrag besteht, um ihn der zuständigen Behörde iSd §§ 88 ff FrG 1997 vorzuführen. Diese Festnahme erfolgt also um den Fremden der zuständigen Fremdenbehörde vorzuführen. Es handelt sich um eine Befugnis der Organe aus eigener Macht, die an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist. Eine Beschwerde des nach § 63 Festgenommenen wegen Rechtswidrigkeit der Festnahme ist im § 72 Abs 1 FrG 1997 vorgesehen. Man wird dies als einen Sonderfall einer Maßnahmenbeschwerde auffassen können. Gegen den Festnahmeauftrag selbst sieht das FrG 1997 aber kein Beschwerderecht vor.

Gegenständlich hat die belangte Behörde dem Gendarmerieposten St. Georgen im Attergau mit Telefaxschreiben vom 14. Oktober 1998 einen Festnahme- und Abschiebungsauftrag erteilt. Die Gendarmerie wurde nicht nur angewiesen, den Bf an seinem Wohnsitz festzunehmen. Sie wurde auch über das bestehende Aufenthaltsverbot bis 29. Juni 2003 und über den für 16. Oktober 1998, 10.00 Uhr, mit den slowakischen Behörden vereinbarten Übernahmetermin am Grenzübergang Petrzalka/Berg informiert und sinngemäß auch mit der Rückstellung des Bf (genauer: Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes durch Abschiebung) beauftragt ("Über die erfolgte Rückstellung ist anher Bericht zu erstatten"). Der Bf wurde zwischen 15.00 Uhr und 15.30 Uhr festgenommen und im Auftrag der belangten Behörde zum Zwecke der geplanten Rückstellung in die Slowakische Republik am Gendarmerieposten angehalten. Die Abschiebung in die Slowakei unterblieb dann allerdings und der Bf wurde am 16. Oktober 1998 um 08.00 Uhr enthaftet.

Der Festnahme und Abschiebungsauftrag an die Gendarmerie ist entgegen der Beschwerdeansicht für sich allein betrachtet keine Maßnahme verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Es handelt sich vielmehr um einen behördeninternen Akt, der erst mit der tatsächlichen Umsetzung gegenüber dem Bf als ein verwaltungsbehördlicher Zwangsakt wirksam wird. Der Festnahmeauftrag ist als fremdenbehördliche Weisung an die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu betrachten. Er ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt gegenüber Hilfsorganen. Die Beschwerde war daher insofern mangels begrifflicher Voraussetzungen einer Maßnahme unzulässig.

Die Festnahme am 15. Oktober 1998 und die Anhaltung bis 16. Oktober 1998, 8.00 Uhr, zum Zwecke der Rückstellung in die Slowakei ist als Beginn der geplanten Abschiebung in die Slowakei zur Durchsetzung des Aufenthaltsverbots zu betrachten. Insofern liegen die begrifflichen Voraussetzungen einer sog. Maßnahmenbeschwerde vor. Auch die Einbringungsfrist von sechs Wochen ab Kenntnis bzw Ende der gesetzten Maßnahme (vgl § 67c Abs 1 AVG) wurde durch die am 20. November 1998 eingelangte Beschwerdeschrift gewahrt. 4.2. Das von der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf verhängte Aufenthaltsverbot vom 30. Juni 1998 hat der Bf noch am gleichen Tag übernommen. Es wurde im wesentlichen mit der illegalen Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne Reisedokument und mit dem Verbotsgrund des fehlenden Nachweises der Mittel zum Unterhalt nach § 36 Abs 2 Z 7 FrG 1997 begründet. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde mit der Begründung ausgeschlossen, weil bei mittellosen Personen und solchen, die bereits Übertretungen begangen haben, die Gefahr des Begehens von weiteren strafbaren Handlungen gegeben sei. Da der Bf einen Asylantrag stellte kam er in der Folge in Bundesbetreuung. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, vom 30. Juli 1998 wurde der Asylantrag zwar gemäß § 7 AsylG 1997 (BGBl I Nr. 76/1997, geändert mit BGBl I Nr. 4/1999) abgewiesen, aber gemäß § 8 AsylG 1997 ausgesprochen, daß die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die jugoslawische Föderation nicht zulässig ist. In der Begründung äußerte die Asylbehörde die Ansicht, daß der Bf mit seinem Vorbingen die Flüchtlingseigenschaft nicht glaubhaft habe machen können. Auch seine Behauptung, nicht zu wissen, über welches Land er auf österreichisches Staatsgebiet gelangte, wurde als nicht glaubhaft erachtet. Seine Einlassung, er glaube über Italien gekommen zu sein, da man einmal italienische sprechende Personen gehört hätte, betrachtete die Asylbehörde im Hinblick auf die Wegbeschreibung des Bf und die Ankunft in Traiskirchen als Versuch, den tatsächlich genommenen Weg zu verschleiern (Asylbescheid, Seiten 3 und 5). Der Asylbescheid wurde mangels eines Rechtsmittels rechtskräftig.

Mit Bescheid vom 27. August 1998 erteilte das Bundesasylamt gemäß § 15 Abs 1 iVm Abs 3 AsylG 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 26. September 1998. Ein Verlängerungsantrag wurde nach Auskunft des Bundesasylamtes Außenstelle Innsbruck erst am 15. Oktober 1998 im Telefaxweg gestellt (vgl Aktenvermerk vom 15.10.1998). Erst mit Bescheid vom 3. Dezember 1998 erteilte das Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, eine weitere befristete Aufenthaltsberechtigung bis 28. Februar 1999. Der Beschwerdevertreter hat dazu berichtet, daß er die Erledigung mit Schreiben vom 23. November 1998 beim Leiter des Bundesasylamtes urgierte, der dann offenbar eine Weisung erteilt habe. Es steht demnach fest, daß dem Bf für die Zeit vom 14. bis 16. Oktober 1998 keine Aufenthaltsberechtigung nach § 15 AsylG 1997 zukam.

Der Rechtsansicht der Beschwerde betreffend die Zusammenschau der Bestimmungen des FrG 1997 und des AsylG 1997 kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, daß eine Zulässigkeitsprüfung nach §§ 4 und 5 AsylG 1997 stattgefunden haben muß, bevor eine Sachentscheidung der Asylbehörde nach § 7 AsylG 1997 ergeht. Daraus kann aber entgegen der Beschwerdeansicht nicht die rechtsverbindliche Feststellung abgeleitet werden, daß keine Einreise über einen sicheren Drittstaat stattgefunden habe. Die im Vorfragenbereich durch die Asylbehörde beantworteten Umstände können keine Bindungswirkung entfalten. Lediglich der Spruch eines rechtskräftigen Bescheides und die Begründung, soweit sie für die Auslegung des Spruchs notwendig ist, entfalten für Behörden Bindungswirkung. Die objektiven Grenzen von Bescheidwirkungen ergeben sich aus der entschiedenen Verwaltungssache (vgl dazu näher Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. A, 1999, Rz 480 ff, 481). Die Behauptung, daß den Fremdenbehörden nach Vorliegen einer Entscheidung gemäß § 8 AsylG 1997 keinerlei Entscheidungskompetenz über eine Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung zukäme, ist verfehlt. Eine Bindungswirkung entfaltet die Feststellung iSd § 8 AsylG 1997 nur in bezug auf den Herkunftsstaat. Im gegenständlichen Fall konnte die Asylbehörde keine gesicherten Feststellungen zum Fluchtweg treffen. Sie stellte aber fest, daß der Bf den tatsächlich genommenen Weg nach Österreich zu verschleiern trachtete und daß er illegal einreiste (Asylbescheid, Seite 4). Ein Zulässigkeitsentscheidung iSd § 4 AsylG 1997 hat die Asylbehörde offenbar mangels geklärter Einreise nicht getroffen.

4.3. Nach § 15 Abs 1 AsylG 1997 ist die befristete Aufenthaltsberechtigung im Falle der festgestellten Unzulässigkeit iSd § 8 AsylG 1997 Fremden zu erteilen, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlußgründen iSd § 13 leg.cit. rechtskräftig abgewiesen wurde und die sich ohne rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet befinden. Für die Dauer der Befristung sieht § 15 Abs 3 AsylG 1997 Höchstgrenzen vor. Sie hängt von Umständen des Einzelfalles ab. Gemäß § 15 Abs 4 AsylG 1997 ist eine befristete Aufenthaltsberechtigung nicht zu erteilen oder zu widerrufen, soweit dem Fremden ein dauerndes Aufenthaltsrecht in einem sicheren Drittstaat gewährt wird.

Der erkennende Verwaltungssenat pflichtet der Beschwerde bei, daß nach der gesetzlichen Formulierung ein Rechtsanspruch des Fremden auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung besteht, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs 1 AsylG 1997 vorliegen. Im Zusammenhang mit § 15 Abs 3 und 4 leg.cit. ergeben sich weitere Erteilungsvoraussetzungen. Nach § 15 Abs 3 AsylG 1997, nunmehr idF BGBl Nr. 4/1999, sind befristete Aufenthaltsberechtigungen zu widerrufen, wenn die Ausreise in den Herkunftsstaat zugemutet werden kann oder wenn er einen Asylausschlußgrund iSd § 13 leg.cit. verwirklicht. Bei zumutbarer Ausreise in den Herkunftsstaat ist die gegenteilige Feststellung iSd § 8 AsylG 1997 auf Grund geänderter Verhältnisse nicht mehr maßgeblich. Eine befristete Aufenthaltsberechtigung wird diesfalls nicht mehr zu erteilen sein. § 75 Abs 7 FrG 1997 sieht für die Fremdenbehörde bei wesentlicher Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eine Abänderung der Refoulement-Entscheidung gemäß § 75 Abs 1 FrG 1997 vor. Für eine asylbehördliche Entscheidung nach § 8 AsylG 1997 ist diese formelle Korrektur nicht vorgesehen.

Die Anordnung des § 15 Abs 4 AsylG 1997 betreffend den Widerruf bzw die Nichterteilung von befristeten Aufenthaltsberechtigungen im Falle eines dauernden Aufenthaltsrechtes in einem sicheren Drittstaat spricht argumentum e contrario dafür, daß andernfalls ein befristetes Aufenthaltsrecht zu erteilen ist. Da nach der Aktenlage die Gewährung eines solchen Aufenthaltsrechts in einem sicheren Drittstaat nicht angenommen werden konnte und auch eine zumutbare Ausreise in das Herkunftsland nicht in Betracht kam, hätte die Asylbehörde wohl auch für den Zeitraum 14. bis 16. Oktober 1998 eine Aufenthaltsberechtigung erteilen müssen. Das beweist letztlich auch der nachträgliche Bescheid der Asylbehörde vom 3. Dezember 1998, mit dem eine weitere befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde. 4.4. Dennoch steht fest, daß der Bf keine Aufenthaltsberechtigung zur Zeit der gegenständlichen Maßnahme hatte, weshalb das rechtskräftige Aufenthaltsverbot vom 30. Juni 1998 grundsätzlich im Wege der Abschiebung gemäß § 56 FrG 1997 durchsetzbar war. Gemäß § 20 Abs 1 AsylG 1997 finden nämlich nur auf Fremde, denen Asyl gewährt wird oder die im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung sind, einige Bestimmungen des FrG 1997 - zB § 56 leg.cit. über die Abschiebung - keine Anwendung. § 20 Abs 2 AsylG 1997 stellt klar, daß gegenüber solchen Fremden ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung - ungeachtet des § 40 FrG 1997 - erst duchsetzbar wird, wenn sie ihre Aufenthaltsberechtigung verloren haben.

Damit rückt aber die Refoulementprüfung iSd § 57 Abs 1 und 2 FrG 1997 bezüglich der Slowakischen Republik in den Mittelpunkt des Interesses, zumal die Festnahme im Auftrag der belangten Behörde zum Zwecke der Abschiebung in die Slowakei erfolgte. Diese Prüfung hat jederzeit von Amts wegen - auch außerhalb eines Verfahrens nach § 75 FrG 1997 - einer fremdenpolizeilichen Maßnahme voranzugehen (vgl Erl zur RV FrG 1997, 685 BlgNR 290. GP, 83 und Erl zur RV AsylG 1997, 686 BlgNR20. GP, 20). Konnte die Slowakei als sicheres Drittland angesehen werden, in dem der Bf nicht nur unmittelbaren Schutz vor Bedrohungen iSd § 57 FrG, sondern auch vor einer Ab- oder Zurückschiebung in bedenkliche Länder genießt? Zum Schutz im sicheren Drittstaat kommt es nach der maßgeblichen Begriffsbestimmung des § 4 Abs 2 AsylG 1997 alte und neue Fassung (vgl BGBl I Nr. 76/1997 und BGBl I Nr. 4/1999) auf ein der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) entsprechendes Asylverfahren und auch darauf an, daß Schutz vor Kettenabschiebung (arg. " - auch im Wege über andere Staaten -  ") in den Herkunftsstaat besteht. Nach § 4 Abs 3 AsylG 1997 (nunmehr idF AsylG-Nov BGBl I Nr. 4/1999) sind diese Voraussetzungen regelmäßig gegeben, wenn der Drittstaat die GFK ratifiziert und ein Asylverfahren gesetzlich eingerichtet hat, das die Grundsätze der Konvention umsetzt, sowie die EMRK und den Kontrollmechanismus (Protokoll Nr. 11 zur EMRK, BGBl III Nr. 30/1998) ratifiziert hat. Die Regierungsvorlage zur im wesentlichen inhaltsgleichen Stammfassung geht davon aus, daß Staaten, die ein gewisses Maß an völkerrechtlichen Verpflichtungen (GFK, EMRK) eingegangen sind und den dadurch vorgegebenen Standard umgesetzt haben, in der Regel sichere Drittstaaten sein werden. Dies treffe auf sämtliche Anrainerstaaten Österreichs zu, weshalb eine Einzelfallprüfung nur bei spezifischen Gefährdungsbehauptungen des Betroffenen notwendig sein werde, ansonsten aber vom Schutz im sicheren Drittstaat ausgegangen werden könne (vgl Erl zur RV AsylG 1997, 686 BlgNR 20.GP, 17). Andererseits stellt auch die Regierungsvorlage kurz davor klar, daß der Asylwerber im Aufnahmedrittland einen tatsächlichen Schutz gegen Aus- oder Zurückweisung im Sinne des Genfer Abkommens genießen muß. Nach § 4 Abs 3a und 3b AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 4/1999 sind nunmehr Verordnungsermächtigungen für den BMI zur Drittstaatssicherheit vorgesehen. Eine solche Verordnung wurde bislang - soweit ersichtlich - noch nicht erlassen.

Im gegebenen Fall ist zwar davon auszugehen, daß die Slowakische Republik die GFK und EMRK samt Individualrechtsschutz ratifiziert hat, ein Verfahren, das den menschenrechtlichen Standard ausreichend umsetzt, liegt allerdings nach dem unter Punkt 3.2.2. dargestellten Positionspapier des UNHCR aus Jänner 1999, dem in der Einschätzung grundsätzlich gefolgt werden muß, nicht vor. Das slowakische Fremdenrecht enthält nur einen eingeschränkten Schutz vor Refoulement, weil die Gefahr grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung nicht umfaßt ist. Außerdem werden nur Polizeibehörden und keine unabhängigen Kontrollorgane im normalen Instanzenzug tätig. Über die Effizienz der Beschwerdeverfahren an das Verfassungsgericht und nach dem polizeilichen Instanzenzug an den Obersten Gerichtshof können mangels Judikatur keine Aussagen gemacht werden, obwohl die einschlägigen slowakischen Gesetze schon seit 1995 gelten. Die vorgesehene Beschwerde an das Verfassungsgericht wegen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung erscheint umständlich und wenig vertrauenserweckend. Bedenklich ist jedenfalls, daß eine erstinstanzliche fremdenpolizeiliche Entscheidung betreffend das Refoulementverbot grundsätzlich sofort durchsetzbar ist, wenn die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen wird. Der UNHCR hält auch die Qualifikation und Informationen der slowakischen Polizeibehörden für unzureichend. Bei dieser Sachlage kann schon nicht gesagt werden, daß der Standard nach Art 33 GFK im innerstaatlichen slowakischen Recht ausreichend umgesetzt worden ist, weil kein ausreichender verfahrensrechtlicher Schutz vor bedenklichen Abschiebungen besteht. Im übrigen schließt sich der erkennende Verwaltungssenat auch der sorgfältig begründeten Ansicht in der Senatsentscheidung des UBAS vom 22. Dezember 1998, Zl. 206.792/0-II/04/98, an, wonach keine gesicherten Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, daß durch Art 3 EMRK im Wege des Art 11 der slowakischen Verfassung ein Verbot der Kettenabschiebung in die slowakische Rechtsordnung Eingang gefunden hätte, zumal zum indirekten Refoulement keine Straßburger Judikatur vorliegt (vgl näher oben unter Punkt 3.2.1.) Im Ergebnis war daher entgegen dem Erlaß des BMI vom 28. Oktober 1998 davon auszugehen, daß die Slowakische Republik derzeit (noch) nicht als sicheres Drittland angesehen werden kann. Die gegenständliche Festnahme und Anhaltung zum Zwecke der Abschiebung in die unsichere Slowakei widersprach dem Refoulementverbot des § 57 Abs 1 und 2 FrG 1997 und war daher für rechtswidrig zu erklären.

5. Gemäß § 79a Abs 1 AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 hat die im Verfahren obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Nach § 79a Abs 2 AVG ist der Beschwerdeführer obsiegende Partei und die belangte Behörde die unterlegene Partei, wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird. Beim gegenständlichen Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer als der obsiegenden Partei der Ersatz seiner Aufwendungen gegen den Bund, für den die belangte Fremdenbehörde funktionell tätig geworden ist, zuzuerkennen. Als Aufwendung gelten nach § 79a Abs 4 AVG neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen und Fahrtkosten vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für Schriftsatz- und für Verhandlungsaufwand. Nach § 1 Z 1 der am 1. Jänner 1996 inkraftgetretenen Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers, BGBl Nr. 855/1995, beträgt der dem Beschwerdeführer als obsiegender Partei zustehende Schriftsatzaufwand S 8.400,--. Ein Verhandlungsaufwand ist nicht entstanden, da die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht notwendig war. Der Beschwerdeführer hatte für die Eingabengebühr und für Vollmachtsstempel aufzukommen. Demnach sind Bundesstempelgebühren in Höhe von je S 360,-- angefallen.

Eine Leistungsfrist sieht der novellierte § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Fall des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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