Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220417/5/Ga/La

Linz, 23.01.1995

VwSen-220417/5/Ga/La Linz, am 23. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Ing. J B in W , B , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 10.

Dezember 1992, Zl. MA2-Ge-2586-1992 Ste, wegen Übertretung der Bauarbeitenschutzverordnung - BArbSchV, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird, soweit sie gegen die Schuld gerichtet ist, abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Einleitung des Schuldspruchs zu lauten hat:

"Sie haben es als iSd § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen befugtes Organ ...".

II. Der Berufung wird, soweit sie gegen das Ausmaß der Strafe gerichtet ist, Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) auf 7.000 S (drei Tage) mit der Maßgabe herabgesetzt, daß die Strafnorm zu lauten hat: "gemäß § 31 Abs.2 Schlußteil ASchG".

III. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 700 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 16, § 19, § 20, § 44a Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2; § 64 Abs.1 und Abs.2, § 65.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, für eine Übertretung des § 7 Abs.1 und Abs.2 BArbSchV verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich zu sein und dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.2 lit.p iVm § 33 Abs.1 lit.a Z12 und Abs.7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG) begangen zu haben.

Als erwiesen wurde angenommen, der Berufungswerber habe es als "Verantwortlicher" einer im Firmenwortlaut angegebenen Kommanditgesellschaft mit näher bezeichnetem, im Sprengel der belangten Behörde gelegenen Sitz zu vertreten, daß, wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk auf einer bestimmt angegebenen Baustelle am 6. April 1992 festgestellt worden sei, ein namentlich angeführter Leasingarbeiter an einer gefährlichen Arbeitsstelle (ca. 7,8 m über Gelände) Schweißarbeiten durchgeführt habe, ohne daß Einrichtungen, die geeignet sind, ein Abstürzen zu verhindern, angebracht gewesen seien bzw. sei der Arbeitnehmer nicht angeseilt gewesen.

Deswegen wurde über ihn gemäß § 31 ASchG eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die ausdrücklich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe gerichtete, erkennbar aber auch das Verschulden bestreitende Berufung, die dem unabhängigen Verwaltungssenat ohne Gegenäußerung vorgelegt wurde.

3. Aus der Einsicht in den zu Zl. MA2-Ge-2586-1992 Ste zugleich mit der Berufung vorgelegten Strafakt hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses wenigstens durch die Darstellung der einzelnen Ermittlungsschritte und insbesondere durch Verweisung auf die der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens zugrundeliegende Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 14. April 1992 einerseits und "die im Spruch beschriebene Verwaltungsübertretung" andererseits indirekt - und insoweit auch richtig und vollständig - dargestellt, sodaß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über den maßgebenden Sachverhalt machen konnte. Die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde hat der Berufungswerber schon im strafbehördlichen Ermittlungsverfahren, aber auch in der Begründung seines Rechtsmittels nicht bestritten. Das dem als Amtspartei am Verwaltungsstrafverfahren teilnehmenden Arbeitsinspektorat zur Berufung gewährte Parteiengehör hat zu diesem Sachverhalt keine neuen Aspekte ergeben.

Diese im Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses angeführten Tatumstände werden als erwiesen auch der h.

Entscheidung zugrundegelegt. Weil weitere Beweise daher nicht aufzunehmen waren und im übrigen nur über Rechtsfragen bzw. über Fragen der Strafbemessung abzusprechen war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Was die Verwirklichung des in § 7 Abs.1 BArbSchV umschriebenen Tatbildes anbelangt, läßt die Begründung des Rechtsmittels nicht erkennen, daß sich der Berufungswerber gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde wendet. Der unabhängige Verwaltungssenat schließt sich dieser Beurteilung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im bekämpften Straferkenntnis im wesentlichen korrekt wiedergegebenen und als verletzt zugrundegelegten Gebotsnormen. Ergänzend wird ausgeführt, daß die von der belangten Behörde auch vorgenommene Anlastung der Verletzung des § 7 Abs.2 BArbSchV im Hinblick auf den Subsidiaritätscharakter dieser Vorschrift für die Vollständigkeit des Deliktsvorwurfs aus dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG hier nicht erforderlich gewesen wäre, weil sich der Berufungswerber in keiner Phase des strafbehördlichen Ermittlungsverfahrens durch ein entsprechendes konkretes Sachverhaltsvorbringen mit dieser für ihn geltenden Ausnahmeregelung verantwortet hat und dies auch nach der Aktenlage nicht offenkundig ist.

Nur dann also, wenn sich der Beschuldigte darauf berufen hätte, daß die vom § 7 Abs.1 BArbSchV vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen deswegen nicht vorgekehrt worden seien, weil der Aufwand hiefür unverhältnismäßig hoch gewesen wäre, hätte die belangte Behörde auch den Verstoß gegen § 7 Abs.2 leg.cit. in die rechtliche Beurteilung als tatbildlich einzubeziehen gehabt (vgl. VwGH 30.9.1993, 93/18/0239). Mit anderen Worten: Die angelastete Verwaltungsübertretung ist in diesem Fall schon allein durch das Faktum des Fehlens von Schutzeinrichtungen iSd § 7 Abs.1 leg.cit. verwirklicht; für die Vollständigkeit des Tatvorwurfs war - anders als in dem dem Erk. des VwGH vom 24.11.1992, 88/08/0221, zugrundeliegenden Fall - die Anlastung des Faktums des unterbliebenen Anseilens des Arbeiters nicht erforderlich.

Nur im Lichte dieser Erwägungen bedeutet es daher keine Beeinträchtigung der Verteidigungsposition des Berufungswerbers, wenn das Sachverhaltselement des Nichtangeseiltseins durch den Ausdruck "bzw." in die Tatbeschreibung eingebunden wurde. Nach Lage des Falles hat nämlich selbst der Berufungswerber von Anfang an diese so formulierte Tatanlastung nicht als Vorwurf einer (unzulässigen) Alternative, sondern eines "sowohl - als auch" verstanden (sinngemäß in der Bedeutung:

... und war der Arbeitnehmer auch nicht angeseilt).

4.2. Hingegen wendet sich der Berufungswerber dagegen, daß ihm die Tat als schuldhaft begangen zugerechnet wird und gibt an, daß er alles in seiner Macht stehende getan habe, um die Arbeiter zur Verwendung von Schutzgurten zu veranlassen.

Die Begründung seiner vermeintlichen Schuldlosigkeit ist jedoch nicht glaubwürdig. Indem er nämlich ausführt, daß die Arbeitnehmer die Schutzgurte deshalb nicht verwendeten, weil sie diese irrtümlich in einem anderen Fahrzeug wähnten einerseits und daß weiters die Arbeitnehmer in der Meinung, daß die Arbeit nicht gefährlich sei, von vornherein auf die Verwendung der Schutzgurte verzichteten andererseits, liegt die Widersprüchlichkeit dieser Verantwortung auf der Hand.

Davon abgesehen übersieht der Berufungswerber, daß es nach Maßgabe des Schuldspruchs nicht um eine anonyme Mehrzahl von Arbeitnehmern, sondern um einen einzigen, namentlich determinierten Leasingarbeiter gegangen ist. Auf diesen (allein) involvierten Arbeitnehmer bezogen bringt der Berufungswerber konkret nichts vor.

4.3. Der Berufungswerber muß sich auch vorhalten lassen, daß die aus den hier einschlägigen Arbeitnehmerschutzvorschriften ihn als Arbeitgeber treffenden Pflichten sich nicht in der Erteilung von Weisungen erschöpfen. Wesentlich kommt es darauf an, daß der Arbeitgeber ein effizientes Kontrollsystem, um sich der Befolgung seiner Weisungen zu vergewissern, einrichtet.

Weder aber hat der Berufungswerber ausgeführt, worin die Effizienz seiner Weisungen (vgl. zB VwGH 19.5.1994, 93/17/0332) gelegen sein soll und schon gar nicht hat er, wie auch vom Arbeitsinspektorat aufgezeigt, die Einrichtung irgendeines Kontrollsystems behauptet. Damit aber konnte der Berufungswerber nicht glaubhaft machen, daß er im Grunde des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG den ihn als Arbeitgeber treffenden Sorgfaltsmaßstab angewendet hat. Im Ergebnis ist daher die belangte Behörde zu Recht von einem zurechenbaren Verschulden des Berufungswerbers ausgegangen, wenngleich diesbezüglich eine der Vorschrift des § 60 AVG (§ 24 VStG) genügende Auseinandersetzung in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses - ohne daß freilich dieser Begründungsfehler eine Rechtswidrigkeit des Schuldspruchs nach sich zöge - nicht aufgefunden werden kann.

4.4. Aus all diesen Gründen erfolgte der Schuldspruch zu Recht und war zu bestätigen.

Die Klarstellung der Funktion des Berufungswerbers, in der er strafrechtlich verantwortlich für Verwaltungsübertretungen der Kommanditgesellschaft einzutreten hat, hatte der unabhängige Verwaltungssenat von sich aus zu verfügen; der Abspruchsgegenstand des angefochtenen Straferkenntnisses erfährt durch diesen (nur) die rechtliche Beurteilung der Verantwortlichkeit betreffenden Einschub keine Erweiterung. Seine Verantwortlichkeit hat der Berufungswerber im übrigen nie bestritten; daß er in seiner organschaftlichen Funktion als Komplementär (Außenvertretungsorgan iSd § 9 Abs.1 VStG) und nicht etwa als verantwortlicher Beauftragter (iSd § 9 Abs.2 VStG) einzustehen hat, ergibt sich aus ergänzenden Ermittlungen des unabhängigen Verwaltungssenates im Grunde des § 66 Abs.1 AVG.

5. Zur Strafbemessung Der Berufungswerber hält die verhängte Geldstrafe für "wesentlich zu hoch" bemessen. Er beantragt die Herabsetzung der Strafe.

Mit der verhängten Geldstrafe ist die belangte Behörde dem Strafantrag des Arbeitsinspektorats in seiner Anzeige vom 14. April 1992 gefolgt. Sie ist dabei aber offensichtlich auch nach den im § 19 Abs.1 und Abs.2 VStG niedergelegten Kriterien für die Strafbemessung vorgegangen. In der Begründung des Straferkenntnisses macht die belangte Behörde deutlich, daß sie die immerhin mit einem Fünftel des hier vorgesehenen Höchstausmaßes festgesetzte Geldstrafe auch deswegen für angemessen hält, weil "diese Tat nicht den ersten Verstoß gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften" darstelle. Der unabhängige Verwaltungssenat wertet dieses Begründungselement als Hinweis darauf, daß die belangte Behörde (mindestens) eine einschlägige Vorstrafe als Erschwerungsgrund gewertet hat. Die Annahme eines solchen Erschwerungsgrundes kann jedoch auf die Aktenlage nicht gestützt werden. Der vorgelegte Strafakt enthält keinerlei Hinweise auf irgendwelche noch nicht getilgte Verwaltungsvorstrafen.

Im Zweifel war daher zugunsten des Berufungswerbers seine Unbescholtenheit anzunehmen und diese in sinngemäßer Anwendung des § 34 Z2 StGB als Milderungsgrund zu berücksichtigen.

Mit diesem Ergebnis ist die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das nun festgesetzte Ausmaß begründet. Einer noch größeren Minderung der Geldstrafe stehen der infolge der Ausgesetztheit der Arbeitsstelle und der dadurch erhöhten Gefährdungsintensität für die körperliche Sicherheit des Arbeitnehmers beträchtliche Unrechtsgehalt der Tat entgegen.

Die Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe war im Grunde des § 16 Abs.2 VStG zur Herstellung ihrer Verhältnismäßigkeit vorzunehmen.

6. Die Richtigstellung des Spruchelements gemäß § 44a Z3 VStG hatte der unabhängige Verwaltungssenat - ohne Nachteil für seine Sachbindung - zu verfügen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war der dem Berufungswerber strafbehördlich vorgeschriebene Kostenbeitrag entsprechend zu mindern; ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens war von Gesetzes wegen nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum