Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220606/24/Ga/La

Linz, 07.09.1994

VwSen-220606/24/Ga/La Linz, am 7. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des P.B., vertreten durch Rechtsanwalt Mag.

M.B.) in L.

gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L. vom 12. Mai 1993, Zl.

.. wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung durch öffentliche Verkündung am 19. August 1994 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24, § 45 Abs.1 Z1 erster Fall, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1, § 51g und § 51i; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z4 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 schuldig erkannt: Er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer der KFZ-Werkstätte M. Gesellschaft m.b.H. in L., gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 zu verantworten, daß von dieser Gesellschaft im genannten Standort zumindest am 8. Juli 1992 die in der Form eines PKW-Servicebetriebes mit näher bezeichnetem Bescheid vom 1.

März 1983 gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage nach Durchführung von gemäß § 81 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 genehmigungspflichtigen Änderungen durch die Hinzunahme von Spenglerarbeiten sowie Arbeiten mit dem Trennschleifer im Freien betrieben worden sei, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vorgelegen wäre, obwohl die angeführten Änderungen geeignet seien, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

Deswegen wurde über den Berufungswerber (allerdings ohne Angabe der Strafnorm gemäß § 44a Z3 VStG) eine Geldstrafe in der Höhe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: sieben Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die bei der Strafbehörde mit dem Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens eingebrachte Berufung. Begründend wird der dem Schuldspruch zugrundegelegte Sachverhalt vor allem hinsichtlich der Arbeiten im Freien bestritten. Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung, jedenfalls aber eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Durchführung weiterer Beweise und seiner neuerlichen Einvernahme.

3. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt; in einer Gegenäußerung zum Inhalt der Berufung hat sie ua. darauf hingewiesen, daß nach der Aktenlage schon am 22. Juli 1988 anläßlich einer gewerbebehördlichen Überprüfung die konsenslose Änderung der involvierten Betriebsanlage in einen Karosseriespenglereibetrieb festgestellt worden sei und die Betreiber-Gesellschaft daraufhin im Frühjahr 1990 die Erteilung einer gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage beantragt habe.

4. Zufolge der Tat-Bestreitung und des ausdrücklichen Antrags in der Berufung einerseits und der Aktenlage andererseits hatte der unabhängige Verwaltungssenat in die Sache einzugehen und eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Entscheidung über die Stichhaltigkeit des Schuldspruchs anzuberaumen.

In das Beweisverfahren der am 19. August 1994 in Anwesenheit der Parteien (und des Rechtsfreundes des Berufungswerbers) durchgeführten Verhandlung ist auch der Strafakt einbezogen worden. Die im Ermittlungsverfahren der belangten Behörde beigezogen gewesenen Amtssachverständigen TOK Ing. P.

M., Ing. G.K. und TOK Ing. M.E.

waren als Zeugen geladen und wurden als solche förmlich vernommen; der Berufungswerber wurde einer Beschuldigtenvernehmung unterzogen; von der vom Berufungswerber ursprünglich beantragten Zeugenvernehmung des handelsrechtlichen Geschäftsführers der involvierten Gesellschaft wurde einvernehmlich Abstand genommen.

5. Danach ist gemäß § 51i erster Satz VStG iVm § 37 AVG als maßgebend für die h. Entscheidung festzustellen:

Durch die vom unabhängigen Verwaltungssenat aufgenommenen Beweise konnte der dem bekämpften Schuldspruch zugrundegelegte Sachverhalt (siehe oben 1.) nicht bestätigt werden. Es ist daher davon auszugehen, daß am 8. Juli 1992 nur dieser Tatzeitpunkt ist Sache iSd § 66 Abs.4 AVG - im angegebenen Standort eine gemäß dem Schuldspruch geänderte Betriebsanlage weder durch Spenglerarbeiten noch durch Arbeiten mit dem Trennschleifer im Freien tatsächlich betrieben worden ist.

6. Darüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Nach § 81 Abs.1 GewO 1973 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Zufolge § 74 Abs.2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 dieser Vorschrift angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

6.1.2. Wie sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 - ändert oder nach der Änderung betreibt - ergibt, enthält diese Gesetzesstelle zwei alternative Straftatbestände. Die belangte Behörde stellt nun im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses darauf ab, daß die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage nach Änderung durch "Hinzunahme von Spenglerarbeiten" sowie "Arbeiten mit dem Trennschleifer im Freien" BETRIEBEN WURDE. Hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals hat der unabhängige Verwaltungssenat die entsprechende Aussage im Schuldspruch so verstanden, daß damit - auch unter (bloß interpretativer und insoweit gebotener; vgl. VwGH 21.5.1984, 82/10/0111) Zuhilfenahme der Begründung des Straferkenntnisses (Seite 2, zweiter Absatz) - das Tatverhalten im Lichte des § 44a Z1 VStG gerade noch hinreichend dargestellt ist (andernfalls nämlich wäre das angefochtene Straferkenntnis schon ohne weiteres wegen ungenügender - und vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht sanierbarer - Tatkonkretisierung aufzuheben gewesen; vgl. die Ausführungen des VwGH zu einem hier vergleichbaren Fall im Erk. vom 26.4.1994, 93/04/0243).

6.2.1 Gerade aber jene Sachverhalte, auf die der Schuldspruch nach dem zuvor Gesagten die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals des BETREIBENS stützt, haben sich als nicht erweislich herausgestellt. Alle drei (sachverständigen) Zeugen, die zu den näheren Umständen des von ihnen am 8. Juli 1992 im Auftrag der Gewerbebehörde im Betrieb der verfangenen Gesellschaft durchgeführten Augenscheins vernommen wurden, gaben - im übrigen jeder für sich glaubwürdig und widerspruchsfrei - im wesentlichen an, sich an Wahrnehmungen über an diesem Tag stattgefundene Spenglerarbeiten sowie an diesem Tag stattgefundene Arbeiten mit dem Trennschleifer im Freien (konkret) nicht (mehr) erinnern zu können.

Des näheren waren vor allem folgende Aussagen für die Tatfrage als entscheidend zu berücksichtigen:

Zeuge Ing. M.: "Auf die Frage, welche Wahrnehmungen er getätigt hat, die zur Feststellung geführt haben, es seien Spenglerarbeiten vorgenommen worden, gibt der Zeuge an:

Konkret kann ich mich daran nicht erinnern. Auch daran, daß an diesem Tag, 8.7.1992, Trennschleiferarbeiten im Freien während des Rundgangs im Zuge des Augenscheins vorgenommen wurden, habe ich keine Erinnerung mehr."; Zeuge Ing. E.: "Ich kann mich erinnern, daß im Freien zumindest ein Fahrzeug gestanden ist, an dem Blechteile gefehlt haben. Ob aber Spenglerarbeiten an diesem Fahrzeug oder an anderen Fahrzeugen stattgefunden haben, daran kann ich mich nicht erinnern. Daß im Freien mit dem Trennschleifer gearbeitet worden wäre, habe ich nicht wahrgenommen; ich verbessere: Ich kann mich nicht erinnern, das wahrgenommen zu haben."; Zeuge Ing. K.: "So kann ich mich an einen PKW im Hofbereich erinnern, an dem zu diesem Zeitpunkt bereits Schweißarbeiten durchgeführt waren. Das habe ich daraus geschlossen, daß das Auto unlackiert war. Zumindest an Stellen, wo Reparaturbleche angesetzt wurden. Daß ein bestimmter Karosserieteil ein Reparaturblech ist, ist für mich ohne weiteres zu erkennen; solche Teile können selbstgefertigt sein oder im Handel erhältliche Reparaturbleche. An andere Umstände, die mich zur Annahme veranlaßt haben, daß ich hier einen PKW-Reparaturbetrieb vorfinde, kann ich mich konkret jedoch nicht erinnern.

Über Befragung durch den Beschuldigtenvertreter gebe ich an, daß der zweite Satz unter Punkt 1. in dem von mir verfaßten Amtsbericht vom 9.7.1992, nämlich: "Die Firma M. führt an Personenkraftfahrzeugen Spenglerarbeiten sowie mechanische Reparaturen durch", eigentlich das Ergebnis aus meinen Beobachtungen im Zuge des Rundganges darstellt.

Auf die dezidierte Frage des Vorsitzenden, ob der Zeuge am 8.7.1992 im Zuge des Rundganges Arbeiten mit dem Trennschleifer im Freien wahrgenommen hat, gibt er an, daß er sich an solche Arbeiten nicht erinnern kann." Die insoweit bezüglich Spenglerarbeiten getroffenen Aussagen der Zeugen Ing. E. und Ing. K. würdigt der unabhängige Verwaltungssenat als für den Nachweis von am Tag des Augenscheins (8. Juli 1992) stattgefundenen solchen Arbeiten zu vage, sodaß auch diesbezüglich - zumindest im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers - von der Nichterfüllung des Tatbestandsmerkmals des BETREIBENS auszugehen war.

6.2.2. Im Lichte dieses Beweisergebnisses muß der im Strafakt einliegende, für die Sachverhaltsfeststellung durch die belangte Behörde grundlegend gewesene Amtsbericht vom 9.

Juli 1992, mit dem die Zeugen in der Vernehmung konfrontiert wurden, weniger als eine Beschreibung tatsächlicher Wahrnehmungen, sondern - auch in seinem Befund-Teil - als bloße Mitteilung von Schlußfolgerungen aus nicht näher beschriebenen Beobachtungen gewertet werden. Schon deswegen bleibt der Beweiswert dieses insoweit mit Schlüssigkeitsmängel behafteten Amtsberichts klar hinter jenem der vorhin dargestellten Zeugenvernehmungen zurück.

6.3. Im übrigen konnten die im Strafakt mehrfach (bloß) erwähnten, jedoch nicht dokumentierten Nachbarbeschwerden wegen Lärmbelästigung (als Folge von in dieser Betriebsanlage vorgenommenen und als Änderungssachverhalt beschriebenen Arbeiten), die vom Berufungswerber bestritten wurden, auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht verifiziert werden.

7. Zusammenfassend steht in diesem Fall als Ergebnis des vor dem unabhängigen Verwaltungssenat geführten Verfahrens fest, daß die dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann. Das Straferkenntnis war daher aufzuheben; gleichzeitig war aus diesem Grund die Einstellung zu verfügen.

8. Die Aufhebung und Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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