Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220804/22/Schi/Ka

Linz, 18.05.1995

VwSen-220804/22/Schi/Ka Linz, am 18. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichter: Dr. Schieferer; Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des L S, vertreten durch RAe gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.10.1993, Ge-96/347/1992/Eich, wegen einer Übertretung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 15.5.1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe vollinhaltlich bestätigt.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist ein Betrag von 3.000 S, ds 20 % der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1991, iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991; zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber schuldig erkannt, er habe es als für die Baustelle "F" in Innsbruck zuständiger Bauleiter und somit verantwortlicher Bevollmächtigter gemäß § 31 Abs.2 des ASchG des Arbeitgebers "S BaugesmbH" mit dem Sitz in E, zu vertreten, daß in I K/U, F, am 2.6.1992, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Innsbruck anläßlich einer Kontrolle festgestellt wurde, 1) mit den Abbrucharbeiten am Kasernengebäude begonnen wurde, ohne daß vor Beginn dieser Arbeiten die Arbeitsweise unter Berücksichtigung der Sicherheitsmaßnahmen festgelegt worden war, obwohl gemäß § 65 Abs.1 der BAV Abbrucharbeiten nur durchgeführt werden dürfen, nachdem der Bauzustand des Objektes von einer fachkundigen Person, die über hinreichende Fachkenntnisse auf dem Gebiete der Statik verfügt, eingehend untersucht worden ist; aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchung ist die Arbeitsweise für die Abbrucharbeiten festzulegen, desweiteren sind die für die Durchführung dieser Arbeiten notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu treffen; 2) der Abbruch eines Teiles der nördlichen Außenmauern des Nordtraktes mittels Unterhöhlen mit dem Bagger, Fabrikat O+K, RH11LC, erfolgte, wobei aufgrund der zu geringen Auslegerlänge des Baggers (ca. 8 bis 10 m) und der Traufenhöhe des Gebäudes von ca. 17 m der Baggerfahrer durch einstürzendes Mauerwerk gefährdet war, obwohl gemäß § 67 Abs.4 der BAV der Abstand zwischen den durch Dienstnehmer bedienten maschinellen Einrichtungen und den umzulegenden Bauteilen so groß sein muß, daß Dienstnehmer durch herabfallende Bauteile nicht gefährdet werden können.

Der Berufungswerber habe dadurch 1) § 65 Abs.1 der BAV, BGBl.Nr. 267/1954 idgF iVm § 33 Abs.1 lit.a Z12, § 33 Abs.7 und § 31 Abs.2 lit.p des ASchG, BGBl.Nr. 234/1972 idgF; 2) § 67 Abs.4 der BAV iVm § 33 Abs.1 lit.a Z12, § 33 Abs.7 und § 31 Abs.2 lit.p des ASchG verletzt; deswegen wurden über ihn Geldstrafen zu 1) in Höhe von 5.000 S (zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und zu 2) von 15.000 S (sechs Tage Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung eingebracht und ausdrücklich erklärt, daß Punkt 1) unbekämpft bleibe und sich die Berufung lediglich gegen Punkt 2) richte. Die Berufung bestreitet hinsichtlich Punkt 2) des Straferkenntnisses die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, daß der Berufungswerber zwar für die gegenständliche Baustelle "zuständig" gewesen sei, jedoch wäre für diese Baustelle in Innsbruck ein eigener örtlicher Bauleiter bestellt gewesen, nämlich M T Trimmel. Dieser gebe auch in seiner Zeugenaussage an, daß er der örtliche Bauleiter der Baustelle Fennerkaserne gewesen sei und ihn in dieser Funktion die Leitung dieser Baustelle vor Ort übertragen war. Wenn auch Punkt 1) des Straferkenntnisses den Berufungswerber quasi als Vorgesetzten des örtlichen Bauleiters treffe, so sei jedoch der Tatbestand der den Punkt 2) des Straferkenntnisses zugrundeliege, anders gelagert. Es handle sich hiebei um eine Baumaßnahme, die ausschließlich vor Ort gesetzt werde und die in die Aufgaben des örtlichen Bauleiters, der sich somit immer an der Baustelle befindet, falle. Der örtliche Bauleiter, der, wie auch der Zeuge T ausdrücklich erklärte, die Anordnungs- und Weisungsbefugnis über die Arbeitnehmer an der Baustelle gehabt hätte, bestimme, wann eine Arbeit begonnen werde, ob ein Gerät eingesetzt werde, wie es eingesetzt werde und ob, wie im gegenständlichen Fall, die Arbeiten wieder abgebrochen werden müßten. Aus der Aussage des Zeugen T ergebe sich, daß er bereits angeordnet hätte, daß die Bauarbeiten eben wegen des zu kurzen Auslegers des Baggers wieder eingestellt würden, als die Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat erfolgte und somit noch vor der Zustellung des Bescheides des Arbeitsinspektorates Innsbruck die Arbeiten bereits eingestellt gewesen seien. Dies mache deutlich, daß der örtliche Bauleiter für das gegenständliche Faktum der Bevollmächtigte gemäß § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz sei. Die Übertragung der örtlichen Bauleitung umfasse selbstverständlich die Überwachung der Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen und somit sei der örtliche Bauleiter mit den entsprechenden Anordnungs- und Weisungsbefugnissen ausgestattet gewesen. Dem entsprechend habe sich Herr T auch ausdrücklich als der örtliche Bauleiter bezeichnet, sodaß es unverständlich sei, wieso bei diesen Beweisergebnissen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt sei, daß der Beschuldigte der verantwortliche Bevollmächtigte für dieses Faktum sei, da es notwendig sei, daß der Beschuldigte als Abteilungsleiter für die ihm unterstehenden Baustellen örtliche Bauleiter bestelle. Im übrigen erscheine unter Bedachtnahme auf die Vormerkungen des Beschuldigten die verhängte Strafe überhöht, wenn man bedenke, daß er auf das Geschehen an sich überhaupt keinen Einfluß gehabt hätte und auch keinen hätte nehmen können, da der Umstand, daß ein unrichtiges Gerät an der Baustelle angeliefert worden sei, nicht voraussehbar gewesen sei. Es werde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis in seinem Punkt 2 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

1.3. Das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck hat mit Schreiben vom 20.1.1995 zu den Berufungsausführungen bemerkt, daß aufgrund der untergeordneten Stellung im Betrieb der örtliche Bauleiter Manfred Trimmel einen solchen mit großen Kosten verbundenen Austausch eines Baggers keinesfalls veranlassen hätte können. Ihm könne daher der Status eines Bevollmächtigten keinesfalls zuerkannt werden. Insofern der Berufungswerber ausführt, er sei zum Tatzeitpunkt Abteilungsleiter des Unternehmens gewesen, könne kein Zweifel an seiner Vollmacht für die in Rede stehende Tätigkeit bestehen.

In einer Äußerung vom 10.3.1995 hat dazu der Berufungswerber Stellung genommen und im wesentlichen wiederum deponiert, daß der Zeuge Trimmel, dem die Leitung der Baustelle vor Ort oblag, gegenüber den Arbeitnehmern anordnungs- und weisungsbefugt gewesen sei.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung wurde nicht Gebrauch gemacht. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist eine Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidung zuständig.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt sowie durch Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Mai 1995, zu der neben den Verfahrensparteien sowie dem Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck als Partei auch die Zeugen Ing. RR. F E und M T geladen und einvernommen wurden.

3. Vom unabhängigen Verwaltungssenat wird im Grunde dieser mündlichen Verhandlung folgender entscheidungsrelevanter erwiesener Sachverhalt festgestellt:

3.1. Die Firma S GesmbH Hoch- und Tiefbau in E, wurde beauftragt, Abbrucharbeiten an der ehemaligen Fenner-Kaserne in Innsbruck durchzuführen. Für die Durchführung der Arbeiten am Bauvorhaben "Abbruch F-Kaserne Innsbruck" zeichnet der Berufungswerber als Abteilungsleiter für Hoch- und Industriebau sowie Abbrucharbeiten verantwortlich; neben dieser Baustelle war der BW damals für eine ganze Reihe weiterer Baustellen verantwortlich. Die gegenständliche Baustelle hat der BW ca alle ein- bis zwei Wochen kontrolliert. Von der Firmenleitung (Prokurist K) wurde M T allgemein - mit seinem Einverständnis - mit der Übernahme dieser Baustelle betraut. Von der Firmenleitung wurde für die Durchführung dieser Arbeiten von einem Schweizer Unternehmen ein Bagger O+K RH 11 mit einer Auslegerlänge von 13,5 m + Löffeleinrichtung geordert. Durch eine Fehldisposition des Subunternehmers wurde ein Bagger mit nur 10,5 m Ausleger angeliefert. Es wurden deshalb die Abbrucharbeiten zunächst begonnen, aber aufgrund der zu geringen Reichweite des Baggers wurde geplant, die Arbeiten mit diesem Bagger einzustellen bzw wurde unverzüglich der Austausch des Baggers gegen den letztlich eingesetzten RH 20 mit Auslegerlänge von 22 m angeordnet. Diese Anordnungen wurden von der Firmenleitung getroffen. Der Zeuge M T Trimmel hat, nachdem er festgestellt hatte, daß ein zu kurzer Bagger angeliefert worden war, die Firmenleitung telefonisch davon verständigt und ersucht, daß ein geeigneteres Gerät beigestellt werde. Dennoch wurde mit dem Bagger O + K, RH 11 LC vorläufig weitergearbeitet. Am 2.6.1992 um 9.30 Uhr hat der Zeuge Ing. F E als Organ des AI für den 14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck die Baustelle F Kaserne, K/U in Innsbruck kontrolliert und dabei festgestellt, daß an der nördlichen Außenwand des Nordflügels Abbrucharbeiten mit dem Löffelbagger O + K RH 11 LC durchgeführt wurden, wobei infolge der Gebäudehöhe (bis zur Traufe ca. 17 m) und der geringen Auslegerlänge des Baggers das Mauerwerk unterhöhlt und so zum Einsturz gebracht wurde. Da durch einstürzende Bauteile eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Baggerfahrers und allenfalls weiterer Arbeitnehmer gegeben war, wurde vom Arbeitsinspektorat verfügt (mit Bescheid vom 2.6.1992, Zl.0690/1-14/92/Eb) daß diese Abbrucharbeiten sofort einzustellen sind.

Die Gesamtverantwortung für die gegenständliche Baustelle lag beim Berufungswerber als Bevollmächtigtem; der Zeuge M T war lediglich örtlicher Bauleiter an dieser Baustelle. Als solcher hatte er zwar faktische Anordnungsund Weisungsbefugnisse über die auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer. Allfälligen Verstößen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften hätte er durch Verweis von der Baustelle bzw. durch Meldung an die Firmenleitung oder an den BW begegnen müssen. Im konkreten Fall wäre ihm ein Austausch des Baggers kraft seiner Stellung nicht möglich gewesen.

Demgegenüber war dem Berufungswerber als Abteilungsleiter die gegenständliche Baustelle verantwortlich übertragen worden. Die Bevollmächtigung wird solchen Personen schon aufgrund ihrer Leitungsfunktion bei der Anstellung ins Angestelltenverhältnis übertragen. Diese beinhaltet auch generell die Überwachung der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sowie entsprechenden Anordnungsbefugnisse. Eine konkrete Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten bzw eine gesonderte Bauleitervollmacht erfolgte daher nicht. Der Berufungswerber war somit als Bevollmächtigter gemäß § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz anzusehen, zumal er mit dieser Funktion einverstanden war (indem er die Baustelle übernahm) und da er auch die entsprechenden Anordnungs- und Weisungsbefugnisse innehatte. Kontrolliert hat der BW diese Baustelle etwa alle ein- bis zwei Wochen. Vom gegenständlichen Vorfall hat er nicht einmal durch eigene Kontrolle, sondern erst durch Mitteilung seitens der Firmenleitung, nämlich vom Prokuristen K, Kenntnis erlangt.

3.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen stützen sich im wesentlichen auf die Aussagen des einvernommenen Berufungswerbers, weiters auf die zeugenschaftlichen und glaubwürdigen Aussagen des örtlichen Bauleiters M T und auf die Aussagen des Zeugen Ing. F E.

4. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ANSchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 33 Abs.1 Z12 ANSchG bleibt die Verordnung vom 10.11.1954, BGBl.Nr.267, über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, (bis zu einer Neuregelung des betreffenden Gebietes durch eine aufgrund von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung im bisherigen Umfang) als Bundesgesetz in Geltung (im folgenden kurz: Bauarbeitenschutzverordnung - BAV).

Gemäß § 33 Abs.7 ANSchG gelten bei Zuwiderhandlung gegen die im Abs.1 genannten Rechtsvorschriften die Bestimmungen des § 31 sinngemäß. Dies gilt auch hinsichtlich der im Abs.2 genannten Rechtsvorschriften, soweit es sich um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt. Soweit es sich nicht um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt, gelten Zuwiderhandlungen gegen die im Abs.2 genannten Rechtsvorschriften als Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung.

4.2. Gemäß § 67 Abs.4 Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr.267/1954 idF BGBl.Nr.39/1974, muß der Abstand zwischen dem durch Dienstnehmer bedienten maschinellen Einrichtungen und den umzulegenden Bauteilen so groß sein, daß Dienstnehmer durch herabfallende Bauteile nicht gefährdet werden können.

4.3. Wie sich aus dem Sachverhalt unter Punkt 4 ergibt und vom Berufungswerber auch nicht bestritten wurde, wurde zum Tatzeitpunkt am 2.6.1992 auf der Baustelle "F-Kaserne" Innsbruck der Abbruch eines Teiles der nördlichen Außenmauern des Nordtraktes mittels Unterhöhlen mit dem Baggerfabrikat O+K, RH 11 LC, durchgeführt, wobei aufgrund der zu geringen Auslegerlänge des Baggers (ca. 8 bis 10 m) und der großen Traufenhöhe des Gebäudes von ca. 17 m, sodaß der Baggerfahrer und allenfalls weitere sich dort befindliche Arbeitnehmer durch allenfalls einstürzendes Mauerwerk gefährdet waren. Es wurde daher jedenfalls der objektive Tatbestand verwirklicht.

4.4. Zur Verantwortlichkeit:

Hier ist zunächst auf die diesbezügliche Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zu verweisen. Vollkommen zu Recht hat hier die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß nach dem Wortlaut des § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz neben dem Arbeitgeber auch dessen sogenannter Bevollmächtigter für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verantwortlich sein kann. Entsprechend der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes müssen bei der Bestellung eines Bevollmächtigten nach § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz die strengen Voraussetzungen des § 9 Abs.4 VStG (zB die nachweisliche Zustimmung) nicht eingehalten werden, sodaß keine Identität zwischen den verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 und 4 VStG und den Bevollmächtigten gemäß § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz besteht. Für eine derartige Bestellung reicht es aus, wenn der Bevollmächtigte mit seinem Einverständnis vom Arbeitgeber mit der Überwachung der Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen betraut und von diesem mit den entsprechenden Anordnungs- und Weisungsbefugnissen zu ihrer Durchsetzung ausgestattet worden ist. Diese Voraussetzungen treffen auf den Berufungswerber zu. Als Abteilungsleiter der S GesmbH für Hoch- Tiefbau und Abbruch war er für die Leitung der unterhaltenen Baustellen verantwortlich und verfügte daher auch über entsprechende Anordnungs- und Weisungsbefugnisse (VwGH 25.2.1988, Zl.87/08/0240). Er hätte sogar die Möglichkeit gehabt, im Notfall selbst den Austausch des Baggers bei der Schweizer Firma zu veranlassen. Während somit der Berufungswerber jedenfalls aus diesen Gründen strafrechtlich verantwortlich war, kam dem Zeugen Trimmel keinerlei Stellung als Bevollmächtigter im Sinne des § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz zu, mangels entsprechender Anordnungs- und Weisungsbefugnisse.

4.5. Zum Verschulden:

Die Berufung bestreitet weiters ein Verschulden des Berufungswerbers. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2. April 1990, Zl.

90/19/0078).

Werden sohin Verstöße gegen arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften ohne Wissen und Willen des Bevollmächtigten begangen, so ist dieser gleichwohl strafbar, wenn er nicht solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen (VwGH 30.3.1982, Zl.81/11/0080). Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei vom Bevollmächtigten das bezügliche Kontrollsystem darzulegen ist. Von der Darlegung eines solchen Kontrollsystems kann im gegenständlichen Fall keine Rede sein, zumal selbst dann, wenn man zugunsten des BW von wöchentlichen Kontrollen ausgeht, diese stichprobenartigen Besuche keine ausreichende Kontrolle im beschriebenen Sinn darstellen.

5. Zur Strafbemessung:

5.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

5.2. Der Berufungswerber wendet sich hilfsweise auch gegen die Höhe der verhängten Strafe mit der äußerst allgemein gehaltenen Behauptung, daß er auf das Geschehen an sich überhaupt keinen Einfluß gehabt hätte und der Umstand, daß ein unrichtiges Gerät an die Baustelle ausgeliefert werde, nicht voraussehbar gewesen sei; deswegen erscheint dem Berufungswerber - auch im Hinblick auf die einschlägige Vormerkung - die Strafe überhöht.

5.3. Obgleich die belangte Behörde dies nicht ausdrücklich dartut, bewertet sie im Zuge ihres Strafbemessungsverfahrens den Unrechtsgehalt der Tat im Sinne des § 19 Abs.1 VStG mit zutreffender Begründung als erheblich. Dazu kommt noch, daß gerade die Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel haben; derartige Verstöße sind daher mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, da hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

Die belangte Behörde hat im Sinne des § 19 Abs.2 VStG als Ausmaß des Verschuldens zu Recht Fahrlässigkeit angenommen.

Der Berufungswerber hat somit keine ausreichende eigene Überwachung der Baustelle vorgenommen und andererseits aber auch nicht für eine, derartig eklatante Sicherheitsmängel ausschließende, Überwachung des örtlichen Bauleiters vorgesorgt und eine solche Überwachung auch nicht gehandhabt. Als ein für das Betreiben von Baustellen verantwortlicher Bevollmächtigter ist von seiner Befähigung zur erhöhten Sorgfaltsübung auszugehen und ihm rechtmäßiges Verhalten zuzumuten, sodaß er sich in seinem, vom Durchschnitt sich abhebenden Verantwortungsbereich einen nicht bloß geringfügigen Sorgfaltsmangel anrechnen lassen muß.

5.4. Die belangte Behörde ist - mangels Angaben des Berufungswerbers - von einer Einschätzung des Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ausgegangen; dabei wurde angenommen, daß der Berufungswerber über kein Vermögen verfügt, ihn keine Sorgepflichten treffen und sein monatliches Nettoeinkommen 25.000 S beträgt. Daran hat sich auch im Berufungsverfahren nichts geändert. Im Hinblick auf diese Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse und im Hinblick auf die rechtskräftige Vorstrafe des Berufungswerbers war das von der belangten Behörde verhängte Strafausmaß tat- und schuldangemessen und erscheint auch geeignet, ihn in Hinkunft von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

Insgesamt kann somit keinesfalls von einem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden, sodaß die Anwendung des § 21 VStG von vornherein ausgeschlossen erscheint. Der erhebliche Unrechtsgehalt der Tat sowie die einschlägige Vorstrafe des BW verhindern auch eine Strafherabsetzung.

6. Da in jedem Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, ds 3.000 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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