Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220853/8/Schi/Ka

Linz, 27.06.1995

VwSen-220853/8/Schi/Ka Linz, am 27. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des F S, p.A. Reisebüro und Autobusbetrieb GmbH, 4600 W, M, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. P P und Dr. I P, W, Estraße , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels (Magistrat Wels) vom 10.

Jänner 1994, MA2-Ge-4042-1993, wegen Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Strafaussprüche zu sämtlichen unter A bis D angeführten Fakten ersatzlos aufgehoben werden. Ebenso hat der vorgeschriebene Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10.900 S zu entfallen.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1991, iVm § 24, § 19, § 44a Z3, § 51 Abs.1 und 6, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991; zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Stadt Wels vom 10.1.1994, MA2-Ge-4042-1993 Ste, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, es als Verantwortlicher gemäß § 9 VStG für den Bereich "Disposition Fahrer", der Firma Reisebüro und Autobusbetrieb GmbH, W, Mstraße , zu vertreten, daß im einzelnen in den Punkten A bis D namentlich angeführte Lenker dieses Betriebes zu ungesetzlichen Arbeitsleistungen herangezogen worden sind (A: Überschreitung der Einsatzzeit von max. 14 Stunden bzw 17 Stunden bei Besetzung des Fahrzeuges mit zwei Lenkern; B: Überschreitung der Lenkzeit von max. 8 Stunden in der Einsatzzeit; C: Unterschreitung der Ruhezeit von mind. 10 Stunden; D: Nichtgewährung der Lenkpause - mind. 30 Minuten - nach 4 Stunden Lenkzeit).

1.2. Der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses erfolgte zu lit.A unter Z1 bis Z17 und zu lit.B unter Z1 bis Z23 je nach Dauer der Überschreitung der Lenkzeit; hinsichtlich lit.C unter Z1 bis Z11 je nach Dauer der Unterschreitung der Ruhezeit und hinsichtlich lit.D unter Z1 bis Z3 je nach Dauer der Überschreitung der Lenkzeit ohne Gewährung einer Lenkpause, differenziert mit Strafbeträgen von mindestens je 1.000 S bis maximal 3.000 S, insgesamt 109.000 S; für diese zusammengezählte Geldstrafe von 109.000 S wurde gemäß § 28 Abs.1 Arbeitszeitgesetz eine (Gesamt) Freiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt.

1.3. Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte mit Schriftsatz vom 28. Jänner 1994 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu das Verfahren selbst oder durch Zurücküberweisung zu ergänzen und die angebotenen Beweise aufzunehmen, wobei an Kosten für den Schriftsatzaufwand 7.340 S verzeichnet wurden.

2.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

2.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil in den einzelnen Fällen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

2.3. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

3. Die Berufung wurde in Wahrung des Parteiengehörs dem AI :

für den 19. Aufsichtsbezirk mit Schreiben vom 16.2.1994 zur Kenntnis gebracht; das AI für den 19. Aufsichtsbezirk in Wels hat mit Schreiben vom 4.3.1994 mitgeteilt, daß lediglich auf die Berufung des AI vom 8.2.1994 hingewiesen wird.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat; 2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; 3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung; 4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche; 5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

Gemäß § 51 Abs.6 VStG darf aufgrund einer vom Beschuldigten oder zu seinen Gunsten erhobenen Berufung keine höhere Strafe verhängt werden, als im angefochtenen Bescheid.

4.2. Wie sich aus Punkt 1.1. ergibt, hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall die unter A - D angeführten Verwaltungsübertretungen mit verschiedenen Geldstrafen in der Höhe von je 1.000 S, 1.500 S, 2.000 S oder 2.500 S geahndet; als Ersatzfreiheitsstrafe für die Gesamtsumme aller verhängten Geldstrafen von 109.000 S wurde jedoch eine "Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt zwei Wochen verhängt." 4.3. Diese Vorgangsweise widerspricht aber der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat schon - insbesondere seit der Novelle BGBl.Nr.231/1988 - in mehreren Erkenntnissen (vgl.

13.12.1990, Zl.90/09/0170, 17.1.1991, Zl.90/09/0154 und 90/09/0135) ausdrücklich ausgesprochen, daß bei mehreren Verwaltungsübertretungen die Verhängung von bloß einer Gesamtstrafe unzulässig ist und diese Vorgangsweise auch dem Gesetz widerspricht. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof die Unzulässigkeit der Festsetzung einer einheitlichen Ersatzarreststrafe für mehrere Verwaltungsübertretungen ausgesprochen (vgl. Erk. vom 19.2.1993, Zl.92/09/0307 und vom 23.2.1994, Zl.93/09/0173).

4.4. Darüber hinausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof in einem jüngst bekannt gewordenen Erkenntnis vom 30.6.1994, Zl.94/09/0049 (betreffend das h. Erkenntnis vom 18.1.1994, VwSen-250.204) in einem gleichgelagerten Fall ua ausgesprochen, daß sich dem erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht entnehmen läßt (auch nicht in Verbindung mit seiner Begründung), wie die verhängte Gesamtstrafe (damals 20.000 S) auf die seinerzeit zur Last gelegten beiden Verwaltungsübertretungen aufzuteilen ist; deshalb gibt es keinen Maßstab für die Aufteilung der Strafen auf die einzelnen Fakten, insbesondere im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius gemäß § 51 Abs.6 VStG. Diese Folge einer Fehlleistung der Behörde erster Instanz kann jedenfalls von der Berufungsbehörde nicht mehr korrigiert werden; sie hat in diesem Fall den Strafausspruch ersatzlos aufzuheben. Eine Neufestsetzung der Strafe für die aufrechterhaltenen Verwaltungsübertretungen durch die belangte Behörde würde dem Gesetz widersprechen. Der Verwaltungsgerichtshof hat deshalb das obzitierte h.

Erkenntnis vom 18. Jänner 1994 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

4.5. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Da somit eine Sanierung durch entsprechende Aufteilung (die im übrigen fast unmöglich wäre, allein schon ziffernmäßig wegen der verschiedenartigen Höhe der einzelnen Geldstrafen) und auch deshalb, um das Verbot der reformatio in peius nicht zu verletzen. Aus diesem Grund war der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

II. Der Ausspruch über den Entfall von Kostenbeiträgen zum Strafverfahren ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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