Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221055/9/Kon/Fb

Linz, 13.10.1995

VwSen-221055/9/Kon/Fb Linz, am 13. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des G I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Juli 1994, Ge96-100-1994/Tr, wegen Übertretung der Bauarbeitenschutzverordnung (BArbSchV), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf 7.500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 2 Tagen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 750 S herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG des Arbeitgebers 'G. I, Dachdeckerei und Spenglerei Gesellschaft m.b.H.', T, zu vertreten, daß am 1.3.1994 auf der Baustelle in L, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz festgestellt wurde, 4 Arbeitnehmer (Vorarbeiter Herr J H) im Zuge der Neueindeckung des do. Daches mit dem Austragen der Dachziegel auf der ca. 55 Grad geneigten Dachfäche beschäftigt wurden, wobei die Traufenhöhe ca. 7 m betrug, ohne daß in dem Bereich des Daches, wo die Dachziegel ausgetragen wurden, Schutzmaßnahmen gegen Absturz von Menschen und Materialien wie Anseilen der Arbeitnehmer und Anbringung einer Schutzblende, die geeignet ist, den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise hintanzuhalten, getroffen wurden, obwohl gemäß § 44 Abs. 2 der Bauarbeitenschutzverordnung (BArbSchV) bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und bei einer Traufenhöhe von mehr als 5 m über dem Gelände bei Neu- und Umdeckungen und bei umfangreichen Reparaturarbeiten geeignete Schutzblenden (Scheuchen) vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern; bei einer Dachneigung von mehr als 40 Grad müssen die auf dem Dach Arbeitenden außerdem stets angeseilt sein.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 44 Abs. 2 Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954 i.d.F. BGBl.Nr. 39/1974 in Verbindung mit § 31 Abs. 2 lit. p, § 33 Abs. 1 lit.a Ziff. 12 und Abs. 7 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 i.d.F. BGBl.Nr. 650/1989.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 31 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes eine Geldstrafe von S 15.000,-- verhängt, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 10 % der Strafe, das sind S 1.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher S 16.500,--.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)." Hinsichtlich des Verschuldens - nur dieses wird vom Berufungswerber bestritten - führt die belangte Behörde begründend aus, daß die bloße Erteilung von Weisungen zur Einhaltung der Vorschriften der BArbSchV und eine nur stichprobenartige Kontrolle in bezug auf deren Einhaltung, nicht ausreiche, um von einem wirksamen Kontrollsystem in bezug auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sprechen zu können. Die vom Beschuldigten vorgenommenen Kontrollen reichten offensichtlich nicht aus, um die Arbeitnehmer zu einer lückenlosen Befolgung der Bestimmungen der BArbSchV zu bewegen.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte ein, seinem Vorarbeiter J H keinen Auftrag erteilt zu haben, Dachziegel über den mit Schutzblenden gesicherten Bereich der Dachfläche hinaus auszulegen. Dies sei auch dem Organ des Arbeitsinspektorates noch auf der Baustelle mitgeteilt worden. Der Vorarbeiter H habe diesem Organ auch gesagt, diese Arbeiten ohne Auftrag durchgeführt zu haben.

In seiner protokollierten Gegenäußerung vom 12.5.1995, zu der im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholten Stellungnahme des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 7. April 1995 bringt der Beschuldigte vor, daß entgegen der Behauptung in der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates Schutzblenden in ausreichendem Umfang vorhanden gewesen wären und damit jener Teil der Dachfläche abgesichert gewesen sei, auf dem die Ziegel am Tattag zur Verlegung gelangten. Dies müsse seiner Ansicht nach aus dem vom Arbeitsinspektorat angefertigten Baustellenfoto zu ersehen sein. Er habe seinen Arbeitnehmern nicht angeschafft, Dachziegel über den durch Schutzblenden abgesicherten Bereich des Daches hinaus zu verlegen. Da es der Firma I gestattet gewesen sei, während der Bauzeit die Dachziegel auf den Gehsteigen zu lagern, hätte für ihn auch kein Anlaß bestanden, in besonderer Weise bestrebt zu sein, die gelagerten Ziegel auf das Dach zu bringen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Das Vorbringen des Beschuldigten sowohl in der Berufung als auch in seiner vorerwähnten Gegenäußerung vermag die Vorwerfbarkeit seines Verhaltens, nämlich unzureichende Kontrolle in bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen der BArbSchV, nicht zu beseitigen. Allerdings wird von ihm glaubhaft dargelegt, daß die - offenbar als arbeitsvorbereitende Maßnahme - erfolgte Dachziegellagerung, die außerhalb des durch Schutzblenden gesicherten Arbeitsbereiches erfolgte, auf ein eigenmächtiges Handeln des Vorarbeiters Josef Hinterhölzl zurückzuführen ist. Für die Glaubwürdigkeit dieser Angabe spricht, daß es dem Beschuldigten gestattet war, die zu verlegenden Dachziegel auf dem Gehsteig in der Rohrmayrstraße zu lagern und daher keine besondere Notwendigkeit bestand, diese vor Nachziehen der Schutzblenden auf das Dach zu verbringen.

Gegen den Willen des Arbeitgebers erfolgte Verstöße von Arbeitnehmerschutzbestimmungen durch Arbeitnehmer können aber nicht in solcher Schwere vorgeworfen werden, wie arbeitgeberseits gewollte und in Kauf genommene Übertretungen gleicher Art, deren Begehung auf ein offenkundiges, Unfallrisken in Kauf nehmendes Profitstreben zurückzuführen ist.

Hinzu kommt, daß Verstöße von Schutzbestimmungen, die mit eigenmächtigem Handeln von Arbeitnehmern einhergehen, wegen der geringeren Voraussehbarkeit auch bei relativ intensiver Kontrolltätigkeit schwerer hintanzuhalten sind.

Aus diesen Erwägungen heraus sah sich der unabhängige Verwaltungssenat unter Bestätigung des Schuldspruches veranlaßt, die Strafe auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen, zumal der Präventivzweck der Strafe auch diesfalls bewirkt werden kann.

Gemäß § 65 VStG waren dem Berufungswerber keine Kosten für das Berufungsverfahren aufzuerlegen, da durch die erfolgte Herabsetzung der Strafe der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben worden ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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