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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221071/5/Gu/Atz

Linz, 25.10.1994

VwSen-221071/5/Gu/Atz Linz, am 25. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des J H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Landeshauptstadt Linz vom 11.7.1994, Zl. 100-1/16-53-595, wegen Übertretung der Gewerbeordnung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 44a Z1 VStG, § 45 Abs.1 Z1 VStG, § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 idF BGBl.Nr. 29/1993, § 148 Abs.1 leg.cit., Art. I BGBl.Nr. 194/1994 iVm Art. 49a Abs.3 B-VG, § 1 Abs.2 und Abs.4 GewO 1973, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat gegen den Rechtsmittelwerber am 11.7.1994 zur Zahl 100-1/16-53-595, ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Sie haben laut Feststellung eines Erhebungsorganes des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zumindest am 16.3.1994 in L, einen Beherbergungsbetrieb i.S.d. GewO geführt, ohne für diesen Standort eine diesbezügliche Gewerbeberechtigung für die Beherbergung von Gästen erlangt zu haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs. 1 Einleitungssatz i.V.m. § 142 Abs. 1 GewO 1994 Wegen dieser Verwaltungsübetretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß ist, Ersatzarrest von S 5.000,-- 5 Tagen § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

500,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:

S 5.500,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)." Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und bezüglich der an ihn ergangenen Ausfertigung des Straferkenntnisses das Fehlen einer Unterschrift oder eines Beglaubigungsvermerkes der Kanzlei gerügt und eine mangelnde Tatsachenfeststellung, mangelndes Parteigehör und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Er habe das Objekt , Grundbuch L, mit dem Gebäude H, käuflich erworben, wobei ihm vom Veräußerer bekannt gegeben worden sei, daß in diesem Gebäude ca. 50 - wahrscheinlich türkische Staatsbürger nächtigen, denen ausschließlich eine Schlafstelle, nämlich jeweils ein Bett zur Verfügung gestellt werde. Es liege ein präkaristisches Verhältnis vor, da die Benützung jederzeitig widerrufen werden könnte. Es würden keinerlei Dienstleistungen erbracht, weshalb keine Beherbergung von Gästen im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung vorliege. Da er die Liegenschaft in einem Exekutionsverfahren gekauft habe, seien ihm die Einzelheiten der örtlichen Verhältnisse nicht richtig vertraut gewesen und beabsichtige er, die Liegenschaft weiterzukaufen. Er habe niemals daran gedacht, daß er eine Gewerbeberechtigung für das Beherbergungsgewerbe benötige, wodurch ihm kein Verschulden angelastet werden könne und die Folgen einer eventuellen Übertretung unbedeutend seien, sodaß jedenfalls die Anwendung des § 21 VStG in Betracht zu ziehen sei.

Aus all diesen Gründen beantragt er einerseits mangels Vorliegen eines Bescheides die Berufung zurückzuweisen, in eventu, seiner Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen.

Da die zu treffende Entscheidung bereits aus der Aktenlage gegeben ist, war diese ohne mündliche Verhandlung zu treffen.

Was das Fehlen einer Unterschrift oder eines Beglaubigungsvermerkes auf der, an den Beschuldigten ergangenen Ausfertigung des Straferkenntnisses anlangt, ist zu bemerken, daß die Verfahrensgesetze keinen Ausschluß der Anwendung der EDV für die Ausfertigung von Straferkenntnissen vorsehen.

Daher gilt zufolge des § 24 VStG auch die Bestimmung des § 18 Abs.4, vierter Satz AVG. Demnach genügt bei Ausfertigungen, die mittels automatisationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich.

Die Bestimmung des § 47 Abs.2 VStG, welche unter dem Titel Strafverfügungen steht und Sonderbestimmungen für den Einsatz der EDV bei Strafverfügungen näher regelt, läßt einen Umkehrschluß, daß die EDV bei Ausfertigung eines Straferkenntnisses unzulässig sei, nicht zwingend erscheinen.

Insoweit geht das Vorbringen des Rechtsmittelwerbers diesbezüglich ins Leere.

Allerdings gebieten andere zwar nur andeutungsweise angesprochene Umstände der Berufung, welche auf Nichtbestrafung wegen der Sache hinausläuft, die Behebung des Straferkenntnisses ohne weiteres Verfahren, weil die Sache weder in der Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5.4.1994) noch im angefochtenen Straferkenntnis im Sinn des § 44a Abs.1 VStG hinreichend bestimmt ist.

Die Verfolgungshandlung und der Spruch des Straferkenntnisses gebraucht nur die verba legalia "Beherbergung von Gästen" ohne den Lebenssachverhalt zu beschreiben, der eine rechtlich gebotene Abgrenzung ermöglicht. Beachtlich war auch, daß eine Gewerbeausübung von nur einem Tag (vergl. § 1 Abs.4 GewO 1973) vorgeworfen wurde.

Eine Konkretisierung erscheint im vorliegenden Fall insbesondere geboten, da neben dem gebundenen Gastgewerbe oder dem freien Gastgewerbe auch die bloße Vermietung ohne Dienstleistung in Betracht kommt.

Als Abgrenzungsmaßstab des gebundenen Gastgewerbes zum freien Beherbergungsgewerbe im Sinne des § 149 Z8 GewO 1973 gilt die Bereitstellung von mehr als zehn fremden Betten, welcher Umstand daher jedenfalls im Spruch eines Straferkenntnisses deutlich zu machen ist.

Für das Vorliegen eines (vormals konzessionierten) Gewerbebetriebes ist - so der Verwaltungsgerichtshof zumindest eine gewisse Obsorge des Vermieters für den Gast erforderlich und muß ein für einen Gewerbebetrieb üblicherweise zutreffendes Erscheinungsbild gegeben sein.

Liegt ein solches Erscheinungsbild vor, werden aber nicht mehr als zehn Fremdenbetten bereitgestellt und wird fremdes Personal hiebei beschäftigt, liegt das freie Gewerbe der Beherbergung von Gästen im Sinne des erwähnten § 149 Z8 GewO 1973 vor; werden in diesem Umfang die Tätigkeiten bzw.

Dienstleistungen durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes bewerkstelligt, ist die Tätigkeit gemäß § 2 Abs.1 Z9 GewO 1973 von der Gewerbeordnung ausgenommen.

Werden bei der Unterbringung von Personen nicht die typischerweise mit dem gebundenen Gastgewerbe verbundenen Dienstleistungen angeboten, ist eine solche Tätigkeit dem bloßen Vermieten im Sinn des Mietrechtsgesetzes zuzuordnen.

Da die belangte Behörde die aufgrund der mannigfachen Möglichkeiten gebotene Abgrenzung bzw. Konkretisierung der Tat in der Verfolgungshandlung und im Straferkenntnis unterließ und zwischenzeitig Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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