Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222051/2/Bm/Rd/Sta

Linz, 17.10.2005

VwSen-222051/2/Bm/Rd/Sta Linz, am 17. Oktober 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des E P, P, G, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 7.9.2005, Ge96-8-5-2005-BroFr, wegen Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 80 Euro, ds 20 % der im zugrunde liegenden Straferkenntnis vom 24.5.2005, Ge96-8-3-2005-BroFr, vorgeschriebenen Geldstrafe, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 iVm §§ 69 und 70 AVG iZm §§ 24 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.6 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Bescheid vom 7.9.2005, Ge96-8-5-2005-BroFr, den Antrag des E P auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens Ge96-8-2005 vom 17.8.2005 gemäß § 69 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG als unbegründet abgewiesen.

Im Wesentlichen wurde dazu ausgeführt, dass der Berufungswerber keinen dem
§ 69 Abs.1 AVG entsprechenden Grund angegeben habe, der die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würde. Die Tatsache, dass der Bescheid (gemeint wohl: die Verständigung von der Hinterlegung desselben) möglicherweise durch Entsorgen von Werbematerial verloren gegangen sei, könne keinen Grund für eine Wiederaufnahme gemäß § 69 AVG darstellen.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und sich dahingehend gerechtfertigt, dass ihm von der Post beide Schriftstücke nicht zugestellt worden seien. Er habe auch nie eine Verständigung erhalten. Schriftstücke dieser Art seien von ihm bisher immer behoben worden. Er verstehe nicht, warum ihm keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich zum Strafverfahren zu rechtfertigen.

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, zumal sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z4 VStG).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

4.1. Gemäß § 69 Abs.1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

  1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtliche strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder
  2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
  3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

4.2. Das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme stellt eine Durchbrechung des Rechtsbestandes eines Bescheides dar, auf die der Antragsteller oder die Behörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch besitzt. Im Interesse der Rechtssicherheit hat der Bundesgesetzgeber diese Voraussetzungen in § 69 Abs.1 AVG taxativ aufgezählt, soll doch auch eine individuelle Rechtsnorm Bestand haben. Die Rechtsrichtigkeit soll sich nur in den aufgezählten Fällen gegen die Rechtskraft und damit Rechtssicherheit durchsetzen.

Das Wiederaufnahmeverfahren hat sohin nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei in einem Ermittlungsverfahren oder die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels im Wege über die Wiederaufnahme eines Verfahrens zu sanieren (vgl. VwGH vom 27.7.2001, 2000/07/0240, 27.6.2002, 2002/07/0055).

Der vom nunmehrigen Berufungswerber in seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bekannt gegebene Wiederaufnahmegrund, wonach er von der Post beide Schriftstücke nicht zugestellt bekommen bzw auch nie eine Verständigung erhalten habe bzw die Verständigung möglicherweise durch Entsorgen von Werbematerial verloren gegangen sei, stellt keinen in § 69 Abs.1 AVG taxativ aufgezählten Wiederaufnahmegrund dar, sondern wirft dies vielmehr die Frage einer rechtmäßigen Zustellung auf.

Voraussetzung zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages ist, dass das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde. Das heißt, dass eine rechtswirksame Zustellung erfolgte und die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist. Diesbezüglich wird - um unnötige Wiederholungen zu vermeiden - auf die Ausführungen der belangten Behörde hiezu in der Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Im anderen Fall wäre ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens von vornherein unzulässig.

Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Ein Wiederaufnahmeantrag hat nicht nur den Wiederaufnahmegrund, sondern auch die Angaben über die Rechtzeitigkeit der Erhebung des Begehrens zu enthalten (vgl. VwGH 15.7.1986, 86/07/0079). Das Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung stellt einen verbesserungsfähigen Mangel iSd § 13 Abs.3 AVG dar.

Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist nicht zu entnehmen, wann der Berufungswerber Kenntnis von dem Vorhandensein des Beweismittels erlangt hat. Die belangte Behörde hat offenkundig verabsäumt, den Antrag des Berufungswerbers zur Mängelbehebung gemäß § 13 Abs.3 AVG zurückzustellen. Trotz dieses Versehens der belangten Behörde war für den Berufungswerber dennoch nichts zu gewinnen, da - wie bereits ausgeführt - vom Berufungswerber keine Gründe vorgebracht wurden, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden; die Vermutung, wonach die Verständigungen von einem allfälligen weiteren Zustellversuch bzw der Hinterlegung bei der Entsorgung von Werbematerial verloren gegangen seien, stellt eben keinen solchen dar.

Abschließend wird noch zur Erläuterung für den Berufungswerber ausgeführt, dass, wäre sein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens von der belangten Behörde als Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewertet worden, auch dies für den Berufungswerber nicht zielführend gewesen wäre, zumal das "Verlorengehen" von Hinterlegungsanzeigen mit dem Entsorgen von Werbematerial laut ständiger Judikatur des VwGH keinen minderen Grad des Versehens darstellt (vgl. VwGH 26.4.2000, 2000/05/0054), weshalb auch dem Wiedereinsetzungsantrag wohl nicht stattzugeben gewesen wäre. Darüber hinaus wäre bei Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages in den vorigen Stand - wie im Übrigen auch beim Wiederaufnahmeantrag - der Nachweis des Wegfalles des Hindernisses glaubhaft zu machen gewesen und wäre gleichzeitig die versäumte Handlung, gegenständlich die Berufung, nachzuholen gewesen.

Dazu kommt noch, dass ein allfälliger Antrag wegen zwischenzeitig eingetretener Verfristung (vgl. § 71 Abs.2 AVG) nunmehr zurückzuweisen wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird gemäß § 64 Abs.6 VStG einem Antrag des Bestraften auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens nicht stattgegeben, so gelten hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten sinngemäß die Bestimmungen des § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Dies hat gemäß dieser Bestimmung zur Folge, dass der Berufungswerber einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 80 Euro, ds 20 % der im zugrunde liegenden Straferkenntnis vorgeschriebenen Geldstrafe, zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bismaier

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