Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222064/7/Bm/Sta

Linz, 25.04.2006

 

 

 

VwSen-222064/7/Bm/Sta Linz, am 25. April 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn DI Dr. F S, E, G, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J G, Dr. W D. P, S, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15.11.2005, BZ. Pol-10091-2005, wegen Übertretung des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15.11.2005, BZ-Pol-10091-2005, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 139 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß
§ 4 Abs.1 Z2 iVm § 2 Abs.2 Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 370 Abs.1 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma E W S.D.C. - S- und D GmbH, G, W, zu verantworten, dass am Sonntag, den 7.8.2005 am oa. Standort ein "Shop" mit einer Verkaufsfläche von ca. 300 m2 offen gehalten wurde, obwohl Betriebsstätten an Sonntagen und Feiertagen nur für die Ausübung von unter § 2 Abs.2 Z1 bis 3 BZG fallenden Tätigkeiten offengehalten werden dürfen."

 

Die belangte Behörde begründet ihren Schuld- und Strafausspruch nach Zitierung der entsprechenden Gesetzesstellen im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Verkaufstätigkeit im gegenständlichen Shop um keine im Sinne des § 2 Abs.1 BZG erlaubte Tätigkeit handle, und somit das Offenhalten am Tatsonntag nicht mit § 2 Abs.2 BZG vereinbar sei. Dies werde vom Beschuldigten auch grundsätzlich nicht geleugnet, sondern auf den Betriebsanlagenbescheid verwiesen. Durch einen Betriebsanlagenbescheid könne aber niemals in andere Rechtsmaterien eingegriffen und somit auch kein legitimes Offenhalten an Sonn- und Feiertagen - entgegen den Festlegungen im BZG - herbeigeführt werden. Damit ist dem Beschuldigten die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, nicht gelungen. Es sei daher auch die subjektive Tatseite als gegeben zu erachten.

Hinsichtlich der Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass weder Strafmilderungs- noch Straferschwerungsgründe zu berücksichtigen seien. Die verhängte Strafe erscheine auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, die mangels Mitwirkung des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren - wie in der Aufforderung zur Rechtsfertigung angegeben - geschätzt werden mussten, als angemessen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass das Straferkenntnis teilweise von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehe. Bei einer Besichtigung an Ort und Stelle hätte sich ergeben, dass es sich sehr wohl um einen Tankstellenverkauf handle. Dem Hinweis, dass ein Verkauf diverser Waren in Tankstellenshops nur in einer Größe von 80 m2 zugelassen sei, sei entgegenzuhalten, dass dies zumindest den faktischen Gegebenheiten widerspreche. Es gebe ausreichend Tankstellen in Wels, aber auch in anderen Städten, die wesentlich größere Verkaufsshops haben. Für die gegenständliche Tankstelle bestehe auch eine Gewerbeberechtigung mit dem gleichen Umfang wie die Betriebsanlagenbewilligung. Ausdrücklich sei von Seiten der Gewerbebehörde der Betrieb bewilligt worden, obwohl die Gewerbeberechtigung noch nicht rechtskräftig sei. Somit sei sich der Beschuldigte in keiner Weise eines verwaltungsstrafrechtlich relevanten Verhaltens bewusst. Es sei ihm die Offenhaltung durch 24 Stunden an allen Tagen der Woche genehmigt worden. Auch im gewerberechtlichen Verfahren I. Instanz habe er die Betriebsbewilligung nach Begehung ausdrücklich hiefür erhalten. Die Bestrafung wäre dann rechtens, wenn seitens der Gewerbebehörde bereits Betriebsgröße und Betriebszeit in dem im Straferkenntnis festgehaltenen Ausmaß eingeschränkt worden wäre. In
§ 157 Abs.1 GewO 1994 seien verschiedene Ausnahmen für Betriebszeiten der Tankstelle für den Verkauf an Tankstellen während der Betriebszeiten der Tankstelle gestattet und sei im Bescheid nicht festgestellt, dass Waren, die von dieser Ausnahmeregelung erfasst seien, angeboten werden. Es fehle im Bescheid jedwede Feststellung, welche Waren im Tankstellenshop des Beschuldigten angeboten würden und ob damit gegen § 157 Abs.2 Z2 verstoßen werde oder nicht.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme zu BZ-Pol-10091-2005, sowie durch Durchführung einer mit einem Lokalaugenschein verbundenen öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.3.2006, bei der der Berufungswerber und sein anwaltlicher Vertreter sowie die Vertreterin der belangten Behörde gehört wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Der Berufungswerber betreibt am Standort G, Gst. Nr. , , KG. L, ein Servicecenter mit Tankstelle und Shops, für welches mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 30.3.2005, BG-BA-66-2003Gr, die gewerbebehördliche Genehmigung erteilt wurde. Das Betriebsgelände umfasst neben Freiflächen für Lkw- und Pkw-Abstellplätze, überdachte Stellplätze (Halle) sowie Geschäfts- und Gastrobereiche. Weiters befinden sich am Betriebsgelände zwei Tankstellen, eine direkt nach der Einfahrt zum Betriebsgelände, welche über die Malvenstraße erfolgt, mit Tankstellenshop sowie ein weiterer Tankstellenbereich im eingehausten Teil (Halle) in westlicher Richtung, ca. 145 m von der alten Tankstelle entfernt. Im Hallenteil (westseitig im Anschluss an die Tankstelle im eingehausten Teil) befindet sich auch ein Geschäftsbereich mit einer Nutzfläche von ca. 200 m2. In diesem Shop werden neben Waren des üblichen Reisebedarfs vorverpackt gelieferte Lebensmittel, Kaffee, alkoholfreie Getränke, Spirituosen, Waschmittel, Tiefkühlkost, Brot sowie Obst und Gemüse angeboten. Ein Drittel der Verkaufsfläche wird ausschließlich zum Verkauf von Kraftfahrzeugzubehör herangezogen.

Der an den Tankstellen abgegebene Treibstoff kann über ein zentrales Computersystem sowohl direkt bei den Tankstellen als auch in den bestehenden Shops bezahlt werden.

Sowohl nach dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid als auch nach dem äußeren Erscheinungsbild entfällt der Hauptbetrieb auf den LKW-Einstellbereich (Servicebereich) und die Treibstoffabgabe.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes (BZG) ist die Ausübung folgender Tätigkeiten gemäß § 1 an Sonntagen und Feiertagen zulässig:

  1. Tätigkeiten,

  1. zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonntagen und Feiertagen zulässig ist oder
  2. für die gemäß § 3 bestimmte Betriebszeiten an Sonntagen und Feiertagen festgelegt sind.

 

Gemäß § 2 Abs.2 leg.cit. dürfen an Sonntagen und Feiertagen Betriebsstätten nur für die Ausübung von unter Abs.1 Z1 bis 3 fallenden Tätigkeiten offengehalten werden.

 

Gemäß § 4 Abs.1 BZG begeht eine Verwaltungsübertretung, die von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu ahnden ist, wer als Gewerbetreibender an Sonntagen oder Feiertagen

  1. eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, die nicht unter § 2 Abs.1 Z 1, 2 oder 4 fällt;
  2. entgegen § 2 Abs.2 Betriebsstätten für den Kundenverkehr offen hält.

 

Gemäß § 1 Abs.1 der Arbeitsruhegesetz-Verordnung dürfen während der Wochenend- und Feiertagsruhe Arbeitnehmer nur die in der Anlage angeführten Tätigkeiten während der jeweils angeführten Zeiträume ausüben.

Nach Abschnitt XI der Anlage zur Arbeitsruhegesetz-Verordnung fallen darunter Tankstellentätigkeiten.

 

Nach § 157 GewO 1994 wird den Betreibern von Tankstellen auch das Recht zum Kleinverkauf von in § 157 Abs.1 Z2 angeführten Waren eingeräumt.

 

Nach Abs.2 dieser Bestimmung muss bei Ausübung der Rechte gemäß Abs.1 der Charakter des Betriebes als Tankstelle gewahrt bleiben und es dürfen, soweit es sich nicht um die Ausübung des Kleinhandels mit Heizöl handelt, keine Räumlichkeiten verwendet werden, welche ausschließlich dem Kleinverkauf von Waren gemäß Abs.1 Z2 dienen. Die dem Verkauf von Waren gemäß Abs.1 Z2 gewidmete Fläche darf
80 m2 nicht übersteigen.

Im Grunde des Beweisergebnisses ist davon auszugehen, dass sich auf dem in Rede stehenden Betriebsgelände zwei Verkaufsstellen befinden, welche den sich ebenfalls auf dem Betriebsgelände befindlichen Tankstellen im Sinne des ersten Satzes des § 157 Abs.2 GewO 1994 zuzurechnen sind. Fest steht auch, dass keiner dieser Tankstellenshops die im Straferkenntnis angeführte Verkaufsfläche von ca.
300 m2 aufweist.

Gleichzeitig ist unbestritten und erwiesen, dass im Tankstellenshop, welcher sich im eingehausten Teil (Halle) befindet, andere als in § 157 Abs.2 erwähnte Waren angeboten und verkauft werden. Insofern ist der belangten Behörde zuzustimmen, als mit dieser Verkaufstätigkeit der nach § 2 Abs.1 Z1 lit. a BZG iVm der Arbeitsruhegesetz-Verordnung für zulässig erklärte Tätigkeitsumfang an Sonntagen und Feiertagen überschritten wird.

Das angefochtene Straferkenntnis war dennoch aus folgenden Gründen zu beheben.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
  2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden.

Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG.

 

Der von der belangten Behörde herangezogene Verwaltungsstraftatbestand des § 4 Abs.1 Z2 Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz enthält ua. das Tatbestandselement, dass jemand als Gewerbetreibender Betriebsstätten für den Kundenverkehr offen hält. Zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es nicht, dass entgegen § 2 Abs.2 eine Betriebsstätte offen gehalten wird, sondern muss zudem auch das Merkmal der Kundenöffentlichkeit gegeben sein. Die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat geht dahin, dass der Beschuldigte am Sonntag einen Shop mit einer Verkaufsfläche von 300 m2 offen gehalten hat. Dieser Tatumschreibung lässt sich keine ausreichende Bezugnahme auf das Offenhalten für den Kundenverkehr entnehmen.

Darüber hinaus befinden sich auf dem in Rede stehenden Betriebsanlagengelände zwei Verkaufsstellen, wobei keine dieser Verkaufsstellen die im Tatvorwurf angegebene Verkaufsfläche von 300 m2 aufweist, weshalb auch nicht unverwechselbar feststeht, welche Verkaufsstelle nun tatsächlich offen gehalten wurde.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44 a Z1 VStG. Wegen bereits abgelaufener Verjährungsfrist konnte eine entsprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht vorzuschreiben (§ 66 Abs.1 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

Beschlagwortung:

Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz

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