Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230281/2/Kei/Shn

Linz, 24.08.1994

VwSen-230281/2/Kei/Shn Linz, am 24. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der G S, wohnhaft in N, H, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. P B, D, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 28. Jänner 1994, Zl.Pol96/1/1993/Stei/He, wegen einer Übertretung des OÖ. Polizeistrafgesetzes (Oö. PolStG), zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG); § 45 Abs.1 Z2 und § 51 VStG.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von UrfahrUmgebung vom 28. Jänner 1994, Zl.Pol96/1/1993/Stei/He, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil sie "am 1.6.1992 gegen 16.20 Uhr als Halter des Schäferhundes 'Petzi' diesen nicht ordnungsgemäß beaufsichtigt" habe, "sodaß dieser Herrn K A im Hof des Hauses R in L ohne dessen Schuld angehen und verletzen" habe können. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 10 Abs.2 Oö. PolStG begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs.2 Oö. PolStG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 2. Februar 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 15. Februar 1994 der Post zur Beförderung übergebene und daher fristgerecht erhobene Berufung.

Die Berufungswerberin beantragt, daß der Berufung stattgegeben und das Verfahren allenfalls nach Beweiswiederholung und Beweisergänzung eingestellt wird, in eventu, daß das Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung behoben wird.

3. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23. Februar 1994, Zl.Pol96/1/1993/Or/He, Einsicht genommen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs.1 Oö. PolStG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung, wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, daß durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, oder gegen die auf Grund der Abs.2 und 3 erlassenen Verordnungen oder behördlichen Anordnungen verstößt. Als unzumutbare Belästigung Dritter gilt insbesondere auch die Verunreinigung von Kinderspielplätzen und ähnlichen Flächen.

Gemäß § 10 Abs.2 Oö. PolStG sind Verstöße gegen die auf Grund des § 4 erlassenen Verordnungen und Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 5 und 6 von der Bezirkshauptmannschaft, in den Städten mit eigenem Statut vom Bürgermeister, bei Übertretungen nach (ua lit.b) § 5 mit Geldstrafe bis 20.000 S zu bestrafen.

4.2. Der Vorfall hat sich auf einem, mit einem ca zwei Meter hohen Holzzaun eingefriedeten, Parkplatz ereignet, dessen Einfahrtstor geöffnet war. Der Parkplatz war frei zugänglich. Die Berufungswerberin hat sich zur Zeit des Vorfalles in der Nähe des Hundes befunden. Dem tierärztlichen Untersuchungsbefund (Untersuchung vom 1. Juni 1992, in Auftrag gegeben durch die Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Bulgariplatz) ist zu entnehmen, daß der Hund am Tag des Vorfalles "ruhig, aufmerksam, weder bösartig noch scharf, sondern gutmütig" gewesen ist. Der Anzeige vom 10. Juni 1992 ist zu entnehmen ist, daß keine Vormerkung bezüglich des Hundes vorgelegen ist.

Es wird vor dem oa Hintergrund die Auffassung vertreten, daß es nicht erforderlich gewesen ist, daß die Berufungswerberin weitergehendere Maßnahmen im Hinblick auf die Beaufsichtigung oder Verwahrung des Hundes, wie zB Verwendung eines Beißkorbes, Anbinden an eine Leine udgl, setzt.

Diesbezüglich ist eine ex-ante-Beurteilung vorzunehmen, die von der konkreten Situation auszugehen hat und auf den Zeitpunkt des Vorfalles (1. Juni 1992) zu beziehen ist. Es wird auch auf den Grenzbereich zwischen einer artgerechten Haltung von Tieren - so, daß keine Gefährdung erfolgt einerseits und Tierquälerei andererseits, hingewiesen. Im gegenständlichen Zusammenhang liegt somit eine objektive Sorgfaltswidrigkeit nicht vor, weshalb es an der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens der Berufungswerberin mangelt (siehe hiezu Kienapfel, "Strafrecht. Allgemeiner Teil", 4. Auflage, Wien 1991, insbesondere die Seiten 122-125). Wie durch den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Linz-Land mitgeteilt wurde, wurde die Anzeige im Hinblick auf den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 90 StPO zurückgelegt.

Zum Vorbringen der Berufungswerberin betreffend die Frage der Zuständigkeit des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung wird festgehalten, daß die Bestimmung des § 10 Abs.2 Oö.

PolStG eine Regelung der sachlichen Zuständigkeit darstellt.

Was die örtliche Zuständigkeit betrifft, so wird auf die Bestimmungen des § 27 Abs.1 und § 29a VStG hingewiesen. Die Übertragung der Zuständigkeit durch den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz an den Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung ist rechtmäßig erfolgt.

4.3. Es war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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