Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230358/2/Wei/Bk

Linz, 20.09.1995

VwSen-230358/2/Wei/Bk Linz, am 20. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des mj. S G, geb., H, vom 29. September 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. September 1994, Zl. Pol 96-106-1994-Fu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs 1 Z 2 iVm § 3 Abs 1 Z 1 O.ö.

Jugendschutzgesetz 1988 (LGBl Nr. 23/1988) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren als weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens S 100,-zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 6.

September 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben sich als 16-jähriger am 22.1.1994 um 04.00 Uhr in Linz in der Straßenbahn der ESG-Garnitur Nr. 44/Linie 1 ohne in Begleitung einer Aufsichtsperson zu sein, aufgehalten, obwohl Jugendlichen der Aufenthalt an allgemein zugänglichen Orten in der Zeit zwischen 24.00 Uhr und 05.00 Uhr nur in Begleitung einer Aufsichtsperson erlaubt ist." Dadurch erachtete die Strafbehörde § 3 Abs 1 Z 1 iVm § 17 Abs 1 Z 2 des O.ö. Jugendschutzgesetzes 1988 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 17 Abs 4 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 eine Geldstrafe von S 500,--.

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 50,-vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 29.

September 1994 eigenhändig übernommen hat, richtet sich die mündlich am gleichen Tag bei der belangten Behörde erhobene Berufung, mit der der Bw erschließbar die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens anstrebt.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher S a c h v e r h a l t :

2.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Anzeige vom 22.

Jänner 1994 über einen Einsatz der Funkstreife vom gleichen Tag berichtet. Während des motorisierten Streifendienstes erging um etwa 04.00 Uhr ein Einsatzbefehl, da ein Straßenbahnführer dringend die Unterstützung der Polizei benötigte. In der ESG-Garnitur 44 Linie 1 war es zwischen den Haltestellen Hauptplatz und Taubenmarkt zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen, weil der Bw und seine 4 in der Anzeige genannten Tatgenossen zugestiegene Fahrgäste beschimpft und attackiert hatten, wobei auch Verletzungen zugefügt wurden. Die Angreifer wurden von den Besatzungen der alarmierten Funkstreifen auf der Flucht gestellt. Der durch einen Faustschlag im Gesicht verletzte Student D S erkannte bei einer späteren Gegenüberstellung im Wachzimmer Landhaus den Bw und seine Begleiter als Täter wieder. Daraufhin wurden diese Personen aufgrund der glaubwürdigen Beschuldigung der Täterschaft einer Körperverletzung in verabredeter Verbindung von mindestens drei Personen nach § 84 Abs 2 Z 2 StGB gemäß § 177 iVm § 175 Abs 1 Z 1 StPO festgenommen und ins Polizeigefangenenhaus verbracht.

Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. März 1994, in der die belangte Strafbehörde die Tatanlastung im Sinne des erlassenen Straferkenntnisses vorgenommen und dem Bw angeboten hatte, eine unentgeltliche soziale Leistung anstelle einer Geldstrafe zu erbringen, hat der Bw nicht reagiert. Daraufhin erließ die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis.

2.2. Am 29. September 1994 erschien der Bw bei der belangten Behörde und erhob Berufung, in der er behauptete, daß er beim gegenständlichen Vorfall gar nicht anwesend gewesen wäre. Über Vorhalt, daß er von den Polizeibeamten sogar festgenommen worden war, blieb er dennoch bei seiner Behauptung. Die Festnahme könnte auch an einem anderen Tag stattgefunden haben und die Uhrzeit wäre sicherlich auch unrichtig, weil es ja nicht gerade um 04.00 Uhr gewesen sein mußte.

2.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung mit dem Hinweis abgesehen, daß es der Bw noch nie der Mühe wert gefunden hätte, eine Stellungnahme abzugeben. Die Angaben in der Berufung wären offensichtlich reine Schutzbehauptungen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint. Er schließt sich der Ansicht der belangten Strafbehörde an, daß es sich bei der gänzlich unsubstantiierten und halbherzigen Behauptung des Bw, er wäre nicht am Tatort gewesen, um eine offenkundige Schutzbehauptung handelt. Es ist schon kaum vorstellbar, daß die Polizeibeamten, die ihn wegen Verdachts der Täterschaft iSd § 84 Abs 2 Z 2 StGB festnahmen, nicht in der Lage gewesen wären, seine Identität richtig festzustellen.

Außerdem spricht gegen den Bw, daß er erst im Berufungsverfahren eine solche Behauptung aufstellte und im übrigen keine sinnvolle Darstellung geben konnte. Mit seiner Einlassung kann der Bw den oben dargestellten Sachverhalt nicht in Zweifel ziehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 17 Abs 1 Z 2 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht gerichtlich bestraft wird, wer eine in diesem Gesetz vorgesehene Besuchs-, Teilnahme-, Aufenthalts- oder sonstige Beschränkung nicht beachtet (§ 3 Abs 1, § 4 Abs 1, § 5 Abs 1, § 6 Abs 1 und 2, §§ 7 und 8 sowie § 9 Abs 1).

Gemäß § 3 Abs 1 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 dürfen sich Jugendliche an allgemein zugänglichen Orten in der Zeit zwischen 24.00 Uhr und 05.00 Uhr nur aufhalten, wenn sie von einer Aufsichtsperson begleitet werden (Z 1) oder wenn ein sachlich gerechtfertigter Grund für den Aufenthalt (Z 2) vorliegt.

Der Bw hat auch nach Überzeugung des erkennenden Verwaltungssenates die Verwaltungsübertretung des § 17 Abs 1 Z 2 iVm § 3 Abs 1 Z 1 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 begangen.

Sein Aufenthalt in der Straßenbahn am 22. Jänner 1994 gegen 04.00 Uhr ohne begleitende Aufsichtsperson ist durch die Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Jänner 1994 eindeutig erwiesen. Ein sachlich gerechtfertigter Anlaß für diesen Aufenthalt lag nicht vor. Vielmehr weisen die konkreten Umstände für das polizeiliche Einschreiten auf eine geistige, seelische und soziale Fehlentwicklung des Jugendlichen hin.

4.2. Nach dem ersten Satz des § 17 Abs 4 O.ö.

Jugendschutzgesetz 1988 sind Jugendliche wegen Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 mit Geldstrafe bis zu S 1.000,-- zu bestrafen, wenn keine unentgeltliche soziale Leistung erbracht wird. Bei Zuwiderhandlungen gegen bestimmte - hier nicht relevante - Verbote und bei erschwerenden Umständen sieht Satz 2 einen Strafrahmen bis zu S 5.000,-- vor. Erschwerende Umstände liegen insbesondere im Wiederholungsfall vor oder wenn der Täter aus der strafbaren Handlung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.

Auf das Angebot der Strafbehörde, anstelle einer Geldstrafe unentgeltlich eine soziale Leistung zu erbringen, hat der Bw nicht reagiert. Schon aus diesem Grund war gemäß § 17 Abs 4 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 eine Geldstrafe zu verhängen.

Abgesehen davon ist nach Lage des Falles nicht iSd § 17 Abs 2 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 anzunehmen, daß eine unentgeltliche soziale Leistung angemessen und ausreichend wäre, den jugendlichen Bw zu bessern. Die Verwahrlosung des uneinsichtigen Bw erscheint viel zu weit fortgeschritten.

Daß eine solche Leistung auch bei Beachtung der Grundsätze des § 1 Abs 1 und 2 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 nicht zielführend wäre, folgt ebenso aus den bisherigen negativen Erfahrungen der Strafbehörde mit dem Bw in anderen Strafverfahren nach dem O.ö. Jugendschutzgesetz 1988, in denen der Bw nie eine entsprechende Bereitschaft zeigte (vgl die Strafverfahren Pol 96-563-1993 = VwSen-230356/1994 und Pol 96-104-1994 = VwSen-230357/1994).

4.3. In seiner Berufung gab der Bw bekannt, daß er einen Arbeitstrainingskurs besucht und monatlich ca S 2.000,-verdient. Der Schätzung der Strafbehörde von S 500,-Taschengeld hatte er zuvor nicht widersprochen. Entgegen der Ansicht der Strafbehörde liegen nicht drei, sondern nur zwei einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen aus dem Jahr 1993 vor. Ein beliebige Vorstrafe nach dem O.ö.

Jugendschutzgesetz 1988 kann noch nicht als einschlägig angesehen werden. Die beiden einschlägigen Vorstrafen betreffen Verstöße gegen das Aufenthaltsverbot ohne Begleitung durch eine Aufsichtsperson an allgemein zugänglichen Orten nach § 3 Abs 1 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988. Diese Taten des Bw beruhen auf der gleichen schädlichen Neigung iSd § 33 Z 2 iVm § 71 StGB, nicht aber der Verstoß gegen das Alkoholverbot des § 12 Abs 1 Z 1 O.ö.

Jugendschutzgesetz im Strafverfahren Pol 96/492/1993.

Strafmildernd war allerdings kein Umstand.

Da rechtskräftige Vorstrafen vorliegen, erscheint die verhängte Strafe nicht überhöht, weil schon im gewöhnlichen Wiederholungsfall ein erschwerender Umstand liegt, der den höheren Strafrahmen des § 17 Abs 4 Satz 2 O.ö.

Jugendschutzgesetz 1988 mit einer Geldstrafe bis zur Höhe von S 5.000,-- fakultativ anwendbar macht. Der Unrechts- und Schuldgehalt war nach den konkreten Gesamtumständen beträchtlich und der Bw hat auch keinerlei Einsicht in das begangene Unrecht gezeigt. Die verhängte Geldstrafe, die eher mild erscheint, war jedenfalls notwendig, um den Bw von gleichartigen strafbaren Handlungen in Hinkunft abzuhalten.

Eine Ersatzfreiheitsstrafe war nicht festzusetzen, weil nach § 17 Abs 7 Satz 1 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 im Verwaltungsstrafverfahren gegen Jugendliche § 16 VStG nicht anzuwenden ist.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw im Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 100,--, ds. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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