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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230660/2/Kei/Shn

Linz, 13.11.1998

VwSen-230660/2/Kei/Shn Linz, am 13. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der Erlie D, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 9. Februar 1998, Zl. Sich96-1434-1996-Bu, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z3 und § 51 Abs.1 VStG. II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie hielten sich als Fremde (philippinische StA.) jedenfalls im Zeitraum vom 09.12.1995 bis 22.03.1996 unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf, da die Gültigkeit Ihres Sichtvermerkes am 08.12.1995 endete. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet war daher im angeführten Zeitraum nicht rechtmäßig. Dieser Sachverhalt wurde am 22.03.1996 um ca. 15.30 Uhr anläßlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle in J vor dem Haus Nr. 19, festgestellt." Die Berufungswerberin (Bw) habe dadurch "§ 5 iVm. mit § 15 Abs.3 Ziff.2 und § 82 Abs.1 Ziff.4 Fremdengesetz 1992, BGBl.Nr.838/1992 idgF." übertreten, weshalb sie gemäß "§ 107 Abs.1 Fremdengesetz 1997, BGBl.Nr.75/1997" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden).

2. Gegen dieses der Bw am 12. Februar 1998 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 25. Februar 1998 der Post zur Beförderung übergeben wurde und die fristgerecht erhoben wurde. Die Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor (auszugsweise Wiedergabe): Die Einschreiterin trifft an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung keine Schuld, zumal ihr beim österreichischen Generalkonsulat in München mitgeteilt wurde, daß sie sich bis zur Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung, sohin während des laufenden Ermittlungsverfahrens in Österreich, bei ihrem Mann aufhalten dürfe. Die Beschwerdeführerin ist seit 12.8.1995 mit dem österreichischen Staatsbürger Wolfgang D verheiratet. Aus der Ehe entstammt die von der Einschreiterin am 28.12.1996 in Salzburg geborene Tochter, Juana Earl D. Die eheliche Tochter lebt bei der Einschreiterin und ist die Einschreiterin für diese Tochter auch sorgepflichtig. Die Tochter besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft. Der Ehegatte der Einschreiterin, der wegen Vergehen nach dem Suchtgiftgesetz von der Polizei gesucht wird, ist aus der ehelichen Wohnung der C, ausgezogen, was die gesamte Situation für die Einschreiterin noch schwieriger machte. Es ergibt sich, daß die Einschreiterin an der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung keine Schuld trägt, die jedoch gemäß § 5 VStG Voraussetzung für die Verhängung einer Strafe ist. Die Schuld der Einschreiterin ist nicht gegeben. Doch selbst wenn man von Schuld i.S. von § 5 VStG sprechen könnte, so kann diese nur geringfügigsten Grades sein. Die Einschreiterin stellt nachstehende Anträge: der UVS möge a) das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verfahren einstellen; b) in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen; c) in eventu gemäß § 21 VStG eine bescheidmäßige Ermahnung aussprechen; d) jedenfalls aber im Zuge eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens die Einschreiterin im Rechtshilfeweg vor der zuständigen Behörde in Salzburg erneut zum Sachverhalt und ihren Vermögensverhältnissen befragen. 3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmann-schaft Braunau am Inn vom 6. März 1998, Zl. Sich96-1434-1996-Bu, Einsicht genommen. 4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im folgenden Angeführte zu berücksichtigen (zitiert aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, Linde Verlag, S  969 und S 970): Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 - 5 festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw. Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, hat sowohl in der Praxis der Behörden als auch in der Judikatur des VwGH manchmal zu Unsicherheiten geführt. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984 Slg 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung  a l l e r  Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Daß es im Bescheidspruch zufolge der Z1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern daß die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

Den oben angeführten Erfordernissen entspricht die im gegenständlichen Straferkenntnis angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), nicht. Es wird insbesondere auch auf die Bestimmung des § 15 Abs.1 FrG hingewiesen. (In der Bestimmung des § 82 Abs.1 Z4 FrG wird ausdrücklich auf § 15 FrG hingewiesen). Eine Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses war wegen der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht möglich. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick auf die angeführte Thematik im Erkenntnis vom 23. Juni 1998, Zl. 96/21/0507, ua zum Ausdruck gebracht: "Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes kommt rechtens nur in Betracht, wenn keine der in § 15 Abs.1 (Z.1 bis 3) FrG angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben ist. Demnach kann als übertretene Norm nicht eine der Z.1 bis 3, sondern allein § 15 Abs.1 FrG (insgesamt) herangezogen werden." Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat die Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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