Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240383/2/WEI/Bk

Linz, 23.10.2000

VwSen-240383/2/WEI/Bk Linz, am 23. Oktober 2000

DVR.0690392

B E S C H L U S S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Berufung der I gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 1. August 2000, Zl. SanRB 96-93-4-1999-Ma, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 63/1998) iVm § 4 LMKV 1993 beschlossen:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

B e g r ü n d u n g:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Am 3.12.1998 wurde vom Lebensmittelaufsichtsorgan bei der F, aus der Selbstbedienungskühltruhe im Verkaufslokal eine amtliche Probe 'S Allerfeinste Tiefkühlkost' (Erbsen), mit dem Bruttogewicht 1005g, verpackt in einem Kunststoffsack, entnommen und an die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung in Wien zur Untersuchung überbracht.

Die Ware stammt aus einer Lieferung, die im September 1998 von der Firma F Handelsges.mbH, , an die F GesmbH, H, geliefert wurde.

Die Untersuchung dieser überbrachten Probe hat ergeben, dass diese als verpacktes Lebensmittel der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV) unterliegt, jedoch folgende Kennzeichnungselemente fehlten:

1.) handelsübliche Sachbezeichnung § 4 Ziff.1)

2.) Nettofüllmenge (§ 4 Ziff.3 lit.a)

3.) Mindesthaltbarkeitsdatum (§4 Ziff.5)

Sie haben als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991) der F, zu verantworten, dass verpackte Lebensmittel in Verkehr gebracht wurden, auf deren Verpackung Kennzeichnungselemente fehlten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1.) - 3.)

jeweils § 74 Absatz 5 Ziffer 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl. Nr. 86, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 der Lebensmittelkennzeichnungs-verordnung 1993, BGBl. Nr. 72, in der geltenden Fassung."

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde zu 1.) bis 3.) je eine Geldstrafe von S 300,-- (entspricht 21,80 Euro), insgesamt daher S 900,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, insgesamt daher 36 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der einheitliche Betrag von S 90,-- (10 % der Geldstrafen) und als Barauslagen wurden gemäß § 64 Abs 3 VStG die Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Wien von S 702,-- vorgeschrieben.

1.2. Dieses Straferkenntnis, dessen Zustellung mit RSa-Brief erfolgte, wurde laut aktenkundigem Rückschein nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 3. und 4. August 2000 beim Zustellpostamt hinterlegt, wobei auch die Abholfrist bereits am 4. August 2000 begann.

Am 30. August 2000 langte bei der belangten Behörde die Eingabe der Bwin vom 28. August 2000 ein, mit der "Einspruch gegen Ihre Straferkenntnis" (gemeint also Berufung gegen das Straferkenntnis) erhoben wurde. Die Postaufgabe erfolgte laut Poststempel am 29. August 2000.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Wie aus dem Aktenvermerk vom 31. August 2000 hervorgeht, teilte das Postamt H der belangte Behörde mit, dass die Bwin den hinterlegten RSa-Brief am 25. August 2000 behoben hatte. Mit Schreiben vom 5. September 2000 beauftragte die belangte Behörde den Gendarmerieposten A, allfällige Zustellmängel, insbesondere eine Abwesenheit vom Zustellort im Zeitraum vom 4. bis 25. August 2000 zu erheben.

Mit Note vom 14. September 2000 teilte der Gendarmerieposten mit, dass die in H, wohnhafte Bwin befragt wurde und angab, dass sie wochentags in der Zentrale der Firma Tiefkühlkost Import und Export, in G, arbeite und nur zu den Wochenenden in H, aufhältig sei. Dadurch hätte sie zu spät von der Hinterlegung eines RSa-Briefes beim Postamt H Kenntnis erlangt.

2.2. Mit Berufungsvorentscheidung vom 19. September 2000, SanRB 96-93-8-1999-Ma/Pü, eigenhändig zugestellt am 23. September 2000, wies die belangte Behörde die Berufung als verspätet eingebracht zurück. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Hinterlegung ihres Straferkenntnisses am 4. August 2000, einem Freitag, ordnungsgemäß erfolgte. Nach den eigenen Angaben der Bwin habe sie sich im fraglichen Zeitraum an den Wochenenden an der Abgabestelle aufgehalten. Der hinterlegte RSa-Brief habe somit gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz mit 4. August 2000 als zugestellt gegolten.

2.3. Mit Eingabe vom 27. September 2000 hat die Bwin zur Berufungsvorentscheidung Stellung genommen und damit erschließbar einen Vorlageantrag eingebracht. Sie bringt vor, dass sie in der ersten Augustwoche gearbeitet und sich an ihrem Zweitwohnsitz in G, aufgehalten hätte. Am Freitag wäre sie derart erkältet gewesen, dass sie die Arbeit eine Stunde früher beendete und Samstag und Sonntag im Bett verbringen hätte müssen. Da sie sich die Fahrt nach H nicht zumutete, wäre sie in G geblieben. Ihre Schwester, Frau S, könnte bestätigen, dass sie den 5. und 6. August 2000 in G verbracht hatte. Am Montag hätte sie wieder mit der Arbeit begonnen. Am Donnerstag hätte ihr Sohn einen schweren Verkehrsunfall erlitten. Daraufhin hätte sie ihn von Donnerstag bis Sonntag ins Krankenhaus begleitet. Dazu legt sie eine Aufenthaltsbestätigung für die Zeit vom 10. bis 13. August 2000 des Allgm. öff. Krankenhauses der Schulschwestern G. Am Sonntag wäre sie mit ihrem Sohn nach G zurückgefahren, um ihre Schwester bei der Pflege der Großmutter abzulösen. Dort habe sie dann auch die nächste Woche bis Freitag, den 18. August, verbracht. Nach H wäre sie erst an diesem Freitag um 18.00 Uhr gefahren. Dann hätte sie von ihrer Schwiegermutter die Verständigung über den hinterlegten RSa-Brief erhalten.

3. Auf Grund des rechtzeitigen Vorlageantrages der Bwin trat die Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde gemäß § 64a Abs 3 AVG außer Kraft. Über die damit wieder als unerledigt geltende Berufung hatte der unabhängige Verwaltungssenat zu entscheiden. Dieser hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass die Berufung auf Grund der Aktenlage als verspätet zurückzuweisen ist.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Der erkennende Verwaltungssenat hält die nunmehrige Darstellung der Bwin, wonach sie sich im Zeitraum vom 4. bis 17. August 2000 zu keiner Zeit an ihrem Erstwohnsitz aufgehalten hätte, für nicht glaubhaft. Sie hat dafür auch keine ausreichenden Beweise angeboten. Schon die angeblich starke Erkältung am Freitag, dem 4. August 2000, erscheint nicht plausibel, wenn die Bwin deswegen nur eine Stunde früher die Arbeit beendete und am Montag wieder arbeiten konnte. Wäre die Bwin tatsächlich so krank gewesen, um das Bett am Wochenende hüten zu müssen, hätte sie am Montag sicher noch nicht arbeitsfähig sein können. Eine andere Frage ist es, ob die Bwin freiwillig - also ohne krankheitshalber gezwungen zu sein - den 5. und 6. August 2000 in G verbracht hatte. Sie hätte aber dennoch am Freitag noch nach H fahren können. Dass ihr Sohn vom 10. bis 13. August 2000 in stationärer Pflege im Krankenhaus verbrachte, bedeutete auch noch nicht, dass sie als Mutter während der ganzen Zeit ununterbrochen dort Aufenthalt nahm bzw nehmen musste. Schließlich ist die Rückkehr nach G am Sonntag, dem 13. August 2000, zum Zwecke der Ablösung der Schwester bei der Pflege der Großmutter ebenfalls nicht glaubhaft, weil die Bwin Sonntage üblicherweise an ihrem Erstwohnsitz in H verbringt. Gerade wenn sie längere Zeit nicht nach H gekommen wäre, erschiene es naheliegend nunmehr diesen Wohnsitz, an dem sich nach der Aktenlage auch die Zentrale der Firma F Handels-GesmbH befindet, dessen Geschäftsführerin die Bwin ist, aufzusuchen, um zumindest die Post durchzusehen. Irgendwie musste die Bwin doch in Erfahrung bringen, ob allenfalls während ihrer Abwesenheit wichtige Briefe eingelangt sind. Diese Frage hat die Bwin offenbar bewusst in ihrer Darstellung nicht angesprochen. Dass sie dann erst am Freitag, dem 18. August 2000, von ihrer in H aufhältigen Schwiegermutter, die offenbar Zugang zu ihrer Post hat, die Verständigung über die Hinterlegung erhalten hätte, ist alles andere als überzeugend. Lebensnäher erscheint vielmehr die Annahme, dass die Bwin schon viel früher nach Hause gefahren ist, um ihre Post durchzusehen oder wenigstens auf telefonischem Wege von der Schwiegermutter über vorhandene Poststücke informiert wurde.

Schon die nunmehrige Darstellung der Bwin erscheint für sich allein betrachtet wenig schlüssig. Dazu kommt noch, dass sie laut Bericht des Gendarmeriepostens A von einem Gendarmeriebeamten bezüglich Abwesenheiten von der Zustelladresse in H befragt wurde und dabei lediglich angab, dass sie wochentags in der Zentrale der Firma Tiefkühlkost Import und Export in G, arbeite und zu den Wochenenden in H aufhältig sei, wodurch sie zu spät von der Hinterlegung des RSa-Briefes beim Postamt H Kenntnis erlangt hätte. Erst unter dem Eindruck der Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde wurde der Bwin offenbar klar, dass sie mit dieser Einlassung keinen Zustellmangel geltend machen konnte. Deshalb hat sie sich in ihrer Eingabe vom 27. September 2000 etwas mehr einfallen lassen. Der unabhängige Verwaltungssenat geht allerdings schon auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung davon aus, dass die Bwin schon bei erster Gelegenheit und damit gegenüber dem im Auftrag der belangten Behörde eingeschrittenen Gendarmeriebeamten konkrete Angaben über ihren ungewöhnlich langen Aufenthalt in G gemacht hätte, träfe dieser tatsächlich zu. Dem nachträglichen Vorbringen der Bwin konnte daher nicht gefolgt werden.

4.2. Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Sie gelten nach Satz 4 nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat jemand der Zustellmängel behauptet, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl u.a. VwGH 29.01.1992, 92/02/0021, 0022; VwGH 29.11.1995, 95/03/0200; VwGH 7.11.1997, 96/19/0888). Mit der bloßen Behauptung der Ortsabwesenheit ohne detaillierte Angaben und entsprechendes Anbot von Beweismitteln kann eine Unwirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden (vgl VwGH 28.09.1995, 95/17/0072; VwGH 20.12.1996, 93/02/0210).

Die belangte Behörde hat in ihrer Berufungsvorentscheidung schon zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Bwin im gegenständlich relevanten Zeitraum nach ihren eigenen Angaben gegenüber der Gendarmerie A an den Wochenenden an der Zustelladresse in H aufgehalten hat. Sie hatte demnach dort im Hinblick auf ihren regelmäßigen Aufenthalt an den Wochenenden eine Abgabestelle iSd § 4 Zustellgesetz, an der ihr rechtswirksam - auch durch Hinterlegung gemäß dem § 17 Abs 3 Zustellgesetz - zugestellt werden konnte. Es war im vorliegenden Fall nach der Aktenlage davon auszugehen, dass die Bwin von der Hinterlegung des RSa-Briefes durch die vom Zusteller zurückgelassene Verständigung Kenntnis nehmen konnte. Für die Wirksamkeit der Hinterlegung kommt es nur auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme, nicht aber auf die tatsächliche Kenntnisnahme an (vgl VwGH 26.02.1992, 91/01/0193; VwGH 28.5.1993, 92/17/0239; VwGH 19.01.1995, 94/09/0248). Es ist auch nicht erforderlich, dass dem Empfänger in den Fällen der Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss (vgl VwGH 24.031998, 94/05/0242).

4.3. Das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 1. August 2000 wurde nach dem aktenkundigen Rückschein am Freitag, dem 4. August 2000, hinterlegt und bereits an diesem Tag zur Abholung beim Zustellpostamt H bereitgehalten. Die Sendung galt mit diesem Tag als zugestellt und es begann daher die unabänderliche Berufungsfrist von 2 Wochen zu laufen. Sie endete am Freitag, dem 18. August 2000. Da der Postlauf gemäß § 33 Abs 3 AVG in die Frist nicht eingerechnet wird, hätte spätestens an diesem Tag die Berufung zur Post gegeben werden müssen. Die erst am 29. August 2000 aufgegebene Berufung war daher eindeutig verspätet und musste ohne weiteres Verfahren als verspätet zurückgewiesen werden. Wegen der nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingetretenen Rechtskraft des Straferkenntnisses war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, auf das Sachvorbringen der Bwin einzugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht: 181,68 €) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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