Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250182/6/Ga/La

Linz, 21.08.1995

VwSen-250182/6/Ga/La Linz, am 21. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des P... F..., vertreten durch Dr. W... P..., Rechtsanwalt in L..., G..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. September 1992, Zl.

SV-96/59-1992-E/Gus, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d; § 65 und § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer zweifachen Übertretung des § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG schuldig erkannt; er habe als Verantwortlicher seines Betriebes auf der Baustelle W... in L... am 20. Mai 1992 zwei namentlich genannte ungarische Staatsangehörige unbefugt beschäftigt; deswegen seien über ihn Geldstrafen in der Höhe von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: je neun Tage) je kostenpflichtig zu verhängen gewesen.

2. Dieses Berufungsverfahren ist dem zu Zl. G 156-185/93 protokollierten Gesetzesprüfungsantrag des unabhängigen Verwaltungssenates an den Verfassungsgerichtshof (ua gegen Teile des § 28a AuslBG gerichtet) als Anlaßfall angeschlossen gewesen. Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hat mit Abweisung geendet. Infolge der mit der Anhängigkeit beim Höchstgericht bewirkten Fristhemmung (§ 31 Abs.3 letzter Satz VStG) ist vorliegend Strafbarkeitsverjährung noch nicht eingetreten.

3. Begründend verweist die belangte Behörde auf die Anzeige des nach der Baustelle zuständig gewesenen Arbeitsamtes und wertet das Rechtfertigungsvorbringen des Berufungswerbers im ordentlichen Ermittlungsverfahren "nicht als Schuldausschließungsgrund", weil Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, "grundsätzlich" einer Beschäftigungsbewilligung bedürften.

4. Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung im wesentlichen mit der Begründung, daß die von ihrem ungarischen Arbeitgeber entsandten Monteure nicht in der üblichen Weise, sondern nur zur Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen (Vertrautmachung mit den erforderlichen Arbeitsvorgängen für ein bestimmtes Wasser- und Wärmerückgewinnungssystem, das die ungarische Firma in ihrem Land künftig anzuwenden gedenkt) beschäftigt worden seien, daß es weiters für sie keine Arbeitspflicht oder Anwesenheitspflicht gegeben habe und sie von seiner Firma auch keinerlei Bezahlung oder sonstige Entlohnung erhalten hätten.

5. Das vom unabhängigen Verwaltungssenat zum Inhalt der Berufung angehörte Landesarbeitsamt Oberösterreich beantragt die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses, weil entgegen der Darstellung des Berufungswerbers "sehr wohl" davon auszugehen sei, daß eine bewilligungspflichtige Beschäftigung mit Arbeitspflicht vorgelegen habe. Im übrigen aber wäre die Beschäftigung von Ausländern ausschließlich zum Zweck der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltsanspruch vom Inhaber des Betriebes spätestens am Tage der Arbeitsaufnahme dem zuständigen Arbeitsamt anzuzeigen gewesen. Weil aber eine derartige Anzeige vom Betriebsinhaber nicht vorgenommen worden sei, liege eine Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs.1 Z2 lit.a AuslBG jedenfalls vor.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Der Berufungswerber hat sowohl im strafbehördlichen Ermittlungsverfahren als auch in seiner Berufung erschließbar geltend gemacht, er habe die beiden Ungarn nur als Volontäre beschäftigt. Dies ist von entscheidender Bedeutung, denn bei Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen nach § 3 Abs.5 AuslBG wäre an die Stelle der sonst bestehenden Bewilligungspflicht eine den Berufungswerber treffende Anzeigepflicht getreten, deren Nichteinhaltung nicht nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG, sondern nach Z2 lit.a dieser Gesetzesstelle strafbar wäre.

Gemäß § 3 Abs.5 AuslBG und der hiezu ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH vom 18.2.1993, 92/09/0231; vom 19.2.1993, 92/09/0280) liegt ein Volontärverhältnis nur dann vor, wenn alle im folgenden genannten Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind:

1. Ein bestimmter Zweck der Beschäftigung (Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis); 2. das Fehlen der Arbeitspflicht; 3. das Nichtbestehen eines Entgeltsanspruchs sowie 4. die Befreiung der Beschäftigung auf maximal drei Monate.

6.2.1. Aus der Aktenlage kann dem Einwand des Berufungswerbers, daß nämlich hinsichtlich der beiden ungarischen Monteure ein solches Volontärverhältnis vorgelegen sei und er daher nicht hätte bestraft werden dürfen, nichts engegengehalten werden.

Schon bei seiner Vernehmung am 26. Juni 1992 hat der Berufungswerber entschieden vorgebracht, daß die beiden Ausländer die Arbeit auf der bezeichneten Baustelle freiwillig, dh in ihrer eigenen Verantwortung und ohne Bezahlung durch die ausbildende Firma durchgeführt hätten, weil die Ausländer von ihrem ungarischen Unternehmen entsandt worden seien, um sich Kenntnisse über die Installation von Reinstraumtechnikanlagen anzueignen, damit sie in Ungarn solche Anlagen nach dieser österreichischen Technologie installieren können. Auch bei seiner neuerlichen Vernehmung am 1. September 1992 ist der Berufungswerber klar und eindeutig bei dieser seiner Bestreitung geblieben.

Für die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers, dessen Angaben der unabhängige Verwaltungssenat seiner Beurteilung des Falles zugrundelegt, spricht, daß der Berufungswerber nach der Aktenlage nicht nur einschlägig, sondern absolut unbescholten ist. Auch sonst liegt nichts vor, was Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner - im übrigen auch plausiblen Angaben hätte wecken können.

6.2.2. Mit den Vernehmungsergebnissen setzt sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses konkret nicht auseinander. Somit bleibt festzuhalten: Der dem Schuldspruch zugrundegelegte Sachverhalt, daß nämlich ein bewilligungspflichtiges Arbeitsverhältnis eingegangen gewesen wäre, ist durch kein im Strafakt ersichtlich gemachtes, schlagendes Beweisergebnis gedeckt.

6.2.3. Diesem Befund steht nicht entgegen, daß, wie die Amtspartei im Berufungsverfahren aufzeigt, im Zuge der Betriebskontrolle am 20. Mai 1992 ein von den Kontrollorganen befragter Meister der Firma F... angegeben habe, daß ihm die beiden Ausländer auf dieser Baustelle vom Firmenchef selbst als Installationshelfer zugeteilt worden seien.

Diese Darstellung für sich allein kann eine bewilligungspflichtige Beschäftigung noch nicht indizieren.

Im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers ist darin eine schlichte organisatorische Routinemaßnahme zu sehen, mit der im Rahmen des Volontärverhältnisses bloß sichergestellt werden sollte, daß die beiden ausländischen Facharbeiter sich an einer für den Lernzweck geeigneten Baustelle und unter notwendiger fachlicher Anleitung mit den neuen Techniken vertraut machen können. Weder also steht eine solche "Zuteilung" dem von § 3 Abs.5 AuslBG geforderten bestimmten Zweck der Beschäftigung entgegen noch kann daraus - auch nicht aus dem Umstand, daß die Monteure in Arbeitskleidung angetroffen worden seien - mit der gebotenen Eindeutigkeit auf eine gegenüber dem Berufungswerber (vgl.

VwGH vom 21.1.1994, 93/09/0399) eingegangene Arbeitspflicht geschlossen werden. Und schließlich kann weder aus dieser Darstellung noch aus einem sonstigen Ermittlungsergebnis abgeleitet werden, daß ein Entgeltsanspruch der ausländischen Monteure gegenüber der Firma des Berufungswerbers bestanden hätte.

6.3. Das Landesarbeitsamt Oberösterreich selbst hat im Berufungsverfahren ersichtlich nicht mehr ausgeschlossen, daß das vom Berufungswerber eingewendete Volontärverhältnis tatsächlich vorlag. Sollte der Schlußsatz der Äußerung der Amtspartei vom 17. November 1992 allerdings dahin verstanden werden wollen, daß die Bestrafung des Berufungswerbers dann eben wegen Nichteinhaltung der Anzeigepflicht nach § 28 Abs.1 Z2 lit.a AuslBG zu erfolgen hätte, so ist festzustellen, daß eine Bestrafung des Berufungswerbers wegen dieses Delikts den Vorwurf einer anderen Tat bedeutete. Diesbezüglich aber wäre längst Verfolgungsverjährung eingetreten.

6.4. War aber aus allen diesen Gründen mit dem Berufungswerber davon auszugehen, daß hinsichtlich der beiden ungarischen Monteure ein Volontärverhältnis iSd § 3 Abs.5 AuslBG vorlag, so ist der Schuldspruch und die Bestrafung des Berufungswerbers wegen unerlaubter Beschäftigung von Ausländern zu Unrecht erfolgt.

Das somit inhaltlich rechtswidrige Straferkenntnis war gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil der Berufungswerber die ihm angelastete Tat nicht begangen hat.

7. Mit der Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses fällt auch die Kostenpflicht des Berufungswerbers weg; Kosten des Berufungsverfahrens waren ihm nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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