Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250347/18/Lg/Bk

Linz, 07.03.1995

VwSen-250347/18/Lg/Bk Linz, am 7. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. Februar 1995 über die Berufung des W K, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. C, Dr. G und Dr. A, M W gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 1. September 1992, Zl.

1/00/75071/91/005, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Die Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 45 Abs.1 Z2 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von drei Mal je 5.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen von drei Mal zwei je Tagen verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma C Ges.m.b.H. drei näher bezeichnete Ausländer vom 10. April 1991 bis 12. April 1991 in B, J beschäftigt habe, ohne daß Beschäftigungsbewilligungen oder Befreiungsscheine vorgelegen seien.

Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich auf eine Anzeige des Arbeitsamtes Salzburg und die Rechtfertigung des Beschuldigten, in welcher dieser lediglich vorgebracht habe, daß ihm die Vermittlung der drei Ausländer ohne Beschäftigungsbewilligung unerklärlich sei.

2. In der Berufung vom 29. September 1992 wird dagegen vorgebracht:

Es sei am 9. April 1991 telefonisch beim Arbeitsamt Bad Ischl um vier Aushilfskräfte angefragt worden. Es sei am Nachmittag des 9. April 1991 vom Leiter der Dienststelle die Zusage gegeben worden, daß vier äthiopische Flüchtlinge am 10. April um 7.00 Uhr bei der G M abzuholen seien.

Auf die Frage, ob die Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis hätten, sei dies vom Leiter des Arbeitsamtes bejaht worden.

Die Abholung der vier Ausländer sei durch Revierjäger H S durchgeführt worden. Dabei sei nach Wissen des Berufungswerbers auch eine Dame der Dienststelle Bad Ischl zugegen gewesen, um die richtigen vier Personen zu übergeben.

Der Berufungswerber sei von der Annahme ausgegangen, daß "durch die offizielle Vermittlung des Arbeitsamtes Bad Ischl die Befreiung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gegeben" gewesen sei. Da die Abholung durch H S erfolgt sei, habe der Berufungswerber die Ausländer nie gesehen.

Etwa eine Woche nach der Beschäftigung der Ausländer sei der Berufungswerber seitens einer Dame des Arbeitsamtes Bad Ischl telefonisch mit dem Ansinnen konfrontiert worden, Stempelmarken zu bezahlen. Nachdem der Berufungswerber nicht gewußt habe wofür, habe er am Telefon diese Bezahlung abgelehnt.

3. Zur Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist zu bemerken:

Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung wurde die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg gerichtet. Der unabhängige Verwaltungssenat Salzburg bestätigte das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg mit Bescheid vom 17. August 1993, Zl.

UVS-11/86/12-1993, vollinhaltlich.

Gegen diesen Bescheid erhob der Berufungswerber am 28.

Oktober 1993 Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 30. November 1993, B1853/93, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit gleichem Beschluß an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Mit Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0008, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenats Salzburg wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde auf. Der für die örtliche Zuständigkeit gemäß § 51 Abs.1 VStG maßgebliche Tatort nach dem Spruch der Erstbehörde sei - mangels Nennung des Firmensitzes im erstinstanzlichen Bescheid in jener Fassung, gegen die sich die Berufung richtete - im Sprengel des unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich gelegen gewesen.

Gemäß § 31 Abs.3 VStG ist in die Strafbarkeitsverjährungsfrist die Zeit des Verfahrens vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts nicht einzurechnen. Die Beschwerde des Berufungswerbers langte am 2. November 1992 beim Verfassungsgerichtshof ein. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Berufungswerbers am 3. Oktober 1993 zugestellt. Die Strafbarkeitsverjährungsfrist endete daher nicht am 12. April 1994, sondern sie geht vielmehr am 13.

März 1995 zu Ende.

Gemäß § 42 Abs.3 VwGG tritt die Rechtssache durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.

4. Das Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Oberösterreich, bezog zum Wesen der sogenannten "Vorstellungskarten" wie folgt Stellung:

Es handle sich dabei um eine damals auf nicht anerkannte Flüchtlinge (Personen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist) angewandte, auf § 19 Abs.7 AuslBG (sog.

"amtswegige Vermittlung") gestützte Praxis. (§ 19 Abs. 7 AuslBG in der damals geltenden Fassung lautete: "Bei einer Vermittlung durch das Arbeitsamt ist bei Vorliegen der Voraussetzungen von Amts wegen die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen oder die Arbeitserlaubnis oder der Befreiungsschein auszustellen.") Nach damaliger Praxis seien solche (vom Arbeitsamt aktiv betreuten) Ausländer einem Betrieb aufgrund eines Vermittlungsauftrages zugewiesen worden. Für den Vermittlungsauftrag sei die Form der Ausfüllung der (zu vergebührenden) Vorstellungskarte vorgesehen gewesen. Die zur Vermittlung in Aussicht genommenen Ausländer seien mit der Vorstellungskarte zum nachfragenden Betrieb geschickt worden, der sein Einverständnis mit der Beschäftigung der konkreten Personen durch das Ausfüllen der Vorstellungskarte erklärt habe.

In der Vorstellungskarte wurde die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung als sicher zugesagt, jedoch noch nicht selbst erteilt. Die Vorstellungskarte enthielt folgende Sätze: "Sehr geehrte Firma! Wir haben Ihnen XY zur Beschäftigung ... vorgeschlagen. Vor Arbeitsaufnahme Beschäftigungsbewilligung erforderlich! Sie wird nach Vorlage dieses Schreibens mit Firmenbestätigung umgehend von Amts wegen ausgestellt. Bitte S 60,-- Bundesstempelmarken beilegen. Teilen Sie uns bitte mit dieser Rückmeldung mit, wie Ihre Entscheidung über die Vorstellung ausgefallen ist..." In der Stellungnahme vom 23. Dezember 1994 vertritt das Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Oberösterreich den Standpunkt, daß die Folgen der Tat gering waren, da bei Bestätigung der Vorstellungskarten und Bezahlung der Stempelmarken die Beschäftigungsbewilligungen ohnehin erteilt worden wären. Das Verschulden sei jedoch - unter der Voraussetzung, daß der Berufungswerber rechtzeitig auf die Rechtslage aufmerksam gemacht wurde - nicht als geringfügig einzustufen.

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte die Zeugin Schauer aus, sie habe den Berufungswerber telefonisch über das Wesen der Vorstellungskarte aufgeklärt. Bei diesem Gespräch habe sich herausgestellt, daß der Berufungswerber nicht bereit sei, die Gebühren zu bezahlen. Dieses Telefonat habe aber nach Aufnahme der Beschäftigung stattgefunden.

Nach Aussage des Zeugen M fand dieses Gespräch vermutlich am dritten (= letzten) Tag der Beschäftigung der Ausländer statt. Die Zeugin S vermeinte, die Vorstellungskarten den Ausländern mitgegeben zu haben, dem Zeugen S, der die Ausländer für den Berufungswerber zur Arbeit abgeholt hatte, wurden von den Ausländern jedoch keine Vorstellungskarten übergeben. Nach Aussage des Zeugen S verfügte er bei der Abholung bereits über eine Liste mit Namen von Ausländern, welche er vom Berufungswerber erhalten hatte.

Diese Aussagen würdigte der unabhängige Verwaltungssenat dahingehend, daß der Berufungswerber mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spät (am Ende oder nach Abschluß der Beschäftigung) über das Wesen der Vorstellungskarte informiert wurde. Seine Argumentation, geglaubt zu haben, daß vom Arbeitsamt vermittelte Flüchtlinge legal beschäftigt würden, ist von da her nicht zu widerlegen. Insbesondere ergibt sich aus der - möglicherweise zutreffenden Tatsache, daß der Berufungswerber vor Aufnahme der Beschäftigung über Namen in Betracht kommender Ausländer verfügte, nichts Gegenteiliges.

Nimmt man hinzu, daß der spezielle modus procedendi bei nicht anerkannten Flüchtlingen auf einer Verwaltungspraxis beruhte, deren innere Logik aus dem Text des AuslBG heraus nicht nur für Nichtjuristen nicht erkennbar war und berücksichtigt man ferner, daß die Unterscheidung zwischen verschiedenen Kategorien von Flüchtlingen, wie sie in § 1 Abs. 2 lit.a AuslBG ansatzweise ihren Niederschlag gefunden hat, für juristische Laien nicht leicht nachvollziehbar ist, so konnte bei mißglückter Aufklärung für den Berufungswerber tatsächlich der Eindruck entstehen, die Beschäftigung der ihm zur Verfügung gestellten Flüchtlinge sei legal, sei es, weil das AuslBG nicht anzuwenden ist, sei es, daß bei dennoch gegebener Anwendbarkeit des AuslBG die Beschäftigungsbewilligung zuvor von Amts wegen erteilt wurde.

Nach der gegebenen Beweislage mußte der unabhängige Verwaltungssenat zumindest im Zweifel davon ausgehen, daß beim Berufungswerber die von ihm behaupteten Tatsachen- und Rechtsirrtümer tatsächlich vorlagen. Auf dem Boden dieser Annahme mußte auch davon ausgegangen werden, daß diese Irrtümer durch das Verhalten von Vertretern des Arbeitsamtes erzeugt wurden (indem die Abholung der - wie sie ausdrücklich genannt wurden - "Flüchtlinge" ermöglicht wurde und die Aufklärung über die Wirksamkeit der Beschäftigungsbewilligung zu spät erfolgte) und sohin dem Berufungswerber nicht vorzuwerfen waren.

Aus diesen Gründen war mangels Verschuldens des Berufungswerbers spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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