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VwSen-250450/5/Gu/Atz

Linz, 11.07.1995

VwSen-250450/5/Gu/Atz Linz, am 11. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des E. R., vertreten durch Rechtsanwalt DDr. K. R.

H., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.5.1995, Zl. SV96-24-1992-Br, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 42 Abs.1 Z1 iVm § 31 Abs.1 VStG, § 44a Z1 VStG, § 66 Abs.1 VStG, § 6 AuslBG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat nach einer Anzeige des Arbeitsamtes Salzburg an den Magistrat Salzburg und Aktenübersendung an sie, gegen den Beschuldigten am 22. Dezember 1992 wegen des Verdachtes der Übertretung des AuslBG eine Verfolgungshandlung gesetzt und nach durchgeführtem Verfahren am 16.5.1995 zu SV96-24-1992-Br ein Straferkenntnis erlassen, dessen inhaltsgleicher Spruch lautet:

"Die R. Bauunternehmung Gesellschaft mbH. mit Sitz in ............... hat die ausländischen Staatsbürger 1. S. B., geb. ..........., im Zeitraum von ca. Mitte Oktober 1992 bis zumindest 11.11.1992 als Hilfsarbeiter, 2. H. H., geb. .............., im Zeitraum von ca. Mitte Mai 1991 bis zumindest 11.11.1992 als Maurer, 3. K. S., geb. ............, im Zeitraum von Jänner 1992 bis zumindest 11.11.1992 als Maurer auf div. Baustellen der o.a. Firma in Salzburg beschäftigt (so auch am 11.11.1992 auf der Baustelle M. ..........), ohne daß der Fa. R. Bauunternehmung GesmbH. für deren Beschäftigung in Salzburg regional gültige Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden waren, noch die o.a. Ausländer im Besitz einer für diese Beschäftigung gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines waren.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R. Bauunternehmung GesmbH. sind Sie als das zur Vertretung nach außen berufene Organ für diese Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz i.S. des § 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 Abs.1 iVM. § 28 Abs. 1 Zi.1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl.Nr.218/1975 idgF. und § 9 Abs.1 VStG 1991.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie gemäß § 3 Abs.1 iVm. § 28 Abs.1 Zi. 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl.Nr. 218/1975 idgF. und § 9 Abs.1 VStG 1991 folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von Schilling falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von ad 1 5.000,-- 3 Tagen ad 2 5.000,-- 3 Tagen ad 3 5.000,-- 3 Tagen Ferner haben Sie gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG 1991 zu zahlen:

Schilling 1.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der verhängten Geldstrafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher Schilling 16.500,--. Außerdem sind die Kosten eines etwaigen Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG 1991)." Bereits in seiner ersten, auf die Aufforderung zur Rechtfertigung hin, erstatteten Stellungnahme gibt der Rechtsmittelwerber an, daß es wohl richtig sei, daß die drei zuvor erwähnten ausländischen Arbeitskräfte Beschäftigungsbewilligungen für den Bereich des Arbeitsamtes Braunau besessen hatten, der Beschuldigte sie aber durch den Ausfall anderer Arbeiter in Salzburg kurzfristig von Braunau nach Salzburg transferieren mußte. Sie seien nach wenigen Tagen wieder in den Bereich des Arbeitsamtes Braunau zurückgekehrt.

In seiner rechtzeitig gegen das ergangene Straferkenntnis eingebrachten Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte im wesentlichen geltend, wonach die Tatsache, daß sich eine Beschäftigungsbewilligung nur auf den jeweiligen Sitz des Unternehmens beziehe, nicht ausschließe, daß diese Arbeitnehmer im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses nicht auch Bundesländer grenzüberschreitend tätig werden dürften. Dies würde insbesondere im Grenzbereich zwischen Oberösterreich und Salzburg dazu führen, daß wettbewerbsverzerrende Situationen geschaffen würden. Ein oberösterreichischer Unternehmer dürfte sich an einer Ausschreibung in Salzburg nie beteiligen, wenn er (teilweise) Arbeitnehmer beschäftigt, für die eine aufrechte Beschäftigungsbewilligung für Oberösterreich gilt. Umgekehrt wäre natürlich auch jeder Salzburger Unternehmer nicht einmal in der Lage, im Grenzbereich zu Oberösterreich bei Ausschreibungen als Bauunternehmer mitzuwirken, wenn er teilweise Arbeitnehmer beschäftigt, die eine Bewilligung für den Bereich Salzburg haben. Es sei daher auch stillschweigend mit dem Arbeitsamt Braunau vereinbart gewesen, daß grenzüberschreitende Arbeiten natürlich auch von seiten der Baufirma R. durchgeführt werden durften. Alles andere wäre ja völlig unpraktikabel und realitätsfremd gewesen.

Österreich sei nach wie vor ein Bundesstaat und müssen die Gesetze so ausgelegt werden, daß nicht ein Salzburger z.B.

gegenüber einem Oberösterreicher bevorteilt oder benachteiligt ist, wenn er innerhalb des Bundesgebietes irgendeiner Arbeit (Grundrecht der Erwerbsfreiheit) nachgeht.

Würde man diese separatistische Rechtsmeinung weiter verfolgen, dann wäre bereits vor dem Beitritt zur Europäischen Union ein bayrischer Unternehmer wesentlich besser gestellt gewesen als ein Oberösterreicher, wenn er in Salzburg eine Baustelle betreut. Der bayrische Unternehmer hätte diesbezüglich (gemeint wenn er auch nicht deutsche Arbeitnehmer befugt beschäftigt) keine Genehmigung benötigt, weil sein Firmensitz außerhalb des Bereiches der Republik Österreich gewesen wäre und die österreichischen Gesetze darauf (Firmenstandort-Recht) nicht angewendet hätten werden können. Es könne deshalb auch nicht die Ratio des AuslBG gewesen sein, in Grenzgebieten wettbewerbsverzerrende Ausgrenzungen zuzulassen.

Die regionalen Beschränkungen im Sinne des AuslBG hätten nur die Auswirkungen in Bezug auf den Firmensitz. Gerade um die oben geschilderten Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden sei das System der Landeshöchstzahl eingeführt worden. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, daß eine Firma mit Beschäftigungsbewilligungen nach dem AuslBG ausschließlich im eigenen Bundesland Aufträge abwickeln dürfe und außerhalb dieses Bundeslandes keinem Erwerb nachgehen dürfe.

Bereits aus diesen grundsätzlichen Überlegungen heraus könne die regionale Beschränkung nur so interpretiert werden, daß der Firmensitz maßgeblich sei, nicht jedoch ob sich die Baustelle zum Beispiel 5 km innerhalb oder außerhalb des Gebietes eines Bundeslandes befinde. Im konkreten Fall hätte dies heißen müssen, daß eine Arbeitspartie am Bau aufgesplittert hätte werden müssen, um je nach Lage des Bauobjektes innerhalb oder außerhalb der Grenzen Österreichs die Leute zum Einsatz zu bringen. Dies hieße aber auch, daß die Unternehmer im jeweiligen Bundesland, wenn sie Ausländer grundsätzlich beschäftigen, quasi einen Gebietsschutz hätten.

Nachdem aber Österreicher in Österreich, ganz gleich wo sie wohnen, dasselbe Grundrecht der Erwerbsfreiheit genießen, widerspreche die von der Behörde getroffene Auslegung des AuslBG eindeutig der MRK und dem Staatsgrundgesetz.

Der Einschreiter selbst sei nicht rechtskundig. Er habe daher in begründeter Art und Weise davon ausgehen können, daß sich die Beschäftigungsbewilligung grundsätzlich auf den Firmensitz bezog, wo auch die ausländischen Arbeitnehmer ja weitaus überwiegend beschäftigt waren. Wenn nun fallweise, bei betriebsinternen Notfällen wie Krankheit, Unfall, etc.

von Dienstnehmer derartige Rochaden von Baupartien stattfinden, dann könne dem Berufungswerber weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit bei der Auslegung des AuslBG unterstellt werden. Der Beschwerdeführer sei auch, was das AuslBG betrifft, wie die Behörde richtig festgestellt habe, unbescholten. Umso mehr hätte die Behörde selbst bei Negierung der obigen grundsätzlichen Überlegungen den § 21 VStG anwenden müssen. Nachdem der Beschwerdeführer die Rechtsmeinung der Erstbehörde bekannt geworden ist, habe er auch keine Tatbestände mehr gesetzt, die ihm nunmehr unterstellt werden.

Ferner sei zu berücksichtigen, daß die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung Wochen und Monate dauern könne.

Während der üblichen Dauer dieser Bewilligungsphase wäre der Bauauftrag bereits verloren gewesen. Damit wäre jedoch auch ein erheblicher Nachteil wirtschaftlicher Art für Österreicher gegeben gewesen. Üblicherweise bestehe eine Partie am Bau aus Österreichern und Nicht-Österreichern. Wenn nun ein Polier und die wesentlichen verantwortlichen Arbeitnehmer ohne Hilfskräfte dastehen, könne auch keine Baustelle ordnungsgemäß betreut und vollendet werden. Wenn überhaupt könne nur von einer leichten Fahrlässigkeit gesprochen werden, keinesfalls von grober Fahrlässigkeit oder von Vorsatz.

Zur wirtschaftlichen Notsituation weist er daraufhin, daß die drei angeführten Ausländer nicht dauernd in Salzburg beschäftigt waren, sondern nur zeitweise und vor allem dann, wenn andere qualifizierte Mitarbeiter ausgefallen sind. Das VStG kenne zwar den Fall des wirtschaftlichen Notstandes nicht, doch komme die Situation im konkreten Fall dennoch einem derartigen entschuldigenden Notstand gleich, wenn man wisse, daß gegen die Firma R. Bauunternehmung GesmbH.

Konkursanträge des Finanzamtes Braunau und der Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungskasse eingebracht worden waren. Es sei daher Existenzgefährdung vorgelegen, weil vor allem auch österreichische Arbeitnehmer bedroht gewesen seien.

Die genauen Zeitpunkte der angeblichen Übertretungen seien vor der Erstbehörde nur kursorisch festgestellt worden. Es hieße so z.B. "ca. Mitte eines Monats". Diese Zeitbestimmungen seien nach Meinung des Einschreiters zu ungenau, um hieraus die Dauer als erwiesen anzunehmen. Vielmehr könne im Zweifel lediglich festgestellt werden, daß die drei Arbeitnehmer am 11.11.1992 auf einer Baustelle in Salzburg gearbeitet haben. Da es sich um eine Baustelle gehandelt habe, könne man auch lediglich von einem Tatbestand im Sinne des VStG sprechen, sodaß eine gesonderte Aufsplittung in drei gesonderte Tatbestände nach Meinung des Einschreiters nicht zulässig sei. Es hätte deswegen, wenn schon keine Einstellung verfügt und nicht von einer Strafe abgesehen werde, eine einzige Geldstrafe und dazu der § 20 VStG angewendet werden können.

Aus all diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber das gesamte Verfahren einzustellen, in eventu § 21 VStG anzuwenden, hilfsweise lediglich einen Tatbestand als erwiesen anzunehmen und § 20 VStG anzuwenden.

Mit seinen Grundsatzfragen, die in die Verfassungssphäre reichen, trifft der Rechtsmittelwerber in der Tat im Hinblick auf das auch für die Tatzeit schon in Geltung gestandene österreichische Bundesverfassungsrecht sensible Bereiche des in Österreich geltenden Ausländerbeschäftigungsgesetzes.

Gemäß Artikel 4 Abs.1 B-VG bildet das Bundesgebiet ein einheitliches Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiet.

Gemäß § 6 Abs.2 AuslBG ist eine Änderung der Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich, wenn der Ausländer für eine verhältnismäßig kurze, eine Woche nicht übersteigende Zeit auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt wird. Für einen längeren Zeitraum ist eine neue Beschäftigungsbewilligung erforderlich.

Nachdem die Ausländer nur an einem einzigen Tage auf einer Baustelle in Salzburg angetroffen wurden und der Rechtsmittelwerber bereits in seiner ersten Eingabe nach Aufforderung zur Rechtfertigung kundgetan hat, daß er die Ausländer durch den Ausfall anderer Arbeiter nur wenige Tage in Salzburg beschäftigt habe, wäre, da das Gesetz eine Beschäftigung, die eine Woche nicht übersteigt, auf einem anderen Arbeitsplatz als zulässig erklärt, von der ersten Instanz die Sache konkret abzuklären gewesen und die Verfolgungshandlung unter Anführung der exakt jeweils eine Woche übersteigenden Beschäftigungszeiten an bestimmten Orten bzw. Baustellen in Salzburg dem Rechtsmittelwerber im Sinne einer konkretisierten Verfolgungshandlung vorzuhalten gewesen, damit er in seinen Verteidigungsrechten nicht geschmälert wird.

Da dies nicht geschah und zwischenzeitig Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war das angefochtene Straferkenntnis - ohne daß es einer mündlichen Verhandlung bedurfte, weil in dieser für die Sache nichts mehr zu gewinnen war - aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Der Erfolg der Berufung befreite den Rechtsmittelwerber von jeglichen Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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