Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240419/2/WEI/Ni

Linz, 07.08.2002

VwSen-240419/2/WEI/Ni Linz, am 7. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des W, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. November 2001, Zl. SanRB 96-79-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 74 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 lit c) und § 8 lit f) Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975 idF der Novelle BGBl I Nr. 63/1998) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als gem. § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ - Vorstand der Fa. B, zu verantworten, dass, wie anläßlich einer Kontrolle durch ein Lebensmittelaufsichtsorgan des Magistrates der Stadt Steyr, am 19.1.1999 um 10.09 Uhr in der B, festgestellt wurde, 'Frischkäse mit einer Spur von Salz' durch Anlieferung von der Fa. B an die genannte B in S in Verkehr gebracht wurde, obwohl dieses Lebensmittel laut Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz, Uz.: 000277/1999 als falsch bezeichnet zu beurteilen war, zumal die Sachbezeichnung 'Frischkäse mit einer Spur von Salz' den Eindruck eines salzarmen Produktes erweckt. Tatsächlich enthält der Käse jedoch 1,4 % Kochsalz; dies entspricht dem üblichen Gehalt eines gesalzenen Käses. Das Lebensmittel wurde somit mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung wesentlich sind, wie über Art, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen in Verkehr gebracht."

Dadurch erachtete die belangte Strafbehörde § 7 Abs 1 lit c) iVm § 8 lit f) und § 74 Abs 1 LMG 1975 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 500,-- (entspricht 36,34 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafeverfahrens wurden S 50,-- (entspricht 3,63 Euro) und als Ersatz für Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz S 2.808,-- (entspricht 204,07 Euro) vorgeschrieben.

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seiner Rechtsvertreter vermutlich am 5. Dezember 2001 (Zustellnachweis fehlt im Akt) zugestellt worden ist, richtet sich die rechtsfreundlich vertretene Berufung vom 19. Dezember 2001, die noch am gleichen Tag rechtzeitig zur Post gegeben wurde und am 20. Dezember 2001 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens.

In der Sache selbst wird u.a. vorgebracht, dass für die verfahrensgegenständliche Filiale ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG bestellt wurde und eine Kopie der unterfertigten Bestellungsurkunde vom 8. Mai 1998 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass eine Frau M, zur Filialleiterin und verantwortlichen Beauftragten für verschiedene Verwaltungsbereiche, vor allem auch für die Einhaltung des Lebensmittelgesetzes und der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung bestellt worden ist.

2.2. Mit dem am 8. Jänner 2002 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Vorlageschreiben vom 4. Jänner 2001 (richtig: 2002) hat die belangte Behörde die Berufung mit ihrem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach § 9 Abs 2 Satz 1 VStG können die zur Vertretung nach außen Berufenen einen verantwortlichen Beauftragten für das ganze Unternehmen oder bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche bestellen, dem die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Nach dem 2. Satz können für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

§ 9 Abs 4 VStG bestimmt ergänzend, dass verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein kann, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Diese Voraussetzungen scheinen nach der vorliegenden Bestellungsurkunde vom 8. Mai 1998 erfüllt zu sein. Die belangte Behörde hätte demnach gemäß § 9 Abs 1 VStG nicht einen Außenvertretungsbefugten verfolgen dürfen, zumal ein verantwortlicher Beauftragter für die fragliche Filiale, in der die beanstandete Ware in Verkehr gebracht worden ist, bestellt wurde. Das Inverkehrbringen erfolgte nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats nicht schon - zumal ein bloß interner Vorgang - durch die Anlieferung aus dem firmeneigenen Frischdienstlager, sondern erst durch das Lagern und Bereithalten der Ware für den Verkauf an Verbraucher in der gegenständlichen Filiale der Billa AG.

Schon aus diesem Grund ist das angefochtene Straferkenntnis nicht rechtmäßig ergangen. Es war daher aufzuheben und das Strafverfahren gegen den Bw gemäß dem § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, weil dieser die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat.

4.2. Gemäß § 31 Abs 3 Satz 1 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs 2 bezeichnetem Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind. Nach dem § 31 Abs 2 Satz 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Handlung abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Mittlerweile ist auch Strafbarkeitsverjährung eingetreten, zumal seit dem angelasteten Tatzeitpunkt des Inverkehrbringens am 19. Jänner 1999 bereits mehr als drei Jahre verstrichen sind. Die gegenständlich angelastete strafbare Handlung des Inverkehrbringens falsch bezeichneter Lebensmittel war bereits mit diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Nach dem § 31 Abs 3 letzter Satz VStG nicht einzurechnende Verfahrenszeiten liegen nicht vor. Spätestens mit Ablauf des 19. Jänner 2002 war die Strafbarkeit der angelasteten Übertretung daher als verjährt anzusehen.

Das angefochtene Straferkenntnis wäre daher auch aus diesem Grund aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2. Variante 2 VStG einzustellen gewesen, zumal mit der Strafbarkeitsverjährung ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit nachträglich aufhebt.

5. Im Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Damit entfällt auch der Ersatz für Untersuchungskosten nach § 45 Abs 2 LMG 1975.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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