Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250847/16/Fra/La

Linz, 02.03.2000

VwSen-250847/16/Fra/La Linz, am 2. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn W. H. Ma., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. W. U., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 9. November 1999, AZ: SV96-5-1997, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17. Februar 2000, zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach als unbegründet abgewiesen.
  2. Im Strafausspruch wird der Berufung Folge gegeben. Von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen und der Beschuldigte wird unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ermahnt.
  3. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

zu II.: § 21 VStG.

zu III.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl.Nr. 218/1975 idgF gemäß § 28 Abs.1 Z1 leg.cit. eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) verhängt, weil er den türkischen Staatsangehörigen G. A., zumindest am 13. und 14.3.1997 sowie am 18.3.1997 in seinem gastgewerblichen Betrieb mit Reinigungsarbeiten nach Malertätigkeit, verbunden mit der Pflasterung eines Gartenweges, Betonieren des Bodens in der rückwärtigen Halle und Holzschneidearbeiten beschäftigt hat, obwohl für diesen Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigenbestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde und dieser Ausländer weder eine gültige Arbeitserlaubnis oder einen gültigen Befreiungsschein besaß.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu keiner Berufungsvorentscheidung veranlasst und legte das Rechtsmittel zum bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

I.3. Der Bw bringt im Wesentlichen vor, dass die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz den maßgebenden Sachverhalt nicht genügend ermittelt hätte, um zu einem Schuldspruch gelangen zu können. Herr G. A. sei niemals bei ihm im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt gewesen. Gegen Herrn G. A. sei beim Bezirksgericht Kremsmünster ein Strafverfahren gemäß § 146 StGB wegen Einmietung und Zechbetrug zu seinem Nachteil eingeleitet worden. Dieses Strafverfahren habe bis heute nicht abgeschlossen werden können, da Herr G. flüchtig und zur Ermittlung ausgeschrieben ist. Er erleide ohnehin auf Grund des Verhaltens des Herrn G. A. einen Schaden in der Höhe von ca. 15.000 S (nicht bezahlte Speisen und Getränke, Telefonkosten, offene Miete,). Aus dem bisher vorliegenden Akteninhalt hätte die belangte Behörde davon ausgehen können, dass Herr G. A. für bereits erbrachte Leistungen eine Gegenleistung erbracht hat und somit Forderungen gegenverrechnet wurden. Es habe kein wie immer geartetes "Beschäftigungsverhältnis" bestanden. Dem flüchtigen G. A. müsse er vorwerfen, dass er sich schon mit dem Vorsatz bei ihm eingemietet habe, keine wie immer gearteten Zahlungen zu leisten; weder für Speisen und Getränke, noch für die Unterkunft. Es wäre eine eher lebensfremde Auslegung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, wenn er deswegen bestraft wird, weil ein Einmiet- und Zechbetrüger einer Schadenminderungspflicht zum Teil nachgekommen ist. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die ihm zur Last gelegte Übertretung vorliegt, hätte die Behörde auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes davon ausgehen können, dass seine Schuld äußerst gering ist. Die verhängte Geldstrafe sei bei weitem überhöht. Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz hätte auch mit einer bloßen Ermahnung vorgehen können. Die Tat habe keine wie immer gearteten Folgen für G. A. nach sich gezogen. Vielmehr habe die Tat des G. A. einen Schaden bei ihm bewirkt. Auf Grund des Verhaltens des Herrn G. A. sei er Geschädigter. Weiters sei zu beachten, dass sich der angebliche Vorfall im März 1997 ereignet habe und somit die angebliche Tat bereits mehrere Jahre zurückliegt. Weiters sei seine völlige Unbescholtenheit zu beachten.

Der Bw stellt den Antrag, seiner Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Strafe in eine mildere umzuwandeln oder allenfalls gänzlich nachzusehen.

I.4. Auf Grund der Tatbestreitung hatte der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 51e Abs.1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Diese wurde am 17.2.2000 durchgeführt.

Teilgenommen an dieser Verhandlung haben der Bw und sein Vertreter sowie ein Vertreter der Erstbehörde. Sämtliche Parteien wurden zum Sachverhalt gehört. Das zuständige Arbeitsinspektorat hat keinen Vertreter zur Verhandlung entsendet.

I.4.1. Auf Grund des Ergebnisses dieser Verhandlung steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Ab ca. Mitte Dezember 1996 hat sich Herr A. G. beim Bw ein Zimmer gemietet. Es wurde eine monatliche Miete von 2.000 S vereinbart. Für das erste Monat bezahlte er sofort die vereinbarte Miete. Ab Jänner 1997 ersuchte Herr A. G. den Bw, die folgende Monatsmiete sowie konsumierte Speisen und Getränke und angefallene Telefongebühren "anschreiben" zu dürfen. Der Bw kam diesem Ersuchen nach, bewilligte einen Zahlungsaufschub, nahm Herrn Gür jedoch zwecks Sicherstellung den Reisepass ab. In weiterer Folge summierten sich die Verbindlichkeiten des Herrn Gür bis Anfang März 1997 auf insgesamt über 10.000 S, wobei er gegenüber dem Bw immer mit verschiedenen Argumenten betonte, seine Schulden bezahlen zu können. Herr A. G. und der Bw kamen schließlich überein, dass Herr G. seine Schulden "abarbeiten" könne. Herr G. arbeitete folglich drei Tage und zwar am 13., 14. und 18. März 1997 für einen vereinbarten Stundenlohn von 70 S. Herr G. führte nach Ausmalung des Gasthauses verschiedene Reinigungsarbeiten durch. Er pflasterte beim Bw einen Gartenweg, er schnitt Holz und betonierte den Boden in der rückwärtigen Halle.

Da der Bw den Reisepass des Herrn G. einbehielt und Herr G. dieses Dokument benötigte, erstattete schließlich Herr G. am 19. März 1997 unter anderem auch wegen der inkriminierten Angelegenheit Anzeige beim Gendarmerieposten-kommando Bad Hall.

Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass sich der oa. Sachverhalt aus der Strafanzeige des Gendarmeriepostenkommandos Bad Hall vom 14. April 1997, aus der niederschriftlichen Einvernahme des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Kriminalabteilung, vom 19.3.1997 mit dem Bw sowie aus der niederschriftlichen Einvernahme des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 19.3.1997 mit Herrn A. G. ergibt. Bei der Berufungsverhandlung meinte der Bw, dass er Herrn A. G. nicht beschäftigt habe. Nachdem Herr G. mitbekommen hat, dass "der Hut brennt", habe sich dieser offenbar bemüßigt gefühlt, gewisse Tätigkeiten durchzuführen. Er wisse heute nicht mehr, ob es drei Tage waren und was er bei ihm gearbeitet habe. Der Bw gestand jedoch zu, zu diesem Zeitpunkt einen Maler bei sich gehabt zu haben und Herr G. habe in diesem Zusammenhang Hilfsarbeiten geleistet. Dieser habe jedoch das freiwillig gemacht, um einen Teil seiner Schulden zu minimieren. Er habe ihm jedoch nie einen Auftrag erteilt, er habe ihn lediglich "gewähren" lassen. Der Oö. Verwaltungssenat hält zu dieser Aussage fest: Es liegt auf der Hand, dass das Erinnerungsvermögen drei Jahre nach den inkriminierten Taten nicht mehr so gegeben ist als unmittelbar danach. Da zwischen erster Verfolgungshandlung und Erlassung des Straferkenntnisses ein Zeitraum von 2 1/2 Jahren liegt, konnte der Bw - der völlig unbescholten ist -, und diesbezüglich keine Behördenerfahrung hat, davon ausgehen, dass das Verfahren abgeschlossen ist. Was die Tatzeiträume sowie den vereinbarten Stundenlohn anbelangt, hat der Bw selbst detaillierte Angaben vor dem Landesgendarmeriekommando gemacht. Der vereinbarte Stundenlohn deckt sich mit den Angaben des Herrn G. Herr G. gab an, insgesamt sechs Tage gearbeitet zu haben. Da dieser wegen unbekannten Aufenthaltes jedoch nicht weiters befragt werden konnte, ging die belangte Behörde, was die Tattage anlangt, schließlich von den Angaben des Bw selbst aus. Was die Art der Tätigkeiten anlangt, hätte der Bw auf Grund der Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde vom 21.7.1999 Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. Laut Aktenvermerk der belangten Behörde vom 25. Juli 1997 hat jedoch der Bw angerufen und dem zuständigen Bearbeiter der Erstinstanz mitgeteilt, dass er den in der Aufforderung zur Rechtfertigung gesetzten Termin nicht wahrnehmen könne und in der gegenständlichen Angelegenheit auch keine schriftliche oder sonstige Rechtfertigung abgibt. Wenn der Bw in der Berufungsverhandlung meinte, sich erinnern zu können, dass er in der gegenständlichen Angelegenheit schon einmal bei der belangten Behörde gewesen sei und diesbezüglich auch eine Niederschrift aufgenommen worden wäre, ist dies nicht glaubhaft, denn es ist völlig lebensfremd, dass ein in der gegenständlichen Sache nicht zuständiger Bediensteter der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land eine Niederschrift mit dem Bw aufnimmt und dies der zuständigen Abteilung nicht zur Kenntnis bringt.

Es kommt im gegenständlichen Zusammenhang auch nicht darauf an, von wem schließlich die Initiative für die gegenständlichen Arbeitsleistungen ausgegangen ist (Herr M. sagte vor der Gendarmerie aus, dass Herr G. zu ihm gekommen sei und gefragt habe, ob er seine Schulden abarbeiten könne, während Herr G. aussagte, dass die Frau des Bw zu ihm sagte, er könne auch bei ihnen Arbeit bekommen und auf seine Frage an den Bw, wann er denn arbeiten könne, dieser zu ihm gesagt habe, wenn am Montag, den 10. März 1997 schönes Wetter herrsche, solle er anfangen). Auf das Motiv des Zustandekommens des Arbeitsverhältnisses kommt es nicht an. Faktum ist, dass Herr G. die inkriminierten Arbeiten tatsächlich geleistet hat. Die pauschale Behauptung des Bw, es sei kein "Beschäftigungsverhältnis" zustande gekommen, überzeugt schon deshalb nicht, weil der Bw in seinem Berufungsvorbringen schließlich selbst sagt, dass Herr G. einer Schadenminderungspflicht zum Teil nachgekommen ist und somit zumindest implizit die von Herrn G. erbrachten Leistungen außer Streit stellt, wenngleich er auf den Vorhalt des Vertreters der Erstbehörde bei der Berufungsverhandlung meinte, dass der Passus "auch aus dem bisher vorliegenden Akteninhalt hätte die Erstbehörde davon ausgehen können, dass G. A. für bereits erbrachte Leistung eine Gegenleistung erbracht hat und somit Forderungen gegenverrechnet wurden" insofern zu berichtigen wäre, dass es statt "eine" Gegenleistung "keine" Gegenleistung zu lauten hätte. Diese Replik wird als Schutzargument gewertet.

I.4.2. In rechtlicher Hinsicht ist festzustellen, dass der oa. als erwiesen festgestellte Sachverhalt den Beschäftigungsbegriff im Sinne des § 2 Abs.2 lit.a AuslBG erfüllt. Da keine Rechtfertigungs-, Straf- und Schuldausschließungsgründe vorliegen, (auch Notstand im Sinne des § 6 VStG scheidet aus) hat der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt, wenn auch - siehe unten - das Verschulden geringfügig ist.

II. Strafbemessung:

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Der Ausspruch einer Ermahnung setzt also ein Verschulden des Täters voraus. Dieses Verschulden liegt hier - siehe die oben angeführte Begründung - vor, es ist allerdings geringfügig. Auszugehen ist davon, dass es zu einem Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Bw und Herrn G. nur auf Grund der oben dargestellten Umstände gekommen ist. Das Motiv des Bw, schließlich Herrn G. Aushilfstätigkeiten verrichten zu lassen, lag ausschließlich darin, einen Teil der ausstehenden Forderungen hereinzubekommen. Zudem sind keine nachteiligen Folgen weder vom Aspekt der Gefährdung bzw. Schädigung arbeitsmarktpolitischer Interessen aus der Sicht des Beschäftigten evident. Es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass, hätte Herr G. dem Bw fristgerecht seine Schulden bezahlt, dieser keinen Inländer zu den schließlich von Herrn G. erbrachten Leistungen herangezogen hätte.

Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 28.10.1980, 263, 264/80) ermächtigt die Verwendung des Wortes "kann" in § 21 VStG diese Bestimmung der Behörde nicht zur Ermessensübung. Der Beschuldigte hat, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch darauf, dass von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht wird. Auch im Gesetz vorgesehene hohe Geldstrafen - wie hier - sprechen grundsätzlich nicht gegen die Anwendbarkeit des §  21 VStG (VwGH vom 25.11.1988, 88/18/0316). Da es nicht auszuschließen ist, dass der Bw wieder in eine ähnliche Situation kommt, war, damit er sich in Hinkunft ausländerbeschäftigungsrechtskonform verhält, die Ermahnung auszusprechen.

III. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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