Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251020/9/Lg/Ke

Linz, 29.04.2003

 

 

 VwSen-251020/9/Lg/Ke Linz, am 29. April 2003

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. März 2003 durchgeführten
öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A E Z, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I., vom 2. Jänner 2003, Zl. SV96-19-2001, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Bestätigt wird ferner die Höhe der verhängten Geldstrafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 66 Stunden herabgesetzt.

 

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG.

Zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 726 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H & H M GmbH mit dem Sitz in R, welche ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der H & H M GmbH mit dem Sitz in R ist gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich sei, dass die H & H M GmbH die ungarische Staatsangehörige E M vom 19. Oktober bis 18. Dezember 2001 als Animierdame in der weiteren Betriebsstätte des Gastgewerbebetriebs in der Betriebsart einer Bar in E, beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.
  2.  

    In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Antrag der Ausländerin vom 2.8.2001 auf Erteilung einer Erstaufenthaltserlaubnis für die Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit, welche sie in dem von der H & H M GmbH betriebenen Lokal "L B" in R auszuüben anstrebte. Der Antrag sei auf "Tanz im Nachtclub" konkretisiert worden. Dieser Antrag sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft R vom 29.11.2002 abgewiesen worden. Trotz Versagung der Erstaufenthaltserlaubnis sei die Ausländerin am 18.10.2001 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist und habe seit 19.10.2001 bis 8.12.2002 im Club "B B" in E, die Tätigkeit als Animierdame, Prostituierte und Tänzerin ausgeübt, ohne im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels, eines arbeitsrechtlichen Titels nach dem AuslBG und eines Gesundheitsbuches gewesen zu sein. Ihr Verdienst habe etwa 20.000 ATS betragen.

     

    Während ihres Aufenthalts in Österreich habe die Ausländerin durchgehend im Haus E, in einem Zimmer im 1. Stock gewohnt und dort auch die Prostitution ausgeübt. Ihre Tätigkeit für die H & H M habe darin bestanden, dass sie nach Anbahnung der Prostitution im Lokal mit dem jeweiligen Gast ihr Zimmer aufgesucht habe, um dort gegen Geld Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Sie habe je nach Dauer des Geschlechtsverkehrs fixe Beträge, welche der Gast vor dem Hinaufgehen in das Zimmer beim Kellner in der Lokalbar zu bezahlen hatte, erhalten. Der Gast habe für eine halbe Stunde 1.600 S für eine ganze Stunde 2.700 S zu bezahlen gehabt. Von diesen Beträgen habe die Ausländerin dann ca. jeden dritten Tag einen entsprechenden Anteil, welcher z.B. für eine halbe Stunde Geschlechtsverkehr 800 S betragen habe, erhalten. Sie habe über ihre täglichen Einkünfte Aufzeichnungen in einem der Behörde vorliegenden Heft gemacht. Parallel dazu hätten auch die Lokalbetreiber Aufzeichnungen auf sogenannten Abrechnungsblockzetteln der Brauerei R geführt. Wer diese Aufzeichnungen für den Lokalbetreiber konkret durchgeführt hat, habe von der Behörde nicht ermittelt werden können. Die Aufzeichnungen auf den Abrechnungsblockzetteln hätten der Kontrolle und Verrechnung der Tätigkeit der Prostituierten gedient.

     

    Die Arbeitszeiten im Lokal seien von Montag bis Donnerstag 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr, Freitag und Samstag von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr sowie Sonntag von 21.00 Uhr bis 4.00 Uhr festgelegt gewesen. Weiters sei die Ausländerin am Umsatz beteiligt gewesen. Für eine Flasche Piccolo-Sekt habe der Gast 300 S zu bezahlen gehabt, davon habe die Ausländerin 80 S erhalten. Für eine Flasche Sekt mit dem Preis von 1.300 S habe sie 300 S Provision erhalten. Ferner seien der Ausländerin für die Wäsche oder für Getränke, welche sie während des Tages konsumierte, Beträge vom Lohn abgezogen worden. Überdies seien der Ausländerin für die Vorführung von Striptease-Tänzen Geldbeträge ausgezahlt worden.

     

    Es habe weder ein schriftlicher Werkvertrag zwischen der H & H M und der Ausländerin bestanden, noch sei diese in Österreich kranken- und unfallversichert gewesen.

     

    Die Ausländerin sei am 8.12.2001 um 23.30 Uhr im o.a. Lokal von Organen der Gendarmerie in typischer Berufskleidung betreten und in Schubhaft genommen worden.

     

    Mit Schreiben vom 14.12.2001 zur Rechtfertigung aufgefordert habe der Bw sich mit der durch seinen Rechtsvertreter eingebrachten Stellungnahme vom 18.1.2002 dahingehend gerechtfertigt, dass ihm der von der Ausländerin geschilderte Sachverhalt in keiner Weise bekannt sei und in dieser Form auch nicht stimmen könne. Es lägen Widersprüchlichkeiten vor, da die Zeugin einmal die Behauptung aufstelle, von ihrem Freund nach E gebracht worden zu sein, ein anderes Mal jedoch angäbe, von einer namentlich genannten Dame zu o.a. Club gebracht worden zu sein. Die Ausländerin hätte am 10.12.2001 unter Anwesenheit ihres Rechtsanwaltes die Stellungnahme verweigert. Am 11.12.2001 sei sie dennoch ohne Anwesenheit des Rechtsanwaltes von der belangten Behörde einvernommen worden.

     

    Mit Stellungnahme vom 7.2.2001 habe der Bw eine Niederschrift und Aussage der Ausländerin vom 18.1.2002 sowie einen Abschlussuntersuchungsbericht vom 17.10.2001, jeweils mit beglaubigter Übersetzung aus der ungarischen Sprache vorgelegt. Dazu habe der Bw ausgeführt, dass die Ausländerin in dieser Niederschrift angebe, erst am 8.12.2001 die Stadt R zur Arbeitssuche aufgesucht zu haben. Die Zeugin sei psychisch krank und in ständiger neurologischer Behandlung und sei im Rahmen der Einvernahmen durch die Behörde nervlich und psychisch in schlechtem Zustand gewesen. Sie widerrufe ihre dort gemachten Aussagen. Seitens der Fremdenpolizei sei der Zeugin mit Anzeige bei der Staatsanwaltschaft sowie mit U-Haft gedroht worden.

     

    Für die Behörde stehe fest, dass die Ausländerin im vorgeworfenen Tatzeitraum im gegenständlichen Lokal als Animierdame, Tänzerin sowie als Prostituierte gegen Entlohnung (Bezahlung für die Durchführung von Striptease-Tänzen sowie für die Durchführung des Geschlechtsverkehrs, Getränkeumsatzbeteiligung) tätig war. Weiters habe die Ausländerin das Zimmer, welches sie zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs nutzte, auch für Wohnzwecke nutzen können. Es sei zumindest ansatzweise eine Eingliederung in die Betriebsorganisation gegeben gewesen, weil der Ort (das Lokal), die Zeit (gemäß den von der Ausländerin bekannt gegebenen Arbeitszeiten im Lokal) und die Art ( Prostitution, Animieren und Tanzen) der Arbeit vorgegeben gewesen seien. Die Ausländerin sei bei der Verwertung ihrer Arbeitskraft darauf angewiesen gewesen, dass ihr vom Arbeitgeber die Betriebsmittel (das Lokal) zur Verfügung gestellt werden und von diesem der Betrieb organisiert wird (z.B. in Form des Besorgens von Getränken). Die Betriebsorganisation (Festlegung der Öffnungszeiten, Bestimmung der Getränkepreise usw.) sei einseitig erfolgt, auch wenn die Ausländerin zu den vorgegebenen Bedingungen dort freiwillig tätig gewesen sein sollte. Es sei davon auszugehen, dass die Ausländerin ihre Arbeit im gegenständlichen Lokal nicht zum Vergnügen sondern aus Gründen der Existenzbestreitung leistete, was sich aus ihren eigenen Angaben ergebe, wonach sie in Ungarn aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit verschuldet war und nach Österreich kam, um Geld zu verdienen. Eine anderweitige Verwertung ihrer Arbeitskraft sei ihr während ihrer Tätigkeit im gegenständlichen Lokal nicht möglich gewesen. Mithin sei von wirtschaftlicher Abhängigkeit und dem - wenn auch vom Erfolg abhängigen - Erhalt eines Entgelts auszugehen.

     

    Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Tätigkeit als Tänzerin und/oder Animierdame in Barbetrieben oder vergleichbaren Etablissements eine Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG dar (unter Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2001, Zl. 99/09/0195, vom 15. Dezember 1999, Zl. 99/09/0078, vom 28. September 2000 Zl. 98/09/0060, vom 4. April 2001, Zl. 99/09/0156, vom 20. März 2002, Zl. 2000/09/0150, vom 10. Februar 1999, Zl. 98/09/0331, vom 18. Dezember 1998, Zl. 98/09/0281, vom 10. März 1999, Zl. 97/09/0046). Es komme dabei nicht darauf an in welchem Rechtsverhältnis die Vertragspartner zueinander stehen (unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. September 1993, Zl. 92/09/0322).

     

    Bezugnehmend auf die Stellungnahmen des Bw, wonach die Zeugin widersprüchliche Angaben hinsichtlich der Frage, wer sie nach Österreich gebracht habe (ein Freund oder eine Dame) bzw. hinsichtlich der Frage, an welchem Tag sie nach Österreich einreiste (am 18.10.2001 oder am 8.12.2001), so ändere dies nichts daran, dass aufgrund der detaillierten Angaben der Ausländerin in der Niederschrift vom 11.1.2.2001 sowie aufgrund der der Behörde vorliegenden Aufzeichnungen bzw. wegen der Anwesenheit der Zeugin bei der Kontrolle in typischer Berufskleidung nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden müsse, dass sie im o.a. Lokal der Tätigkeit als Prostituierte bzw. Animierdame nachgegangen ist. Aus den persönlichen Aufzeichnungen der Zeugin sei für den gegenständlichen Zeitraum eindeutig ersichtlich, für welche Dauer der Tätigkeit sie an welchem Tag welche Entlohnung erhalten hat. Diese Aufzeichnungen würden exakt bis zum 30.11.2001 mit den auf den Abrechnungsblöcken der Bierbrauerei angeführten Beträgen übereinstimmen. Überdies sei von der Zeugin im Detail ihre Tätigkeit, ihre Entlohnung, die Umsatzbeteiligung sowie die organisatorische Eingliederung in den Betrieb in der Niederschrift vom 11.12.2001 plausibel geschildert worden. In der Niederschrift vom 9.12.2001 habe die Zeugin hinsichtlich ihrer Einkünfte auf die bei ihr vorgefundenen Aufzeichnungen verwiesen.

     

    Ebenso spreche für eine Beschäftigung der Ausländerin, dass sie schon vor der Einreise nach Österreich für diese Tätigkeit bei der Behörde einen Antrag auf Erteilung einer Erstaufenthaltserlaubnis für die Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit gestellt hatte und die geplante Tätigkeit in Österreich auf "Tanz in Nachtclub" angab. Erhärtet werde dieser Umstand dadurch, dass schon in der Versicherungserklärung für die Pflichtversicherung vom 5.8.2001 an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angegeben wurde, dass die Ausländerin eine Tätigkeit als Tänzerin ausübe. Dies werde auch von der Ausländerin in der Erklärung vom 18.10.2001 angegeben.

     

    Zum Vorbringen, dass die Zeugin im Rahmen der Einvernahme nervlich und psychisch in schlechtem Zustand gewesen sei, dass sie in Anwesenheit ihres Rechtsanwalts am 10.12.2001 ausdrücklich eine Stellungnahme abgelehnt habe, dass seitens der Fremdenpolizei der Zeugin damit gedroht worden sei, dass sie bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werde und aufgrund einer U-Haft nicht mehr damit rechnen könne, nach Ungarn heimzureisen und sie dadurch offenbar vollkommen die Nerven verloren habe, sei anzuführen, dass die Zeugin zwar bei der niederschriftlichen Einvernahme am 10.12.2001 unter Anwesenheit des Rechtsanwaltes die Angabe einer Stellungnahme verweigerte, jedoch von ihr keine Aussageverweigerungsgründe im Sinne des § 49 AVG vor der Behörde glaubhaft gemacht worden sind. Wie die Protokollierung der Niederschrift vom 11.12.2001 zeige, sei die Zeugin auch bei ihrer neuerlichen Vernehmung am nächsten Tag darauf hingewiesen worden, dass sie die Aussage aus den in § 48 und 49 AVG angeführten Gründen verweigern kann. Die Zeugin hätte somit auch ohne Anwesenheit ihres Rechtsvertreters die Aussage verweigern können. Die Verwendung dieser Aussage ist daher für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch die Behörde zulässig. Daran ändert auch die Aussage der Zeugin vom 18.1.2002 nichts, welche dieser offensichtlich erst nach Herantreten des Beschuldigten an sie (vgl. die Stellungnahme vom 7.2.2002) gemacht habe. Die Aussage vom 11.12.2001 sei in sich schlüssig und enthalte Detailwissen, welches darauf schließen lasse, dass die Zeugin für den Beschuldigten tätig war. Weiters entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass frühere Aussagen eines Fremden einen erheblichen höheren Grad an Wahrscheinlichkeit für sich haben als spätere - nach Kontaktaufnahme des Fremden mit seinem Rechtsvertreter - gemachte Angaben. Dies insbesondere dann, wenn die Angaben in den späteren Aussagen widersprüchlich sind (unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0269). Der Aussage vom 11.12.2002 sei daher höhere Bedeutung zuzumessen als der Aussage vom 18.1.2002, welche erst nach Kontaktaufnahme des Beschuldigten mit der Zeugin erfolgt sei.

     

    Zum in der Stellungnahme vom 7.2.2002 vorgelegten Abschlussbericht vom 17.10.2001, wonach die Zeugin psychisch krank und in ständiger neurologischer Behandlung sei, sei auszuführen, dass sich dieser Abschlussbericht lediglich auf den Zeitraum vom 12.10.2001 bis 17.10.2001 bezieht. Eine Bestätigung für eine dauerhafte neurologische Behandlung der Ausländerin sei daraus nicht ersichtlich. Sie sei lediglich zu einer neuen Kontrolle bestellt worden und es finde sich darin nur der Hinweis, dass sie schon im Jahr 1999 und 2001 Beschwerden gehabt habe.

     

    Die Behauptungen des Beschuldigten sowie der Ausländerin ihre Aussage vom 18.1.2002, wonach die Behördenorgane der Ausländerin bei Verweigerung der Zusammenarbeit die Behinderung ihrer Heimreise in Aussicht gestellt hätten, seien unbewiesen. Die Ausländerin sei lediglich darüber informiert worden, dass sie sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte und dass beabsichtigt sei, ein Aufenthaltsverbot gegen sie zu erlassen. Weiters sei die Ausländerin über weitere beabsichtigte fremdenpolizeiliche Maßnahmen informiert worden (vgl. die Niederschriften vom 9. und 10.12.2001).

     

    Anlässlich der Bemessung der Strafhöhe wird bemerkt, dass die zur Tatzeit geltende Mindestgeldstrafe verhängt worden sei. Der Unrechtsgehalt der Tat sei nicht als gering zu veranschlagen. Als Schuldform wird Fahrlässigkeit vorgeworfen. Ausgegangen wird von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 1.000 Euro sowie vom Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten. Strafmildernd sei die Unbescholtenheit zu werten, Erschwerungsgründe lägen nicht vor.

     

     

  3. In der Berufung wird geltend gemacht, dass die Ausländerin ihre Aussagen vom 11.12.2001 gemacht habe, nachdem sie am Vortag in Beisein des Vertreters des Bw vor der Fremdenpolizei eine Stellungnahme ausdrücklich abgelehnt habe. Seitens der Fremdenpolizei sei der Ausländerin vorgehalten worden, dass sie bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werde und wegen Verhängung der U-Haft nicht mehr mit einer Heimreise rechnen könne. Dadurch sei die Ausländerin völlig verstört gewesen und habe wiederholt erklärt, es sei ihr alles egal, sie wolle nur aus dem Gefangenenhaus entlassen werden und nach Ungarn fahren. Daher habe die Ausländerin als Zeugin am 11.12.2002 die Nerven völlig verloren. Die Befragung sei gezielt ohne Beisein des Beschuldigtenvertreters, welcher zum damaligen Zeitpunkt auch rechtlicher Vertreter der Zeugin gewesen sei, durchgeführt worden. Eine Verständigung des rechtsfreundlichen Vertreters sei trotz Kenntnis des Vertretungsverhältnisses nicht erfolgt.
  4.  

    Bestätigt werde dies durch die Aussage der Ausländerin vom 18.1.2002, wonach ihr von der Behörde die Behinderung ihrer Heimreise angedroht worden sei, wenn sie nicht mit den zuständigen Organen "zusammenarbeiten" würde. Dies sei aus dem beglaubigen Protokoll vom 18.1.2002 ersichtlich.

     

    Insoweit sich die Behörde auf die Niederschrift vom 9.12.2001 stützt, sei darauf zu verweisen, dass diese Einvernahme in englischer Sprache ohne Beisein eines Dolmetschers durchgeführt wurde. Diese Niederschrift beziehe sich auf die Einkünfte der Ausländerin in Österreich und auf die bei ihr vorgefundenen handschriftlichen Aufzeichnungen, aus denen die Behörde schließe, dass es sich hierbei um Einkünfte aus Getränkeverkauf bzw. Prostitution im Club "B B" handelt.

    Dem Argument, des angefochtenen Straferkenntnisses, dass sich der vorgelegte Abschlussbericht vom 17.10.2001 betreffend den psychischen Zustand der Ausländerin auf den Zeitraum vom 12.10.2001 bis 17.10.2001 bezieht sei entgegenzuhalten, dass die Zeugin auch bei der Einvernahme am 10.12.2001 einen psychisch völlig instabilen Eindruck hinterlassen habe. Dies sei vom Vertreter des Bw zu bezeugen. Eine solche Zeugeneinvernahme sei von der Behörde unterlassen worden. Weiters sei hinsichtlich des medizinischen Abschlussberichtes vom 17.10.2001 ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die aufgezeigten Widersprüche in den Aussagen der Ausländerin hinsichtlich der näheren Umstände ihrer Verbringung nach Österreich lassen auf ein massives psychisches Krankheitsbild schließen.

     

    Der Beweiswürdigung, wonach frühere Aussagen eher glaubwürdig sind als spätere, wird entgegengehalten, dass die Aussagen vom 11.10.2001 und vom 18.1.2001 lediglich einen Monat auseinander liegen, sodass Erinnerungslücken auszuschließen seien. Hingegen sei zu berücksichtigen, dass am 18.1.2002 die am 11.12.2001 gegebene Drucksituation weggefallen sei.

     

    Ferner könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausländerin ihre Aussage am 18.1.2002 durch ihren Rechtsvertreter beeinflusst gemacht habe. Einem ungarischen Anwalt komme die Befugnis der Beglaubigung von Aussagen ähnlich einem Notar in Österreich zu.

     

    Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die handschriftlichen Aufzeichnungen auf den Bierblockzetteln der Brauerei auf den Namen "S" lauten und sich aus dem gesamten Akteninhalt kein Hinweis ergebe, dass dieser Name mit der hier gegenständlichen Ausländerin in Zusammenhang zu bringen ist.

     

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6.  

    Im Akt befindet sich eine Kopie des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft R vom 29.11.2001 über die Ablehnung des Antrages der Ausländerin auf Erteilung einer Erstaufenthaltserlaubnis samt zugehörigen Schriftverkehr, insbesondere einer Vollmachtserteilung durch die Ausländerin an H F vom 2.8.2001 (mit zweifelhafter Echtheit der Unterschrift der Ausländerin). Ferner ist dem Akt beigelegt eine Kopie des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 9. Dezember 2001 über die Verhängung der Schubhaft beigelegt.

     

    Laut Niederschrift am GP R am 9.12.2001 gab die Ausländerin an, am 22.10.2001 mit ihrem Freund in Österreich eingereist zu sein. Ihr Freund habe sie direkt zum "C B" gebracht. Sie habe im Club als Tänzerin gearbeitet. Sie sei von einem gewissen H für ihre Tätigkeit bezahlt worden. Sie habe vom 22.10.2001 bis heute 20.000 S erhalten.

     

    Sie habe im Oktober 2001 beim Konsulat in Budapest um ein Visum für ihre Tätigkeit als Tänzerin angesucht, welches sie jedoch nicht erhalten habe. Obwohl sie kein Visum bzw. keine Aufenthaltserlaubnis für Österreich erhalten habe, sei sie mit ihrem Freund nach Österreich gefahren um in E die Tätigkeit aufzunehmen. Die Adresse von E habe sie von einer ungarischen Freundin, L B aus M erhalten.

     

    Ihr sei bekannt, dass sie ohne Visum bzw. Aufenthaltsgenehmigung der Prostitution nicht nachgehen hätte dürfen. Am 24.11.2001 sei sie mit einer Freundin in deren Pkw nach Ungarn zurückgefahren. Am 29.11.2001 sei sie mit dieser Freundin wieder nach Österreich eingereist.

     

    Die in Österreich verdienten 20.000 S habe sie bei dieser Fahrt nach Ungarn mitgenommen und das Geld auch in Ungarn gelassen.

     

    Zur Zeit besitze sie an Barmitteln 940 S, 10 DM und 4.100 Ungarische Forint.

     

    Am 10.12.2001 gab die Ausländerin vor der Fremdenbehörde in der Justizanstalt R in Anwesenheit ihres Rechtsanwalts bekannt, zu den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen keine Stellungnahmen mehr abzugeben. Sie verweigere in Absprache mit ihrem Rechtsanwalt jegliche weitere Aussage zum Sachverhalt. Insbesondere wolle sie keine Angaben zu den ihr gezeigten Einkommensaufzeichnungen machen. Sie möchte ehest möglich abgeschoben werden. Sie verfüge nur über sehr geringe Deutschkenntnisse. Sie habe sich im Lokal mit den Gästen in Englisch unterhalten.

     

    Die Niederschrift sei dem Rechtsanwalt zur Durchsicht vorgelegt und der Beteiligten vom Dolmetscher rückübersetzt worden.

     

    Am 11.12.2001 sagte die Ausländerin vor der Bezirkshauptmannschaft Ried zum Sachverhalt unter Beisein eines Dolmetschers aus, sie spreche nur wenig Deutsch und sei mit der Beiziehung eines Dolmetschers für die ungarische Sprache einverstanden.

     

    Sie sei am Donnerstag, den 18. Oktober 2001 nach Österreich eingereist und sei von einer ungarischen Bekannten mit dem Namen L B in deren Privat-Pkw bis zum C "B B" chauffiert worden. L sei ortskundig gewesen, da auch sie im Prostituiertenmilieu in Österreich tätig sei. Überdies sei ihr der Weg zum Lokal in E telefonisch von einem der beiden Chefs H oder H erklärt worden. Die Zeugin habe L für ihre Dienste auch selbst bezahlt.

     

    Den Kontakt mit den Betreibern des Lokals "B B" habe die Ausländerin dergestalt hergestellt, dass sie sich in Ungarn im Prostituiertenmilieu erkundigt habe, weil sie gern in Österreich Geldverdienen wollte. Die Vollmacht an H F sehe sie heute zum ersten Mal. Diese Vollmacht trage nicht ihre eigene Unterschrift. Offensichtlich sei ihre Unterschrift auf dieser Vollmacht gefälscht.

     

    Den Bescheid über die Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Erstaufenthaltserlaubnis sehe sie ebenfalls zum ersten Mal. F habe ihr diesen Bescheid nicht ausgehändigt und auch dessen Inhalt nicht zur Kenntnis gebracht. Sie habe F zum letzten Mal am 3. Dezember 2001 im Lokal "B B" getroffen. Mit F habe sie sich in englischer Sprache unterhalten.

     

    C M, welche von den Prostituierten mit "T" angesprochen werde, habe die Ausländerin am 6.11.2001 zum Postamt in Aurolzmünster mit ihrem Privat-Pkw chauffiert, damit die Ausländerin dort Bargeld nach Hause zu einem Bekannten schicken konnte. Das entsprechende Formular der PSK sei gemeinsam von Frau M und der Ausländerin ausgefüllt worden. Weshalb Frau M eine falsche Adresse der Ausländerin in Österreich angegeben habe, wisse sie nicht. Die Ausländerin habe die ganze Zeit ihres Aufenthalts in Österreich durchgehend in E in einem Zimmer im ersten Stock gewohnt und in der ersten Woche mit einer weiteren Prostituierten mit dem Vornamen "N" geteilt. Ab der zweiten Woche habe sie ein Einzelzimmer bewohnt. In diesem Zimmer habe sie dann auch die Prostitution ausgeübt. Beim Empfänger dieses Bargeldtransfers habe es sich um einen guten Bekannten in Ungarn gehandelt, welchem die Ausländerin Geld geschuldet habe, da sie in den letzten Monaten vor Abreise arbeitslos gewesen sei.

     

    Die Ausländerin habe nach der Anbahnung der Prostitution im Lokal mit dem jeweiligen Gast mit diesem ihr Zimmer aufgesucht, um dort gegen Geld den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Dafür habe es je nach Dauer des Geschlechtsverkehrs fixe Beträge gegeben, welche der Gast vor dem Hinaufgehen ins Zimmer beim Kellner an der Lokalbar zu bezahlen gehabt habe. Eine halbe Stunde habe 1.600 S gekostet, eine ganze Stunde 2.700 S. Von diesen Beträgen habe sie dann einen entsprechenden Anteil ca. jeden dritten Tag in bar vom Chef mit dem Vornamen H ausbezahlt bekommen. Bei einer halben Stunde Geschlechtsverkehr habe sie 800 S, somit die Hälfte des vom Kunden bezahlten Preises erhalten. Sie habe über ihre täglichen Einkünfte Aufzeichnungen in dem der Behörde vorliegenden Heft gemacht. Parallel dazu hätten auch die Lokalbetreiber Aufzeichnungen auf sogenannten Abrechnungsblockzetteln der Brauerei R gemacht. Wer konkret diese Zetteln geschrieben hat, könne die Ausländerin nicht sagen. Jedenfalls sei es jeden Tag frühmorgens nach Arbeitsende so gewesen, dass die an der Bar tätige Person, entweder eine Frau, welche "T" genannt wurde, oder ein Mann, welcher "A" genannt wurde den jeweiligen Abrechnungszettel vorgehalten habe, sodass "wir" diese Aufzeichnungen kontrollieren konnten.

     

    Die Arbeitszeiten im Lokal seien folgende gewesen:

    Montag bis Donnerstag 21.00 - 5.00 Uhr, Freitag und Samstag 21.00 - 6.00 Uhr, Sonntag 21.00 bis 4.00 Uhr. Das Lokal habe täglich um 16.00 Uhr geöffnet.

     

    Die Ausländerin sei insofern am Getränkekonsum beteiligt gewesen, als der Gast für eine Flasche Piccolo-Sekt 300 S bezahlen musste. Davon habe die Ausländerin eine Provision in Höhe von 80 S erhalten. Eine Flasche Sekt in Normalgröße habe 1.300 S gekostet, davon habe die Ausländerin 300 S als Provision bekommen. Sämtliche Bargeldbeträge seien ausschließlich von H an die Ausländerin bezahlt worden. Die auf den Abrechnungszetteln angeführten Minusbeträge seien der Ausländerin für verschiedene Angelegenheiten abgezogen worden, wie z.B. 30 S für die Wäsche, Handtücher, Bettzeug etc.) oder gewisse kleinere Barbeträge für Getränke, welche sie während des Tages konsumiert habe. Die ausgewiesenen Schilling-Beträge für "Schlafen" könne die Ausländerin nicht erklären.

     

    Der Geldbetrag 100 S auf dem Abrechnungszettel vom 7.11.2001 ("Tanzen 100,00") bedeute, dass die Ausländerin an diesem Abend auf Verlangen eines Gastes ausschließlich für diesen Gast im Lokal einen Striptease-Tanz vorgeführt und dafür vom Gast direkt 100 S in bar erhalten habe. Diesen Betrag habe die Ausländerin selbst festgesetzt und sei davon nichts an die Lokalbetreiber weiterbezahlt worden.

     

    Die Gäste hätten beim Betreten des Lokals keinen Fixbetrag als Eintritt bezahlen müssen.

     

    Die von ihr erwartete Arbeitsweise sei ihr in Englisch von der Barfrau "T" erklärt worden. Diese habe ihr auch erstmals das Zimmer zugewiesen.

     

    Die Ausländerin sei in Ungarn nicht als Prostituierte tätig gewesen. Sie habe in Ungarn zuletzt als Kellnerin gearbeitet, sei jedoch bereits einige Monate arbeitslos gewesen, wodurch Schulden entstanden seien. Wegen dieser Schulden habe die Ausländerin in Österreich durch Prostitution auf schnellem Wege viel Geld verdienen wollen.

     

    H F habe sie das erste Mal bei ihrer Ankunft in Österreich (E) gesehen. Auch mit "H" habe sie an diesem Tag das erste Mal Kontakt gehabt.

     

    Sie habe sich in Österreich nicht den notwendigen Untersuchungen auf Freisein von Geschlechtskrankheiten sowie auf das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen, weil sie diese Untersuchungen in Ungarn durchführen habe lassen und ihr daher bekannt gewesen sei, dass sie weder eine Geschlechtskrankheit hatte noch HIV-positiv war. In E habe sie eigentlich damit gerechnet, dass sie von den Lokalbetreibern hinsichtlich dieser Untersuchungen angesprochen werde, jedoch sei dies bis zum Tag ihrer Festnahme ausgeblieben. Folglich habe sie die in Österreich vorgeschriebenen Untersuchungsintervalle nicht eingehalten.

     

    Das Essen habe sich die Ausländerin in der vorhandenen Küche mit den anderen Prostituierten selbst zubereitet. Das Essen sei von ihnen selbst besorgt worden, sie seien auch für die Essenskosten selbst aufgekommen. Das gleiche gelte für die privaten Getränke außerhalb der Arbeitszeit.

    Außer der Ausländerin seien jede Nacht fünf weitere Prostituierte im "B B" tätig gewesen. Es seien sechs Zimmer im ersten Stock vorhanden gewesen, die für den Zweck der Ausübung der Prostitution zur Verfügung standen.

    Die Firmenbezeichnung H & H M GmbH kenne sie nicht. Sie höre diesen Namen zum erstenmal. Sie habe mit dieser KEG keinen Werkvertrag abgeschlossen. Sie sei in Österreich nicht kranken- und unfallversichert gewesen.

     
    Diese Niederschrift wurde vom Dolmetscher übersetzt der Ausländerin vorgelesen.

    Der Niederschrift liegt eine Bargeldüberweisung in Höhe von 1.500 S durch die Ausländerin an einen Mann namens S mit Vornamen Z nach Ungarn durch die Ausländerin vom 6.11.2001 in Kopie bei. Dies samt der Kopie der Auftragsbestätigung über den Einzahlungsbetrag in Höhe von 12.041 S (beinhaltend auch das Bearbeitungsentgelt in Höhe von 541 S) mit Stempel vom selben Tag.

     

    Mit Schreiben vom 18.1.2002 nahm der anwaltlich vertretene Bw dahingehend Stellung, dass ihm der von der Ausländerin bei ihrer Einvernahme am 11.12.2001 geschilderte Sachverhalt in keiner Weise bekannt sei. Die Ausländerin sei daher aufgefordert worden eine Stellungnahme zu diesen Behauptungen abzugeben. Es wird angekündigt, dass sowohl der Beschuldigte Stellungnahmen der Ausländerin einholen werde und dann eine ergänzende Stellungnahme abgeben werde.

     

    Im Schreiben vom 7.2.2002 nahm der Bw anwaltlich vertreten dahingehend Stellung, er habe die Ausländerin aufgefordert eine entsprechende Stellungnahme abzugeben. Daraufhin habe diese ihren Rechtsanwalt in Ungarn aufgesucht und dort eine entsprechende Niederschrift und Aussage gemacht, welche nunmehr durch gerichtlich beeidete Übersetzung vorgelegt werde.

     

    Darin habe sich die Vermutung des Bw bewahrheitet, dass die Ausländerin erst am 8.12.2001 die Stadt R aufgesucht habe um dort Arbeit zu suchen. Somit liege eine dritte Version hinsichtlich des Datums des Eintreffens der Ausländerin vor.

     

    Die Ausländerin erkläre außerdem psychisch krank und in ständiger neurologischer Behandlung zu sein. Bei ihren Einvernahmen sei sie nervlich und psychisch im schlechtesten Zustand gewesen. Sie widerrufe daher ausdrücklich ihre damaligen Aussagen. Zu beachten sei, dass die Ausländerin im Beisein des Rechtsvertreters des Bw eine Stellungnahme ausdrücklich abgelehnt habe. Der Rechtsanwalt bestätige, dass seitens der Fremdenpolizei die Ausländerin damit bedroht wurde, dass sie bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und in der Folge mit U-Haft belegt werde, sodass sie mit einer Heimreise nicht mehr rechnen könne. Daher habe die Ausländerin offensichtlich vollkommen die Nerven verloren. Sie sei, im Gefolge dieser Androhung, in Tränen ausgebrochen und völlig gebrochen und kaum noch ansprechbar gewesen. Sie habe damals erklärt, ihr sei alles völlig egal, sie wolle nur aus dem Gefangenenhaus heraus und nach Hause.

     

     

    Dieser Stellungnahme liegt in Übersetzung folgende in der Anwaltskanzlei Dr. Z K, M, aufgenommene Niederschrift bei:

     

    "Ich sage aus, dass ich meine anlässlich meiner Befragung am 10. Tag des Monats Dezember 2001 gemachte Aussage angesichts des Folgenden widerrufen möchte:

     

    Ich fuhr am 8. Dezember 2001 mit dem Ziel in die Stadt R um Arbeit zu suchen, angesichts der Tatsache, dass meine Lebensumstände in Ungarn dies angezeigt erscheinen ließen. Ich war von der Reise erschöpft und müde.

     

    Bei meiner Einvernahme wurde ich von der verfahrenden Behörde dahingehend informiert, dass, sollte ich mit den zuständigen Organen nicht zusammenarbeiten, sie mir die Behinderung meiner Heimreise in Aussicht stellen.

     

    Unter diesen Umständen, - verängstigt, in der Befürchtung nicht nach Ungarn zurückreisen zu können - nervlich, psychisch gebrochen - in einer solchen Lage war ich ja noch nie gewesen - tätigte ich meine Aussage. In diesem Zusammenhang sage ich aus, dass ich unter ständiger neurologischer Behandlung stehe - die Kopie der diesbezüglichen ärztlichen Bestätigung lege ich bei - und ich muss in bestimmten Zeitabständen zu Kontrolluntersuchungen erscheinen.

     

    Unter Berücksichtigung all dessen, wünsche ich meine Aussage in der dort protokollierten Niederschrift nicht weiter aufrechtzuerhalten."

     

     

  7. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Berufungswerber kund, er sei "damals wenig da" gewesen. Überhaupt habe er mit den Damen wenig zu
    tun, da er nur tagsüber arbeite und dabei "administrativ (Einkauf, Lager, Buchhaltung) tätig" sei. Er kontrolliere die Ausländerinnen nur "sporadisch" auf "Visa, versicherungsmäßig" und "ob alles passt". Die gegenständliche Ausländerin sei ihm unbekannt. Er habe "das ganze erst nachträglich mitbekommen". "Bierblöcke" wie sie im Akt aufscheinen, würden im Lokal "sicherlich Verwendung finden". Die im angefochtenem Straferkenntnis angenommene Kongruenz der Kalenderaufzeichnungen der Ausländerin und der Aufzeichnungen auf den Blockzetteln sei "schon möglich".
  8.  

    Der Beamte, der mit der Ausländerin am 11.12.2001 die Niederschrift nach dem AuslBG aufgenommen hatte, sagte aus, die Ausländerin habe auf ihn keinen psychisch instabilen Eindruck gemacht. Sie sei über die Entschlagungsmöglichkeiten belehrt worden. Keineswegs seien der Ausländerin bei dieser Einvernahme irgendwelche Nachteile bei mangelnder "Kooperation" in Aussicht gestellt worden. Die Aussageverweigerung der Ausländerin im Beisein ihres Rechtsanwaltes am Vortag habe sich auf die fremdenpolizeiliche Einvernahme der Ausländerin als Partei bezogen. Bei der vom Zeugen aufgenommenen Niederschrift habe - im Unterschied dazu - die Ausländerin in einem Strafverfahren nach dem AuslBG als Zeugin fungiert. Auf das fremdenrechtliche Verfahren habe der Zeuge keinen Einfluss. Sollte die Ausländerin in ihrem nachträglichen Schreiben die Einvernahme durch den Zeugen im Auge gehabt haben, so sei ihre Behauptung, unter Druck gesetzt worden zu sein, schlicht unwahr.

     

    Die Ausländerin habe vielmehr auf konkrete Fragen sehr detaillierte Antworten gegeben. Aus ihren Erklärungen habe sich auch zweifelsfrei ergeben, dass die Aufzeichnungen auf dem "Bierblock" mit jenen im Kalender der Ausländerin übereinstimmten und sich auf die Tätigkeit der Ausländerin im Lokal bezogen. Ferner habe die Ausländerin präzise Angaben über die Preise im Lokal und ihre Umsatzbeteiligung gemacht.

     

    Die Ausländerin konnte wegen Scheiterns des Ladungsversuches (unter der aktenkundigen ungarischen Adresse) nicht einvernommen werden.

     

     

  9. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Entgegen dem Berufungsvorbringen ist festzustellen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat keinen Anlass sieht, an der Richtigkeit der Aussagen der Ausländerin im Rahmen ihrer Einvernahme am 11.12.2001 zu zweifeln. Die Aussagen der Ausländerin sind nicht nur lebensnah, detailgenau und in sich stimmig, sondern sie werden überdies auch durch das (vom Berufungswerber in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht einmal bestrittene) Faktum der inhaltlichen Kongruenz der "Bierblockzettelaufzeichnungen" und der Kalenderaufzeichnungen der Ausländerin gestützt (wobei die Ausländerin sogar Erläuterungen zu diesen Notizen abgab). Ferner deckt sich die Darstellung der hier gegenständlichen Ausländerin hinsichtlich der Betriebsusancen im Wesentlichen mit jener einer weiteren Prostituierten (vgl. VwSen-251032, betreffend das selbe Lokal und den selben Berufungswerber). Aus den "Bierblockzetteln" ergibt sich außerdem, dass die Ausländerin spätestens am 19.10. im gegenständlichen Lokal tätig war. Insoweit (freilich geringfügige) Widersprüche zu anderen Aussagen der Ausländerin (vor österreichischen Behörden) auftauchen, ist den Aussagen am 11.12.2001 wegen der Qualität der diesbezüglichen Niederschrift (Beisein eines Dolmetschers, Ausführlichkeit, spezielle Bezogenheit auf das AuslBG, wortgetreue Darstellung von Frage und Antwort) der Vorzug zu geben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Ausländerin ihre (richtige) Aussage unter Drohung oder Zwang machte. Dieser Behauptung steht die sich mit der Aktenlage deckende Aussage des einvernehmenden Beamten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, der auch nach seinem persönlichen Auftreten sehr glaubwürdig wirkte, entgegen. Weder wurde bei der hier relevanten Einvernahme Druck ausgeübt noch hat die Ausländerin einen psychischen Ausnahmezustand erkennen lassen oder einen solchen bei der Befragung nach Entschlagungsgründen geltend zu machen versucht. Dass die Ausländerin nach außen hin unerkennbar unter einer im Rahmen anderer (früherer) Behördenkontakte entstandenen Einschüchterung dermaßen litt, dass es ihr unmöglich war, ihr zustehende Entschlagungsrechte geltend zu machen oder eine richtige Aussage zu tätigen, erscheint unwahrscheinlich und wurde in dieser Stringenz auch nicht behauptet.

 

Zu der Aussage der Ausländerin vom 18.1.2002 in Ungarn ist zu bemerken, dass dieses Schreiben keine Zweifel an der (oben begründeten) inhaltlichen Richtigkeit der Aussage der Ausländerin vom 11.12.2002 zu wecken vermag. Selbst wenn man einräumt, dass die Prozedur behördlicher Befragungen sensiblere Prostituierte psychisch belastet, kann dies unter den gegebenen Umständen (vgl. etwa die Detailgenauigkeit der Aussage) nicht dazu führen, die Darstellung der Ausländerin als ein in psychischer Not entstandenes Phantasiegebilde zu qualifizieren. Abgesehen davon deckt der beigelegte ärztliche Befund (Diagnose: Pankreatitis; neurologischer Befund: Status weist nicht auf Myopathie hin, erhöhter CK-Wert kann auch andere Ursachen haben) vom 17.10.2001 (!) nicht die Behauptung, die Ausländerin sei am 11.12.2001 gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, eine Zeugenaussage zu machen. Überdies sei vermerkt, dass die Ausländerin, nach dem Text ihres Schreibens, die Aussage vom 10.12.2001 (strenggenommen also nicht jene hier gegenständliche vom 11.12.2001!) "nicht weiter aufrecht zu halten wünscht". Schließlich sei betont, dass sich die näheren Umstände bzw. die Motive der Ausländerin, unter denen sie in Ungarn eine Aussage machte, jeglicher Nachprüfbarkeit durch den Unabhängigen Verwaltungssenat entziehen und dieser Aussage schon deshalb, wenn überhaupt, nur sehr geringe Beweiskraft zugemessen werden kann.

 

Geht man mithin von der Richtigkeit der Aussage der Ausländerin vom 11.12.2001 aus, so ist den entscheidungsrelevanten Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Straferkenntnisses (insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung der Ausländerin am Prostitutions- und Getränkeumsatz, ihr Angewiesensein auf die dergestaltige Verwertung ihrer Arbeitskraft, ihre Einbindung in die und ihre Angewiesenheit auf die Betriebsorganisation) ebenso beizutreten, wie den dortigen Rechtsausführungen unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

Die Tat ist daher dem Berufungswerber in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Bemerkt sei, dass sich der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht strafbefreiend darauf berufen kann, von der Tätigkeit der Ausländerin nichts gewusst zu haben, zumal er ein ausreichendes Kontrollsystem nicht darzutun vermochte.

 

Ebenfalls nicht entgegenzutreten ist der Bemessung der Geldstrafe und ihrer Begründung im angefochtenen Straferkenntnis (Verhängung der Mindestgeldstrafe). Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht zu erkennen (ersichtlich ist lediglich die Unbescholtenheit des Bw). Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre. Da den erwähnten Strafzumessungsgründen eine wesentlich geringere Ersatzfreiheitsstrafe entspricht, war die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen, was dem Berufungswerber die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat erspart.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

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