Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260035/2/Gf/Hm

Linz, 07.08.1992

VwSen-260035/2/Gf/Hm Linz, am 7. August 1992

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Martin H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 30. Juni 1992, Zl. Wa96-53/14-1991/Kö, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde und den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 30. Juni 1992, Zl. Wa96-53/17-1991/Kö, wurde über den Beschwerdefüh- rer eine Geldstrafe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt, weil er es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten habe, daß auf Veranlassung seines Vaters einer seiner Arbeitnehmer in seinem Betrieb mindestens 5 Kubikme- ter Abwässer aus einer firmeneigenen Senkgrube auf eine nahegele- gene Wiese gepumpt hätte; dadurch habe der Beschwerdeführer eine Übertretung des § 137 Abs. 3 lit. d i.v.m. § 31 Abs. 1 des Was- serrechtsgesetzes, BGBl.Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 252/1990 (im folgenden: WRG), begangen, weshalb er zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 2. Juli 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. Juli 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers durch seine eigenen Aussagen sowie die Aussage seines Vaters, die Erhebungen der Gendarmeriebeamten und die von der Unterabteilung Gewässerschutz des Amtes der O.ö. Landesregie- rung vorgenommommene Analyse der entnommenen Gewässerprobe als erwiesen anzusehen gewesen sei. Da der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer strafrechtlich verantwortlich sei, hätte er dafür zu sorgen gehabt, daß die betrieblichen Abwässer ordnungsgemäß entsorgt werden. Daß der Beschwerdeführer gezwungen gewesen sei, mindestens 5 Kubkikmeter Abwässer aus der Senkgrube auszubringen, um Schäden in seinem Betrieb zu vermei- den, könne sein Verhalten weder rechtfertigen noch entschuldi- gen, weil wirtschaftliche Nachteile nur dann strafausschließend wirken würden, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst bedrohen oder sonst überhaupt keine Möglichkeit besteht, sich aus der Zwangslage zu befreien.

Aus allen diesen Gründen sei der Beschwerdeführer daher unter Zugrundelegung eines geschätzten und im Verfahren unwiderspro- chen gebliebenen monatlichen Nettoeinkommens von 13.000 S spruch- gemäß zu bestrafen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß die belangte Behörde keinen Lokalaugenschein durchgeführt habe; bei diesem hätte sich ergeben, daß die Wiesen, auf die die Abwässer entleert wurden, kein Gefälle aufweisen. Außerdem sei die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Gesellschaft zum Tatzeitpunkt rechtlich gar nicht existent gewesen. Daher seien auch keine wirksamen Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerde- führer geführt worden, weshalb die vorgeworfene Tat als verjährt anzusehen sei. Zudem sei die Probenziehung mangelhaft gewesen. Schließlich sei auch der Tatbestand des § 31 WRG nicht als erfüllt anzusehen, weil der Analysebericht lediglich eine Gewässerbeeinträchtigung, nicht aber eine Gewässerverunreinigung festgestellt habe. Außerdem sei dieses Gutachten insofern unschlüs- sig, weil es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche, daß eine vier Meter unterhalb der Senkgrube entnommene Gewässerprobe deshalb durch Senkgrubenabwässer belastet sein soll, weil die Senkgrubenabwässer nicht in den Danndorfer Bach eingedrungen, sondern auf der umliegenden Wiese versickert sein sollen. Schließlich sei der Beschwerdeführer am Tattag im Betrieb über- haupt nicht zugegen gewesen; der Auftrag zur Entleerung sei von seinem Vater deshalb gegeben worden, weil wolkenbruchartige Regenfälle zu einem Rückstau bis in die Produktionsräume geführt und dort den neu verlegten Kunstharzboden gefährdet hätten.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg zu Zl. Wa96-53-1991; da bereits aus diesem hervorging, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuhe- ben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs. 3 lit. d i.V.m. § 31 Abs. 1 WRG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der durch Außerachtlassung der ihn als Anlageninhaber oder als zur Setzung von Maßnahmen oder Unterlassungen Verpflichteten treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.

Nach § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung derselben nach außen berufen ist, soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind.

4.2. Inhaber der Anlage, nämlich der betriebseigenen Senkgrube, war zum Tatzeitpunkt, also am 20. Mai 1991, eine vom Beschwerde- führer und dessen Vater als jeweils persönlich haftende Gesell- schafter betriebene OHG; dies ergibt sich aus dem mit der Beschwerde vorgelegten, notariell beglaubigten Gesellschaftsver- trag vom 1. Juli 1991, aus dessen Punkt I. im Zusammenhang mit § 162 des Handelsgesetzbuches, dRGBl. S 219/1897, zuletzt geändert durch BGBl.Nr 10/1991 im folgenden: HGB), hervorgeht, daß das von den Gesellschaftern ursprünglich als eine Kommanditgesell- schaft intendierte Unternehmen ohne derartige Registrierung nicht als eine solche, sondern nur als eine OHG mit unbeschränk- ter Haftung aller Gesellschafter geführt werden kann. Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte "H Ges.m.b.H. & Co. KG" wurde hingegen erst am 1. Juli 1991 - also nach dem Tatzeitpunkt - gegründet, sodaß der Spruch insoweit als rechtswidrig erscheint.

Daraus folgt, daß im gegenständlichen Fall als Anlageninhaberin i.S.d. § 31 Abs. 1 WRG eine Personengemeinschaft - nämlich die vom Beschwerdeführer und dessen Vater betriebene OHG - fungiert hat und "für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift" des § 137 Abs. 3 lit. d WRG daher gemäß § 9 VStG deren zur Vertretung nach außen berufene Organe, d.s. gemäß § 125 HGB sämtliche Gesell- schafter, zur Verantwortung zu ziehen waren. Zu diesen Organen gehörte (auch) der Beschwerdeführer als persönlich haftender Gesellschafter, weil er davon durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen und ein anderer verantwortlicher Beauftrag- ter nicht bestellt worden war.

Diese Haftung der außenvertretungsbefugten Organe ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedoch nicht unbegrenzt. Danach handelt der Vertretungsbefugte nämlich schon dann sorgfaltsgemäß, wenn er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 16.9.1985, 82/10/0145). Wenn nun im vorliegenden Fall - von der belangten Behörde unbestritten - davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt im Betrieb nicht selbst anwesend war, sondern vielmehr sein Vater dem Arbeitnehmer die Anweisung zur teilweisen Entleerung der Senkgrube gegeben hat, sein Vater als persönlich haftender Gesellschafter der OHG aber in gleicher Weise wie der Beschwerdeführer außenvertretungsbefugt war, dann ist es offensichtlich, daß die verwaltungsstrafrechliche Verant- wortlichkeit hier nicht den Beschwerdeführer, sondern seinen Vater traf; der Beschwerdeführer hätte - davon ausgehend, daß es keine Beschränkung der Außenvertretungsbefugnis der OHG auf seine Person gab aufgrund seiner Abwesenheit vom Tatort schon rein faktisch gar keine Möglichkeit gehabt, das von seinem Vater initiierte strafbare Verhalten zu verhindern.

4.3. Kann dem Beschwerdeführer selbst damit aber kein strafbares Verhalten zur Last gelegt werden, so war das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfah- rens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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