Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260329/2/Re/Sta

Linz, 08.03.2005

 

 

 VwSen-260329/2/Re/Sta Linz, am 8. März 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn N S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F H, Dr. O U, Mag. A M, Mag. T L, Vöcklabruck, vom 13. Februar 2004, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
27. Jänner 2004, Wa96-841-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs.2 Z4 iVm § 31 Abs.1 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF (WRG 1959), zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 
Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1 und 2, 45 Abs.1 Z2 und 3, 51e Abs.2 Z1 und 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
27. Jänner 2004, Wa96-841-2003, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen Berufener der S B-H GmbH & Co.KG. gemäß § 9 VStG 1991 dafür verantwortlich sei, dass durch Außerachtlassung der Sorgfaltspflicht die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeigeführt worden sei, indem am 14. Oktober 2003 zwischen 15.25 Uhr und 16.00 Uhr bei der Baustelle neben dem Lagerhausgebäude in S, B, durch unsachgemäßes Vorgehen beim Einbringen des Unterwasserbetons in die Fundamentgrube es zu einer starken Wasser-Zement-Vermischung im Stehwasser und in weiterer Folge zu einer erheblichen Wasserverunreinigung mit Fischsterben im S gekommen sei.

 

Dadurch habe er eine Übertretung des § 137 Abs.2 Z4 iVm § 31 Abs.1 WRG 1959 iVm § 9 VStG 1991 begangen, weshalb er nach der genannten Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes 1959 zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, durch den in der Strafanzeige vom 28. Oktober 2003 geschilderten Sachverhalt sei eindeutig die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeigeführt worden. Es könne als erwiesen angesehen werden, dass die Gefahr einer Gewässerverunreinigung (im gegenständlichen Fall sogar eine tatsächliche Verunreinigung) herbeigeführt worden sei. Es sei einwandfrei ermittelt worden, dass beim Einbringen des Unterwasserbetons in die Fundamentgrube es zu einer Wasser-Zement-Vermischung kam, welche in weiterer Folge in den S gelangt sei. Eine damit verbundene Gewässerverunreinigung sei durch den Umstand als erwiesen anzusehen, weil damit ein Fischsterben verbunden gewesen sei. Die Art und Weise der mit Beton zu errichtenden Anlagen sei einwandfrei von dem das Bauwerk ausführenden Unternehmen zu bestimmen bzw. zu überwachen gewesen. Der nach § 9 VStG Verantwortliche der S B-H GmbH & Co.KG. sei somit auch für die Hintanhaltung von möglichen Gefahren vor Gewässerverunreinigungen zuständig gewesen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat N S durch seine rechtlichen Vertreter, Rechtsanwälte Dr. F H, Dr. O U, Mag. A M, Mag. T L, V, F, mit Schriftsatz vom
13. Februar 2004, der Post am selben Tag zur Beförderung übergeben und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben.

 

Das Straferkenntnis wird darin im Wesentlichen mit dem Vorbringen bekämpft, der zu Grunde liegende Spruch sei mangelhaft und müsse sich auf den Sachverhalt beziehen, der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestanden habe. Die Errichtung der Brücke sei im Zeitpunkt der Bescheiderlassung wasserrechtlich rechtskräftig bewilligt gewesen (Bescheid der BH Vöcklabruck vom 18.2.2002, Wa10-124-2000), es sei im Spruch nicht ausgeführt, worin ein unsachgemäßes Vorgehen beim Einbringen des Unterwasserbetons bestanden habe. Es fehle jede Aussage darüber, von welchem Sachverhalt ausgegangen werde, insbesondere fehle, dass der Brückenbau wasserrechtlich genehmigt gewesen sei, dass der Baupolier die Arbeiten nach dem Sorgfaltsmaßstab eines Fachmannes durchgeführt habe, dass die Gewässerverunreinigungen der Firma Sid von der wasserrechtlichen Bewilligung gedeckt gewesen sei und die Handlungen des Mitbeschuldigten nicht von der wasserrechtlichen Bewilligung gedeckt gewesen seien und somit nur dessen Verhalten die Tatbestände erfüllt habe. Die Auflage mit dem Inhalt, es sei besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass Wasserverschmutzungen tunlichst vermieden würden, insbesondere sei die Trübung des Wassers durch die Arbeit mit Baumaschinen auf das unumgängliche Ausmaß zu beschränken und dürften nach der Verwendung der Maschinen keine Mineralölprodukte in die Gewässer gelangen, sei eingehalten worden. Die Aussagen des Mitbeschuldigten, das Endrohr sei lediglich 20 cm unter die Wasseroberfläche getaucht worden, sei unrichtig. Die Behörde leite den Vorwurf von der Aussage eines Mitbeschuldigten ab und habe die Angaben des Baupoliers unberücksichtigt gelassen. Es werde daher die Behebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu das Absehen von der Strafe und allenfalls eine Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der verhängten Strafe sowie die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat diese Berufung gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde vorgelegt und keine Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben. Im Grunde des § 51c VStG war durch Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Im Grunde des § 51e Abs.2 Z1 VStG entfällt die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 137 Abs.2 Z4 WRG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs.3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu
4 Wochen zu bestrafen, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs.1 treffenden Sorgfaltspflicht die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeiführt.

Gemäß § 31 Abs.1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instand zu halten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

 

Gemäß § 137 Abs.3 Z11 WRG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36.340 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen, zu bestrafen, wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 Abs.1 und 2 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer vornimmt und dadurch eine erhebliche Verunreinigung der Gewässer bewirkt .

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täter und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

Diesem Erfordernis entspricht der Spruch des bekämpften Straferkenntnis nicht. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die angewendete Strafbestimmung des
§ 137 Abs.2 Z4 WRG zu verweisen, welche fordert, dass durch Außerachtlassung der gemäß § 31 Abs.1 WRG treffenden Sorgfaltspflicht die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeigeführt wird. § 31 Abs.1 WRG wiederum bestimmt eine allgemeine wasserrechtliche Sorgfaltspflicht für jedermann, wobei der Sorgfaltsmaßstab nach Lage des Falles verschieden sein kann (vgl. Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], Rz. 3 ff zu § 31 WRG). Demnach bestimmt sich der Sorgfaltsmaßstab je nach Lage des Falls entweder gemäß § 1297 AGBG oder gemäß § 1299 AGBG. Während § 1297 AGBG quasi jedermann betrifft, findet der verschärfte Maßstab des § 1299 AGBG im Allgemeinen zB auf Gewerbetreibende oder auf Betreiber von Anlagen der öffentlichen Hand Anwendung. In diesen Fällen ist somit eine erhöhte Sorgfalt bei Umgang mit wassergefährdenden Stoffen geboten.

Die im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Berufungswerber innerhalb offener Frist getätigten Verfolgungshandlungen sprechen nur allgemein von einer Außerachtlassung der Sorgfaltspflicht, jedoch ohne jeglichen Hinweis, nach welchem Maßstab diese Sorgfaltspflicht zu messen ist bzw. gemessen wurde.

 

Abgesehen von diesem Mangel des Straferkenntnisses ist darüber hinaus festzustellen, dass das Herbeiführen einer Gefahr einer Gewässerverunreinigung im gegenständlichen Fall nicht ohne wenn und aber einen tatsächlich strafbaren Verwaltungsstraftatbestand darstellt; es wird hier nämlich nicht berücksichtigt, dass am Tatort die Errichtung eines Bauwerkes wasserrechtlich bewilligt war und laut Strafanzeige sich in dieser wasserrechtlichen Bewilligung folgende Auflage befindet: "Bei der Bauausführung und Erhaltung ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass Wasserverschmutzungen tunlichst vermieden werden. Insbesondere ist Trübung des Wassers durch die Arbeit mit Baumaschinen auf das unumgängliche Ausmaß zu beschränken und dürfen durch die Verwendung von Maschinen keine Mineralölprodukte in Gewässer gelangen."

Unabhängig von der Qualität dieser Auflage in Bezug auf ihre Vollstreckbarkeit ist jedoch aus diesem Grunde davon auszugehen, dass hiedurch nicht nur gewisse Gefahren einer Gewässerverunreinigung sondern sogar eine Gewässerverunreinigung selbst, nämlich eine solche im unumgänglichen Ausmaß im wasserrechtlichen Konsens enthalten ist.

 

Wenn dem Berufungswerber nun vorgeworfen werden soll, er habe bei der Bauausführung diese Auflage nicht eingehalten und somit eine Gewässerverunreinigung in einem Ausmaß herbeigeführt, welches das genehmigte unumgängliche Ausmaß übersteigt, so hätte diese dem Berufungswerber auch als solche Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werden müssen. Dies ist jedoch im durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren der belangten Behörde nicht geschehen, hätten doch sonst gegenüber dem Berufungswerber auch andere Straftatbestände, nämlich entweder der des § 137 Abs.2 Z5 oder der des § 137 Abs.2 Z7 oder aber der des mit einer wesentlich höheren Geldstrafe bis zu 36.340 Euro bedrohten Übertretung des § 137 Abs.3 Z11 (erhebliche Verunreinigung des Gewässer durch Vornahme einer gemäß § 32 Abs.1 und 2 bewilligungspflichtigen Einwirkung auf Gewässer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen) geprüft werden müssen.

 

In diesem Zusammenhang wird auch auf die vom Verwaltungsgerichtshof bestehende Judikatur zur Subsidiarität der Tatbilder der wasserrechtlichen Straftatbestände hingewiesen, wonach eine Bestrafung nach einem in einem Absatz genannten Tatbild nur dann zulässig ist, wenn nicht durch die selbe Tat entweder ein spezielleres oder aber ein - in seiner Finalität - notwendig oder regelmäßig mit diesem Delikt verbundenes Tatbild eines nachfolgenden, mit einer höheren Strafe bedrohten Absatzes verwirklicht wird.

 

So findet sich in der angewendeten Strafnorm des § 137 Abs.2 WRG die Strafdrohung bis zu 14.530 Euro, im Falle der Verwirklichung eines Tatbildes nach
§ 137 Abs.3 WRG die deutlich strengere Drohung bis zu 36.340 Euro. § 137 Abs.2 wiederum ist laut Gesetzestext heranzuziehen, sofern die Tat nicht nach Abs.3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt.

 

Letztlich nicht zweifelsfrei ermittelt werden konnte im gegenständlichen Fall auch der Umstand, inwieweit an der festgestellten Gewässerverunreinigung bzw. am festgestellten Fischsterben tatsächlich die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Einbringen des Betons zur Herstellung des Fundaments oder aber mit dem ebenfalls aktenkundigen Einleiten der Waschwässer des Betontransportfahrzeuges im ursächlichen Zusammenhang gestanden sind. Weitere Erhebungen diesbezüglich waren jedoch auf Grund der obigen Ausführungen und unter Beachtung des § 31 VStG von der Berufungsbehörde nicht mehr durchzuführen.

 

Auf Grund der dargelegten Sach- und Rechtslage war somit wie im Spruch zu erkennen, das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Reichenberger
 
 

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