Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280159/8/Kl/Rd

Linz, 17.01.1996

VwSen-280159/8/Kl/Rd Linz, am 17. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing. G,, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14.9.1995, Ge96-130-1994-Fr/Gut, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz beschlossen:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 63 Abs.5 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG sowie § 17 Zustellgesetz.

Begründung:

1. Mit Straferkenntnis der BH Perg vom 14.9.1995, Ge96-130-1994-Fr/Gut, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von insgesamt 16.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt acht Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 Abs.1 AZG, nämlich unzulässige Tagesarbeitszeiten und unzulässige Wochenarbeitszeiten in je acht Fällen verhängt.

2. Dagegen richtet sich die Berufung vom 24.10.1995, zur Post gegeben am 25.10.1995, in welcher unrichtige rechtliche Beurteilung sowie zu hohes Strafausmaß geltend gemacht wurden.

3. Die BH Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Schon aufgrund der Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt iZm dem gewährten Parteiengehör und den vom Bw vorgelegten Bestätigungen war ersichtlich, daß die Berufung zurückzuweisen war. Auch wurde eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt. Es konnte daher eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.1 VStG unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 VStG steht den Parteien das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat, wobei gemäß § 63 Abs.5 AVG, welche Bestimmung nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, die Berufung binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen ist, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides.

4.2. Festgehalten wird, daß in dem angefochtenen Straferkenntnis eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung erfolgt ist.

Weiters steht fest, daß nach dem im Akt befindlichen Zustellschein das Straferkenntnis nach zweimaligem Zustellversuch am 19.9.1995 und am 20.9.1995 am 20.9.1995 beim Zustellpostamt hinterlegt wurde und mit diesem Tag der Beginn der Abholfrist festgelegt wurde.

Weiters ist laut handschriftlichem Vermerk auf dem im Akt befindlichen Straferkenntnis das gegenständliche Straferkenntnis im Original am 11.10.1995 vom Bw übernommen worden.

Im Zuge des durch den unabhängigen Verwaltungssenat zur Frage der Rechtzeitigkeit eingeräumten Parteiengehörs teilte der Bw mit, daß er in der 38., 39. und 40. Kalenderwoche des Jahres 1995 auf zahlreichen Baustellen berufsbedingt unterwegs gewesen sei, nämlich in der 38. und 39.

Jahreswoche in Deutschland und in der 40. Jahreswoche in Griechenland in Athen, wobei er erst am Mittwoch, den 4.10.1995 in das Büro in Perg zurückgekehrt sei. Erstmals erfahren von den Zustellvorgängen eines Schriftstückes der BH Perg habe er von seiner Sekretärin am 10.10.1995, weil diese die Hinterlegungsanzeige irrtümlich in einem falschen Bauakt abgelegt habe. Weil das Schriftstück nicht mehr bei der Post war, wurde ihm das Originalschriftstück am 11.10.1995 bei der BH Perg persönlich überreicht.

Als Beweis legte der Bw eine eidesstättige Erklärung der Sekretärin vom 1.12.1995 sowie einen Stundenbericht vom September 1995 und - über weitere Aufforderung - vom Oktober 1995 vor. Aus diesem ist ersichtlich, daß der Bw am Tag der ersten Hinterlegungsverständigung, nämlich am 19.9.1995, in Karlsruhe beruflich tätig war. Die Aufenthalte in Karlsruhe waren vom 19. bis 23.9. sowie vom 25. bis 27.9.1995, daran schloß sich ein Aufenthalt in Athen vom 28. bis 30.9.1995 und wieder in Karlsruhe vom 1. bis 3.10.1995. Es ist daher ersichtlich, daß der Bw zwischenzeitlich zur Abgabestelle zurückgekehrt ist, so auch am 1.10. bzw. 3.10.1995. Beim letzten Termin fällt bei näherem Besehen aber auf, daß sich auf der Stundenaufzeichnung nicht näher nachvollziehbare handschriftliche Vermerke zum Baustellen- bzw. Aufenthaltsort am 2. und 3.10.1995 befinden. Die Eintragungen stehen im übrigen auch in Widerspruch zu den vom Bw gemachten vorausgehenden Ausführungen, daß er in der 40.

Jahreswoche (das ist der 2. bis 8.10.1995) in Griechenland, in Athen berufsbedingt unterwegs gewesen sei, obwohl der Stundenbericht die Rückkehr aus Athen bereits am 30.9.1995 vermerkt. Es konnte daher ein eindeutiger Nachweis von 1.

bis 4.10.1995 trotz Aufforderung nicht erbracht werden.

4.3. Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz, BGBl.Nr. 200/1982 idgF ist, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen.

Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle, nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte (§ 17 Abs.3 leg.cit.). Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die in Abs.2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde (§ 17 Abs.4 leg.cit.).

Mit der Hinterlegung am 20.9.1995 begann sohin die Abholfrist zu laufen, welche mit Ablauf des 4.10.1995 endete. Weil der Zusteller Grund zur Annahme hatte, daß sich der Bw regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, war eine Hinterlegung zulässig. Weil der Bw weiters aufgrund seiner Abwesenheit nicht rechtzeitig - also vor Ablauf der sonstigen Berufungsfrist am 4.10.1995 bzw. weil er keine Zeit hätte, die Berufung noch in dieser Frist einzubringen vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, wurde die Zustellung gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz erst an dem der Rückkehr folgenden Tag wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte. Dies ist entweder schon der 2.10.1995 (wie bereits erwähnt wurde, sind die diesbezüglichen Arbeitszeitaufzeichnungen nicht klar), jedenfalls aber der Mittwoch, 4.10.1995. Es wurde daher die Zustellung noch in der Abholfrist wirksam und setzte sohin den Fristenlauf für die gemäß § 63 Abs.5 AVG festgelegte zweiwöchige Berufungsfrist in Gang. Weil daher die Berufungsfrist jedenfalls (spätestens) am 18.10.1995 endete, war die mit 25.10.1995 eingebrachte Berufung verspätet.

4.4. Daran ändert auch nicht der Umstand, daß der Bw durch ein Versehen seiner Sekretärin erst später von dem Zustellvorgang Kenntnis erlangte. Denn auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an (§ 17 Abs.4 Zustellgesetz).

Ob und wann nämlich eine rechtswirksam hinterlegte Sendung vom Empfänger behoben wird und ob hiebei Hindernisse (wie das behauptete Versehen der Sekretärin) auftreten, beeinträchtigt die Rechtswirksamkeit der Zustellung nicht. Es können aber derartige Umstände allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG bilden.

Es ist daher auch die Rechtsansicht des Bw, daß die Zustellung erst ab Kenntnisnahme vom Zustellvorgang bzw.

Abholung des Schriftstückes von der Behörde als bewirkt anzusehen ist, verfehlt (vgl. VwGH vom 28.5.1993, 92/17/0239).

Da die Berufungsfrist eine iSd § 33 Abs.4 AVG durch Gesetz festgesetzte und nicht verlängerbare Frist ist - ein Ermessen hinsichtlich einer Fristerstreckung kommt daher der Behörde nicht zu, und es kann auch eine fälschlicherweise angegebene längere Berufungsfrist nicht die tatsächliche gesetzliche Frist verlängern -, war daher die Berufung als verspätet zurückzuweisen, ohne daß auf die Sache selbst näher einzugehen war.

4.5. Abschließend wird jedoch angemerkt, daß der Beschuldigte mit seinen Berufungsausführungen nicht im Recht ist.

In ständiger Judikatur hat der VwGH entschieden, daß Verstöße gegen die Tagesarbeitszeit und gegen die Wochenarbeitszeit durch einen Arbeitnehmer nicht als eine einzige Übertretung zu bestrafen sind (vgl. VwGH 29.6.1987, 86/08/0250). Nach weiterer ständiger VwGH-Judikatur ist der Auftragslage und den Terminkollisionen mit geeigneten Maßnahmen durch den Arbeitgeber entgegenzuwirken und wirken diese nicht strafmildernd. Ebensowenig obliegt der Arbeitnehmerschutz (zwingendes Recht) der freien Arbeitnehmerbzw. Arbeitgeberdisposition, sodaß durch Freiwilligkeit keine Schuld- und Straflosigkeit eintritt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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