Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280184/5/Le/La

Linz, 11.02.1997

VwSen-280184/5/Le/La               Linz, am 11. Februar 1997 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Ing. R K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 19.12.1995, Zl. Ge96-63-1995-Fr/Gut, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf fünf Tage herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 1.000 S. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom  19.12.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 145 Abs.4 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 340/1994 (im folgenden kurz: BauV) eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Dipl.-Ing. Dr. techn. R K Ges.m.b.H. verantworten zu haben, daß, wie im Zuge einer Kontrolle der Kanalbaustelle in W durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 12. Aufsichtsbezirk am 14.6.1995 festgestellt wurde, mit einem im obgenannten Baubetrieb in Verwendung stehenden Schreitbagger der Marke Kaiser (Baumaschinen L OHG) Hebearbeiten (Versetzen von Kanalschachtringen, Aus- und Einbau von Pölzungselementen) durchgeführt wurden, obwohl dieses Grabgerät keine selbsttätig wirkende Einrichtung besaß, welche ein Überschreiten des zulässigen Lastmomentes verhindern hätte können.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daßáder Sachverhalt durch das Arbeitsinspektorat für den 12. Aufsichtsbezirk mit Anzeige vom 30.6.1995 bekanntgegeben worden sei.

Nach einer Wiedergabe der Rechtslage wurde der Gang des Ermittlungsverfahrens sowie die Rechtfertigung des Beschuldigten wiedergegeben.

Die Erstbehörde kam dabei zum Ergebnis, daß nach der Vorschrift des § 145 BauV eindeutig klargestellt sei, daßáBagger (Schreitbagger), wenn sie zu Hebearbeiten herange zogen werden, mit einer sogenannten Überlastwarneinrichtung ausgestattet sein müßten. Ob diese vom Beschuldigten als sinnvoll erachtet werde oder nicht, sei im gegenständlichen Fall nicht relevant. Abgesehen davon, daß es sich hiebei um eine gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsmaßnahme handle, habe das Fehlen derartiger Sicherheitseinrichtungen schon zu schweren Arbeitsunfällen geführt und sei die Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des § 145 BauV als gravierende Verwaltungsübertretung anzusehen.

Hinsichtlich des Verschuldens nahm die Erstbehörde zumindest grob fahrlässige Handlungsweise an.

Sodann wurde die Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3.1.1996, mit der der Bw die Aufhebung des Straferkenntnisses bzw. die Reduzierung des Strafbetrages beantragte. Im einzelnen führte er dazu aus, daß 1. die festgestellten Mängel bei dem Schreitbagger sofort behoben wurden; 2. seine Baumaschinen bis jetzt immer ordnungsgemäßáausgerüstet waren und keinerlei Mängel hatten und 3. die wirtschaftliche Lage des Betriebes durch die schlechte Auftragslage in der Baubranche ernsthaft gefährdet sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Ver waltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungs vorentscheidung wurde nicht erlassen.

Die Berufung wurde dem Arbeitsinspektorat für den 12. Aufsichtsbezirk in Leoben mit Schriftsatz vom 24.10.1996 nachweislich zur Kenntnis gebracht; eine Stellungnahme zur Berufung erfolgte nicht.

Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt im wesentlichen nicht bestritten wurde und die Sachlage aus dem vorgelegten Verwaltungsakt eindeutig feststeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß᧠51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungs senates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Zu den Berufungsausführungen:

Der Sachverhalt wurde vom Bw nicht bestritten. Das unter 1. der Berufung vorgebrachte Argument, daß die festgestellten Mängel bei dem Schreitbagger der Marke Kaiser sofort behoben wurden, beweist, daß vor diesem Zeitpunkt sehr wohl Mängel bestanden haben. Es ist ein essentielles Wesensmerkmal des Verwaltungsstrafverfahrens, daß lediglich bereits ver wirklichte Lebenssachverhalte einer Bestrafung zugänglich gemacht werden können, sodaß ein Wohlverhalten nach diesem Zeitpunkt lediglich bei der Strafbemessung berücksichtigt werden kann bzw. die Gefahr weiterer Deliktsanlastungen verhindert.

Das zweite Argument der eingebrachten Berufung, wonach die Baumaschinen bis jetzt immer ordnungsgemäß ausgerüstet gewesen wären und keinerlei Mängel gehabt hätten, ist nicht konkretisiert und für den gegenständlichen Fall auch nicht nachvollziehbar, weil die verfahrensgegenständliche Bau maschine offensichtlich nicht in Ordnung war, da ansonsten eine Beanstandung durch das Arbeitsinspektorat nicht stattgefunden hätte.

Damit wurde die objektive Tatbestandsmäßigkeit nicht erfolgreich bestritten, sodaß bei der weiteren Beurteilung der Berufungsangelegenheit von der Verwirklichung der objektiven Tatseite auszugehen ist.

4.3. Hinsichtlich seines Verschuldens hat der Bw keine Ausführungen getroffen, die eine Unkenntnis des Bw betreffend die verletzte Verwaltungsvorschrift glaubhaft machen würde. Es ist daher im Sinne der gesetzlichen Fiktion des § 5 Abs.1 VStG von Verschulden in Form der Fahrlässigkeit auszugehen. Damit ist auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung als erfüllt anzusehen.

4.4. Hinsichtlich der Strafbemessung hat der Bw in Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Betriebes durch die schlechte Auftragslage eine Reduzierung der Strafhöhe beantragt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat damit die Aufgabe, die Strafbemessung zu überprüfen:

4.4.1. Gemäß § 130 Abs.1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S ... zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen 16. die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

Das Arbeitsinspektorat für den 12. Aufsichtsbezirk hat in seiner Anzeige vom 30.6.1995 die Bestrafung des nunmehrigen Bw in Höhe von 20.000 S beantragt. Als erschwerend wurde angeführt, daß es auf Grund des Fehlens einer Überlastwarneinrichtung zu schwersten Unfällen kommen könne.

Die Erstbehörde hat die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw erhoben und ist dann dennoch dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates gefolgt.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wurden wie folgt festgestellt:

Jahresbruttoeinkommen im Jahr 1994 von 598.550 S; Jahresbruttoeinkommen der Gattin 120.231 S; Sorgepflichten für 2 Kinder; Eigentumswohnung, für die eine monatliche Verpflichtung zur Rückzahlung von Darlehen in Höhe von 29.000 S besteht; Spareinlagen, Wertpapiere, Beteiligungen sind nicht vorhanden, ausgenommen der Anteil an der Firma Koller GmbH in Höhe von 25 %.

4.4.2. Die Bemessung von Strafen im Verwaltungsstrafverfahren hat nach den Grundsätzen des § 19 VStG zu erfolgen. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut: "(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat." Aus dem Ermittlungsverfahren steht fest, daß Arbeitnehmer durch das Fehlen der Sicherheitseinrichtungen nicht geschädigt wurden. Die Gefährdung der Arbeitnehmerschutzinteressen wurde vom Arbeitsinspektorat lapidar damit begründet, daß es auf Grund des Fehlens einer Überlastwarneinrichtung zu schwersten Unfällen kommen kann.

Es wurde damit jedoch nicht begründet, ob es auch im konkreten Einzelfall zu einer derartigen Gefährdung der Arbeitnehmerinteressen gekommen ist. Dies wäre aber deshalb erforderlich gewesen, weil der Bw in seiner Rechtfertigung durchaus plausibel darlegte, daß seine Baumaschine vorwiegend in steilem und unwegsamen Gelände eingesetzt werde, wodurch die Sicherheit durch die Überlast warneinrichtung (die auf ebenem Gelände abgenommen und eingestellt werde) deshalb nicht mehr gegeben sei, da sich die Aufstandsfläche der Abstützung um wesentliches veringere. Auf Grund seiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit ist diese Angabe des Bw durchaus als solche mit Sachverstand anzusehen, weshalb sie jedenfalls bei der Beurteilung der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG zu beachten ist.

4.4.3. Nach § 19 Abs.2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäßáanzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familien verhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Aus dem vorliegenden Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister ist ersichtlich, daß der Bw wohl Vorstrafen, jedoch keine einschlägige Vorstrafe aufzuweisen hat. Der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit ist daher nicht anzuwenden. Der Umstand, daß der Bw den festgestellten Mangel unverzüglich beheben ließ, zeigt, daß er grundsätzlich gewillt ist, die Interessen des Arbeitnehmerschutzes wahrzunehmen, was sich auf die Bemessung der verhängten Geldstrafe mildernd auswirken muß.

Erschwerungsgründe kamen weder aus der Anzeige noch aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren hervor.

Bei den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen waren die oben unter 4.4.1. festgestellten Fakten zu berücksichtigen.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, daß aus spezialpräventiven Gründen die Prognose berechtigt erscheint, daß die Verhängung der nunmehr reduzierten Geldstrafe ausreichen wird, um den Bw hinkünftig von weiteren derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs gerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr.  B l e i e r

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