Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280308/10/Le/Ha

Linz, 02.07.1997

VwSen-280308/10/Le/Ha Linz, am 2. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die auf die Strafe eingeschränkte Berufung des Ing. F K, S, B G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 31.10.1996, Ge96-296-1995, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 1. dieses Straferkenntnisses richtet, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 1. richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 20.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 9 Tage herabgesetzt.

Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 2.000 S. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 31. 10.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 48 Abs.2 der Bauarbeiterschutzverordnung (im folgenden kurz BauV) iVm § 130 Abs.1 Z15 des ArbeitnehmerInnen-schutzgesetzes (im folgenden kurz: ASchG) eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener und gemäß § 9 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der K Ges.m.b.H, B, zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 26. 7.1995 um ca. 11.45 Uhr bei der Baustelle B I, R, bei dem Haus Nr., den Arbeitnehmer M A mit Rohrverlegungsarbeiten in einer 2 m tiefen, völlig ungeschützten Künette beschäftigt habe, obwohl gemäß § 48 Abs.2 BauV entsprechende (näher bezeichnete) Sicherungsmaßnahmen durchzuführen sind, sodaß Arbeitnehmer nicht gefährdet werden können. Im weiteren wurden ihm in den Spruchabschnitten 2. - 5. weitere Übertretungen des ASchG vorgeworfen, die aufgrund der Strafhöhe jeweils unter 10.000 S in die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes fallen; es wird über die dagegen eingebrachte Berufung daher gesondert entschieden.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Sachverhalt aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk, von welchem ein Organ die Übertretungen an Ort und Stelle festgestellt hatte, als erwiesen anzusehen ist.

Nach einer Wiedergabe der Verantwortung des Beschuldigten sowie der maßgeblichen Rechtslage wurde die Strafbemessung dargelegt, wobei als erschwerend gewertet wurde, daß der Beschuldigte bereits mehrfach einschlägig rechtskräftig bestraft wurde und zwar wegen Übertretung des § 70 Abs.2 Arbeitnehmerschutz-VO, des § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutz-VO, des § 69 iVm § 100 AAV, des § 19 Abs.4 1. Satz BauV, § 46 Abs.6 1. und 2. Satz AAV und § 46 Abs. 11 1. Satz AAV.

Der Beschuldigte habe die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen fahrlässig begangen, da er die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen und dadurch verkannt hätte, daß er einen tatbestandsmäßigen Sachverhalt verwirkliche.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.11.1996, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Bw an, daß es in seiner Firma natürlich ein Kontrollsystem gäbe. Alle Dienstnehmer würden regelmäßig auf die Pflicht zur Einhaltung der ANSV hingewiesen und gäbe es dazu auch eine Unterschriftenliste über die stattgefundene Unterweisung. Weiters wären alle Poliere verpflichtet, diese Einhaltung zu kontrollieren. Alle Bauleiter würden bei ihren regelmäßigen Baustellen ebenfalls darauf achten, daß die Vorschriften eingehalten und durchgesetzt werden. Er ersuchte daher, die Strafe um 70 % herabzusetzen und verwies darauf, daß er dzt. 18 Lehrlinge beschäftige, was ihm beträchtliche Kosten verursache. Er sei nicht nur bemüht, seinen Mitarbeitern Arbeit zu verschaffen, sondern sie auch zu schulen. Er würde also eher Mithilfen als Strafen benötigen, um auch in Zukunft die Arbeiten noch mit positiver Einstellung bewältigen zu können. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Die Berufung wurde dem Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk zur Kenntnis gebracht und äußerte sich dieses im Schriftsatz vom 4.6.1997 dergestalt, daß die Argumentation des Beschuldigten nicht geeignet sei, ihn von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zu entbinden. Unter Hinweis auf die ständige Judikatur des VwGH zum Kontrollsystem führte das Arbeitsinspektorat aus, daß das beantragte Strafausmaß unbedingt erforderlich erscheine, um den Beschuldigten in Hinkunft von weiteren derartigen Strafen abzuhalten.

3.2. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der unabhängige Verwaltungssenat am 2.7.1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der sich der Bw von Herrn Ing. N W vertreten ließ. Das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk war durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vertreten; die belangte Behörde entsandte ohne Angabe von Gründen keinen Vertreter.

3.3. Eingangs der mündlichen Verhandlung schränkte der Vertreter des Bw die Berufung ausdrücklich auf die Strafhöhe ein. Zum Kontrollsystem gab er an, daß seit 1996 die jeweiligen Baustellenleiter für die einzelnen Baustellen verantwortlich sind, daß dies jedoch zum Zeitpunkt am 26.7.1995 noch nicht der Fall gewesen sei. Bei der ggst. Baustelle wäre an sich Herr P A, welcher Prokurist der Firma ist, verantwortlich gewesen. Da aufgrund eines Irrtums einer Sekretärin diese Baustelle jedoch nicht gemeldet wurde, ergibt sich die Verantwortlichkeit des Bw. (Der Vertreter des Bw konnte jedoch nicht angeben, ob die Baustellenleiter im Sinne des § 9 Abs.2 und 4 VStG als verantwortliche Beauftragte bestellt sind).

Hinsichtlich des Kontrollsystems verwies der Bw darauf, daß vor jeder Baustelle die dabei beschäftigten Arbeitnehmer über die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen belehrt würden und dies auch schriftlich bestätigen müßten. Für die Kontrolle der Einhaltung dieser Sicherheits-bestimmungen sind zunächst der Polier, weiters aber der Baustellenleiter verantwortlich. Warum der verantwortliche Polier auf der ggst. Baustelle dem Arbeitnehmer Mutapcic das Betreten der Künette ohne der erforderlichen Sicherheitseinrichtungen gestattet hätte, konnte er nicht sagen. Zur fehlenden Absicherung der Künette verwies der Vertreter des Bw darauf, daß zuvor felsiger Untergrund war, der sogar geschremmt werden mußte, weshalb ausreichende Festigkeit gegeben war. Nach Einsicht in die vom Arbeitsinspektor vom Tatort aufgenommenen Lichtbilder gab er jedoch zu, daß es sich hiebei nicht um Fels handeln könne. Allerdings widersprach er entschieden der Beschreibung des Arbeitsinspektors, daß es sich hiebei um leichtbindigen Untergrund handle. Vielmehr beschrieb er die Beschaffenheit des Untergrundes dermaßen, daß nach der Asphalttragschicht ein Frostkoffer von 40 - 50 cm Mächtigkeit eingebaut war und darunter Lehm. Tatsächlich ist diese Beschreibung aus den vorgelegten Lichtbildern erkennbar und handelt es sich bei dem Boden unterhalb des Frostkoffers eindeutig nicht um leichtbindigen Schotter, sondern im Gegenteil um Lehm, welcher an der dunklen Braunfärbung eindeutig erkennbar ist.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Der Strafrahmen für Verwaltungsübertretungen nach § 130 Abs.1 Z15 ist gemäß § 130 Abs. 1 Einleitungssatz ASchG mit 2.000 - 100.000 S, im Wiederholungs-fall mit 4.000 - 200.000 S festgesetzt.

Da es sich bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung aktenkundig um keinen Wiederholungsfall handelte, da der Bw noch nie gegen § 48 Abs. 2 BauV verstoßen hatte, war daher bei der Beurteilung des Strafausmaßes vom geringeren Strafrahmen auszugehen.

Ausschlaggebend für die strenge Bestrafung des Bw war die Angabe des Arbeitsinspektors in seiner Anzeige vom 28.7.1995, wonach es sich beim Boden der Künette um leichtbindigen Schotter gehandelt habe und unmittelbar neben der Künette PKW- und LKW-Verkehr vorbeiführte. Es hätte daher akute Einsturzgefahr und somit massive Lebensgefahr für den Arbeitnehmer bestanden.

Dagegen konnte aus den vom Arbeitsinspektorat im Berufungsverfahren vorgelegten Photos ersehen werden, daß der Untergrund keineswegs leichtbindiger Schotter war, sondern daß es sich um Lehmboden handelte; auf der Lehmschicht war ein ca. 40 cm dicker Frostkoffer aufgebracht und darüber eine Asphalttragschicht. Überdies handelte es sich bei der vorbeiführenden Straße lediglich um eine Gemeindestraße, die zur Tatzeit nur einspurig befahrbar war. Auf den vorgelegten Lichtbildern war kein Straßenverkehr zu ersehen.

Wenngleich die mangelnde Absicherung der Künette zweifelsfrei einen Verstoß gegen § 48 Abs.2 BauV darstellt, war im konkreten Fall nach den aufgezeigten Aspekten eine massive Lebensgefahr des Arbeitnehmers M nicht gegeben. Da die Tat auch keinerlei weitere nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, konnte daher die verhängte Strafe herabgesetzt werden.

Es soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, daß der Bw offensichtlich aufgrund dieses Strafverfahrens sein Informations- und Kontrollsystem gebessert hat, sodaß der spezialpräventive Effekt, der durch eine Bestrafung erreicht werden soll, bereits eingetreten ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilage Dr. B l e i e r

Kanzleivermerk: 1. Anschluß 2.: Akt sowie eine weitere Erkenntnisausfertigung, Zustellung nachweislich; 2. Folgende Mehrausfertigungen herstellen: a) für Herrn Präsidenten 2 MA (für Evidenz) b) 1 MA für Le 1 MA für Ga (nur bei AWG-Entscheidungen)

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