Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280698/5/Kl/Pe

Linz, 30.12.2003

 

 

 VwSen-280698/5/Kl/Pe Linz, am 30. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn NR, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2.9.2003, Ge96-231-2001, (Strafausmaß) wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung gegen das Strafausmaß wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf das Strafausmaß vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG zu lauten hat:

"1) § 130 Abs.1 Einleitung ASchG;

2) § 130 Abs.5 Einleitung ASchG".

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen, ds 290,40 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2.9.2003, Ge96-231-2001, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von je 726 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von je 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung 1) nach § 130 Abs.1 Z6 (gemeint wohl: Z16) ASchG iVm § 34 Abs.2 Z6 Arbeitsmittelverordnung und 2) § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm § 55 Abs.1 BauV verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG zu verantworten hat, dass die "R" Handelsgesellschaft m.b.H. mit Sitz in, am 11.10.2001, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz anlässlich einer Unfallerhebung festgestellt wurde, den Arbeitnehmer FD mit der Verdübelung von Wärmedämmplatten mittels eines "Behelfsgerüstes" beschäftigte,

  1. ohne dass hierbei den Bestimmungen der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO), BGBl. II Nr.164/2000 entsprochen wurde, da eine 4,5 m lange Holzleiter als Gerüstbelag verwendet wurde, obwohl gemäß § 34 Abs.1 Z6 AM-VO Leitern nicht als waagrechte Gerüstträger, als Unterlagen für Gerüstbelege sowie als Laufgänge, Lauftreppen und Laufbrücken verwendet werden dürfen;
  2. ohne dass ein nach fachmännischen Grundsätzen errichtetes Gerüst vorhanden war, obwohl gemäß § 55 Abs.1 der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), BGBl. Nr.340/1994 Gerüste in dem für die Ausführung der Arbeit und dem Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Umfang nach fachmännischen Grundsätzen errichtet werden müssen,

weshalb der genannte Arbeitnehmer von diesem Gerüstbelag aus rund 1,95 m in die Tiefe stürzte und sich dabei einen Knöchelbruch an der Hand zuzog.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig mündlich Berufung gegen die Strafhöhe eingebracht und diese damit begründet, dass die Übertretung durch eigenmächtiges Verhalten des betreffenden Arbeitnehmers zustande kam und der Berufungswerber als Geschäftsführer nicht jeden Arbeitnehmer den ganzen Tag überwachen könne. Hinsichtlich der Maßnahmen für einen geordneten Ablauf auf der Baustelle wird auf die Rechtfertigung vom 6.12.2001 verwiesen. Darüber hinaus wurde der verunfallte Arbeitnehmer noch persönlich am Vormittag angewiesen, mit Arbeiten auf der Hausseite, wo noch kein Gerüst vorhanden war, noch zuzuwarten. Der Vorarbeiter habe jedoch gegen die Anweisungen gehandelt. Die Berufungsinstanz wurde ersucht, die Höhe der verhängten Geldstrafen herabzusetzen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt und es hat dieses in der Stellungnahme vom 13.11.2003 mitgeteilt, dass nicht hervorgehe, ob der Berufungswerber persönlich auf der Baustelle am besagten Vormittag anwesend war, da er ansonsten das restliche, äußerst mangelhaft aufgestellte Gerüst erkennen hätte müssen. Die vom Beschuldigten angeführte Kontrolle erscheine daher nicht besonders wirkungsvoll und wird daher um Bestätigung des Straferkenntnisses ersucht.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG wird als Verwaltungsübertretung mit gleicher Strafe bedroht, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

5.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis hinsichtlich beider Delikte auf die Gefährdung für Gesundheit und Leben der Arbeitnehmer bei der Strafbemessung hingewiesen und als straferschwerend den tatsächlichen Absturz und Verletzungen des Arbeitnehmers D gewertet. Als mildernd hat sie die Ankündigung der Vornahme von Verbesserungen sowie die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit im Hinblick auf die Verletzung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen gewertet. Sie hat ihrer Strafbemessung die vom Berufungswerber angegebenen persönlichen Verhältnisse, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von rund 2.400 Euro, die Sorgepflicht für vier Kinder und ein gemeinsames Eigenheim mit der Lebensgefährtin berücksichtigt. Weiters nahm sie auf spezial- und generalpräventive Aspekte Bedacht.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art.130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

ISd zitierten gesetzlichen Bestimmungen sowie der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat daher die belangte Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen in gesetzmäßiger Weise Gebrauch gemacht und konnte eine Ermessensüberschreitung nicht festgestellt werden. Es sind die Ausführungen der belangten Behörde grundsätzlich der Entscheidung zugrunde zu legen. Ergänzend wird jedoch ausgeführt, dass im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der angelasteten Verwaltungsübertretungen zu berücksichtigen war, dass gerade durch die Vorschriften der Bauarbeiterschutzverordnung und der Arbeitsmittelverordnung eine Gesundheitsbeeinträchtigung bzw. Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers hintangehalten werden soll. Durch die Nichteinhaltung der diesbezüglichen Bestimmungen wird genau dieser Schutzzweck verfehlt, weshalb der Nichteinhaltung insbesondere im Hinblick auf die doch erhebliche Absturzgefährdung ein besonderer Unrechtsgehalt zukommt. Schon im Sinn des Unrechtsgehaltes der Übertretungen kann daher mit noch niedrigeren Strafen - wie sie vom Beschuldigten gefordert wurden - nicht das Auslangen gefunden werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Normen des Arbeitnehmerschutzes zwingend sind und daher von der Parteiendisposition ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber wollte nämlich vermeiden, dass regelmäßig in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehende Arbeitnehmer ihre gesundheitlichen Interessen aus wirtschaftlichen Gründen außer Acht lassen. Es können daher Einwendungen, dass der Arbeitnehmer zwar unterwiesen wurde, aber eigenmächtig gehandelt hätte, gerade die Bedenken der Gefährdung nicht entkräften und die Gesetzesübertretung nicht legalisieren. Es hätte vielmehr eine Überwachung des Arbeitnehmers stattfinden müssen. Dies wurde jedoch nicht behauptet und wurde ja auch dem Verschulden zugrunde gelegt. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass nicht nur eine Gefährdung der Gesundheit sondern auch eine Beeinträchtigung der Gesundheit des Arbeitnehmers durch den Arbeitsunfall eingetreten ist, sohin nachteilige Folgen eingetreten sind. Die verhängten Geldstrafen betragen ein Zehntel des gesetzlichen Strafrahmens und sind daher im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt und daher dem Unrechtsgehalt der Tat durchaus angemessen. Hinsichtlich der von der Behörde angeführten Milderung ist aber auszuführen, dass die Rechtswohltat bzw. der Milderungsgrund der Unbescholtenheit dem Berufungswerber nicht zugute kommt, zumal nach der ständigen Judikatur von Unbescholtenheit nur eine absolute Unbescholtenheit mildernd zu werten ist. Dass keine einschlägigen (Übertretungen der Arbeitnehmerschutzvorschriften) Vorstrafen vorliegen, bedeutet, dass kein Erschwerungsgrund der rechtskräftigen Vorstrafen vorliegt.

Auch waren die verhängten Geldstrafen schuldangemessen, insbesondere da der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren nicht glaubhaft machte, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. In seinen Ausführungen macht der Beschuldigte selbst geltend, dass er Unterweisungen gegeben hätte, allerdings nicht ständig kontrollieren könnte, wodurch er zumindest jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die nach den zitierten Bestimmungen dem Beschuldigten als Arbeitgeber auferlegt ist. Er hätte nämlich vielmehr Sorge tragen müssen, dass vor einer vollständigen und korrekten Gerüstausführung Arbeiten nicht begonnen werden und solche Maßnahmen vorkehren müssen, dass die entsprechenden Arbeiten nur unter Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen durchgeführt werden. Dieses zumindest fahrlässige Verhalten wurde im Grunde der Strafbemessung, insbesondere durch die pro Verwaltungsübertretung angemessene Strafe berücksichtigt.

Auch hat die belangte Behörde die vom Beschuldigten angegebenen persönlichen Verhältnisse entsprechend gewürdigt und ihrer Strafbemessung zugrunde gelegt. Weitere Strafbemessungsgründe bzw. Milderungsgründe hat der Beschuldigte nicht geltend gemacht. Auch sind keine Umstände für eine geänderte Strafbemessung hervorgetreten.

Es sind daher die verhängten Geldstrafen jeweils tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst und unter Einbeziehung der erstmaligen Überschreitung von Arbeitnehmerschutzvorschriften auch geeignet, den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Ein überhöhtes Strafausmaß konnte entgegen den Ausführungen in der Berufung nicht festgestellt werden, insbesondere weil die jeweils verhängten Strafen im untersten Bereich des gesetzlich möglichen Strafrahmens liegen. ISd im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Kumulationsprinzips wurden aber durch mehrere selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen und sind daher Strafen nebeneinander zu verhängen (§ 22 VStG), wobei die obigen Erwägungen zur Strafbemessung für jede einzelne Tat bzw. Strafe vorzunehmen sind.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates ein Straferkenntnis bestätigt wird, hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von weiteren 20 % der verhängten Strafen zu leisten (§ 64 VStG)

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 
 

Dr. Klempt
 
 
Beschlagwortung:
Gefährdung, Unrechtsgehalt

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum