Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101809/9/Br

Linz, 22.03.1994

VwSen - 101809/9/Br Linz, am 22. März 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Dr. K, zu Hd. der Rechtsanwälte , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 18. Jänner 1994, Zl.: VerkR96/3525/1993/Bi/WP, wegen Übertretung der StVO - 1960, nach der am 22. März 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben und das Straferkenntnis bestätigt. Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 80 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 18. Jänner 1994, Zl.: VerkR96/3525/1993/Bi/WP, wegen der Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 über den Berufungswerber Geldstrafen von 400 S und für den Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 1. Juli 1993 um 15.23 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Pyhrnpaßstraße B138, Strkm. 32.550 im Ortsgebiet von Kirchdorf/Krems in Richtung Inzersdorf gelenkt und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 13 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde sinngemäß aus, daß die Übertretung auf Grund des vorliegenden Radarmeßergebnisses mittels geeichtem Radargerät, Multanova, erwiesen sei. Die Erstbehörde habe keine Veranlassung gesehen, den Angaben der ausschließlich im Verkehrsüberwachungsdienst tätigen Beamten nicht zu folgen. Laut Judikatur des VwGH Erk. v. 19.10.1979, 3220/78, ZVR 1980/280, stelle eine derartige Meßmethode, belegt durch ein Radarfoto, einen ausreichenden Beweis dar. Demgegenüber seien die Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers nicht stichhältig. Bei der Strafzumessung seien weder mildernde noch erschwerende Umstände zu berücksichtigen gewesen. Ansonsten sei auf die Strafzumessungsgründe nach § 19 VStG Bedacht genommen worden, sodaß angesichts eines bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmens eine Strafe von 400 S angemessen zu erachten gewesen sei.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber aus wie folgt:

"In der umseits rubrizierten Rechtssache erhebt der Beschuldigte gegen den Bescheid vom 18.01.1994 durch seinen bereits ag. Anwalt innerhalb offener Frist nachstehende BERUFUNG:

Der genannte Bescheid wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten und seine Abänderung dahingehend beantragt, daß das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wird.

Zur Begründung wird vorgebracht:

Im angefochtenen Bescheid wird dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht, er habe am 01.07.1993 um 15.23 Uhr den PKW im Gemeindegebiet von Kirchdorf gelenkt und dabei die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 13 km/h überschritten.

Zur Begründung ihres Spruches führt die Behörde erster Instanz lediglich aus, daß laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Angaben eines Gendarmeriebeamten zusammen mit einem Foto als ausreichender Beweis für die Verletzung der höchstzulässigen Fahrgeschwindigkeit angesehen werden könnten. Die Rechtfertigungsangaben seien daher nicht als stichhaltig anzusehen und die Behörde sieht sich offensichtlich auch nicht dazu verpflichtet, darauf noch mehr einzugehen.

Diese Begründung hält einer näheren Überprüfung zweifelsohne nicht stand. Der angefochtene Bescheid ist sowohl materiell als auch verfahrensrechtlich verfehlt.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist folgendes festzuhalten:

Gemäß § 24 VStG 195O gelten auch in Verwaltungsstrafverfahren die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsgesetzes, soferne sie durch den letzten Satz des § 24 VStG nicht ausdrücklich ausgenommen sind. Gemäß § 58 (2) AVG 1950 sind Bescheide dann zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei (hier also des Beschuldigten) nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde.

Gemäß § 60 AVG sind in einer Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach gesicherter Judikatur (VwSlg 1559 A, 5817 A, 6787 A, 7022 A u.a.) und herrschender Lehre (z.B. Mannlicher/Quell Seite 318) ist die Pflicht zur Begründung eines der wichtigsten Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Jede strittige Sach- und Rechtsfrage von Relevanz soll in der Begründung eines Bescheides ausreichend beantwortet sein. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen (VwGH 14.11.1947 Slg. 206 A). Eine Begründung, die sich auf die Wiedergabe eines gesetzlichen Tatbestandes beschränkt, aber die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht im einzelnen darlegt und der daher nicht zu entnehmen ist, aufgrund welcher Sachverhaltsannahmen die Behörden zu ihrem Erkenntnis gelangt, ist unzulänglich. (VwGH, Erkenntnis vom 24.Jänner 1948 Slg. 285 A). Dabei ist die Behörde von der ihr gemäß § 58 AVG 1950 obliegenden Pflicht zur Begründung der Bescheide durch die Freiheit der Beweiswürdigung nicht enthoben. Es ist vielmehr ihre Pflicht darzutun, aus welchen Gründen sie bei widersprechenden Zeugenaussagen dazu gekommen ist, dem einen Zeugen mehr zu glauben als dem anderen (BGH, Erkenntnis vom ll. Dezember 1935, A 786/35). Wenn die Behörde dem Vorbringen des Beschuldigten keinen Glauben schenkt, hat sie die Gründe für diese Beweiswürdigung auszuführen (VwGH, Erkenntnis vom 30.November 1948, Slg. 606 A).

Daraus, daß freie Beweiswürdigung nicht mit Willkür gleichbedeutend ist, ergibt sich die Pflicht der Behörde, in ihren Entscheidungen die Erwägungen, von denen sie sich bei der Würdigung leiten ließ, zu begründen, das heißt, die Gedankengänge und, Eindrücke aufzudecken, die dafür maßgebend waren, daß sie das eine Beweismittel dem anderen vorgezogen hat und eine Tatsache für wahr oder unwahr gehalten hat (VwGH, Erkenntnis vom 14.Jänner 1952, Slg. 2411 A).

Nach gesicherter Judikatur (VwGH, Erkenntnis vom 18.Jänner 1927, Slg. 14605 A u.a.) ist die Begründung eines Straferkenntnisses wegen einer Verwaltungsübertretung unzureichend und den Vorschriften der §§ 44 VStG und 60 AVG widersprechend, wenn sie nur aussagt, daß die Übertretung durch die dem Strafverfahren zugrundeliegende Anzeige erwiesen ist.

Schon diese Ausführungen zeigen, daß der angefochtene Bescheid den verfahrensrechtlichen Mindesterfordernissen nicht gerecht wird. Die Behörde erster Instanz hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf beschränkt, die bereits in der Anzeige enthaltenen Argumente zu rekapitulieren. Die Behörde hat es überhaupt nicht der Mühe wert gefunden, sich mit den Rechtfertigungsangaben des Einschreiters auch nur annähernd auseinanderzusetzen. Schon im Einspruch vom 07.07.1993 hat der Einschreiter vorgebracht, daß er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung keinesfalls begangen hat. In der Stellungnahme vom 21.09.1993 hat der Einschreiter diese Rechtfertigung präzisiert und auf die offensichtlichen Widersprüchlichkeiten in der Anzeige vom 01.07.1993 hingewiesen. Der Beschuldigte hat die Einvernahme des meldungslegenden Beamten beantragt, welche Beobachtungen er tatsächlich gemacht hat, in welcher Entfernung er sich zu dem angeblichen Ereignis befand, wieviele Fahrzeuge zum fraglichen Zeitpunkt die Straße befuhren und welche Vorkehrungen getroffen hat, um einer Verwechslung vorzubeugen.

Weiters wurde beantragt, den Eichschein des eingesetzten Radarmeßgerätes beizuschaffen. Es wurde die Befragung des Meldungslegers dahingehend beantragt, ob das eingesetzte Radargerät bereits in der Vergangenheit Fehlmessungen aufgewiesen hat, in welcher Häufigkeit diese auftraten, ob das Gerät korrekt adjustiert und eingestellt war und ob bei der Adjustierung sämtliche Bedienungsanleitungen vollständig befolgt wurden.

Weiters beantragte der Beschuldigte die ausdrückliche Vornahme eines Lokalaugenscheines, damit sich die erkennende Behörde ein unmittelbares Bild über die Sicht und Fahrbahnverhältnisse machen kann.

In einer weiteren Stellungnahme vom 03. O1. 1994 beantragt der Beschuldigte ferner die Beischaffung der von dem eingesetzten Radargerät angefertigten Test- und Kontrollichtbilder zum Beweis dafür, daß der Beschuldigte keinesfalls mit einer 50 km/h übersteigenden Geschwindigkeit unterwegs gewesen ist. In dem Vergleich des bereits vorliegenden Lichtbildes mit den regelmäßig von Radargeräten neuerer Bauart angefertigten Kontroll- und Testlichtbildern ergibt sich eindeutig, daß das eingesetzte Radargerät zum maßgebenden Zeitpunkt funktionsuntüchtig war, weil durch einen Vergleich der zwischen den Lichtbildern zurückgelegten Wegstrecke mit dem zeitlichen Abstand der Belichtungen eine Geschwindigkeitsüberschreitung des Beschuldigten nicht nachvollziehbar ist.

Ferner wurde die Einvernahme des meldungslegenden Beamten dahingehend beantragt, warum für den anderen Fall die Beischaffung der Kontroll- bzw. Testlichtbilder nicht möglich ist, bzw. welche technischen Vorkehrungen bei dem Radargerät der eingesetzten Bauart sonst gegeben sind, um Fehlmessungen zu vermeiden.

Ferner brachte der Beschuldigte zur Präzisierung seiner Rechtfertigung vor, daß er, aufgrund seiner zurückhaltenden langsamen Fahrweise im Ortsgebiet von Kirchdorf von mehreren anderen Fahrzeugen mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit überholt wurde und daß somit gegenständliche Messung allenfalls im Zusammenhang mit einem dieser Überholmanöver gebracht werden kann. Durch eine fehlerhafte bzw. verzögerte Belichtung wurde jedoch versehentlich das überholte Fahrzeug des Beschuldigten und nicht das überholende Fahrzeug belichtet, welches zu diesem Zeitpunkt der Belichtung bereits durch das am rechten Lichtbildrand sichtbare Fahrzeug verdeckt war.

Generell stellt sich dazu die Frage, ob nicht das am rechten Lichtbildrand sichtbare Fahrzeug geeignet war, einen störenden Einfluß auf die Messung auszuüben. Die Behörde hätte daher jedenfalls auch ein Sachverständigengutachten einholen müssen.

Die Wahrung des Parteiengehörs ist eine kardinale Voraussetzung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens. Sie ist von Amts wegen zu beachten und gehört zu den fundamentalen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit der Hoheitsverwaltung (VwGH, Erkenntnis vom 26.1.1967, 47/66, VwGH 25. 5. 1949, Slg. 1804).

Im Verfahren erster Instanz sind folgende Beweisanträge des Beschuldigten unerledigt geblieben:

- Antrag auf Vornahme eines Lokalaugenscheines - Antrag auf Einvernahme des meldungslegenden Beamten als Zeugen - Beischaffung des Eichscheines - Beischaffung des Kontroll- bzw Testlichtbildes; Nach gesicherter Judikatur kann die Behörde zwar Beweisanträgen, die ihr als unerheblich erscheinen, nicht stattgeben, sie muß jedoch in der Begründung des Bescheides ihre Erwägungen, die zur Annahme der Unerheblichkeit der angebotenen Beweismittel geführt haben, ausreichend darlegen (VwGH, Erkenntnis vom ll. Juli 1963, Zl. 49/62 u.a.).

Entgegen diesen Verpflichtungen hat es die Behörde erster Instanz nicht einmal für notwendig gefunden, die Beweisanträge zu erwähnen, geschweige denn, irgendeine Begründung dafür zu geben, daß sie diesen Beweisanträgen nicht stattgibt.

Der Behörde erster Instanz sind aber auch bei der Beweiswürdigung schwerwiegende Fehler unterlaufen. Die Behörde erster Instanz übersieht offensichtlich, daß sie gemäß § 25 (Z) VStG verpflichtet ist, die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Im Gegensatz zu dieser gesetzlichen Verpflichtung hat die Behörde erster Instanz mit den der Entlastung des Beschuldigten dienenden Umständen in keiner Weise auseinander gesetzt: Völlig verfehlt ist insbesondere der Standpunkt der Behörde, der meldungslegende Beamte sei ungeachtet der ausdrücklichen Beweisanträge des Beschuldigten nicht zeugenschaftlich einzuvernehmen gewesen. Der bloße Umstand der Meldungslegung ist als Beweisgrundlage nicht tauglich.

Nach gesicherter Judikatur sind bei der Beweiswürdigung folgende Grundsätze zu beachten:

Die Behörde kann die Aufnahme eines Beweises von vornherein nur dann ablehnen, wenn er objektiv gesehen nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern; eine Würdigung der Beweise hinsichtlich ihrer subjektiven Glaubwürdigkeit ist nur nach der Aufnahme des Beweises möglich (VwGH, Erkenntnis vom 29.6.i979, 1488/77, 1.12.1981, 81/02/0183). Die Behörde darf einen angebotenen Beweis nur dann von vornherein ablehnen, wenn die angebotenen Beweismittel an sich nicht geeignet sind, über den Gegenstand einen Beweis zu liefern (VwGH, Erkenntnis vom 30.11.1965, 1186/65). Antizipative Beweiswürdigung ist grundsätzlich verboten; die Wertung eines Beweises auf seine Glaubwürdigkeit hin setzt die Aufnahme des Beweises voraus (VwGH, Erkenntnis vom 15.5.1979, 409, 411/79).

Die Zeugenaussage eines Sicherheitswachebeamten kann dadurch erschüttert werden, daß der Beschuldigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieses Beamten äußert und dies auch begründet (VwGH, 10.9.1968, 562/68, 3.11.1977, 1378/76 u.a.). Die Behörde darf auch den Angaben des Anzeigers nur mit Rücksicht darauf, daß es sich um einen Beamten handle, nicht schlechthin mehr Beweiskraft beimessen (VwGH, 15.3.1973, 1629/72).

Es entspricht nicht dem Sinn einer Zeugenvernehmung, wenn eine als Zeuge zu vernehmende Person ihre Aussage schriftlich niederlegt und danach, ohne daß - bei einem leugnenden Beschuldigten - Fragen des Vernehmenden und Antwort des Zeugen erfolgt, das schriftlich Niedergelegte zum "Inhalt einer Zeugenaussage" erhoben wird. Die mangelnde Objektivität und Oberflächlichkeit der Behörde zeigt sich aber auch bei der Strafbemessung:

Diese wird lapidar damit begründet, daß auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse einzugehen war, weil einem Lenker, der am Verkehrsgeschehen teilnimmt, die Bezahlung von Verwaltungsstrafen in geringfügigem Ausmaß zugemutet werden müsse. Die Behörde gesteht somit selbst ein, daß sie sich nicht einmal bemüht hat, die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten zu erheben. Die Unterstellung verhängte Strafe geringfügig und jedenfalls tragbar sei, ist nicht nachvollziehbar.

Es erweist sich somit der angefochtene Bescheid in wesentlichen Punkten als den verfahrensrechtlichen Mindesterfordernissen nicht entsprechend, verfehlt und mangelhaft. Es erweist sich somit der angefochtene Bescheid in wesentlichen Punkten als den verfahrensrechtlichen Mindesterfordernissen nicht entsprechend, verfehlt und mangelhaft.

Ein ausführliches meritorisches Eingehen auf die materiellrechtliche Beurteilung ist derzeit noch gar nicht möglich: Dem angefochtenen Bescheid ist weder eindeutig zu entnehmen, von welchem genauen Sachverhalt die Behörde erster Instanz ausgeht, noch welche rechtliche Überlegungen sie angestellt hat.

Es wäre Aufgabe der Behörde erster Instanz gewesen, den zugrundeliegenden Sachverhalt nach einem mängelfreien Verfahren festzustellen, die Gründe für ihre Beweiswürdigung übersichtlich darzulegen und danach den festgestellten Sachverhalt einer eingehenden und richtigen Beurteilung zu unterziehen. Dies alles hat die Behörde erster Instanz unterlassen.

Der Beschuldigte stellt daher den ANTRAG auf Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt und sein bevollmächtigter Rechtsvertreter von der Einstellung benachrichtigt wird.

Salzburg, am 07.02.1994 Dr. K" 2.1. Mit Schreiben vom 11. März 1994 stellt der Einschreiter den Antrag die für den 22. März 1994 um 10.00 Uhr anberaumte öffentliche mündliche Verhandlung abzuberaumen und aufgrund der Aktenlage den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren wider ihn einzustellen. Begründend führt der Berufungswerber noch aus, daß er wegen bereits länger feststehender und nichtverschiebbarer Verhandlungstermine nicht in der Lage sei zu dieser Verhandlung zu erscheinen. Er könne keine über den Inhalt der Berufungsschrift hinausgehenden Angaben machen. Jedenfalls habe er die Verwaltungsübertretung nicht begangen. 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung, war anzuberaumen, weil vom Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Übertretungen dem Grunde nach bestritten wurden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberüsterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems Zl.: VerkR96/3525/1993/Bi/WP, die Beischaffung des Eichscheines betreffend das Geschwindigkeitsmeßgerät, MULTANOVA, Fertigungsnummer 696; ferner die zeugenschaftliche Vernehmung der damals vor Ort eingesetzten Gendarmeriebeamten, Bez.Insp., Rev.Insp. und, sowie die Einholung einer Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen, I.

5. Der Berufungswerber lenkte zur oben angeführten Zeit sein Fahrzeug im Ortsgebiet von Kirchdorf/Krems mit mindestens 63 km/h. Das Geschwindigkeitmeßergebnis liegt mit 68 km/h vor. Das eingesetzte Geschwindigkeitsmeßgerät des Herstellers MULTANOVA mit der Fertigungsnummer 696, Bauart MU VR 6FM, amtliche Protokollzahl 18724, wurde laut Eichschein vom 31. Jänner 1991 gemäß § 56 Abs.4 des Maß- und Eichgesetzes - MEG vom 5. Juli 1950, BGBl.Nr.152/1950, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.742/1988 am 22. Jänner 1991 letztmals geeicht. Die Frist für die Nacheichung wurde bis zum 31. Dezember 1994 festgelegt. 5.1. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte demnach mit einem dem Stand der Technik entsprechendem geeichtem Gerät. Es ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte für einen allfälligen Funktionsmangel. Die vom Berufungswerber vorgebrachten Bedenken betreffend eine Meßungenauigkeit bzw. ein Auslösen des Gerätes durch ein anderes Fahrzeug oder das am Bildrand ersichtliche Fahrzeug, waren nicht stichhaltig. Diesbezüglich führte sowohl der Sachverständige als auch die Zeugen und aus, daß das am Bildrand ersichtliche, geparkte Fahrzeug, die Messung nicht beeinflußt haben konnte. Die Messung erfolge nur hinsichtlich bewegter Gegenstände. Im Hinblick auf die im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrücke und der Würdigung des Zustandekommens der Geschwindigkeitsmessung an sich, ließen sich die im Straferkenntnis als erwiesen angenommenen Tatsachen klar nachvollziehen. Im Gegensatz dazu ist das Berufungsvorbringen - offenkundig ein bloß für derartige Eingaben allgemein gehaltener Datensatz (dies erhellt sich insbesondere darin, als auf Seite 7 und 8 zwei Absätze inhaltsgleich sind), unter Zitierung längst überholter Judikatur - insbesondere aber insofern nicht stichhaltig, wenn darin gerügt wird, daß dem angefochtenen Straferkenntnis nicht entnommen werden könnte, welche Tat dem Berufungswerber vorgeworfen würde und daher ein meritorisches Eingehen in die Sache dem Berufungswerber nicht möglich sei. Daß sich der Berufungswerber selbst mit der Aktenlage offenbar nicht auseinandergesetzt hat wird darin deutlich, daß er auf Seite drei, 2. Absatz der Berufung über "sich widersprechenden Zeugenaussagen" referiert und dazu eine Judikatur aus den Jahren 1935 und 1948 bemüht, wo doch die Erstbehörde überhaupt keine Zeugen vernommen hatte, sondern ihre Beweiswürdigung ausschließlich auf das vorliegende Meßergebnis stützte. Die vom Berufungswerber vertretenen Ansichten stehen offenkundig im klaren Gegensatz zur Aktenlage und lassen nur unschwer erkennen, daß der Berufungswerber nicht geneigt war sich auf die Sache hin zu verantworten. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, daß er auf die Einladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung mit einem Antrag "auf Abberaumung" der Verhandlung reagierte. Gleichzeitig wird aber wegen des aus seiner Sicht mangelhaft geführten erstinstanzlichen Verfahrens, die Verfahrenseinstellung weiter aufrechterhalten. Der Berufungswerber war offenkundig selbst nicht geneigt sich in das Verfahren einzulassen und verkannte offenbar auch die Funktion des unabhängigen Verwaltungssenates im Sinne der §§ 51 ff VStG. Auf die von der Erstbehörde in ihrem Erkenntnis zutreffend zitierte Judikatur geht etwa der Berufungswerber ferner überhaupt nicht ein. Nicht nachvollziehbar ist die vom Berufungswerber in seinem Abberaumungsersuchen vom 11. März 1994 abgegebene Erklärung, daß er keine über den Inhalt seiner Berufungsschrift hinausgehenden Angaben machen künne. Zumal darin keinerlei Angaben zur Sache gemacht wurden, wäre ihm gerade im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Möglichkeit eröffnet gewesen die völlig abstrakt gehaltenen Vorwürfe an die Erstbehörde zu konkretisieren und über den technischen Ablauf der Geschwindigkeitsmessung an die Zeugen Fragen zu stellen. Sollte der Berufungswerber und dessen ausgewiesener Vertreter tatsächlich wegen anderer Termine verhindert gewesen sein an der Verhandlung teilzunehmen, wäre ihm eine Substitution seiner eigenen Causa wohl zuzumuten gewesen. Die Argumentationslinie des Berufungswerbers ist im besonderen auch deshalb bemerkenswert, als sie die technische Komponente der erfolgten Geschwindigkeitsmessung zu Gänze ignoriert und der Behörde aber gleichzeitig antizipative Beweiswürdigung vorwirft. Zur Illustration wurde daher der Inhalt der Berufung vollständig wiedergegeben. Seine dargelegte Sicht hätte zum Ergebnis, den Stand der (Meß-)Technik gleichsam zu ignorieren und eine derartige Geschwindigkeitsfeststellung als unzulässig darzustellen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. Wie die Erstbehörde unter Hinweis auf VwGH Erk. vom 19.10.1979, 3220/78, ZVR 1980/280 schon zuteffend ausführt, sind die Angaben eines Gendarmeriebeamten als Meldungsleger, zusammen mit einem eindeutigen Radarfoto ein ausreichender Beweis für die Verletzung einer Vorschrift hinsichtlich der höchstzulässigen Geschwindigkeit. Eine zusätzliche zeugenschaftliche Vernehmung des Meldungslegers ist in einem derartigen Zusammenhang sogar entbehrlich. Eine Radarmessung stellt grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von Fahrzeugen eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar; einem mit der Radarmessung betrauten Straßenaufsichtsorgan ist aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Radargerätes zuzumuten (VwGH 20. 3. 1991, 90/02/0203). Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. etwa auch das Erkenntnis vom 18.9.1991, Zl 91/03/0060) ist eine mittels Radar ermittelte Fahrgeschwindigkeit ein voller Beweis. Bei der Frage der Fehlerhaftigkeit eines Meßergebnisses geht es nicht um "denkbare" oder "mögliche" Fehler und Irrtümer, sondern um tatsächlich vorhandene; werden gegen das Meßergebnis bloße Vermutungen und nicht das Vorliegen bestimmter, gegen das Meßergebnis sprechende Tatsachen behauptet, so ist die Behörde nicht einmal gehalten, den letztlich auf die Aufnahme von Erkundungsbeweisen hinauslaufenden Beweisanträgen zu folgen und weitere Ermittlungen durchzuführen (VwGH 27.2.1992, Zl. 92/02/0097 und das dort zit. Erk. v. 20.2.1991, Zl. 90/02/0200).

Die bloße Behauptung einer Fehlmessung, ohne hiefür einen konkreten Anhaltspunkt zu nennen, kann nicht dazu führen, daß aus diesem Grund das Meßergebnis nicht als Beweis der zur Last gelegten Übertretung anzuerkennen ist. Das Meßergebnis ist im Rahmen der Beweiswürdigung einer entsprechenden Würdigung zu unterziehen gewesen. Der Einwand betreffend das am Bildrand ersichtliche Fahrzeug wurde sachverständig einer Klärung zugeführt. Eine mit einem dem Stand der Meßtechnik entsprechenden Gerät festgestellte Fahrgeschwindigkeit muß letztlich umsomehr ein tauglicher Beweis hinsichtlich einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit gelten, als schon eine (bloße) Nachfahrt ein taugliches Mittel zur Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung darstellt (siehe VwGH 91/02/0332, 25.9.1991 = ZfVB 6/92; Nr. 2148). 6.1.1. Eine Terminkolission mit einer anderen Verhandlung ist jedenfalls kein Vertagungsgrund für eine öffentliche mündliche Verhandlung. 7. Für die Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG generell Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1.1. Geschwindigkeitsüberschreitungen sind immer wieder die Ursache schwerer Verkehrsunfälle, weshalb selbst bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von "nur" 13 km/h (bei Berücksichtigung einer ohnedies großen und sehr zum Vorteil eines Täters wirkenden Meßfehlertoleranz <5 km/h>), sowohl aus Gründen der Spezialprävention als auch der Generalprävention, die verhängte Strafe in Höhe von lediglich 400 S jedenfalls gerechtfertigt ist. Diese Strafe wäre daher, selbst unter Annahme von - für einen Rechtsanwalt ohnedies nicht zutreffenden - unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen dem Sinn der Strafbemessungsbestimmung, mit einer gesetzlichen Höchststrafe von 10.000 S, nicht zuwider (so auch VwGH 18. September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250).

Es gilt als gesicherte Tatsache, daß gerade diese Art von Mißachtung von Verkehrsvorschriften eine der häufigsten Unfallsursachen darstellt. Auch bei einer eher noch geringfügigen Überschreitung im Ortsgebiet wird dem Schutzzweck der Norm bereits erheblich zuwidergehandelt. Die Verlängerung des Anhalteweges ist auch bei einer derartigen Überschreitung bereits beträchtlich (~30 Meter : 45 Meter). Es bedarf keiner zusätzlichen Erklärung, daß damit nicht eine bedeutende Gefahrenerhöhung einhergeht. Ausgehend von einem überdurchschnittlichen Einkommen und einer anzunehmenden guten wirtschaftlichen Situiertheit des Berufungswerbers war im Hinblick auf § 19 VStG die verhängte Strafe jedenfalls überaus niedrig bemessen worden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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