Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300708/14/Ste

Linz, 30.01.2006

 

 

VwSen-300708/14/Ste Linz, am 30. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des M K, vertreten durch Dr. H S, Verteidiger in Strafsachen, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Wels-Land vom 28. November 2005, Zl. Sich96-169-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die als erwiesen angenommene Tat im Spruch wie folgt lautet:

"Sie sind mit Ihrer Zustimmung im Medienwerk ‚J E, Folge 30, 05/2004', das ab Mai 2004 verbreitet wurde, auf Seite 4 samt Ihrer Wohnanschrift als Kontaktadresse und -person für den ‚Eigentümer, Medieninhaber, Herausgeber und Hersteller: Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik, B' genannt. Die genannte Publikation enthält auf den Seiten 1 und 2 folgende Textpassagen:

‚8. Mai 1945, Tag der Befreiung von Leben, Heimat, Hab und Gut. Die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht, am 8. Mai 1945, markiert das offizielle Ende des II. Weltkrieges. An jenem Tag war der Krieg an den Fronten zu Ende und das dritte Reich der Deutschen galt als besiegt. Das wird oft als Anlass genommen diesen Tag als einen Tag zum Feiern, als einen Tag der Befreiung zu bezeichnen. Doch für die deutsche Bevölkerung begann ein neuer Krieg. [...] Mit dem Ende des deutschen Reiches waren auch Tür und Tor geöffnet für die von langer Hand geplante Umerziehung und in weiterer Folge den ‚american way of live'. [...] Um aber zu verhindern, dass dereinst das deutsche Volk als Konkurrenz zu den Siegermächten wieder erstarken könnte, musste man einen Weg finden die deutsche Art, das deutsche Wesen, für immer zu vernichten; Umerziehung! [...] Anstatt einer passenden und völkisch-geprägten Kultur, die tausend Jahre Leitfaden der Deutschen gewesen war, vergiftete man die Menschen mit dem importierten und wesensfremden "American way of life" und dem Elend des Kapitalismus. Anstelle der gewachsenen Volksgemeinschaft trat die Profitgesellschaft der Egoisten, die in der Spaßgesellschaft ihren Höhepunkt gefunden hat. Nicht mehr die Identität und die Wurzeln der Menschen stehen im Mittelpunkt, sondern der Profit. [...] Das Volk schafft sich den Staat als Ordner und Regler für die Angelegenheit der Gemeinschaft. Der Staat vertritt somit die Lebensbedürfnisse des Volkes... Heute ist der Staat Beute der Bonzen und Politiker (aller Farben). Ihre Interessen sind wichtig. Lebensinteressen des eigenen Volkes sind ohne jegliche Bedeutung. Über die Köpfe des Volkes wird eine Politik betrieben die unweigerlich dem Untergang entgegen geht. Als Folge der Umerziehung (die den Deutschen ein verfälschtes Geschichtsbild und das eigene Rückrat gebrochen hat) konnte man mit uns machen was man wollte.'

Damit wird die Niederlage des NS-Regimes und die Zeit nach 1945 insgesamt als ein äußerst negatives Ereignis dargestellt und der Nationalsozialismus verharmlost und bescHt.

Sie haben dadurch nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet."

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 70 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Wels-Land vom 28. November 2005, Zl. Sich96-169-2004, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 350 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt, weil er "namens der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik, B, welche als Eigentümer, Medieninhaber und Hersteller der Zeitschrift ‚J' fungiert, in der im Mai 2004 herausgegebenen Nr. 5/2004 dieses periodischen Mediums nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes verbreitet" habe, indem er auf Seite 1 dieser Publikation im Detail zitierte Texte veröffentlicht habe, durch welche "die am 8. Mai 1945 stattgefundene Niederlage des NS-Regimes insgesamt als ein äußerst negatives Ereignis dargestellt wird". Er habe somit den Nationalsozialismus verharmlost und bescHt. Im Spruch werden dann die einzelnen Textpassagen wörtlich wiedergegeben. Der Bw habe dadurch Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG verletzt.

In einer ausführlichen Begründung setzt sich die belangte Behörde - nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrens - im Wesentlichen mit der Zurechnung zum nunmehrigen Bw und im Detail mit der Frage auseinander, ob die Textpassagen nationalsozialistisches Gedankengut enthalten. Sie bezieht sich dabei auf verschiedene Beweismittel und bewertet diese. Letztlich ist für die belangte Behörde erwiesen, dass der Bw die Verwaltungsübertretung grob fahrlässig begangen hat. Seine Einwendungen werden als reine Schutzbehauptungen eingestuft.

Die Behörde erster Instanz schließt ihre Begründung mit Ausführungen zur Strafbemessung, wobei sie als straferschwerend die grob fahrlässige Begehungsform, als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit ansieht.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 5. Dezember 2005 zugestellt wurde, richtet sich die am 13. Dezember 2005 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung.

Darin wird das Straferkenntnis vollinhaltlich bekämpft und zwar wegen Verfahrensmängel, unrichtiger Sachverhaltsdarstellung, mangelnder Begründung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Grundrechts-, Verfassungs- und Menschenrechtswidrigkeit.

Begründend verweist der Bw im Wesentlichen auf seine Eingabe im bisherigen Verfahren und darauf, dass ihn keine persönliche Verantwortung treffe, weil der Artikel nicht von ihm stamme und er in keiner Weise für diesen verantwortlich sei. Seine Anschrift auf dem Medienwerk sei "immer nur eine reine Zustelladresse" gewesen. In diesem Zusammenhang legt er die Kopie eines Dokuments vom 18. Oktober 2002 vor, in dem der Vorsitzende der AFP, J K, einen Parteivorstandsbeschluss vom gleichen Tag beurkundet. Daraus geht hervor, dass zur Vertretung des Bundes Freier Jugend (B) nach außen, Herr R H berufen ist. Darüber hinaus wendet sich der Bw auch gegen die Annahme der belangten Behörde, die Textpassagen enthielten nationalsozialistisches Gedankengut.

Abschließend wird die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

Mit Schreiben vom 19. Jänner 2006 übermittelte der Bw eine ergänzende Stellungnahme zum Rechtsgutachten des Herrn Univ.Prof. Dr. H M und stellte den Beweisantrag auf Beischaffung eines Aktes des Landesgerichts für Strafsachen Wien.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser - da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhaltung am 26. Jänner 2006.

2.2. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich daraus folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

2.2.1. Im Mai 2004 wurde die Druckschrift "J E, Folge 30, 05/2004) durch den Bund Freier Jugend (B), einer mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Untergliederung der politischen Partei Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP) verteilt.

Auf Seite 1 und 2 dieser Druckschrift finden folgende Textpassagen:

"8. Mai 1945, Tag der Befreiung von Leben, Heimat, Hab und Gut. Die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht, am 8. Mai 1945, markiert das offizielle Ende des II. Weltkrieges. An jenem Tag war der Krieg an den Fronten zu Ende und das dritte Reich der Deutschen galt als besiegt. Das wird oft als Anlass genommen diesen Tag als einen Tag zum Feiern, als einen Tag der Befreiung zu bezeichnen. Doch für die deutsche Bevölkerung begann ein neuer Krieg. [...] Mit dem Ende des deutschen Reiches waren auch Tür und Tor geöffnet für die von langer Hand geplante Umerziehung und in weiterer Folge den ‚american way of live'. [...] Um aber zu verhindern, dass dereinst das deutsche Volk als Konkurrenz zu den Siegermächten wieder erstarken könnte, musste man einen Weg finden die deutsche Art, das deutsche Wesen, für immer zu vernichten; Umerziehung! [...] Anstatt einer passenden und völkisch-geprägten Kultur, die tausend Jahre Leitfaden der Deutschen gewesen war, vergiftete man die Menschen mit dem importierten und wesensfremden "American way of life" und dem Elend des Kapitalismus. Anstelle der gewachsenen Volksgemeinschaft trat die Profitgesellschaft der Egoisten, die in der Spaßgesellschaft ihren Höhepunkt gefunden hat. Nicht mehr die Identität und die Wurzeln der Menschen stehen im Mittelpunkt, sondern der Profit. [...] Das Volk schafft sich den Staat als Ordner und Regler für die Angelegenheit der Gemeinschaft. Der Staat vertritt somit die Lebensbedürfnisse des Volkes... Heute ist der Staat Beute der Bonzen und Politiker (aller Farben). Ihre Interessen sind wichtig. Lebensinteressen des eigenen Volkes sind ohne jegliche Bedeutung. Über die Köpfe des Volkes wird eine Politik betrieben die unweigerlich dem Untergang entgegen geht. Als Folge der Umerziehung (die den Deutschen ein verfälschtes Geschichtsbild und das eigene Rückrat gebrochen hat) konnte man mit uns machen was man wollte."

Auf Seite 4 unten findet sich in der Art eines Impressums folgende Wortfolge:

"Eigentümer, Medieninhaber, Herausgeber und Hersteller: Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik, B; alle: K M,"

Im Bereich des Titels auf Seite 1 und am Ende Seite 4 findet sich jeweils ein Hinweis auf ein "P" oder "P,", wobei auf Seite 4 unten ausdrücklich vorangestellt ist: "Alle Zuschriften an: B".

Dieser Sachverhalt, der vom Bw nicht bestritten wird, ergibt sich aus der vorliegenden Kopie der Druckschrift.

2.2.2. Mit Schreiben vom 24. Juni 2004 teilte die Staatsanwaltschaft Wels gemäß Art. IX Abs. 5 EGVG der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit, dass die gegen den Bw in der Sache erstatteten Anzeigen zurückgelegt, bzw. eingeleiteten Verfahren eingestellt wurden und ein weiteres Strafverfahren aus diesem Anlass daher unterbleibt.

2.2.3. In und mit den zitierten Textpassagen wird die Niederlage des NS-Regimes insgesamt als ein äußerst negatives Ereignis dargestellt und der Nationalsozialismus verharmlost und bescHt.

In diesem Punkt folgt der Oö. Verwaltungssenat im Ergebnis der Einschätzung sowohl der belangten Behörde, die diese im angefochtenen Straferkenntnis ausführlich begründet, als auch der des Zeugen Prof. Dr. W N, der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung diese Einschätzung überzeugend und nachvollziehbar dargelegt hat (Niederschrift - Tonbandprotokoll Rz. 02 bis 05). Entgegen den Behauptungen des Bw sind für den Unabhängigen Verwaltungssenat auch keine Umstände erkennbar, die die Glaubwürdigkeit des Zeuge in Frage stellen könnten.

Die dagegen vom Bw vorgebrachten Argumente sind für den Oö. Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar und gehen insbesondere in jenen Punkten, in denen sie sich gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen und des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands richten, im Kern der Sache vorbei. Der Bw konnte den Ausführungen des Zeugen, der als Historiker und damit sachverständiger Zeuge zweifellos über besondere Kenntnisse der Umstände und Zusammenhänge hat, auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen treten.

2.2.4. Der Bw hat zur Verwendung seines Namens und seiner Adresse im Impressum dem zum Zeitpunkt der Verteilung der Zeitschrift zur Vertretung des B nach außen berufenen Organ, R H, die ausdrückliche Zustimmung erteilt. Er war für den B in diesem Umfang auch Subbevollmächtigter oder Subberechtigter im Sinn des Beschlusses des Parteivorstands der AFP vom 18. Oktober 2002.

Der B ist eine Untergliederung (Verband) der AFP im Sinn des § 1 Z. 3 der Satzungen der AFP mit eigener Rechtspersönlichkeit (vgl. den Beschluss des Parteivorstands vom 18. Oktober 2002).

Dies ergibt sich aus der eigenen Aussage des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie den vorliegenden Dokumente einschließlich des vom Unabhängigen Verwaltungssenats vom Bundesministerium für Inneres angeforderten Satzungen der Partei AFP (dort hinterlegt am 22. Mai 1978).

2.3. Die schriftlich gestellten zusätzlichen Beweisanträge wurden vom Bw im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung zurückgezogen oder wurden durch diese erledigt.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 4 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 - EGVG, BGBl. Nr. 50/1991, in der hier anzuwendenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 97/2002, begeht jemand, der nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet, wenn die Tat nicht gerichtlich strafbar ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen.

 

Ergänzende Bestimmungen enthalten Art. IX Abs. 5 und 6 EGVG: Wird die Anzeige wegen einer Tat nach Abs. 1 Z. 4 vom öffentlichen Ankläger zurückgelegt oder ein gerichtliches Verfahren wegen einer solchen Tat rechtskräftig ohne Schuldspruch des Angezeigten beendet, so ist dies der Bezirksverwaltungsbehörde mitzuteilen. Die Zeit von der Erstattung der Anzeige wegen einer Tat nach Abs. 1 Z. 4 bis zum Einlangen der im Abs. 5 genannten Mitteilung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde ist in die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) nicht einzurechnen.

 

3.2.1. Da die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hatte, dass ein weiteres Strafverfahren in der Sache gegen den Bw unterbleibt, hat der Oö. Verwaltungssenat davon auszugehen, dass die Tat nicht gerichtlich strafbar ist. Diese Voraussetzung für eine Verfolgung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörde liegt damit unzweifelhaft vor.

 

3.2.2. Der Oö. Verwaltungssenat kann der belangten Behörde auch nicht entgegen treten, wenn sie davon ausging, dass das Druckwerk nationalsozialistisches Gedankengut jedenfalls in einer Art und Weise enthält, die als ärgerniserregenden Unfug im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einzustufen ist. Dies hat im Übrigen auch das Beweisverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ergeben.

 

Zum Inhalt der angewendeten Strafbestimmung, der Abgrenzung zu Strafbestimmungen des Verbotsgesetzes und zu den vom Bw in diesem Zusammenhang geltend gemachten verfassungs- und grundrechtlichen Bedenken genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 12.002/1989 und dessen Begründung zu verweisen.

Zur näheren Begründung des Umstands, dass die zitierten Textpassagen nationalsozialistisches Gedankengut jedenfalls in einer Art und Weise enthält, die als ärgerniserregenden Unfug im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einzustufen ist, wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses und die dort zitierten Quellen verwiesen. Ein in diesem Sinn zumindest ärgerniserregender Unfug besteht auch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats etwa schon durch die Überschrift des Artikels, mit der Tag des 8. Mai 1945 negativ dargestellt wird und insbesondere auch der Vergleich mit der Zeit davor hervorgehoben wird. Die für die Wiederherstellung eines freien Österreichs entscheidende Befreiung durch die alliierten Streitkräfte wird in diesem Artikel generell als negativ dargestellt. Ein weiterer konkreter Punkt ist die Verwendung des Wortes "Umerziehung" auf Seite 1, die in der Wissenschaft und auch allgemein als Standardrepertoire für nationalsozialistische Wiederbetätigung gilt. Es wird damit das bestehende und das Bildungssystem der Nachkriegsjahre negativ dargestellt in dem Sinn, dass das jetzige Bildungssystem eine Umerziehung hervorruft. Gleiches gilt im Ergebnis für den Begriff "gewachsene Volksgemeinschaft", der auch im Nationalsozialismus immer wieder verwendet wurde. In diesem Zusammenhang ist vor allem der gesamte Satz und die Verwendung des Wortes "anstelle" hervorzuheben, mit der eindeutig die vorher existierende Volksgemeinschaft als positiv gesehen wird. Darüber hinaus wird im Artikel und in der gesamten Zeitschrift immer vom "deutschem" oder "unserem Volk" gesprochen und die Verwendung des Wortes "österreichisch" vermieden. Auch dies ist ein klares Indiz für nationalsozialistisches Gedankengut und eine Ablehnung der eigenständigen österreichischen Politik.

 

Damit ist auch das zweite Tatbestandselement der angewendeten Strafbestimmung erfüllt.

 

3.2.3. Fraglich bleibt damit, ob dem Bw zu Recht vorgeworfen werden kann, er habe dieses Gedankengut "verbreitet". Unter dem Begriff "verbreiten" ist jede Handlung zu verstehen, mit der in Wort, Bild oder Schrift entsprechendes Gedankengut zugänglich gemacht wird. Völlig unzweifelhaft ist, dass eine Weitergabe einer Druckschrift unter "verbreiten" fällt. Tatsächlich hat auch eine Verbreitung stattgefunden, da das Medienwerk jedenfalls dem Zeugen und Anzeigenden zugekommen ist.

 

Der Bw ist im Impressum auf Seite 4 namentlich und mit seiner Adresse genannt. Er hat dieser Verwendung zugestimmt und ist gegen die Nennung seines Namens und seiner Adresse nicht eingeschritten oder hat sich davon distanziert. Er hat damit die Weitergabe des Druckwerks zweifellos ermöglicht und damit auch das darin enthaltene Gedankengut verbreitet. Mit der Zustimmung zur Nennung seines Namens musste ihm auch klar sein, dass ihn auch an den darin enthaltenen Inhalten eine Mitverantwortung trifft.

 

Im Ergebnis kann der Unabhängige Verwaltungssenat der belangten Behörde daher nicht entgegentreten, wenn sie grundsätzlich von der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit des Bw auf der Basis der genannten Bestimmungen ausging.

Auf Grund der Feststellungen und der Beweiswürdigung steht damit fest, dass der Bw den Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

 

3.3.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

3.3.2. Der Bw hat durch Hinweise auf eine bloße "Postkastenfunktion" versucht, sich zu entlasten. Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass nach § 24 Abs. 2 des Mediengesetzes auf jedem periodischen Medienwerk ua. der Name und die Anschrift des Herausgebers anzugeben sind. Dem Impressum kommt eine Publizitätswirkung gerade auch in der Hinsicht zu, dass eine verantwortliche Person genannt ist, um für Außenstehende jederzeit erkennbar zu machen, an wen sie sich mit Ansprüchen zu wenden haben. Da im Druckwerk - neben der bloßen Angabe von Postfächern - keine andere Adresse angegeben ist, ist damit die Adresse des Bw und damit auch er (er ist zudem ja auch namentlich genannt) in diesem Sinn verantwortlich.

 

Wenn der Bw seine Funktion nunmehr als bloße Gefälligkeit gegenüber R H bezeichnet, so handelt es ich dabei nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats um eine bloße Schutzbehauptung. Der Bw musste wissen und nahm damit ohne Weiteres in Kauf, dass sein Name und seine Adresse mit der Zeitschrift und deren Inhalte unmittelbar in Verbindung gebracht wird. Er hat damit auch die Verbreitung deren Inhalte jedenfalls fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich in Kauf genommen.

 

Auch ein beachtlicher und seine Schuld ausschließender Irrtum des Bw darüber, dass die fraglichen Inhalte sozialistisches Gedankengut jedenfalls in einer Art und Weise enthalten, die als ärgerniserregenden Unfug im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einzustufen sind, kann nicht angenommen werden, musste dem Bw auf Grund der Gesamtsituation doch klar sein, dass die Inhalte sich jedenfalls am Rande der einschlägigen (Verwaltungs)Strafbestimmungen bewegen. Er hätte sich daher vor der Zustimmung zur Verwendung seines Namens und seiner Adresse zumindest genauer beraten lassen und hätte gegebenenfalls die Inhalte auch näher überprüfen müssen. Schon deswegen, weil er dies unterlassen hat, hat er auch insofern grob fahrlässig gehandelt.

 

Im Übrigen dürften die vom Bw in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Gesichtspunkte ohnehin im Rahmen der Strafbemessung hinreichend berücksichtigt worden sein.

 

Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz.

 

Die Strafbarkeit des Bw ist daher gegeben.

 

3.4. Die verhängte Strafe ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Bei der Festsetzung dieses Strafbetrages blieb die Erstbehörde mit etwas über 16 % der möglichen Höchststrafe im untersten Bereich des Strafrahmens, da nach Art. IX Abs. 1 EGVG für derartige Verwaltungsübertretungen Geldstrafen bis 2.180 Euro verhängt werden können.

 

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die Erstbehörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

 

Abgesehen davon sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise, nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd. § 34 Z. 10 StGB zu berücksichtigen (Verwaltungsgerichtshof vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0074). Es erübrigt sich daher eine nähere Erörterung dieses Themas, zumal der Bw auch keine "drückende Notlage" behauptete.

 

3.5. Auf Grund der ohnehin im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegenen Höhe der verhängten Strafe, und auch auf Grund sowohl spezial- als auch generalpräventiver Überlegungen, kam für den Unabhängigen Verwaltungssenat eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats das tatbildmäßige Verhalten des Bw gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt ist. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

 

3.6. Die Korrektur des Spruchs stellt sicher, dass dieser in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 70 Euro, vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt. VfGH vom 10.6.2006, Zl.: B 671/06-2

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben; VwGH vom 8. August 2008, Zl.: 2006/09/0126-7 

 

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