Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310070/2/Ga/La

Linz, 13.06.1996

VwSen-310070/2/Ga/La Linz, am 13. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der E H in G gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15. Jänner 1996, Zl.

UR96-27-1995-RE/EZ, betreffend die Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung als verspätet, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs bezeichneten Bescheid hat die belangte Behörde den Einspruch der nunmehrigen Berufungswerberin gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19. Dezember 1995, Zl. UR96-27-1995-RE/EZ, als verspätet zurückgewiesen.

Diese verfahrensrechtliche Entscheidung begründend führt die belangte Behörde aus, daß die Strafverfügung bereits mit 22. Dezember 1995 durch Hinterlegung am Postamt 4623 Gunskirchen der Beschuldigten rechtswirksam zugestellt worden sei und Frau H ihren Einspruch erst am 8. Jänner 1996 - und somit verspätet - zur Post gegeben habe. Die Beschuldigte habe nicht vorgebracht, daß sie zum Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung ortsabwesend und die Zustellung nicht wirksam gewesen sei. Weil daher die Beschuldigte keine weiteren Angaben gemacht und Beweisanträge, die Zweifel an der "Ortsabwesenheit" (richtig wohl: Ortsanwesenheit) hätten aufkommen lassen, nicht gestellt habe und daher eine unwirksame Zustellung des Schriftstückes nicht begründet angenommen werden könne, sei der Einspruch als verspätet zurückzuweisen gewesen.

2.1. Am 23. Jänner 1996 hat die Beschuldigte "nochmals Einspruch" gegen die ihr mit der zit. Strafverfügung vorgeworfene Verwaltungsübertretung erhoben. Dieses am 24. Jänner 1996 bei der belangten Behörde eingelangte Rechtsmittel wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat erst am 11. Juni 1996 "übermittelt" (gemeint ist damit wohl der die h. Zuständigkeit auslösende Akt der VORLAGE).

2.2. Mit dem vorliegenden Rechtsmittel wendet sich die Beschuldigte inhaltlich gegen ihre Bestrafung wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 und bittet abschließend "nochmals um genaue Überprüfung". Dieses pauschale Überprüfungsbegehren bezieht der unabhängige Verwaltungssenat in gewogener Betrachtung auf den verfahrensrechtlichen Zurückweisungsbescheid vom 15. Jänner 1996.

Unter dieser Voraussetzung wird dieses (untechnisch) als "Einspruch" bezeichnete Rechtsmittel als eine mit gerade noch hinreichender, auf die Aufhebung (auch) des Zurückweisungsbescheides zielender Begründung ausgestattete - und insgesamt daher zulässige - Berufung gewertet.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Aus dem zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt ist ersichtlich, daß die belangte Behörde zu der von ihr angenommenen Verspätung des Einspruchs kein Ermittlungsverfahren geführt hat. Vielmehr nahm die belangte Behörde die Verspätung des Rechtsmittels nur deshalb an, weil die Beschuldigte von sich aus (offenbar gemeint: im Einspruch) zur Wirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung bzw. zu ihrer Ortsab- oder Ortsanwesenheit nichts vorgebracht hatte. Damit aber wurde übersehen, daß die Beschuldigte - jedenfalls in diesem Stadium des verkürzten Verfahrens - im Grunde des § 49 Abs.1 VStG dazu auch nicht verhalten war, zumal das Rechtsmittel 'Einspruch' gegen die Strafverfügung mit keinerlei Begründung ausgestattet sein muß. Mangels diesbezüglicher Ermittlungen konnte der belangten Behörde daher auch nicht bekannt sein, ob die Beschuldigte im Zeitpunkt der Erhebung des Einspruchs - zu Recht oder zu Unrecht - vom Bewußtsein der Rechtzeitigkeit ihrer (strikt fristgebundenen) Verfahrenshandlung geleitet gewesen ist. Nach der Aktenlage konnte die belangte Behörde nicht mit Sicherheit ausschließen, daß die Zustellung durch Hinterlegung entgegen § 17 des Zustellgesetzes durchgeführt wurde. Bei einem Zustellmangel aber hätte sich, etwa nach § 17 Abs.3 letzter Satz leg.cit., eine Verschiebung des wirksamen Zustellzeitpunktes ergeben können - und dadurch möglicherweise die Rechtzeitigkeit des Einspruchs -, was jedoch unermittelt geblieben ist.

3.2. Auf die zur vorliegenden Verfahrensfrage ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird hingewiesen (vgl. zB die bei Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren 4.A [1990], auf Seite 499 unter E25 und Seite 537 unter E50 sowie E51b zit. Rspr). Danach ist die Frage, ob eine Berufung (ein Einspruch) rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, eine Rechtsfrage, die die Behörde auf Grund der von ihr festgestellten Tatsachen zu entscheiden hat.

Durch Judikatur klargestellt ist auch, daß die Berufungsbehörde (im Falle eines Einspruchs die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat) das Risiko der Aufhebung des Zurückweisungsbescheides wegen unterlaufener Verfahrensmängel trägt, wenn sie von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgeht, diese Feststellung aber vor ihrer Entscheidung der Rechtsmittelwerberin nicht zur Stellungnahme vorgehalten hat; es gelten - hier sinngemäß anwendbar - die Bestimmungen über das Parteiengehör gemäß § 45 Abs.3 AVG iVm § 24 VStG als verletzt.

Diese Judikatur erachtet der unabhängige Verwaltungssenat auf die vorliegende Fallkonstellation für übertragbar.

3.3. Aus allen diesen Gründen war - ohne daß die 'Sache' der Strafverfügung selbst (d.i. der spruchgemäße Tatvorwurf) geprüft werden konnte - der angefochtene verfahrensrechtliche Bescheid aufzuheben, um dadurch die belangte Behörde in die Lage zu versetzen, das versäumte Parteiengehör der Einspruchswerberin zur Frage der Verspätung des Einspruchs nachholen zu können.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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