Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-320011/2/Gb/Rd

Linz, 16.07.1996

VwSen-320011/2/Gb/Rd Linz, am 16. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des FB, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 17.7.1995, N96-12-1994, wegen einer Übertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51, 51c und 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen, daß er "im Oktober 1994 auf der Waldparzelle Nr. , KG R, Ortsgemeinde R, unter Zuhilfenahme eines Allradtraktors und einer hydraulischen Heckschaufel eine rund 200 m lange Forststraße (Traktorweg) angelegt" habe, "ohne für dieses Vorhaben eine naturschutzbehördliche Bewilligung der BH Steyr-Land zu besitzen". Dadurch habe er die Rechtsvorschrift des "§ 5 Abs.1 Ziff.2 lit.b des O.ö.

Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995, LBGl.Nr. 37/1995" begangen, weshalb über den Bw gemäß "§ 42 Abs.2 Ziff.1 iVm § 5 Abs.1 Ziff.2 lit.b leg. cit." eine Geldstrafe von 10.000 S (EFS: zehn Tage) verhängt wurde.

2. Mit Schreiben vom 31.7.1995 hat der Bw rechtzeitig Berufung erhoben. Die belangte Behörde hat diese samt dem dieser zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da zudem weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist zur Entscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen. Bereits aus der Akteneinsicht ist ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, sodaß eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen war.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Erlassung des Straferkenntnisses eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht (§ 1 Abs.2 VStG).

In Ansehung des Tatzeitpunktes "im Oktober 1994" war daher gegenständlich nicht das O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 - O.ö. NSchG 1995 anzuwenden, sondern das O.ö.

Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 idF LGBl.Nr.

72/1988. Demgemäß hätte die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu lauten gehabt: "§ 37 Abs.2 Z1 iVm § 4 Abs.1 Z2 lit.b O.ö. NSchG 1982 idF LGBl.Nr.

72/1988". Die Strafsanktionsnorm hätte zu lauten: "§ 37 Abs.2 Einleitungssatz leg.cit".

3.2. Dessen ungeachtet ist folgendes festzustellen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der dem Bw vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist unter Zugrundelegung der Rechtsvorschriften, die nach dem Tatzeitpunkt richtigerweise angewendet werden hätten müssen, die Neuanlage, die Verlegung und die Verbreiterung von Forststraßen im Grünland. Nach dem gesamten Akteninhalt wurde dem nunmehrigen Bw lediglich die unbefugte Errichtung eines Forstweges (Traktorweges) vorgeworfen. Vorgeworfen wurde dem Bw aber nicht, daß er dies "im Grünland" veranlaßte. Nun kann zwar nach dem Akteninhalt möglicherweise davon ausgegangen werden, daß es sich hinsichtlich des Tatortes um ein Waldgrundstück im Grünland handelt, auch wenn in der Berufung vorgebracht wird, daß die genannte Parzelle Nr. , KG R eine aufgelassene Schottergrube aus früheren Jahrzehnten gewesen sei. In der Gesamtbetrachtung steht aber nicht 100%ig fest und wurde dem Bw auch nicht ausdrücklich vorgeworfen, daß er das ihm vorgeworfene bewilligungspflichtige Vorhaben im Grünland durchgeführt hat. Aufgrund der streng formalen Judikatur des VwGH, die hinsichtlich der Bestimmtheit des § 44a VStG besonders hohe Anforderungen stellt, mußte das bekämpfte Straferkenntnis mangels Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z1 VStG aufgehoben werden.

Darüber hinaus haftet dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren noch ein wesentlicher Verfahrensmangel an.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.

Auflage, Seite 937 ff).

Diesem Erfordernis ist die belangte Behörde nicht nachgekommen. Wie aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt hervorgeht, ist zwischen Tatbegehung (Oktober 1994) und Straferkenntnis (17.7.1995) lediglich ein die Tatverfolgung betreffender Verfahrensschritt gesetzt worden, nämlich die niederschriftliche Einvernahme des Beschuldigten am 7.2.1995. Aus dieser Einvernahme geht aber weder ein nach Tatort und Tatzeit konkretisierter Tatvorwurf hervor noch wurde dem Beschuldigten ein konkret umschriebenes Tatverhalten iSd im Straferkenntnis bestraften Übertretung vorgeworfen. Vielmehr ergibt sich die "Tat" laut Straferkenntnis erst aus den Beschuldigtenaussagen.

Da eine entsprechende Verfolgungshandlung in der Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, und im übrigen das angefochtene Straferkenntnis erst außerhalb dieser Frist erlassen wurde, war das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum