Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340025/8/Br/Bk

Linz, 05.04.2001

VwSen - 340025/8/Br/Bk Linz, am 5. April 2001

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W, gegen den Bescheid (Ermahnung) der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30. November 2000, Zl.: Agrar96-30-2000, wegen einer Übertretung des Oö. Jagdgesetzes, nach der am 29. März 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; der im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Schuldspruch wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.134/2000 - VStG.

II. Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem o.a. Bescheid über den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 93 Abs.1 lit.j iVm § 50 Abs.1 Oö. JagdG eine auf § 21 VStG gestützte Ermahnung ausgesprochen und zur Last gelegt, der Berufungswerber habe als Jagdausübungsberechtigter der Eigenjagd "I" zu verantworten, dass der Abschussplan im Jagdjahr 1999/2000 nicht erfüllt worden sei, obwohl die im Abschussplan für Schalenwild festgesetzten Abschusszahlen weder unter- noch überschritten werden dürften, da von acht Stück Rotwild nur ein Stück Rotwild erlegt wurde.

1.1. Die Erstbehörde begründete den Schuldspruch lapidar unter Hinweis auf das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen, welches offenbar dem Berufungswerber erst mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid übermittelt worden sein dürfte. Dem Berufungswerber wurde in einem weiteren Begründungselement gleichsam aufgetragen, er müsse "geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der bestehenden Situation ergreifen."

Offenbar sollte damit auf das beigeschlossene Gutachten vom 3. November 2000 Bezug genommen werden, welches im Jagdgebiet "I" eine Gesamtbeurteilung der Stufe II (maßgebliche Überbelastung durch Schalenwild) ergab. Das Gutachten gelangte zum Schluss einer trophäenorientierten Jagdpraxis hinsichtlich der Gämse und der Rehe, nicht jedoch beim Rotwild. Es empfiehlt einen Schuldspruch wegen der Mindererfüllung hinsichtlich dieser Schalenwildarten.

1.2. Warum angesichts dieser Beurteilung ausdrücklich nur das Rotwild zum Gegenstand des Schuldspruches gemacht wurde, bleibt als unerfindlich anzumerken.

2. Dagegen richtet sich die vom Berufungswerber fristgerecht erhobene jedoch fälschlich als Widerspruch bezeichnete Berufung. Im Ergebnis wird die objektive Unerfüllbarkeit des Planzieles eingewendet. Der Berufungswerber habe drei zusätzliche, in der Nähe wohnende Jäger für den Rotwildabschuss eingesetzt. Es seien mehr als 200 Ansitze durchgeführt worden, was dennoch nicht den gewünschten Erfolg brachte. Er wies auf die zunehmende Beunruhigung des Rotwildes durch größer werdende Umwelteinflüsse, wie z. B. Drachenflieger, Wanderer, Pilzsammler - um nur einige zu nennen - hin. Dadurch ziehe das Rotwild nur mehr zur Nachtzeit aus den Einständen. Der Einstand an der Fütterung sei stark zurückgegangen. Der Berufungswerber verweist abschließend auf sein Schreiben an den Verpächter, die ÖBf-Forstbetrieb B und bietet die Einbringung seiner Erfahrung hinsichtlich einer Meinungsbildung bezüglich der Beurteilung der Nichterfüllbarkeit des Abschussplanzieles an.

3. Da weder eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe noch eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war insbesondere zur Wahrung der gemäß Art. 6 MRK intendierten Rechte durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Beweis geführt wurde durch Erörterung bzw. Verlesung des Verwaltungsstrafaktes der Erstbehörde im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, Zl.: Agrar96-30-2000. Dem Akt angeschlossen bzw. beigeschafft wurden die Abschusspläne und Abschussmeldungen des bezughabenden Jagdjahres. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch gutachterliche jagdfachliche Erörterungen des beigezogenen Amtssachverständigen Dipl.Ing. R betreffend die im Rahmen des Berufungsverfahrens geschöpften Sachverhaltsfeststellungen entsprechend des darauf fußend gefassten Beweisbeschlusses. Als Zeugen vernommen wurden Herr A (als Bezirksjägermeister und sachverständiger Zeuge), Herr R (Jäger), Herr R (Jäger und Hüttenwirt im Revier), Herr E (Jäger und früher Berufsjäger) und Herr J(Jäger). Der Berufungswerber wurde als Beschuldigter einvernommen. Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Eingangs ist als unbestritten gebliebene Tatsache festzustellen, dass der Berufungswerber für das verfahrensgegenständliche, ca. 653 ha umfassende Jagdgebiet, jagdrechtlich verantwortlich ist. Unbestritten ist ferner die Tatsache eines vorliegenden untragbaren Verbissgrades der Stufe II, was auf einen ökologisch unerwünscht hohen Wildstand schließen lässt.

Dieses Faktum wurde selbst vom Berufungswerber in keinem Punkt seiner Verantwortung bestritten. Vielmehr wird der zu hohe Verbissschaden im Ergebnis auch von ihm geteilt, jedoch eine Schuld an diesem Zustand von ihm bestritten.

Auf Vorhalt, dass bereits in den Vorjahren das Planziel bei Rotwild nur mehr zu 63% und im letzten Jahr nur mehr zu 50% erfüllt wurde und warum unter diesem Aspekt dennoch gegen den Abschussplan kein Rechtsmittel ergriffen wurde, vermeinte der Berufungswerber einerseits "bis zum Schluss gehofft zu haben, das Planziel erfüllen zu können. Andererseits habe man ihm die Aussichtslosigkeit der Anfechtung des Abschussplans mitgeteilt."

Als Alternative dazu habe er einen gen mitten im Revier gelegenen Jäger, den Hüttenwirt (Zeuge R) eingesetzt und diesem weitgehend "freie Büchse" gegeben. Der Berufungswerber wies darauf hin, dass man als Pächter einer Jagd, für die er jährlich etwa 30.000 DM zahlt, grundsätzlich schon als geneigt angesehen werden müsste, etwas erlegen zu wollen. Im Ergebnis brachte der Berufungswerber zum Ausdruck, dass Wild wohl noch vorhanden sei, dieses aber durch die äußeren Umstände (Schaf- und Rinderweiden, Beunruhigung durch Freizeittätigkeit, Errichtung eines Wildgatters gegenüber seinem Jagdgebiet in der Prielgegend) zunehmend und überwiegend nachtaktiv geworden sei. Aus diesen Umständen seien die Bejagungsmöglichkeiten nicht mehr effizient genug. Es genügten auch schon fünf Stück herumziehendes Rotwild um diesen Schaden herbeizuführen.

Der Bezirksjägermeister vermeint als sachverständiger Zeuge diesbezüglich, dass er wohl dieses Revier nicht kenne, ihm aber die bezughabenden Probleme bekannt sind. Im Ergebnis erachtete dieser Zeuge die Abschussplanziele als zu hoch gegriffen, auch wenn die Beurteilungsstufen (gemäß der Verordnung über den Abschussplan und die Abschussliste) etwas anderes besagten. Der Zeuge vertrat die Auffassung, dass er hinsichtlich der Rotwildbejagung einen Mangel nicht erblicken könne. Anders sei dies beim Reh.

Die Durchführung einer Riegel- oder Drückjagd wurde nachvollziehbar als nicht zweckmäßig dargetan. Aus den Aussagen der in diesem Jagdgebiet tätigen Jägern ließ sich eine hohe Dichte an jagdlicher Präsenz ableiten. Es kann von insgesamt 500 jährlichen Pirschgängen ausgegangen werden.

Der Zeuge R hob insbesondere die hohe Zahl der im Jagdgebiet weidenden Schafe und Rinder (etwa 350 bzw. 50 Stück) hervor, wovon ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Revierbeunruhigung ausgehe. Gehe man davon aus, dass etwa 25 bis 30 Stück Rotwild von insgesamt fünf Revieren bei den Fütterungen anzutreffen sind, ließe sich ableiten, dass im gegenständlichen Jagdgebiet kaum Rotwild (gemeint bejag- bzw. erlegbar) anzutreffen ist.

Aufgezeigt wurde auch die im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu beurteilende Problematik, dass sich die Bundesforste als Verpächter selbst vorbehalten, die Abschusspläne einzureichen.

4.2. Der Berufungswerber legte somit im Zuge seiner umfassenden Anhörung sehr illustrativ und (jagd-)fachlich selbst für einen Laien gut nachvollziehbar dar, dass die Mindererfüllung (bei Rotwild) nicht in einem jagdfachlichen Manko zu erblicken ist, sondern vielmehr auf Umstände zurückzuführen ist, die außerhalb seines Jagdgebietes gelegen sind und daher nicht in seiner Disposition stehen. Es wurde dargetan, dass durch die vielfältigen Freizeitaktivitäten das Rotwild vermehrt nachtaktiv geworden ist und trotz hunderter Ansitze und Pirschgänge und damit größter jagdlicher Aktivität die Planzielerfüllung objektiv nicht möglich war. Diese Darstellung wird im Ergebnis von sämtlichen Zeugen und in der Substanz nicht zuletzt auch vom Bezirksjägermeister vollinhaltlich bestätigt.

Sämtliche Zeugenaussagen lassen auf deren umfassende jagdfachliche Kompetenz und Beurteilungsfähigkeit schließen. Die Zeugen gewährten einen glaubhaften und gut nachvollziehbaren Einblick in die in diesem Jagdgebiet die Bejagung des Rotwildes begleitende Problematik. Ebenfalls bestand kein Zweifel an ihrer jagdlich überdurchschnittlichen Aktivität und dem zielorientierten Bestreben dem Planziel gerecht zu werden. Überzeugend wurde dargetan, dass etwa eine Riegel- oder Drückjagd als zusätzliche Maßnahme zur Erfüllung des Planziels wenig erfolgversprechend und hinsichtlich einer Revierbeunruhigung vielmehr kontraproduktiv sein könnte, was insbesondere vom Zeugen G illustrativ ausgeführt wurde. Dieser Zeuge zeigte auch die Einflüsse des Verhaltens von Pilzsuchern sehr anschaulich auf, welche bereits in der Dämmerung durch gegenseitige Zurufe das Revier beunruhigen. Ebenfalls wies auch dieser Zeuge auf die oben genannte Zahl an Weideschafen und über konkrete Befragung auf die Begrenztheit der jagdlichen Ressourcen hin.

Der jagdfachliche Sachverständige erachte aus diesem Beweisergebnis ein Planziel von drei Stück Rotwild als realistisch. Ein jagdfachliches Manko vermochte hinsichtlich der Bejagung des Rotwildes vom Sachverständigen nicht erblickt werden. Ebenfalls konnte der Verbissschaden nicht ausschließlich dem Rotwild zugeordnet werden.

Wohl ortete der Sachverständige in der Mindererfüllung des Rehwildes ein jagdfachliches Manko, welchem jedoch im laufenden Jagdjahr (2000/2001) Rechnung getragen worden sein dürfte, indem mit neunzehn Stück eine Übererfüllung von sechs Stück geleistet wurde.

Diese Feststellungen sollten die Aufmerksamkeit des Berufungswerbers in der Zukunft auch in diese Richtung noch verstärkt schärfen.

Die Behörde erster Instanz hat sich in ihrem Verfahren weder mit dem Element der praktischen Jagdausübung noch inhaltlich mit der Verschuldensfrage auseinander gesetzt.

5. Rechtlich war wie folgt zu erwägen:

5.1. Der Abschuss von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild ist nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschussplanes zulässig. Die im Abschussplan für Schalenwild festgesetzten Abschusszahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden. Die im Abschussplan für Auer- und Birkwild festgesetzten Abschusszahlen dürfen unterschritten werden (§ 50 Abs.1 Oö. JagdG).

Die Nichterfüllung des Abschussplanes ist ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG, wobei dem Gesetzeswortlaut nach in einem solchen Falle die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG verstärkt den Beschuldigten trifft. Der Verfassungsgerichtshof erblickt darin die Verpflichtung jedoch nicht so weitgehend, dass dabei ein Verdächtiger etwa seine Unschuld nachzuweisen hätte (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Ein Verschulden an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschussplan bewilligte oder von der Behörde festgesetzte Abschuss auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier erfüllbar war oder nicht, erfordert jagdfachliche Kenntnisse; hierüber ist ein Sachverständigengutachten einzuholen (VwGH 21.4.1971, 1139/70).

Ein fehlendes Verschulden hinsichtlich der Nichterfüllung der vorgeschriebenen Abschüsse (hier ist - wie oben schon ausgeführt - dem eingeschränkten Tatvorwurf folgend nur auf das Rotwild Bezug zu nehmen) konnte hier so weitgehend objektiviert und mit Fakten untermauert werden, dass von einer diesbezüglichen objektiven Unmöglichkeit auszugehen war. Es bedurfte hier daher gar nicht der Zweifelsregel zu Gunsten des Beschuldigten für die Behebung des Tatvorwurfes.

Für die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG ist es rechtlich auch unerheblich, dass hier der Berufungswerber gegen die Abschusspläne kein Rechtsmittel ergriff, ungeachtet, ob er dazu auf Grund seines Vertrages überhaupt berechtigt gewesen wäre (vgl. VwGH 12. November 1992, Zl. 91/19/0160). Das hier unter Bezugnahme auf das jagdfachliche Gutachten durchgeführte Beweisverfahren führte zum Ergebnis der objektiven Unerfüllbarkeit, wobei vom Oö. Verwaltungssenat bereits mehrfach ausgesprochen wurde, dass der Jagdausübung an sich und dem Jagderfolg im Besonderen viele Grenzen gesetzt sind (vgl. h. Erkenntnis vom 19. Oktober 2000, VwSen-340020 u.a.).

Es hat demnach bei der Beurteilung der objektiven Erfüllbarkeit einerseits auf die Grenzen der quantitativen jagdlichen Ressourcen Bedacht genommen zu werden, andererseits setzt auch die weidgerechte Jagd einem Jagderfolg ebenfalls nicht zu unterschätzende Grenzen, was hier insbesondere durch den Wandel zum Nachtwild schlagend wurde. Diese Grenzen sind aber nicht aus dem Betrachtungshorizont sogenannter Sonntagsjäger zu ziehen, sondern sie sind aus dem Blickwinkel der professionellen Jagdausübung zu beurteilen. Mit Blick darauf muss die Jagd letztlich auch in Beziehung zu verkehrsüblichen und wirtschaftlich realistischen Möglichkeiten gesetzt werden. Dem Jagdausübungsberechtigten stehen eben nur sehr begrenzte Personalressourcen zur Verfügung, die wiederum nur in einem relativ kleinen und nicht zuletzt vom Wetter abhängigen Zeitfenster aktivierbar sind. Dabei ist der konkrete jagdliche Erfolg zuletzt noch immer dem Zufall (Weidmannsheil) überlassen. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich daher im Rahmen seiner Beweis- und rechtlichen Würdigung abermals zur Feststellung veranlasst, in realistischer Betrachtung nicht übersehen zu dürfen, dass ein bestimmtes quantitatives - ein sich aus der Beurteilung der Vergleichsflächen ableitendes - Planziel, ein nicht quantifizierbares und im Einzelfall objektiv nicht leistbares Mehr an jagdlichem Einsatz bedingen könnte. Unter diesem Blickwinkel könnten sich Leistungsgrenzen eines konventionellen jagdlichen Anforderungsprofils abzeichnen.

Auch die bekannten und zum Teil schwer in Einklang zu bringenden Sichtweisen der Vertreter der Interessen des Forstes und jener der Jagd zielen im Ergebnis auf diese Problematik. Durchaus als problemlösungsorientiert könnte sich in Einzelfällen die bereits mehrfach in solchen Verfahren zur Sprache gebrachte Auffassung erweisen, dass bei Vorliegen eines Verbisses der Stufe zwei und ein daraus abzuleitendes Gebot einer Anhebung des Planzieles auch Jagdgebiet übergreifend erfassen bzw. einer Lösung zuzuführen. In diesem Zusammenhang kann illustrativ auf einen jüngst veröffentlichten Fachaufsatz über Rotwildgemeinschaften von G und die dort vergleichbar aufgezeigte Problematik verwiesen werden (Der Oö. Jäger, 3/2000, S 26 ff).

5.2. Abschließend sei rechtsspezifisch auf das Ausmaß der objektiv zumutbaren spezifischen jagdlichen Aktivität im Sinne objektiver Sorgfaltspflichten Bezug genommen. Diesbezüglich spricht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur aus (vgl. Slg. 9710 A und 28.10.1980, 2244/80 u.a.), dass der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters (hier des Verkehrskreises des Berufungswerbers) versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig wurde folglich dann gehandelt, wenn sich ein Angehöriger dieses Verkehrskreises (gedacht als eine objektivierte Maßfigur) dem der Handelnde angehört, sich (ein Jagdausübungsberechtigter) an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169); d.h. ob im Sinne dieser objektivierten Maßfigur vom Berufungswerber noch mehr Aktivitäten in seinem Jagdrevier erwartet werden hätten müssen. Man muss sich im Sinne dieser Judikatur jedoch auch davor hüten, die Anforderungen an die objektive Sorgfaltspflicht(en) zu überspannen. Dem pönalisierten Erfolg, welcher hier in einer Unterlassung im Sinne einer ausreichenden jagdlichen Aktivität auf Rotwild zu erblicken wäre, darf quasi nicht a`priori durch überhöhte, gleichsam jeden Bogen an Zumutbarem übersteigende Anforderungen an jagdliche Aktivitäten - gleichsam in einem Automatismus geknüpft - ein schuldhaftes Untätigsein zugeordnet werden (vgl. auch h. Erk. v. 5.10.1993, VwSen -200105).

Wie oben schon erwähnt, sind der Jagd in vielen Fällen kaum objektivierbare, einem Erfolgsziel entgegenstehende, Komponenten inhärent. Solche sind auch in jagd(recht)lichen Grundsätzen, etwa in der "Weidgerechtigkeit" eine zu beachtende (Leistungs-)Grenze gelegen. So gilt es etwa das Wild sicher anzusprechen und etwa auch Weitschüsse zu vermeiden (vgl. auch Pesendorfer/Rechberger, Das Oö. Jagdrecht [Loseblattausgabe] § 38 Anm. 3). Das Faktum des Nichterreichens gebotener Abschussquoten lässt daher nicht schon zwingend den Schluss auf ein "schuldhaftes Untätigsein" zu. Hier wurde vielmehr eine überdurchschnittliche Präsenz des Berufungswerbers und seiner Jäger im Jagdgebiet unter Beweis gestellt. Ebenfalls ermangelte es offenbar auch nicht an geeigneten Reviereinrichtungen. Die Rechtsordnung sieht eine Strafsanktion bloß für die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche sie nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise erwarten darf, vor. Von keiner dem Verkehrskreis des Berufungswerbers angehörigen Person wäre daher in dieser Situation ein anderes Verhalten und somit auch kein besserer Erfolg - bezogen auf die Spezies Rotwild - zu erwarten gewesen.

Mit diesem weiten Bogen an rechtlichen Erörterungen sollte auch zum Ausdruck gelangen, dass der Vollzug des Jagdgesetzes durch statische Beurteilungen dieses komplexen Fachgebietes im Ergebnis nicht zu einer Erfolgshaftung führen darf, welche dem Rechtsgrundsatz (keine Strafe ohne Schuld) zuwiderlaufen würde.

Wenn hier ein Teil des Verbisses auch dem Rehwild zuzuschreiben ist und diesbezüglich ein jagdliches Manko nicht auszuschließen wäre - worüber im Rahmen dieses Verfahrens im Detail nicht mehr Beweis zu führen war - könnte angesichts des ausdrücklichen Ausschlusses der Schalenwildart "Reh", der ausdrücklich nur auf Rotwild gestützte Schuldspruch durch die Behörde erster Instanz, dennoch nicht aufrechterhalten werden. Eine Einbeziehung auch der Wildgattung "Reh" im Rahmen des Berufungsverfahrens würde eine unzulässige Ausdehnung des Tatvorwurfes iSd § 44a Abs.1 VStG darstellen, die darüber hinaus auch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist liegen würde (vgl. etwa VwGH 15.9.1999, 99/04/0110).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungs-gerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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