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des Landes Oberösterreich
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VwSen-390068/2/Kl/Rd

Linz, 17.08.1998

VwSen-390068/2/Kl/Rd Linz, am 17. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der Dr. Gerlinde P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.5.1998, Fp96-2-1997/St, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Feuerpolizeigesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.5.1998, Fp96-2-1997/St, wurde über die Bw eine Geldstrafe von 8.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 32 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 13 Abs.1 und § 22 Abs.3 lit.e Oö. Feuerpolizeigesetz, LGBl.Nr. 113/1994, verhängt. Folgende Tat wurde vorgeworfen: "Bei der feuerpolizeilichen Überprüfung Ihres Gebäudes B, am 17.6.1988 und am 2.11.1992 durch das Stadtamt Schärding wurden Mängel festgestellt, die die Brandsicherheit gefährdeten. Die Beseitigung dieser Mängel ist Ihnen als Liegenschaftseigentümerin unter gleichzeitiger Festsetzung einer angemessenen Frist aufgetragen worden. Sie haben die mit den feuerpolizeilichen Bescheiden des Stadtamtes Schärding vom 17.6.1988 und vom 2.11.1992 getroffenen Auflagen zur Mängelbeseitigung bei Ihrer Liegenschaft B, bis 22.3.1997 nicht Folge geleistet." 2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Es wurden Verfahrensmängel geltend gemacht, weil der Sachverhalt, insbesondere die Brandursache, nicht ausreichend ermittelt wurde. Die Bw sei zum Zeitpunkt des Brandausbruches in Wien gewesen und komme daher nur ein Verhalten eines Gastes als Brandursache in Betracht. Im übrigen bringt der Beruf als Journalistin es mit sich, daß Zeitschriften und Zeitungen sich ansammeln. Feststellungen dafür, daß diese Ablagerungen seit 1988 bzw 1992 stattgefunden hätten, seien aber absolut nicht vorhanden. Insbesondere gebe es keine Beweise dafür, daß der Zustand, der bei einer feuerpolizeilichen Überprüfung 1988 und 1992 festgestellt worden ist, im Jahr 1997 noch vorhanden gewesen sei. Es werde daher die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Schließlich wurde auch die Strafhöhe bekämpft.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht getroffen.

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß das Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.1 VStG nicht anzuberaumen.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 22 Abs.1 Z3 Oö. Feuerpolizeigesetz - Oö. FPG, LGBl.Nr. 113/1994, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, wer a) unter Mißachtung der allgemeinen und besonderen Pflichten des § 2 einen Brand verursacht; b) den im Bescheid getroffenen Auflagen zur Mängelbeseitigung nicht Folge leistet (§ 13 Abs.1).

Gemäß § 2 Abs.1 leg.cit. ist jedermann verpflichtet, nach Möglichkeit und Zumutbarkeit 1) alles zu unterlassen, was einen Brand herbeiführen oder die Ausbreitung eines Brandes begünstigen kann, und 2) alle im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung des Entstehens oder Weitergreifens von Bränden zu treffen.

Gemäß § 13 Abs.1 leg.cit. ist, wenn bei der feuerpolizeilichen Überprüfung Mängel festgestellt werden, die die Brandsicherheit gefährden, dem Eigentümer die Beseitigung dieser Mängel mittels Bescheides unter gleichzeitiger Festsetzung einer angemessenen Frist aufzutragen.

5.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Bw vorgeworfen, daß anläßlich feuerpolizeilicher Überprüfungen im Gebäude B am 17.6.1988 und 2.11.1992 Mängel festgestellt wurden, die die Brandsicherheit gefährdeten, und die Beseitigung dieser Mängel in angemessener Frist aufgetragen wurde, und daß die Bw bis 22.3.1997 diesen Auflagen nicht Folge geleistet hat. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen: 5.3. Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist durch den Verweis auf in (Genehmigungs)Bescheiden vorgeschriebene Auflagen oder Aufträge das jeweilige, in einem solchen Bescheid in der jeweiligen Auflage oder im jeweiligen Auftrag enthaltene Ge- oder Verbot Teil des Straftatbestandes. Solcherart stellt die Nichteinhaltung jedes einzelnen Ge- oder Verbotes eine eigene zu ahndende Verwaltungsübertretung dar. Dies hat zur Folge, daß - um schon aus dem Schuldspruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der verletzten Verwaltungsvorschrift zu ermöglichen - neben der ziffernmäßigen Anführung des Auflagenpunktes und der Anführung des konkret bezeichneten Bescheides auch eine wörtliche Anführung der konkreten Auflage bzw des konkreten Auftrages erforderlich ist. Nur so kann das konkretisierte Tatverhalten unter die verletzte Verwaltungsvorschrift subsumiert werden, deren Straftatbestand ua auch der jeweilige Auftrag bzw die jeweilige Auflage bildet (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S.996 mJN sowie Kobzina-Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, S.596 ff). Es wäre daher zu einer Tatkonkretisierung neben der konkretisierten Umschreibung des Tatverhaltens auch erforderlich gewesen, den jeweiligen Bescheid und den Auflagenpunkt des jeweiligen Bescheides konkret zu bezeichnen und auch den Auftrag wörtlich anzuführen. Diesem Sprucherfordernis ist die belangte Behörde weder im angefochtenen Straferkenntnis noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist durch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.9.1997 nachgekommen.

Dazu ist auch auszuführen, daß lediglich mit 17.6.1988 durch das Stadtamt Schärding mit Bescheid in Auflagenpunkt 3) und 7) angeordnet wurde, die Brandbelastung durch Entfernung der großen Mengen von brennbaren Stoffen zu reduzieren und dies bis 1.10.1988 durchzuführen. Eine Konkretisierung, was genau von wo zu entfernen ist, ist dieser Aufforderung nicht zu entnehmen. Hingegen ist die von der belangten Behörde angenommene weitere Aufforderung vom 2.11.1997 durch das Gemeindeamt Schärding vorderhand nicht als Bescheiderlassung erkennbar, zumal diese Aufzeichnung weder als Bescheid bezeichnet ist noch eine Rechtsmittelbelehrung oder eine Begründung aufweist und auch dem Wortlaut nach noch keinen Bescheidwillen zum Ausdruck bringt (arg. "zur Herstellung eines feuersicheren Zustandes wäre nach dem Gutachten der anwesenden Sachverständigen folgendes anzuordnen: 5) Die brennbaren Sachen sind weitgehend zu entfernen. Durchführungsfrist: unverzüglich"). Schon aus diesem Wortlaut ist erkennbar, daß eine Anordnung durch die Behörde erst erfolgen soll.

Im übrigen handelt es sich bei der Nichteinhaltung von Bescheidauflagen um ein sogenanntes fortgesetztes Delikt, bei dem eine kalendermäßig eindeutige Umschreibung des Tatzeitraumes erforderlich ist (vgl. Hauer-Leukauf, S. 997, E33). Dies bedeutet, daß der Tatzeitraum durch Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens abzugrenzen ist und dies innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorzuwerfen ist. Dazu ist anzumerken, daß zwar der Spruch des Straferkenntnisses ein Tatzeitende mit 22.3.1997 angibt. Das Straferkenntnis ist aber außerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangen. In der innerhalb der Frist ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.9.1997 ist ein Tatzeitraum nicht erkennbar. Insbesondere fehlt der Beginn der Tatzeit, welcher mit Ende der Durchführungsfrist des bescheidmäßigen Auftrages, also mit 1.10.1988 zu setzen ist. Ein Ende der Tatbegehung ist der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht zu entnehmen. Was hingegen die Anführung des 22.3.1997 anlangt, so wurde der Bw mit der Aufforderung zur Rechtfertigung ein alternativer Tatbestand vorgeworfen, nämlich einerseits, daß sie die bescheidmäßigen Aufträge zur Entfernung der brennbaren Materialien nicht befolgt habe, und andererseits, daß sie die Entstehung bzw Ausbreitung des Brandes in dem Gebäude am 22.3.1997 begünstigt habe. Letzterer Vorwurf allerdings bildet eine Verwaltungsübertretung gemäß § 22 Abs.1 Z3 lit.a Oö. FPG.

Hinsichtlich der verletzten Verwaltungsvorschrift wird schließlich noch darauf hingewiesen, daß die Nichteinhaltung von Mängelbeseitigungsaufträgen im § 22 Abs.1 Z3 lit.e Oö. FPG zur Verwaltungsübertretung erklärt wurde und daher diese Bestimmung gemäß § 44a Z2 VStG zu zitieren ist. Die Verwaltungsstrafnorm (§ 44a Z3 VStG) hingegen ist mit § 22 Abs.1 Z3 Einleitung Oö. FPG zu zitieren.

5.4. Weil eine Spruchberichtigung durch den Oö. Verwaltungssenat durch den Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist nicht mehr möglich ist, mußte das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt werden.

6. Weil die Berufung Erfolg hatte war kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG). Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Anführung von Aufträgen, Tatzeit, Beginn und Ende, Alternativtatbestand

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