Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400182/2/Br/La

Linz, 11.02.1993

VwSen - 400182/2/Br/La Linz, am 11. Februar 1993 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Beschwerde des Herrn A, geb. am 5.12.1966, türkischer Staatsangehöriger, p.A. Polizeigefangenenhaus Wels, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J, vom 2. Februar 1993 gegen den Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 18. Jänner 1993, Zl.: Sich-4557/1992, und die Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

I. a) Der Beschwerde wird keine Folge gegeben; der Antrag auf Feststellung, daß beim Beschwerdeführer die gesetzlichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen und seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig ist, wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

b) Der Schubhaftbescheid, die Festnahme und die seit 18. Jänner 1993, 15.00 Uhr, währende Anhaltung des Beschwerdeführers ist mit keiner Rechtswidrigkeit behaftet.

c) Der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, daß der Schubhaftbescheid rechtswidrig ist, wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlage:

§ 41 Abs.1 u. 2, § 51 Abs.1, § 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.866/1992.

B e g r ü n d u n g :

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen verhängte mit Bescheid vom 18. Jänner 1993, Zl.: Sich-4557/1992, wider den Beschwerdeführer (im weiteren kurz Bf genannt) gemäß § 41 Abs.1 des FrG iVm § 57 AVG, zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Schubhaft und nahm ihn am 18. Jänner 1993 um 15.00 Uhr in Gewahrsam.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß Fremde festgenommen und angehalten werden können (Schubhaft), sofern dies notwendig sei, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Erstbehörde ist von folgedem Sachverhalt ausgegangen: Der Bf sei am 11. Juli 1991 nach Österreich eingereist und er sei zuletzt bei der Fa. Harrer in Eferding beschäftigt gewesen. Derzeit sei er arbeitslos. Er verfüge über keine finanzielle Mittel. Von der Bezirkshauptmannschaft Eferding sei er wegen der Übertretung nach § 64 Abs.1 des Kraftfahrgesetzes mit 2.000 S und wegen der Übertretung nach § 14b Abs.1 des Fremdenpolizeigesetzes bestraft worden. Von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen sei er wegen der Übertretung nach §§ 36 lit.a, 49 Abs.6 1. Satz des Kraftfahrgesetzes und nach dem § 14c Z2 des Fremdenpolizeigesetzes bestraft worden. Am 30. Oktober 1992 sei der Bf vom Gendarmerieposten Waizenkirchen wegen des Verdachtes der schweren Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft Wels angezeigt worden. Das diesbezügliche Verfahren sei beim Kreisgericht Wels noch anhängig. Auf Grund des Verhaltens des Bf beabsichtige die belangte Behörde wider den Bf ein Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich zu erlassen und ihn folglich in die Türkei abzuschieben. Für die belangte Behörde scheine die Annahme gerechtfertigt, daß der Bf sich der vorgesehenen Maßnahme zu entziehen suchen würde. Es sei daher durch die Verhängung der Schubhaft dieses Verfahren zu sichern.

2. Dagegen wendet sich gegenständliche, im Sinne des § 67 c Abs. 2 AVG erhobene Beschwerde.

Der Bf führt darin sinngemäß aus, daß der Bescheid der belangten Behörde rechtswidrig sei. Die Behörde führe nämlich nicht aus, warum die Annahme gerechtfertigt wäre. Die Behörde habe sich nur der verba legalia bedient. Warum aber im konkreten Fall diese Annahme gerechtfertigt erscheinen solle, fehle gänzlich. Aus diesem Grunde sei der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen rechtswidrig. Die Behörde habe darüber hinaus kein Ermittlungsverfahren geführt. Für die Erlassung eines Bescheides, ohne die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, wäre es erforderlich, daß Gefahr in Verzug vorliege. Dies werde von der Behörde aber nicht einmal im Bescheid behauptet. Zuletzt macht der Bf noch Angaben hinsichtlich seines Aufenthaltes bzw. seiner polizeilichen Meldung und stellt den Antrag, daß der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich feststellen möge, daß der Bescheid und daher auch die Schubhaft der Bezirkshauptmannschaft rechtswidrig sei (gemeint wohl die Anhaltung in Schubhaft); in eventu den Bescheid für rechtswidrig zu erklären und die Schubhaft formlos aufzuheben. Einen Antrag über einen Kostenzuspruch hat der Bf nicht gestellt.

3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 5. Februar 1993 den Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Hier langte er am 9. Februar 1993 ein. Einen Antrag über einen allfälligen Kostenzuspruch hat die belangte Behörde nicht gestellt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat ist gemäß Art.129a Abs.1 Z3 B-VG iVm § 52 Abs.2 FrG zur Entscheidung über eine Beschwerde nach § 51 Abs.1 FrG durch ein Einzelmitglied berufen. Dieses hat im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte die Rechtmäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Somit ist festzustellen, ob die behauptete Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und/oder der Anhaltung vorgelegen ist oder vorliegt.

4. Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde; diesem Akt angeschlossen waren die Akte der im Schubhaftbescheid dargelegten, wider den Bf bisher geführten Amtshandlungen.

4.1. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, zumal der Sachverhalt schon aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint.

4.1.1. Gegenständlicher Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1.2. Der Bf hat sich am 23. Mai 1991 in der Gemeinde Lasberg, Edlau 19 angemeldet. Laut Bericht des Gendarmeriepostens Freistadt vom 14.6.1991 war er dort lediglich zwei Tage aufhältig und wurde dort sogleich wieder abgemeldet (Blatt 1 bis 5 des Aktes). Am 11.7.1991 erfolgte eine neuerliche Anmeldung des Bf in Lasberg, Edlau 19. Am 13.8.1991 hat der Bf einen Wiedereinreisesichtvermerk beantragt. Anläßlich einer Vorsprache bei der BH Freistadt hat M die hinsichtlich des Bf übernommene Verpflichtungserklärung widerrufen (Niederschrift vom 13.11.1991). Mit Straferkenntnis vom 5. Februar 1992 wurde wider den Bf wegen Übertretung nach § 14b Abs.1 Z1 des Fremdenpolizeigesetzes von der BH Freistadt eine Geldstrafe von 1.000 S verhängt. Mit 8. Juli 1992 erfolgte eine polizeiliche Anmeldung in Eferding, Kopalstraße 3. Laut Bericht an die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 4.8.1992 war der Bf ab 3.7.1992 in W, aufhältig und polizeilich gemeldet (Meldezettel). Am 30.10.1992 erstattete der Gendarmerieposten Waizenkirchen gegen den Bf eine Anzeige wegen des Verdachtes der schweren Körperverletzung an seiner Lebensgefährtin (an die Staatsanwaltschaft Wels). "Der Bf soll seiner Lebensgefährtin ein Holzscheit entwunden und mit diesem der Lebensgefährtin mehrfach auf den Kopf geschlagen haben, wodurch diese schwer verletzt worden sein soll." Mit Urteil des KG Wels vom 21. Jänner 1993 wurde der Bf wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Am 6.1.1993 wurde der Bf vom Gendarmerieposten Kefermarkt beim Bezirksgericht Freistadt, wegen eines Vergehens nach dem Waffengesetz (Besitz einer verbotenen Waffe - Killerarmband) angezeigt. Vor dieser Feststellung hatte der Bf laut Angaben der Gendarmeriebeamten als Lenker eines Kraftfahrzeuges den Beamten eine Verfolgungsjagd geliefert, wobei er mit 100 km/h im Ortsgebiet und mit 180 km/h außerhalb des Ortsgebietes gefahren sein soll. Trotz der abgegebenen Signalschüsse konnte der Bf auf der Fahrt von Freistadt in Richtung Gemeinde Reichenthal, erst in Reichenthal angehalten werden. Der Bf ist laut Anzeige der Gendarmerie nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung der Gruppe B. Diesbezüglich wurde der Bf mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 3.2.1993, wegen Übertretung nach § 64 Abs.1 des Kraftfahrgesetzes mit 3.000 S bestraft. Bereits am 18.1.1993 wurde der Bf wegen Übertretung nach § 64 Abs.1 des Kraftfahrgesetzes mit 2.500 S bestraft. Wegen Übertretung nach § 16 iVm § 83 Z2 lit.a des Fremdengesetzes wurde der Bf von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen am 26.1.1993 mit 300 S bestraft. Hinsichtlich der Unterkunft in Niederndorf 12, zahlte laut Unterkunftgeber (Bericht der Gendarmerie vom 18.1.1992), Franz Lehner, der Bf die Miete seit Monaten nicht mehr. Anläßlich der Ausfolgung des Schubhaftbescheides an den Bf am 18.1.1993, durch ein Organ der Erstbehörde bzw. durch ein von der Erstbehörde beauftragtes Organ, meinte der Bf, daß er nach einer Abschiebung in die Türkei innerhalb von einer Woche illegal wieder in Österreich sein werde. Bei Bezahlung von 1.000 DM sei es kein Problem illegal nach Österreich zu kommen (Aktenvermerk vom 19.1.1993).

4.1.3. Am 1. Februar 1993 wurde dem Bf der Grund seiner Anhaltung niederschriftlich zur Kenntnis gebracht. Es wurde ihm vorgehalten, daß er mittellos sei, keine Beschäftigung und kein regelmäßiges Einkommen, jedoch Schulden in Höhe von über 100.000 S habe. Ebenfalls wurden dem Bf die oben angeführten Verwaltungsübertretungen vorgehalten. Er äußerte sich hiezu dahingehend, daß diese Vorhalte richtig seien. Er hätte in der Türkei für drei Kinder zu sorgen und möchte daher lieber in Österreich bleiben.

5. Rechtlich war zu erwägen:

5.1. Gemäß § 41 Abs.1 u. 2 FrG können Fremde in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um ua. auch das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gem. § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befinde sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderen Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Eine Haft lag jedoch vor dieser Anhaltung nicht vor. Diese Bestimmung trägt insbesondere der Sicherung einer als erforderlich gehaltenen Maßnahme - hier des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - Rechnung. Es ist darzulegen, inwieweit die Haft notwendig ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. Die Anwendung der im § 57 AVG Genannten "Gefahr in Verzug" ist, im Verfahren zur Verhängung der Schubhaft, kraft Gesetzes zwingend geboten (Erläuterungen zur RV, 692 der Beilagen zu den Sten.Prot.des Nationalrates XVIII. GP, Seite 50). Schon diesbezüglich irrt der Bf mit seiner Rechtsauffassung, daß für die Erlassung eines Schubhaftbescheides kein Bescheid gemäß § 57 AVG erlassen werden hätte dürfen, da ein Ermittlungsverfahren erforderlich gewesen wäre.

+Diese Gesetzesbestimmung gibt die bisherige Judikatur wieder, nämlich, daß es sich bei der Verhängung der Schubhaft (bzw. der Festnahme oder Anhaltung in Schubhaft) nicht um eine Vollstreckungshandlung zur Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes, einer Ausweisung, einer Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung, sondern um eine im öffentlichen Interesse vorzukehrende vorläufige Sicherungsmaßnahme handelt (VwGH 4.9.1992, 92/18/0116 uva). Daraus folgt, daß eine Schubhaft grundsätzlich dann gerechtfertigt ist, wenn eines der im § 41 Abs.1 FrG zitierten Verfahren bzw. Rechtsinstitute denkmöglich ist.

5.1.1. Obwohl der Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Anhaltung nicht das zu sichernde Verfahren vorwegnehmen kann, muß dennoch auch auf den Inhalt des § 18 FrG geblickt werden.

Die Schubhaft findet in der Denkmöglichkeit eines zu sichernden Verfahrens ihre Deckung. So ist gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß der Aufenthalt des Fremden 1. die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder 2. anderen im Art.8 Abs.2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Als bestimmte Tatsache gilt gemäß § 18 Abs.2 Z2 eine mehr als einmalige Bestrafung nach diesem Bundesgesetz - die Bestrafung des Bf nach dem FrPG ist diesem Gesetz gleichzusetzen - und dem Meldegesetz. Selbst die angeführten Verwaltungsübertretungen allein reichten für die Erlassung eines Aufenhaltsverbotes bereits aus (siehe hiezu die Erläuterungen zur RV), so ergibt darüber hinaus das Gesamtbild der Verhaltensweisen des Bf überaus reichen Anlaß zur Prognose, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine der im Art. 8 Abs.2 EMRK genannten Interessen, insbesonders aber die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, erheblich gefährden könnte. Ebenso rechtfertigen im Lichte der einschlägigen Rechtsprechung des VwGH Verwaltungsübertretungen diese Annahme (VwGH 2.4.1990, 90/19/0236 uvm).

5.1.2. Die belangte Behörde hat diese Notwendigkeit in der Tatsache begründet gesehen, daß der Bf sich auf Grund des zu erlassenden bzw. beabsichtigten Aufenthaltsverbotes, im Zusammenhang mit seinem bisherigen Verhalten, dem Verfahren entziehen werde. Diese Annahme ist angesichts der zahlreichen schweren Verfehlungen des Bf gegen die österreichische Rechtsordnung sehr wohl begründet.

5.1.3. Dieser Beschwerde war daher der Erfolg in allen Punkten zu versagen.

6. Da keine der Parteien einen Antrag auf Kostenzuspruch gestellt hat, hatte eine Kostenentscheidung zu entfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Sie können jedoch innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erheben. Eine solche muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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