Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400337/6/Wei/Bk

Linz, 22.05.1995

VwSen-400337/6/Wei/Bk Linz, am 22. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des M M, geb.1969, jugoslawischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H, M vom 7. April 1995 wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Anhaltung in Schubhaft vom 1. April 1995 bis zur Enthaftung am 10. April 1995 für rechtswidrig erklärt.

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von S 8.453,33 (darin S 120.-- Bundesstempel) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr.

838/1992) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 iVm §§ 47 ff VwGG 1985.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage von folgendem Sachverhalt aus:

1.1. Der Bf gelangte am 26. Juli 1991 über die grüne Grenze bei Spielfeld illegal nach Österreich. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 29. August 1991, Zl. FrA - 3634/91, negativ mit der Feststellung erledigt, daß der Bf nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes wäre. Die dagegen eingebrachte Berufung wies der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 26. März 1992, Zl. 4.322.713/2-III/13/91, ab. Zu dieser Zeit wohnte der Bf im Gasthaus E. Mit Wirksamkeit vom 26. Juni 1992 wurde er aus der Bundesbetreuung entlassen.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Gmunden vom 27. März 1992 wurde der Bf wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen á S 30,-- (Ersatzfreiheitstrafe 40 Tage) rechtskräftig verurteilt.

1.2. Am 7. Mai 1993 überschritt der Bf unerlaubt die grüne Grenze nördlich des Grenzüberganges B zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland. Er wurde jedoch von der bayerischen Grenzpolizei aufgegriffen und noch am gleichen Tag nach Österreich zurückgestellt.

Mit Bescheid vom 7. Mai 1993, Zl. Fr-127.295/93, verhängte die Bundespolizeidirektion Salzburg gegen den Bf die Schubhaft, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit bzw um die Abschiebung zu sichern.

Mit Straferkenntnis vom 11. Mai 1993 verhängte die Bundespolizeidirektion Salzburg gegen den Bf wegen des unerlaubten Aufenthaltes in Österreich ohne gültiges Reisedokument seit 3. April 1992 sowie wegen des illegalen Grenzübertritts am 7. Mai 1993 in die Bundesrepublik Deutschland je eine Geldstrafe von S 2.000,--.

1.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 13. Mai 1993, Fr-127.295/93, wurde gegen den Bf ein bis 13. Mai 1998 befristetes Aufenthaltsverbot für das österreichische Bundesgebiet erlassen und einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Laut Aktenvermerk vom 13. Mai 1993 befand sich der Bf zunächst vom 7. bis 13. Mai 1993 14.30 Uhr in Schubhaft. Er wurde mit dem Auftrag freigelassen, Österreich zu verlassen, fuhr aber nicht nach Jugoslawien bzw Kroatien, sondern versuchte abermals über ein Waldstück nördlich des Grenzübergangs B nach Deutschland zu gelangen (vgl Niederschrift vom 19.05.1993). Am 14. Mai 1993 gegen 00.30 Uhr übertrat der Bf neuerlich unerlaubt die grüne Grenze zur Bundesrepublik Deutschland und wurde von der bayerischen Grenzpolizei am 17. Mai 1993 zurückgeschoben.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 17.5.1993, Fr-127.418/93, wurde daraufhin die Schubhaft verhängt, um die Abschiebung zu sichern.

1.4. Der Bf besitzt einen abgelaufenen jugoslawischen Reisepaß, weil er nach der Scheidung seiner Eltern mit seiner Mutter in der V gelebt hatte. Sein Vater ist Kroate.

Anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 28. Mai 1993 ersuchte er um Entlassung aus der Schubhaft, um zu seinem Vater nach Kroatien zu gelangen. Er wurde an diesem Tag um 14.30 Uhr mit der Aufforderung enthaftet, das Bundesgebiet innerhalb von 48 Stunden zu verlassen.

Obwohl er mit dieser Vorgangsweise einverstanden war, hat er Österreich in der Folge nicht verlassen. Durch seinen Rechtsvertreter brachte er mit Schriftsatz vom 1. Juni 1993 einen Antrag gemäß § 54 Abs 1 FrG auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Serbien und einen Antrag auf Abschiebungsaufschub gemäß § 36 Abs 2 FrG ein. Am 4. Juni 1993 meldete der Bf beim Marktgemeindeamt A eine Unterkunft in der R, . Mit Schreiben vom 18. Juni 1993 teilte er dies durch seinen Rechtsvertreter mit und ersuchte um Abtretung des Aktes an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden. Gleichzeitig legte er u.a. eine notariell beglaubigte Verpflichtungserklärung des R M vom 11. Juni 1993 und einen Gehaltsnachweis vor.

Mit Schreiben vom 9. Juni 1993 übersendete die Botschaft der Republik Kroatien das von der Bundespolizeidirektion Salzburg beantragte Heimreisezertifikat mit Gültigkeit bis 9. Juli 1993. Es wurde aber nicht zur Abschiebung des Bf verwendet und verfiel.

Am 26. Mai 1994 widerrief R M niederschriftlich bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden seine Verpflichtungserklärung und erklärte, daß er künftig für den Unterhalt des Bf nicht mehr aufkommen und ihm auch keine Unterkunft mehr gewähren werde. Am 30. Mai 1994 erfolgte die Abmeldung der Unterkunft des Bf beim Marktgemeindeamt A.

1.5. Am 11. Oktober 1994 um 17.00 Uhr wurde der unstete Bf von Organen der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich aufgrund eines anonymen Hinweises in der Flüchtlingsunterkunft E, Nfestgenommmen und der belangten Behörde vorgeführt. Nach niederschriftlicher Einvernahme um 17.40 Uhr erließ die belangte Behörde zur Sicherung der Abschiebung den Schubhaftbescheid vom 11. Oktober 1994, der dem Bf noch am gleichen Tag ausgefolgt worden ist.

Die belangte Behörde ging davon aus, daß sich der Bf seit 20. April 1992 unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat, neben seiner strafgerichtlichen Verurteilung wegen Sachbeschädigung bereits sechs Mal wegen Übertretungen nach dem KFG bestraft worden war. Am 23. Februar 1994 wurde er wegen Trunkenheit am Steuer bestraft. Die Lenkerberechtigung ist ihm entzogen worden. Außerdem verweist der Schubhaftbescheid auf das rechtskräftige Aufenthaltsverbot der Bundespolizeidirektion Salzburg und darauf, daß der Bf unsteten Aufenthaltes und mittellos ist. Der Bf wurde daraufhin ins Polizeigefangenenhaus Linz überstellt.

1.6. Mit Schreiben vom 6. Dezember 1993 beantragte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden bei der Botschaft der Republik Kroatien die (neuerliche) Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf. Eine Reaktion darauf ist nicht aktenkundig. Nach der Inschubhaftnahme des Bf ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom 13. Oktober 1994 abermals um Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Die Konsularabteilung der kroatischen Botschaft in Wien verlangte daraufhin mit dem am 4. November 1994 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben Daten über den Aufenthalt des Vaters des Bf in den Jahren 1947/1948. Dazu wurde der Bf im Rechtshilfeweg von der Bundespolizeidirektion Linz am 7. November 1994 einvernommen. Er gab an, daß sich sein Vater in den Jahren 1945 bis 1951 in Bosnien/Sarajevo in einem Armenheim aufgehalten hätte.

Mit Schreiben vom 9. November 1994 hat die belangte Behörde der kroatischen Botschaft die kroatische Geburtsurkunde des Bf (Auszug aus der Geburtsmatrikel der Gemeinde V in Kroatien) vom 24. Juni 1991 übermittelt. In einem Telefonat vom 10. November 1994 berichtete Frau S von der kroatischen Botschaft, daß die kroatische Staatsbürgerschaft des Bf nicht geklärt wäre. Das frühere Heimreisezertifikat hätte ein nicht mehr beschäftigter Mitarbeiter ausgestellt. Es müsse anhand des Aufenthaltes des Vaters 1947/1948 geprüft werden, ob der Vater des Bf kroatischer Staatsbürger sei.

Daß der Bf über einen kroatischen Personalausweis verfügte, genügte nicht für ein Heimreisezertifikat.

Mit Schreiben vom 17. November 1994 teilte die Botschaft der Republik Kroatien der belangten Behörde mit, daß der Bf kein kroatischer Staatsbürger wäre, weshalb kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könnte.

1.7. In weiterer Folge wandte sich die belangte Behörde mit Schreiben vom 29. November 1994 an die Botschaft der Republik Bosnien-Herzegowina und ersuchte unter Hinweis darauf, daß der Mutter des Bf im Vorjahr ein bosnischer Reisepaß ausgestellt worden war, um Mitteilung, ob die Ausstellung eines Heimreisezertifikates erfolgen könne. Über telefonische Anforderung der bosnischen Botschaft übersendete die belangte Behörde auch ein Dokument des Bf.

Im Akt befindet sich die Kopie einer Bestätigung der Botschaft vom 7. Dezember 1994, daß der Bf Staatsbürger der Republik Bosnien-Herzegowina ist. Eine Mitteilung der Botschaft ist nicht aktenkundig.

Mit Schreiben vom 2. Jänner 1995 ersuchte die belangte Behörde um Ausstellung eines Heimreisezertifikates und schloß 2 Paßbilder sowie die Bestätigung der bosnischen Botschaft über die Staatsbürgerschaft des Bf an. Mit Schreiben gleichen Datums berichtete die belangte Behörde der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich und ersuchte um Zustimmung zur Abschiebung und um Intervention zur Ausstellung des Heimreisezertifikates, um die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten.

Mit Telefax vom 6. März 1995 übermittelte die Sicherheitsdirektion den Erlaß des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 1995, Zl. 672.433/2-III/16/95, mit dem der Abschiebung des Bf auf dem Landwege zugestimmt wurde. Im Erlaß wird auch darauf hingewiesen, daß die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der bosnischen Botschaft in Wien urgiert worden war. Zusätzlich urgierte die belangte Behörde mit Schreiben vom 6. März 1995 neuerlich die umgehende Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Ferner wurde auch per Telefax oder telefonisch immer wieder versucht, mit der Botschaft der Republik Bosnien-Herzegowina in Kontakt zu treten, was aber häufig mißlang. Am 22. März 1995 teilte das Botschaftssekretariat telefonisch mit, daß das Heimreisezertifikat spätestens in drei Tagen fertiggestellt sein und übersendet werde. Da in der Folge wieder nichts geschah, unternahm die belangte Behörde weitere telefonische Urgenzen. Am 10. April 1995 konnte die Botschaft wieder einmal per Telefon erreicht werden und ein Herr S teilte nunmehr mit, daß noch zwei Paßfotos, ein Personalausweis oder Paßkopien zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates erforderlich wären. Dies wurde verlangt, obwohl die Botschaft bereits bestätigt hatte, daß der Bf Staatsbürger der Republik Bosnien-Herzegowina ist.

Daraufhin ging die belangte Behörde davon aus, daß die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht mehr rechtzeitig erreicht werden kann und ordnete die Entlassung des Bf aus der Schubhaft an. Die Bundespolizeidirektion Linz bestätigte per Telefax die Freilassung des Bf am 10. April 1995 um 10.30 Uhr.

1.8. Mit h. Erkenntnis vom 11. November 1994 wurde die Schubhaftbeschwerde vom 4. November 1994 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes, B 2707/94-5, vom 28. Februar 1995 wurde die Behandlung einer eingebrachten Beschwerde abgelehnt. Mit Beschluß vom 11. April 1995, B 2707/94-7, hat der Verfassungsgerichtshof die Bescheidbeschwerde über nachträglichen Antrag gemäß § 87 Abs 3 VerfGG iVm Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Dieses Verfahren ist noch offen.

1.9. Mit Schriftsatz vom 7. April 1995, eingelangt am 10. April 1995, hat der Bf durch seinen Rechtsvertreter abermals Schubhaftbeschwerde erhoben und die kostenpflichtige Feststellung beantragt, daß die Anhaltung in Schubhaft zumindest ab dem Zeitpunkt 1./2.4.1995, in eventu zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den O.ö.

Verwaltungssenat rechtswidrig sei.

2.1. Begründend bringt der Bf vor, daß er in der Zeit vom 17. Mai 1993 bis 28. Mai 1993, also 11 Tage, angehalten worden sei, und er danach seit 11. Oktober 1994 abermals in Schubhaft gewesen sei. Insgesamt befände er sich bereits länger als sechs Monate in Schubhaft. Der Verfassungsgerichtshof habe festgestellt (VfGH 15.12.1994, B 1405/94-8), daß selbst durch die Änderung des Zweckes der Schubhaft ihre höchstzulässige Dauer nicht verändert werde.

Die absolute Frist von sechs Monaten sei in seinem Fall überschritten worden.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 24. April 1995 ihre Aktenteile ab 12. Jänner 1995 übermittelt und mitgeteilt, daß der übrige Verwaltungsakt dem O.ö.

Verwaltungssenat aus Anlaß des verfassungsgerichtlichen Verfahrens bereits übermittelt worden ist. Im übrigen schildert die belangte Behörde aktenkundige Abläufe.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorliegenden Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Die formellen Voraussetzungen der gegenständlichen Beschwerde liegen vor. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Daß die Anhaltung des Bf in Schubhaft notwendig war, wird auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht mehr in Zweifel gezogen. Gegen den Bf liegt ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot vom 13. Mai 1993 vor, dem er bis heute nicht entsprochen hat. Von der Bundespolizeidirektion Salzburg wurde er am 13. und am 28. Mai 1993 enthaftet, weil er versprochen hatte, Österreich binnen 48 Stunden Richtung Kroatien zu verlassen, was ihm mit seinem kroatischen Personalausweis wohl auch möglich gewesen wäre.

Er blieb aber trotz seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin in Österreich bis er von der belangten Behörde in Schubhaft genommen wurde. Er kann seinen Aufenthalt nicht legalisieren und ist mangels geregelter Beschäftigung auch als mittellos zu betrachten.

4.3. Gemäß § 48 Abs 4 FrG darf die Schubhaft auch bei Vorliegen der in Z 1 bis 3 genannten Verlängerungsgründe insgesamt nicht länger als sechs Monate dauern. Der Verfassungsgerichtshof hat zu den Bestimmungen des § 48 Abs 2 und 4 FrG unter Hinweis auf Art 1 Abs 3 PersFrSchG 1988 und die Materialien die Auslegung vertreten, daß die Schubhaft insgesamt idR nicht länger als zwei Monate, in Ausnahmefällen nicht länger als sechs Monate dauern darf (vgl näher VfGH 15.12.1994, B 1405/94-8). Auf die Anzahl der erlassenen Schubhaftbescheide kommt es dabei nicht an! Der Verfassungsgerichtshof ließ - ohne dies näher auszuführen durchblicken, daß nur ein anderer (völlig neuer) Grund für die Verhängung der Schubhaft iSd § 48 Abs 2 FrG neue Haftfristen auslösen könnte. Eine Änderung des Zielstaates der Abschiebung (Nigeria statt Liberia) sei jedenfalls kein anderer Grund. Im Hinblick auf § 48 Abs 3 FrG stellt der Verfassungsgerichtshof auch klar, daß eine Änderung des Zwecks der Schubhaft idR weder der Erlassung eines neuen Schubhaftbescheides bedürfe noch die höchstzulässige Dauer der Schubhaft verändere.

Im gegenständlichen Fall wurde der Bf vom 7. bis 13. Mai 1993 (6 Tage) und vom 17. bis 28. Mai 1993 (11 Tage) durch die Bundespolizeidirektion Salzburg angehalten. Die belangte Behörde hielt ihn vom 11. Oktober 1994 bis 10. April 1994 und damit knapp 6 Monate in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an. Die erste Schubhaft diente der Sicherung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, die zweite ebenso wie die dritte der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes durch Abschiebung. Daß die Sechsmonatefrist insgesamt überschritten worden ist, liegt auf der Hand. Vor dem Hintergrund der strengen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes kann der O.ö. Verwaltungssenat keine verschiedenen Schubhaftgründe im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes erkennen, die einen neuen Fristenlauf bewirkt hätten. Eine Änderung des Schubhaftzweckes genügt ebensowenig wie der Umstand, daß sich der Zielstaat der geplanten Abschiebung geändert hatte, weil der Bf zuletzt anstatt nach Kroatien nach Bosnien abgeschoben werden sollte. Die belangte Behörde hätte daher auf die Dauer der von der Bundespolizeidirektion Salzburg verhängten Schubhaften Bedacht nehmen und den Bf bereits nach Ablauf der absoluten Höchstfrist von sechs Monaten enthaften müssen.

Sonstige Verzögerungen können der belangten Behörde allerdings nicht angelastet werden. Sie hat sich nach dem festgestellten Sachverhalt vielmehr vorbildlich bemüht, die Dauer der Schubhaft kurz zu halten. Die Dauer der Anhaltung war ausschließlich auf das unkooperative Verhalten der Botschaft der Republik Bosnien-Herzegowina zurückzuführen.

Es war daher der vorliegenden Beschwerde Folge zu geben und antragsgemäß die Schubhaft seit 1. April 1995 für rechtswidrig zu erklären.

5. Mangels näherer gesetzlicher Kostenregelung für den Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten iSd § 52 Abs 2 FrG iVm § 79a AVG sind nach ständiger Jukikatur des Verwaltungsgerichtshofes die §§ 47 ff VwGG iVm der jeweiligen Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers analog anzuwenden, wobei die geltenden Pauschalsätze vor dem Verwaltungsgerichtshof um ein Drittel zu kürzen sind (stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162).

Beim gegebenen Verfahrensergebnis waren dem Bf für den entstandenen Schriftsatzaufwand antragsgemäß S 8.333,33 zuzüglich S 120 Bundesstempel, insgesamt daher S 8.453,33, zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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