Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400361/2/Le/La

Linz, 21.07.1995

VwSen-400361/2/Le/La Linz, am 21. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des B. A., geb. ..........., iranischer Staatsangehöriger, dzt.

J. ....., ..............., .............., vertreten durch Rechtsanwälte G. & G., ................, ............, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Ried, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.044 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit Schriftsatz vom 14.7.1995, bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eingelangt am 18.7.1995, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 19.7.1995, erhob Herr B. A., iranischer Staatsangehöriger, geb. am ............, Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft.

In der Begründung dazu führte der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) folgendes aus:

Mit Bescheid vom 10.7.1995 sei über ihn von der Bezirkshauptmannschaft Ried die Schubhaft verhängt worden bzw. sei ihm mitgeteilt worden, daß mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung er in Schubhaft genommen werde, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und seine Abschiebung zu sichern.

Nach einer Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes des Schubhaftbescheides führte der Bf aus, daß die über ihn verhängte U-Haft mit Beschluß des LG ..... vom 10.7.1995 für den Fall des Erlages einer Kaution in Höhe von 50.000 S und unter zusätzlicher Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 180 Abs.5 StPO aufgehoben werde. Nachdem am 12.7.1995 die Kaution erlegt worden sei, wäre die U-Haft aufgehoben worden; gleichzeitig sei der Bf in Schubhaft genommen worden.

Der Begründung der belangten Behörde, daß sich der Bf ohne Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und fremdenpolizeiliche Maßnahmen zur Abschiebung verhindern oder wesentlich erschweren würde, wird entgegengehalten, daß er unter nachfolgenden Voraussetzungen aus der U-Haft entlassen worden sei:

1. Gelöbnis, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens weder zu flüchten noch sich verborgen zu halten noch sich ohne Genehmigung des Untersuchungsrichters von seinem Aufenthaltsort zu entfernen.

3. Weisung, bei seiner Gattin in .............., ................, Wohnung zu nehmen; 6. Weisung, jeden Wechsel des Aufenthaltsortes anzuzeigen; 7. Weisung, sich einmal wöchentlich beim Gendarmerieposten .......... nach Vereinbarung zu melden, indem er dort persönlich erscheine, und zwar bis zum rechtskräftigen Abschluß des gegenständlichen Strafverfahrens; 8. dem Beschuldigten wird vorübergehend sein iranischer Reisepaß Nr. ........ abgenommen.

Nachdem die Nichteinhaltung dieser Weisungen unverzüglich dazu führen würde, daß der Bf in U-Haft genommen würde, sei es weder erforderlich noch zweckmäßig, die Schubhaft über ihn aufrechtzuerhalten. Dies vor allem aus dem Grunde, da die dem Bf erteilten Weisungen ausschließlich den Zweck erfüllen, ihn davon abzuhalten, sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen. Da sohin mit den vom Gericht vorgeschriebenen gelinderen Mitteln der vom Fremdengesetz hinsichtlich der Schubhaft beabsichtigte Zweck jedenfalls erlangt werde, wird beantragt, die Schubhaft aufzuheben.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Ried als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und mitgeteilt, daß sich der Bf weiterhin in Schubhaft befindet.

Weiters hat sie eine Gegenschrift erstattet, in der sie ausführte, daß die Schubhaft deshalb verhängt worden sei, um das Verfahren zur Erlassung der begründeten fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu sichern. Die Entlassung aus der Untersuchungshaft gegen Gelöbnis biete keine ausreichende Gewähr, daß sich der Genannte nicht doch dem Zugriff der Behörde entziehe.

In diesem Zusammenhang wies die belangte Behörde auf die Begründung des Beschlusses des LG ..... vom 10.7.1995 hin, wonach der Haftgrund der Fluchtgefahr weiterhin anzunehmen sei, "weil der Beschuldigte A. seit längerer Zeit keiner geregelten Beschäftigung mehr nachgegangen (sei), ihn nicht unbeträchtliche Schulden belasten dürften und daher trotz seines Wohnsitzes in Österreich nicht unbedingt von geordneten Lebensverhältnissen gesprochen werden (könne).

Auch (dürfe) nicht übersehen werden, daß er offenbar eine Vorliebe für Auslandsreisen (habe). Unter diesen Umständen (sei) konkret zu befürchten, der Beschuldigte könnte sich im Fall der Freiheit verborgen halten oder sich ins Ausland absetzen." Diese Feststellungen bestätigen nach Annahme der belangten Behörde, daß sich der Bf dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde entziehe. Zur Sicherung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen sehe das Fremdengesetz kein anderes Mittel als das der Schubhaft vor.

Die belangte Behörde hat daher die Abweisung der Beschwerde sowie den Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist iranischer Staatsangehöriger und besitzt, obwohl er mit einer Österreicherin verheiratet ist, nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

Er reiste am 3.1.1992 erstmalig illegal nach Österreich ein und stellte einen Asylantrag. Nachdem ihm mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14.10.1992 Asyl gewährt wurde, verlor er mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 12.8.1994 die Flüchtlingseigenschaft wieder, da bekannt worden war, daß er sich am 24.12.1993 von der iranischen Botschaft in Wien einen neuen iranischen Reisepaß ausstellen lassen hat und mit einem in diesen Paß eingetragenen gefälschten österreichischen Visum mehrmals in den Iran zurückgekehrt war.

Weiter wurde er mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30.5.1995, Sich96-4134-1995, gemäß § 80 Abs.1 und 2 FrG wegen Schlepperei um seines Vorteiles willen rechtskräftig bestraft. In diesem Zusammenhang ist auch noch ein Strafverfahren beim Amtsgericht Passau anhängig.

Am 24.6.1995 wurde er wegen des dringenden Verdachtes, tags zuvor mit einem Komplizen 2 kg Cannabisharz aus den Niederlanden nach Österreich geschmuggelt zu haben, in Untersuchungshaft genommen und in die Justizanstalt Ried i.I. eingeliefert. Diesbezüglich ist beim Landesgericht Ried ein Strafverfahren anhängig.

4.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 10.7.1995, Sich41-131-1995, wurde gegen den Bf die Schubhaft verhängt, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und seine Abschiebung zu sichern. Die Schubhaft sollte unmittelbar nach Beendigung der gerichtlichen Anhaltung wirksam werden.

Aus der Begründung dieses Bescheides geht nach einer ausführlichen Sachverhaltsdarstellung hervor, daß im Hinblick auf die angeführten Fakten ernsthaft die Gefahr bestehe, daß sich der Bf nach Beendigung der Untersuchungshaft dem Zugriff der Behörde entziehen und die genannten fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern oder wesentlich erschweren würde. Es wäre zu befürchten, daß er sich nach Verhängung des geplanten Aufenthaltsverbotes seiner Ausreiseverpflichtung entziehen und neuerlich straffällig werde.

Seine Abschiebung sei aber wegen der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie zum Schutz der Volksgesundheit dringend geboten. Zudem verfüge er über Verbindungen zu Schleppern und Urkundenfälschern, sodaß weiters zu befürchten sei, daß er auch in dieser Richtung einschlägige Übertretungen begehen werde.

Hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit seiner geplanten Abschiebung in den Iran wurde der Bf auf das Verfahren nach § 54 FrG verwiesen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde - zumindest schlüssig - im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und der Anhaltung behauptet und die Feststellung begehrt, daß der Schubhaftbescheid, die Inhaftnahme sowie seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wären.

Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Aufgrund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß - der Bf kein Asylrecht in Österreich hat (die ursprüngliche Asylgewährung wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 12.8.1994 wegen mißbräuchlicher Verwendung des Asylrechtes wieder aberkannt), - der Bf in seinen iranischen Paß ein gefälschtes österreichisches Visum eintragen ließ, - der Bf gemäß § 80 Abs.1 und 2 FrG wegen Schlepperei um seines Vorteiles willen rechtskräftig mit einer Geldstrafe von 5.000 S bestraft wurde und - gegen den Bf der dringende Tatverdacht besteht, gegen § 12 zweiter Fall des Suchtgiftgesetzes verstoßen zu haben und daher die gerichtliche Voruntersuchung eingeleitet wurde.

5.4. Im Schubhaftprüfungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Schubhaft die einzig zu entscheidende Frage (VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0334).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen (VfGH vom 23.6.1994, B 2019/93).

Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 Abs.1 FrG dafür vorliegen und die Schubhaft notwendig ist, um die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung zu sichern. Insbesonders ist aufgrund der unter 5.3. dargestellten Umstände davon auszugehen, daß es in Anbetracht der Anforderungen des § 18 FrG nicht von vornherein unmöglich erscheint, daß tatsächlich ein Aufenthaltsverbot erlassen wird.

5.5. Zu den Beschwerdepunkten wird, soweit sie nicht schon durch die vorstehenden Ausführungen entkräftet sind, folgendes bemerkt.

Der Bf vermeint, daß deshalb, weil die Untersuchungshaft vom LG ..... aufgehoben wurde und mit einer Kaution, verbunden mit einem Gelöbnis und verschiedenen sonstigen Verpflichtungen das Auslangen gefunden worden ist, auch die Schubhaft aufzuheben wäre.

Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden:

Hervorzuheben ist zunächst, daß aufgrund des in Österreich geltenden Prinzips der Gewaltentrennung Rechtsakte der Gerichtsbarkeit und der Verwaltung voneinander völlig getrennt sind und ein individueller Akt der einen Staatsgewalt die andere Staatsgewalt grundsätzlich nicht bindet.

Weiters beruhen die beiden Haften (Untersuchungshaft bzw.

Schubhaft) jeweils auf verschiedenen gesetzlichen Grundlagen, die ihrerseits wieder verschiedene Kriterien aufstellen, nach denen eine Haft zu verhängen bzw.

aufzuheben ist. Während die Strafprozeßordnung auch gelindere Mittel als die U-Haft vorsieht, kennt das FrG lediglich die Schubhaft iSd § 41 Abs.1 FrG zur Sicherung bestimmter geplanter fremdenpolizeilicher Maßnahmen.

Schließlich verfolgt das FrG auch andere Ziele als die Strafprozeßordnung bzw. das im vorliegenden Fall anzuwendende Suchtgiftgesetz.

Zu II.:

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle. Der belangten Behörde als obsiegender Partei war antragsgemäß der Ersatz der Kosten iSd § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Dabei ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem Ansatz in Höhe von zwei Drittel des Pauschalkostenersatzes vor dem VwGH (Verordnung BGBl.Nr.

416/1994 Art.1 B Z4 und 5) auszugehen.

Über einen Kostenzuspruch an den Bf war nicht abzusprechen, weil ein entsprechender Antrag gar nicht gestellt wurde. Ein allenfalls gestellter Antrag wäre aber in Hinblick auf die Abweisung der Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage: Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum