Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400574/5/Sr/Ri

Linz, 11.05.2000

 

VwSen-400574/5/Sr/Ri Linz, am 11. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag Stierschneider über die Beschwerde des S I M G, Bstr., R, vertreten durch RA Dr. B W, A-S-Str., R, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von S zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bezirkshauptmann von S) Kosten in Höhe von 565 S (entspricht  41,06 €) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 4 AVG; § 73 Abs. 4 FrG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, ist am 31. Dezember 1999 von I kommend ohne Reisepass und ohne gültigen Sichtvermerk nach Österreich eingereist. Bei dem Versuch, am 1. Jänner 2000 nach Deutschland auszureisen, wurde er von Bayerischen Grenzkontrollbeamten angehalten und in der Folge der belangten Behörde vorgeführt.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 3. Jänner 2000, Zl. Sich41-2-2000, wurde über den Rechtsmittelwerber die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in die Justizanstalt R sofort vollzogen.

1.3. Im Zuge einer persönlichen Einvernahme am 7. Jänner 2000 wurde dem Beschwerdeführer eröffnet, dass die belangte Behörde über ihn ein dreijähriges Aufenthaltsverbot zu verhängen beabsichtigt und er in der Folge entweder nach I oder P abgeschoben werden soll; in diesem Zusammenhang äußerte der Rechtsmittelwerber den Wunsch, nach I abgeschoben zu werden, da sich dort gegenwärtig der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen befinde.

1.4. Mit Schreiben vom 15. Februar 2000, Zl. Sich41-2-2000, hat die belangte Behörde das Bundesministerium für Inneres ersucht, für den Beschwerdeführer eine Übernahmserklärung durch die i Behörden zu erwirken. Seitens des Bundesministeriums für Inneres wurde der Rückübernahmeantrag am 21. Februar 2000 an die i Behörden weitergeleitet.

1.5. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von S vom 15. Februar 2000, Zl. Sich41-2-2000, wurde über den Beschwerdeführer ein dreijähriges, infolge des gleichzeitigen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung sofort vollstreckbares Aufenthaltsverbot verhängt.

1.6. Am 29. Februar 2000 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich von der Verlängerung der Schubhaft in Kenntnis gesetzt und am 6. April 2000 erhebt dieser Beschwerde an den Oö. Verwaltungssenat wegen der bisherigen und weiteren Anhaltung in Schubhaft. Die Beschwerde wird vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 11. April 2000 unter der Zahl VwSen-400569/4/Gf/Km als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

1.7. Mit seiner am 8. Mai 2000 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten und auf § 72 des Fremdengesetzes 1997, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 86/1998 (im Folgenden: FrG), gestützten Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen seine bisherige und weitere Anhaltung in Schubhaft und verweist auf das Vorbringen in der ersten Schubhaftbeschwerde.

2.1. Im oben unter 1.2. angeführten Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde begründend aus, dass der Beschwerdeführer über keine gültigen Reisedokumente verfüge und daher seine Identität nicht geklärt sei. Bei dieser Sachlage bestehe auch die Gefahr, dass er sich andernfalls unschwer dem behördlichen Zugriff entziehen und damit die fremdenpolizeilichen Maßnahmen vereiteln könne.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die erste Schubhaftbeschwerdebegründung im Wesentlichen ergänzend vor, dass dem Bundesministerium für Inneres, Abteilung III/16 noch immer keine Verpflichtungserklärung vorläge, die zuständige Abteilung des i Innenministeriums die Angelegenheit an die Quästur in M abgetreten hätte, diese laut Mitteilung des früheren i Rechtsvertreters "rassistisch" sei, den Akt liegen lassen würde, jedoch ein Rechtsmittel in I dagegen zulässig sei und die i Behörden das Abkommen BGBl III/160/98 vom Wortlaut abweichend interpretieren würden.

Das Untätigbleiben der i Behörden müsste als eindeutiges Anzeichen für die nicht rechtzeitig einlangende Übernahmserklärung gewertet werden und weiter sei allgemein bekannt, dass in der zuständigen Abteilung des r Innenministeriums die Übernahmsersuchen aus ganz Europa einlaufen und deshalb eine chronische Arbeitsüberlastung vorläge.

Ab 3. April 2000 hätte die belangte Behörde von einem österreichischen Staatsangehörigen pakistanischer Herkunft eine "Erklärung gemäß § 66 FrG" vorgelegt erhalten und daher das gelindere Mittel anstelle der Schubhaft anzuwenden gehabt.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung sowie der weiteren Anhaltung in Schubhaft beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH S zu Zl. Sich41-2-2000 und den des Oö. Verwaltungssenates VwSen-400569/4/Gf/Km; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 73 Abs. 2 Z. 1 FrG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 72 Abs. 1 FrG hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Nach § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. zu dem Zweck in Schubhaft angehalten werden, um die Abschiebung zu sichern, wobei die Behörde gemäß § 69 Abs. 1 FrG generell verpflichtet ist, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; länger als 2 Monate darf die Schubhaft nur in besonderen Fällen aufrechterhalten werden.

4.2.1. Im gegenständlichen Fall ist allseits unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Inschubhaftnahme weder über einen Reisepass noch über einen gültigen Einreisetitel (Visum) verfügte; seine Identität konnte daher nicht zweifelsfrei geklärt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigte schon allein dieser Umstand die Schubhaftverhängung (vgl. z.B. jüngst VwGH v. 9.7.1999, 99/02/0066). Die Wahrscheinlichkeit des Untertauchens in die Anonymität rechtfertigt eine Ermessensausübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.3.1999, 98/02/0309).

4.2.2. Erst seit der Vorlage des Reisepasses und einer entsprechenden kriminaltechnischen Untersuchung am 7. Februar 2000 (vgl. den im Akt der BH S erliegenden Untersuchungsbericht der BPD L vom 7. Februar 2000, II-KD/21/00-Maur) steht die Identität des Beschwerdeführers fest. Dies vermag aber an der für ihn ungünstigen Prognose, dass er sich im nunmehrigen Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen - ihm wurde bereits im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme am 7. Jänner 2000 eine Abschiebung (nach I oder in seinen Heimatstaat Pakistan) angekündigt (vgl. die Niederschrift der BH R vom 7. Jänner 2000, Zl. Sich41-35/2000, S. 3) - diesen zu entziehen oder er zumindest versuchen könnte, sie zu erschweren, nichts zu ändern.

4.2.3. Wenn der Beschwerdeführer schließlich einwendet, dass seine Schubhaft deshalb unverhältnismäßig lange i.S.d. § 69 Abs. 1 FrG dauere, weil nicht zu erwarten sei, dass I zeitgerecht eine Übernahmeerklärung ausstelle, sich die belangte Behörde aber sowohl eine Verfahrensverzögerung durch das BMI als auch durch die i Behörden zurechnen lassen müsse, so übersieht er zum einen, dass er selbst den ausdrücklichen Wunsch geäußert hat, nicht in seinen Heimatstaat, sondern nach I abgeschoben zu werden (vgl. wiederum die Niederschrift der BH R vom 7. Jänner 2000, Zl. Sich41-35/2000, S. 3). Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass das BMI im Rahmen der Amtshilfe gemäß Art. 22 B-VG tätig wird und grundsätzlich (von informellen Urgenzschreiben abgesehen - diese wurden am 3. und 17. April 2000 abgesetzt) weder diesem noch der belangten Behörde eine Einflussnahmemöglichkeit auf die Handlungsweise der Behörden des i Staates zukommt. Davon ausgehend, dass das entsprechende - und zeitgerechte - Ansuchen der belangten Behörde an das BMI vom 15. Februar 2000 datiert (von diesem am 21. Februar 2000 weitergeleitet) kann der Oö. Verwaltungssenat aber nicht finden, dass es als unverhältnismäßig lange anzusehen wäre, wenn die Übernahmeerklärung zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vorliegt, geschweige denn, dass dies bereits als ein untrügerisches Anzeichen dafür gewertet werden müsse, dass diese Erklärung überhaupt nicht abgegeben werden wird. Da die belangte Behörde auf Grund des Erhebungsstandes davon ausgehen konnte, dass die Rückübernahme durch die i Behörden entsprechend dem oa Schubabkommen nicht ausgeschlossen erscheint, kann kein Verstoß gegen § 69 Abs. 1 FrG erblickt werden (VwGH vom 27.1.1995, Zlen 94/02/0188, 94/02/0189 und 94/02/0285).

Die im Beschwerdevorbringen geäußerte Absicht, der Beschwerdeführer würde freiwillig in die Republik I zurückkehren, kann den Sicherungszweck (Abschiebung) nicht beseitigen, da dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einer legalen unbegleiteten Ausreise nach I nicht offen steht.

Der Ansicht, dass für den Beschwerdeführer eine Erklärung i.S.d. § 66 FrG abgegeben worden ist und daher das gesetzlich geregelte gelindere Mittel anzuwenden sei, kann nicht gefolgt werden. Zu der mit der Beschwerde vorgelegten Verpflichtungserklärung ist festzustellen, dass diese nicht im Original vorgelegt wurde und auch nicht beglaubigt ist. Darüber hinaus wurde durch den Verpflichteten kein geeigneter Einkommens- und Vermögensnachweis beigebracht. Auch zur angebotenen Wohnmöglichkeit (z.B. ob die Unterkunft für die Aufnahme des Beschwerdeführers geeignet ist) wurden keine näheren Erklärungen und Nachweise vorgelegt. Die allfälligen Unterhaltspflichten und sonstigen Verpflichtungen würden darüber hinaus nachprüfbarer Unterlagen bedürfen, damit die Richtigkeit der Angaben festgestellt werden kann. Schlussendlich wäre auch eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der die Erklärung abgebenden Person glaubhaft zu machen. Den Beschwerdeführer trifft hierbei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Nach der ständigen Judikatur des VwGH wären solche Nachweise aber im fremdenpolizeilichen Verfahren und daher auch im Schubhaftverfahren erforderlich. Diesbezüglich hat der VwGH auch ausgesprochen, dass solche Nachweise initiativ beizubringen sind, weil erforderliche Erhebungen in Anbetracht der kurzen Entscheidungsfrist amtswegig nicht durchgeführt werden können (VwGH 92/18/0499, vom 29.7.1993, 93/18/0183 vom 13.1.1994, 95/02/0562 vom 28.2.1997,94/02/0135 vom 21.3.1997 ua.)

Darüber hinaus ist aber auch bei Nichtvorliegen der Mittellosigkeit eine weitere Anhaltung in Schubhaft erforderlich, weil der Beschwerdeführer durch sein bisheriges Verhalten hinreichend erkennen hat lassen, dass er sich um die Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsvorschriften nicht gekümmert hat. Daran ändert auch der Hinweis des Beschwerdeführers nichts, freiwillig in die Republik I auszureisen, da, wie bereits ausgeführt, diesem die legale Ausreise nach I verwehrt ist. Es sind daher die begründeten Bedenken der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer auf freiem Fuß dem fremdenbehördlichen Verfahren entziehen werde, weiterhin gerechtfertigt. Die vom Beschwerdeführer angebotenen gelinderen Mittel hingegen bieten keine Gewähr für einen fremdenpolizeilichen Zugriff der belangten Behörde auf den Beschwerdeführer. Es kann daher der Zweck der Schubhaft mit gelinderen Mitteln, auch wenn die Unterkunft in der Nähe des Gendarmeriepostens angeboten wurde, nicht erreicht werden (§ 66 Abs.1 FrG).

4.3. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Beschwerde gemäß § 67c Abs. 4 AVG abzuweisen; darüber hinaus war gemäß § 73 Abs. 4 FrG festzustellen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt unter den gegebenen Umständen die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen - insbesondere, solange der Beschwerde gegen den Ausweisungsbescheid nicht auch die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird - weiterhin vorliegen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a Abs. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 der AufwandersatzV-UVS Kosten in Höhe von 565 S (Vorlageaufwand; eine Gegenschrift wurde nicht erstattet) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag Stierschneider

Beschlagwortung: Verpflichtungserklärung

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