Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400659/3/WEI/Ke

Linz, 04.06.2003

 

 

 VwSen-400659/3/WEI/Ke Linz, am 4. Juni 2003

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des J P, geb. 21.06.1970, Staatsangehöriger von Sierra Leone (Identität laut eigenen Angaben), dzt. Justizanstalt Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 56, 4910 Ried im Innkreis, vertreten durch Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Roßmarkt 1, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vom 15. Mai 2003, Sich41-200-2002, und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
  2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis) den Verfahrensaufwand in der Höhe von 244 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 und 73 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 (BGBl. I Nr. 75/1997 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 126/2002) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 117/2002.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist nach seinen eigenen Angaben ein Staatsbürger von Sierra Leone mit dem Namen J P, geb. 21.06.1970.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2003, Zl. Sich41-200-2002, ordnete die belangte Behörde auf der Grundlage des § 61 Abs 1 und 2 FrG 1997 an, dass der Bf mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Strafhaft) zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen wird. Folgender im Wesentlichen unbestrittene Sachverhalt liegt dem Schubhaftbescheid zugrunde:

Der Bf reiste am 14. Juni 1999 auf dem Luftweg über Wien-Schwechat in das Bundesgebiet von Österreich ohne Reisedokument ein. Er stellte einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 6. Juli 1999, Zl. 9909.041-BAT, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen wurde. Gemäß § 8 leg.cit. wurde gleichzeitig die Zulässigkeit der Abschiebung nach Sierra Leone festgestellt. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des UBAS vom 11. Juli 2000, Zl. 211.405/0-III/12/99, abgewiesen. Mit Beschluss vom 27. Februar 2003, Zl. 2000/20/0342-8, lehnte der VwGH die Behandlung der Bescheidbeschwerde ab, nachdem zuvor mit Beschluss vom 13. September 2000, Zl. AW2000/20/0264-3, die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war.

Der Bf wurde bisher zweimal wegen Suchtmitteldelikten von österreichischen Strafgerichten wie folgt verurteilt:

  1. LG Wiener Neustadt vom 27.06.2000, 41 Vr 10/00, 41 Hv 18/00, wegen § 27 Abs 1 und Abs 2 Z 2 erster und zweiter Fall SMG: 9 Monate Freiheitsstrafe, davon 6 Monate bedingt.
  2. LG für Strafsachen Wien vom 07.10.2002, 62 EHv 100/02g, wegen § 27 Abs 1 und Abs 2 Z 2 SMG: 10 Monate Freiheitsstrafe.

Mit Bescheid vom 13. Mai 2003, Zl. III-1041013/FrB/03, zugestellt am 15. Mai 2003, hat die Bundespolizeidirektion (BPD) Wien gegen den Bf auf der Grundlage der §§ 36 Abs 1 und 2 Z 1, 39 Abs 1 FrG 1997 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen und gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.

Die belangte Behörde ging im Schubhaftbescheid weiter davon aus, dass der Bf vor seiner Festnahme am 16. September 2002 angeblich in W, F, wohnhaft gewesen sei, er aber schon am 13. Dezember 2001 amtlich abgemeldet worden war. Er hat keine Familienangehörigen in Österreich. Er ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, sondern verrichtete teilweise "Schwarzarbeiten". An Barmittel hatte er aktuell 158,95 Euro.

Der Bf wurde im Stand der Strafhaft am 15. Oktober 2002 in die Justizanstalt Ried im Innkreis überstellt. Am 16. Mai 2003 um 08.00 Uhr wurde der Bf aus der gerichtlichen Strafhaft bedingt entlassen und ist seither in Schubhaft für die belangte Behörde in der Justizanstalt Ried im Innkreis angehalten worden (Bericht des Anstaltleiters vom 16.05.2003).

1.2. Die belangte Fremdenbehörde hat auf Grund der Identitätsangaben des Bf bereits mit Schreiben vom 10. April 2003 die Ausstellung eines Heimreisezertifikats beim Generalkonsulat der Republik Sierra Leone beantragt. Eine Kopie der "Identity Card" Nr. 2871 vom 30. Oktober 1996 wurde ebenfalls übermittelt. Daraufhin wurde seitens des Generalkonsulats mit Telefaxnote vom 18. April 2003 der 24. April 2003, 9.40 Uhr als Termin für ein Telefoninterview mit dem Bf bekannt gegeben. Der Bf verweigerte allerdings die Durchführung dieses Interviews mit Dr. B vom Generalkonsulat, da er auf eine persönliche Befragung bestand (vgl Aktenvermerk vom 24.04.2003). Mit weiterer Telefaxnote vom 28. April 2003 verweigerte das Generalkonsulat die Ausstellung eines Heimreisezertifikats, weil der Bf anlässlich des mit ihm geführten Gesprächs seine behauptete Staatsbürgerschaft gegenüber dem Konsul nicht hinreichend beweisen hätte können und keinerlei gültige Dokumente besitze.

Mit weiterem Schreiben vom 29. April 2003 ersuchte die belangte Behörde das Generalkonsulat um einen Termin für eine persönliche Befragung, damit unter Einbeziehung der "Identity Card" eine abschließende Beurteilung der Identität vorgenommen werden könnte. In einem Telefonat vom 2. Mai 2003 teilte daraufhin Dr. B vom Generalkonsulat der Republik Sierra Leone der belangten Behörde telefonisch mit, dass eine persönliche Vorführung des Bf sinnlos wäre, da der Bf bereits beim Telefoninterview absolut nicht kooperativ gewesen wäre. Die Identitätskarte sei abgelaufen und es handelte sich dabei um eine Fälschung. Der angebrachte Stempel wäre ein Fantasiestempel.

Dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 15. Mai 2003 ist zu entnehmen, dass anlässlich der Zustellung des Aufenthaltsverbots ein ausführliches Gespräch mit dem Bf in englischer Sprache geführt wurde, bei dem ihm der relevante Sachverhalt dargelegt wurde. Auch über Vorhalt seiner mangelhaften Mitwirkung und, dass er mit Sicherheit nicht aus Sierra Leone stamme, bestand der Bf weiterhin darauf. Eine ihm angebotene Sprachanalyse mittels Tonbandaufnahme lehnte er ab. Er weigerte sich auch gegenüber Beamten der Gendarmerie, an der Herstellung eines Fingerabdruckblattes mitzuwirken. Solche Fingerabdruckblätter mussten deshalb bei der BPD Wien angefordert werden.

1.3. Mit dem handschriftlich in deutscher Sprache verfassten Schreiben vom 4. Mai 2003 an das BMI ersuchte der Bf um Beistand, damit er nicht widerrechtlich nach Sierra Leone abgeschoben werde, wo sein Leben bedroht wäre. Eine Schubhaft könnte er wegen eines Gehirnleidens nicht mehr ertragen. Das BMI leitete dieses Schreiben an die zuständigen Fremdenbehörden und an das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, weiter. In einer weiteren Eingabe des Bf vom 17. Mai 2003 an das BMI bat er ihn vor Schubhaft zu bewahren und führte im Wesentlichen aus, dass er die Haft nervlich nicht länger ertragen könnte und extrem selbstmordgefährdet wäre. Diese Eingabe hat die belangte Behörde schließlich nach Übermittlung durch das BMI dem Oö. Verwaltungssenat zwecks Schubhaftprüfung vorgelegt und auf die ungeklärte Identität des Bf und dessen mangelnde Kooperationsbereitschaft hingewiesen, zumal dieser versuche, jeden Schritt in Richtung Feststellung seiner Identität zu vereiteln. Der Bf hätte es in der Hand, durch Beibringung von Beweismitteln seine tatsächliche Herkunft klarzustellen und die Anhaltung in Schubhaft wesentlich zu verkürzen. Es bestünde Grund zur Annahme, dass er im Fall einer Aufhebung der Schubhaft sofort untertauchen und neuerlich straffällig werde.

1.4. Mit der am 30. Mai 2003 bei der belangten Behörde eingebrachten rechtsfreundlichen Eingabe vom 28. Mai 2003 erhob der Bf nunmehr durch seine Rechtsvertreter ausdrücklich Schubhaftbeschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und stellte den Antrag den Akt Sich41-200-2002 diesem vorzulegen. Die belangte Behörde übermittelte in der Folge dem Oö. Verwaltungssenat per Telefax am 2. Juni 2002 diese Eingabe.

In der Beschwerde wird beantragt, ihr kostenpflichtig stattzugeben, den Schubhaftbescheid vom 15. Mai 2003 für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig bzw. dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht mehr vorliegen.

2. In der weitwendigen Schubhaftbeschwerde wird zunächst der oben dargestellte Sachverhalt geschildert, wobei besonders auf die mit Beschluss des Oberlandesgerichts Linz (Zl. 9 Bs 613/03) gewährte bedingte Entlassung aus der Strafhaft nach etwas mehr als zwei Dritteln der Strafhaftverbüßung unter gleichzeitiger Anordnung von Bewährungshilfe und verbunden mit der Weisung, unverzüglich in Wien Wohnsitz zu nehmen und dem Strafvollzugsgericht binnen 14 Tagen dies nachzuweisen und sich um eine Beschäftigungsbewilligung zu bemühen bzw. eine Arbeitsbestätigung des "African News International Magazine" vorzulegen, hingewiesen wird.

Die Beschwerde führt im Wesentlichen begründend aus, dass die belangte Behörde auch mit geeigneten gelinderen Mitteln das Auslangen hätte finden können. Dabei wird auch besonders auf die begleitenden Maßnahmen der bedingten Entlassung verwiesen, mit denen auch in ausreichender Weise die Schubhaftzwecke erreicht werden könnten. Durch die Beigebung eines Bewährungshelfers wäre gewährleistet, dass der Bf keinesfalls untertaucht, weil sich der Bf regelmäßig beim Bewährungshelfer melden und dieser dem Strafvollzugsgericht berichten müsste. Die Verweigerung der Kontaktaufnahme oder ein Weisungsbruch hätte unweigerlich den Widerruf der bedingten Strafnachsicht zur Folge. Es läge daher im ureigensten Interesse des Bf, mit dem Bewährungshelfer zusammenzuarbeiten und die angeordneten Weisungen genau einzuhalten. Somit sei ausreichend gewährleistet, dass sich der Bf fremdenpolizeilichen Maßnahmen keinesfalls entziehen werde, sich eine Unterkunft suchen und polizeilich melden werde.

Durch die im Fremdengesetz vorgesehenen gelinderen Mittel verbunden mit einer Betreuung durch Caritas oder andere Hilfseinrichtungen könnten die "Haftgründe" im Schubhaftbescheid jedenfalls erreicht werden. Da die Identitätsprüfung noch nicht abgeschlossen sei, könne in absehbarer Zeit nicht mit einer Beendigung der Schubhaft gerechnet werden. Gerade auch deshalb sei die Anwendung eines gelinderen Mittels geboten.

Der Schubhaftbescheid der belangten Behörde sei nicht als Mandatsbescheid ergangen. Die Behörde müsse sich aber ausdrücklich auf § 57 AVG berufen, um die Wirkungen eines Mandatsbescheids und somit das Fehlen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels zu erreichen. Die Ausnahmebestimmung des § 61 Abs 2 FrG 1997 komme nicht zum Tragen, weil klar gewesen sei, dass der Fremde bei Bescheiderlassung nur mehr einen Tag in Haft war. Auch aus diesem formellen Grund sei eine Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheids gegeben. Im Sinne eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes müsse der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu kommen, womit die Vollstreckbarkeit der Schubhaft wegfalle.

Derzeit gäbe es außer der Republik Sierra Leone auch keinen anderen Staat, in den der Bf zulässigerweise abgeschoben werden könnte. Da die Republik Sierra Leone mangels entsprechender Staatsangehörigkeit des Bf nach Meinung der belangten Behörde ausscheidet, wäre die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gegeben.

Gegen das Aufenthaltsverbot der BPD Wien wäre Berufung eingelegt und auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bekämpft worden. Nach weiteren weitwendigen Ausführungen wird schließlich unter dem Gesichtspunkt des Refoulementverbots nach § 57 FrG 1997 die Unzulässigkeit der Abschiebung behauptet. Hinsichtlich der asylbehördlichen Entscheidung dieser Frage iSd § 8 AsylG 1997 sei durch die Weigerung der Ausstellung eines Heimreisezertifikats eine wesentliche Änderung der Entscheidungsgrundlagen eingetreten. Daraufhin behauptet die Beschwerde erhebliche Verfolgungsmaßnahmen in Sierra Leone. Da der Bf seine Familienangehörigen in Kriegswirren verloren hätte, gäbe es in seiner Heimat niemanden, der seine Identität nachweisen könnte. Die Verweigerung eines Heimreisezertifikats indiziere schon, dass man sich unliebsamer Bewohner entledigen wolle. Es bestünde daher sehr wohl die Gefahr, dass der Bf nicht unerheblichen Verfolgungsmaßnahmen in Sierra Leone ausgesetzt wäre. Jedenfalls wäre eine ergänzende Refoulementprüfung durchzuführen, bevor endgültig über ein Aufenthaltsverbot entscheiden werden kann. Dies hätte der Bf auch in seiner Berufung gegen das Aufenthaltsverbot geltend gemacht. Unter diesem Gesichtspunkt erscheine auch die verhängte Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung rechtswidrig.

2.1. Die belangte Behörde ist in ihrem Vorlageschreiben vom 2. Juni 2003 der Schubhaftbeschwerde entgegengetreten und hat deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs 2 Z 1 FrG 1997 abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann der Unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 72 Abs 1 FrG 1997 von dem Bf angerufen werden, der gemäß § 63 FrG 1997 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das Fremdengesetz 1997 angehalten wird oder wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgebliche Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 73 Abs 4 FrG 1997).

 

Der Bf wird zum Entscheidungszeitpunkt in der Justizanstalt Ried im Innkreis in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ist zulässig, aber nicht begründet.

 

4.2. Gemäß § 61 Abs 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs 2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Gemäß § 94 Abs 5 FrG 1997 ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Die Beschwerdebehauptungen zur Frage der Erlassung des Schubhaftbescheids in der Form eines Mandatsbescheids gehen ins Leere, weil gegen die Anordnung der Schubhaft gar kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist, dem aufschiebende Wirkung zukommen könnte. Der Bf ist daher in keiner Weise dadurch beschwert, dass die Schubhaft nicht mit Mandatsbescheid ohne Ermittlungsverfahren, sondern im ordentlichen Verfahren angeordnet wurde, weil er in keinem Fall ein Rechtsmittel mit Suspensiveffekt hätte. Außerdem befand sich der Bf nicht bloß kurzfristig in Strafhaft, weshalb die belangte Behörde die Schubhaft nach Wahrung des Parteiengehörs im ordentlichen Verfahren anzuordnen hatte.

 

4.3. Gemäß § 69 Abs 1 FrG 1997 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 69 Abs 4 FrG 1997 darf die Schubhaft gemäß § 69 Abs 2 leg.cit. nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Im vorliegenden Fall liegt ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot der BPD Wien vor, auch wenn der Bf dagegen Berufung eingebracht und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bekämpft haben mag. Die von der Beschwerde vorgebrachten Gründe zur ergänzenden "Non-refoulement-Prüfung" im Zusammenhang mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbots sind offensichtlich im gegenständlichen Verfahren irrelevant. Außerdem wurde diese Frage gemäß § 8 AsylG 1997 von den Asylbehörden bereits rechtsverbindlich zum Nachteil des Bf entschieden. Sie kann schon wegen der Sperrwirkung der Rechtskraft dieser Entscheidung gar nicht mehr aufgegriffen werden. Die Behauptung der Änderung der Entscheidungsgrundlagen durch Verweigerung eines Heimreisezertifikates für den Bf erscheint geradezu kurios. Offensichtlich hat dies mit der mangelnden Mitwirkung des Bf und nicht mit irgendeiner Verfolgungssituation in Sierra Leone zu tun.

 

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Schubhaftbeschwerde nur gehalten ist, zu prüfen, ob das für die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine (mittelbare) Tatbestandswirkung erzeugendes Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08.09.1995, Zl. 95/02/0220). Da dies im Beschwerdefall zutraf, war der Oö. Verwaltungssenat an das Bestehen des selben gebunden und hatte auch davon auszugehen (VwGH vom 26.01.1999, Zl. 96/02/0548).

 

Die Beschwerdebehauptungen zur Unmöglichkeit der Abschiebung nach Sierra Leone sind in sich widersprüchlich, zumal der Bf selbst nach wie vor behauptet, Staatsangehöriger dieses Staates zu sein. Im Übrigen kann derzeit nicht endgültig abgeschätzt werden, ob eine Abschiebung des Bf unmöglich sein wird oder nicht. Fest steht jedenfalls auf Grund der Aktenlage, dass der Bf durch sein unkooperatives Verhalten eine gesicherte Feststellung seiner Identität bisher vermeiden konnte. Dies kann aber kein Grund sein, seine Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu halten, weil er es selbst in der Hand hätte, durch Mitwirkung an den ihm von der Fremdenbehörde vorgeschlagenen Maßnahmen eine Identitätsfeststellung zu ermöglichen. Da der Bf die einer Abschiebung entgegenstehenden Gründe auf zumutbare Weise selbst beseitigen könnte, liegt tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung nicht vor (vgl etwa VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/21/0491; VwGH vom 12.01.2000, Zl. 99/21/0261).

 

Gemäß § 69 Abs 6 FrG 1997 darf ein Fremder wegen desselben Sachverhaltes innerhalb eines Zeitraumes von 2 Jahren nicht länger als sechs Monate in Schubhaft angehalten werden. Bei der bisherigen geringen Dauer der Schubhaft besteht überhaupt kein Anlass daran zu zweifeln, dass der Haftzweck der Sicherung der Abschiebung auch weiterhin erreicht werden kann. Die Schubhaft, die zum Entscheidungszeitpunkt erst rund einen halben Monat dauert, kann in diesem Verfahrensstadium und unter Bedachtnahme darauf, dass die Identitätsfeststellung mangels Mitwirkung des Bf nicht möglich ist, in keiner Weise beanstandet werden.

 

4.4. Die belangte Behörde hat zwar bei der Verhängung der Schubhaft auf allfällige gelindere Mittel iSd § 66 Abs 1 FrG 1997 Bedacht zu nehmen und von Schubhaft abzusehen, wenn der Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden könnte. Der belangten Behörde ist aber entgegen der Darstellung der Beschwerde im gegenständlichen Fall aus den folgenden Gründen kein Vorwurf zu machen.

 

Die Gründe für eine bedingte Entlassung aus der Strafhaft decken sich in keiner Weise mit den Gründen für das Absehen von Schubhaft. Das Rechtsinstitut der Bewährungshilfe ist nicht dafür eingerichtet worden, um fremdenpolizeiliche Maßnahmen abzusichern. Selbst die Befolgung der erteilten gerichtlichen Weisung, in Wien Wohnsitz zu nehmen und sich polizeilich anzumelden, bedeutet noch lange nicht, dass sich der Bf für die Maßnahmen der Fremdenbehörden bereithalten und freiwillig zur Abschiebung einfinden wird. Nach der Aktenlage muss auf Grund des gesamten Verhaltens des Bf, der illegal einreiste und schon längere Zeit unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich nahm, nach dem Suchmittelgesetz straffällig wurde und sich bisher völlig unkooperativ (Verweigerung von Interviews, der Sprachanalyse, der Abnahme von Fingerabdrücken) verhielt, jedenfalls das Gegenteil angenommen werden. Es kann keine Rede davon sein, dass der Zweck der Schubhaft mit gelinderen Mitteln erreichbar wäre.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise die Anwendung gelinderer Mittel verneint, wenn die Befürchtung bestand, dass sich der Fremde angesichts der ihm drohenden Abschiebung im Verborgenen halten würde, weil

 

 

Das gesamte Verhalten des Bf lässt eine deutliche Missachtung der österreichischen Rechtsordnung erkennen. Die fortgesetzten Rechtsverletzungen stellen einen Angriff auf die österreichische Rechtsordnung mit unakzeptablen Folgen für die Rechtssicherheit der österreichischen Bevölkerung dar. Der Oö. Verwaltungssenat kommt im Zuge seiner Verhaltensprognose zur Auffassung, dass im Hinblick auf die Schwere der Straftaten des Bf und seine fehlende Bereitschaft zu kooperieren genügend Grund zur Annahme vorliegt, dass der Zweck der Schubhaft mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden kann. Schon die hohe Wahrscheinlichkeit des weiterhin unkooperativen Verhaltens und allfälligen Untertauchens des Bf rechtfertigt eine Ermessensübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.03.1999, Zl. 98/02/0309).

 

4.5. Im Ergebnis war die vorliegende Schubhaftbeschwerde mit der Feststellung iSd § 73 Abs 4 FrG 1997 als unbegründet abzuweisen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei nach § 79a AVG Abs.1, 3, 4 und 6 AVG i.V.m. § 1 Z.3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr. 499/2001, antragsgemäß ein Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 244 Euro (Vorlageaufwand: 41 Euro; Schriftsatzaufwand: 203 Euro), zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 
 

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