Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400745/5/Gf/Ga

Linz, 05.12.2005

VwSen-400745/5/Gf/Ga Linz, am 5. Dezember 2005

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des L V, dzt. Polizeianhaltezentrum der BPD Linz, vertreten durch Dr. N B, T, L, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft vom 24. November 2005 bis einschließlich 1. Dezember 2005 als rechtswidrig festgestellt wird.

II. Im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers seit dem 2. Dezember 2005 rechtmäßig ist und die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen derzeit weiterhin vorliegen.

III. Der Bund ist verpflichtet, dem Beschwerdeführer binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro zu ersetzen.

IV. Der Beschwerdeführer ist verpflichtet, dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3; § 73 Abs. 4 FrG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24. November 2005, Zl. Sich40-3951-2006, wurde über den Beschwerdeführer, einen armenischen Staatsangehörigen, zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der BPD Linz sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den Rechtsmittelwerber ein bis zum 29. Jänner 2012 befristetes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe. Diesem zuwider sei er jedoch mit einem in Italien erschlichenen Visum am 14. Oktober 2005 widerrechtlich in Österreich eingereist und daher am 19. Oktober 2005 von der BH Feldkirch in Schubhaft genommen worden. Nachdem er sich in der Folge anlässlich einer Überstellung in das LKH Bludenz aus der Haft entfernt und am 24. Oktober 2005 bei der Erstaufnahmestelle (EAST) West einen Asylantrag eingebracht habe, sei er schließlich am 24. November 2005 als KFZ-Lenker einer Personenkontrolle unterzogen worden. Da sein Asylverfahren zwischenzeitlich wegen unrechtmäßiger Entfernung aus der Bundesbetreuung habe eingestellt werden müssen, er völlig mittellos sei und sich zuvor bereits mehrfach dem behördlichen Zugriff entzogen habe, sei sohin neuerlich die Schubhaft zu verhängen gewesen.

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende, am 1. Dezember 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde.

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass er am 21. Oktober 2005 seitens der BH Feldkirch wegen Haftunfähigkeit entlassen worden sei. Nach Einbringung seines Asylantrages bei der EAST West habe er sich mit Wissen der Behörde stets bei seinen in der Nähe wohnhaften Eltern aufgehalten. Zwischen dem 17. und 24. November 2005 habe er sich auch täglich bei der Polizeidienststelle in der EAST West gemeldet.

Da sich sohin keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich der Beschwerdeführer dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen würde, wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung und die Aufhebung der Schubhaft beantragt.

1.3. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Darin wird nochmals betont, dass die Entfernung aus der Bundesbetreuung unrechtmäßig, nämlich ohne Bekanntgabe eines sonstigen Aufenthalts, erfolgte und demgemäß das Asylverfahren einzustellen gewesen sei. Zwischenzeitlich sei auch das wiederaufgenommene Asylverfahren durch Zurückweisung des Asylantrages und Ausweisung des Beschwerdeführers abgeschlossen worden. Dagegen richtet sich die vorliegende, am 7. November 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde.

2. Über die gegenständliche Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/2004 (im Folgenden: FrG), hat (nur) derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 FrG kann die Schubhaft u.a. zur Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung verhängt werden, wenn deren Zweck nicht durch gelindere Mittel erreicht werden kann.

Nach § 34b Abs. 1 Z. 1 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. I 76/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 129/2004 (im Folgenden: AsylG), kann zum Zweck der Sicherung einer Ausweisung oder Abschiebung die Schubhaft verhängt werden, wenn sich der Asylwerber im Zulassungsverfahren ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat.

2.2. Im gegenständlichen Fall wurde das Asylverfahren des Rechtsmittelwerbers zwar am 16. November 2005 gemäß § 30 Abs. 3 AsylG wegen unbekannter Abgabestelle eingestellt (vgl. die entsprechende Mitteilung des Bundesasylamtes/Erstaufnahmestelle West vom selben Tag, Zl. 05 17.856), dieses jedoch in der Folge - nämlich am nächsten Tag - von Amts wegen wieder aufgenommen.

Die verfahrensgegenständliche, seit dem 24. November 2005 währende Schubhaftverhängung konnte sich daher nicht auf § 34 Abs. 1 AsylG, sondern nur auf § 61 Abs. 1 FrG stützen.

2.3. Da der Rechtsmittelwerber jedoch illegal - nämlich auf Grund eines erschlichenen Visums - in das Bundesgebiet eingereist war, bedurfte es in diesem Zusammenhang zum einen weder einer Negativ-Prognose i.S.d. § 61 Abs. 1 zweiter Satz FrG; und weil sein Asylantrag - wie sich aus dem Bescheid des Bundesasylamtes/Erstaufnahmestelle West vom 2. Dezember 2005, Zl. 05 17.856, ergibt - gemäß § 5 Abs. 1 AsylG unzulässig war, kommt ihm auch ein Schutz vor Aufenthaltsbeendigung i.S.d. § 21 Abs. 1 und 2 AsylG nicht zu.

2.4. Die Schubhaftverhängung könnte sich demnach nur dann als rechtswidrig erweisen, wenn an deren Stelle gelindere Mittel i.S.d. § 66 Abs. 1 FrG hätten angewendet werden können.

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst ausgeführt, dass allein der Umstand eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung die Behörde noch nicht zur Schubhaftverhängung berechtigt; vielmehr ist stets eine materielle Prüfung dahin, ob - z.B. wegen mangelnder beruflicher oder sozialer Verankerung des Fremden im Inland - ein konkreter Sicherungsbedarf besteht, durchzuführen (vgl. VwGH v. 8. September 2005, Zl. 2005/21/0301).

2.4.1. Diesbezüglich ist für den gegenständlichen Fall zunächst zu konstatieren, dass sich der Beschwerdeführer vom 24. Oktober bis zum 24. November 2005 - mit Ausnahme des 16. November 2005 - täglich in der Bundesbetreuungsstelle gemeldet hat und im Übrigen bei seinen in der Nähe wohnhaften Eltern aufhältig war; Letzteres wird im Übrigen auch von der belangten Behörde im Grunde nicht bestritten, wenngleich der Rechtsmittelwerber dort nicht polizeilich gemeldet war.

Angesichts dieser Situation bestand demnach aber zumindest für den Zeitraum des noch laufenden Asylverfahrens offenkundig auch kein konkreter Sicherungsbedarf, zumal in diesem Zusammenhang ein allfälliges früheres Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht von Relevanz ist.

2.4.2. Anders verhält es sich hingegen seit dem Zeitpunkt der zurückweisenden Entscheidung des Bundesasylamtes vom 2. Dezember 2005:

Seit diesem Zeitpunkt ist dem Rechtsmittelwerber klar, dass er über keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich verfügt und eine solche auch nicht erlangen kann. Im Wissen darum sowie angesichts seiner bereits für den 9. Dezember 2005 in Aussicht genommenen Abschiebung nach Italien liegt es auf der Hand, dass der Beschwerdeführer - der bereits mehrfach dokumentiert hat, dass er nicht gewillt ist, sich dem über ihn verhängten und noch bis 2012 währenden Aufenthaltsverbot zu fügen - versuchen würde, sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder diesen zumindest zu erschweren, wenn er unter diesen geänderten Umständen wieder in die Freiheit entlassen werden würde.

Seit dem 2. Dezember 2005 erweist sich sohin dessen weitere Anhaltung nicht als rechtswidrig.

2.5. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Beschwerde insoweit stattzugeben, als die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft vom 24. November 2005 bis einschließlich 1. Dezember 2005 als rechtswidrig festzustellen war; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und festzustellen, dass die Anhaltung seit dem 2. Dezember 2005 rechtmäßig ist und gemäß § 73 Abs. 4 FrG die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen derzeit weiterhin vorliegen.

3.1. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer gemäß § 79a Abs. 1, 2 und 4 Z. 1 und 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl.Nr. II 334/2003 (im Folgenden: AufwEVO), antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Gebühren: 13 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

3.2. Im Übrigen waren dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) gemäß § 79a Abs. 1, 3 und 4 Z. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 AufwEVO antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

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